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Forti

Bewertungen

Insgesamt 211 Bewertungen
Bewertung vom 06.09.2018
McLean, Russel D.

Ed ist tot


sehr gut

Die üblichen aktuellen Krimis langweilen mich meist schon beim Lesen des Klappentextes. Das war hier nicht der Fall – im Gegenteil: die Beschreibung klang nach einer ungewöhnlichen Geschichte. Die war es dann auch. Russel D McLeans Geschichte um die schottische Buchhändlerin Jen, die auf Abwege gerät ist definitiv anders als die meisten Krimis.
An "Ed ist tot" geht man aber vielleicht leicht mit falschen oder zu hohen Erwartungen heran – wenn man weiß, was einen erwartet, wird man meiner Meinung nach gut unterhalten. Es ist kein Krimi im herkömmlichen Stil. Die Handlung orientiert sich nicht an einem Detektiv oder einer Polizistin, die den Fall lösen wollen Stattdessen berichtet die die Buchhändlerin Jen, wie sie in eine Kriminalgeschichte verwickelt wird und immer mehr auf Abwege gerät. Es ist ein skurril-makabres, manchmal schon morbides Buch, mit zahlreichen Opfern, ohne viel Mitleid und Moral – aber auch ohne ausführliche Gewaltdarstellungen. Für mich hätte der vom Verlag versprochene "rabenschwarze Humor" allerdings etwas ausgeprägter sein können.

Wen das und die Aussicht auf eine ziemlich abwegige Geschichte nicht abschreckt, der findet in "Ed ist tot" eine ungewöhnliche, unterhaltsame Kriminalgeschichte mit britischem Humor, die sich gut und flüssig liest.

Bewertung vom 03.09.2018
Whitehouse, David

Der Blumensammler


sehr gut

David Whitehouse erzählt die Geschichte des Blumenliebhabers Peter auf drei Zeitebenen, wobei die Ebene von Peter selbst den Hauptteil ausmacht. Mithilfe der beiden kleineren Zeitebenen um den Wissenschafter Cole und den Telefonisten Dove fügt sich die komplexe Geschichte rund um die Suche nach Blumen, Liebe und Familie nach und nach zum einem großen Ganzen zusammen, wobei am Ende fast alle offenen Fragen geklärt werden.

Man sollte sich bei dem Buch selbst den Gefallen tun, es nicht auf seinen Realitätsgehalt hin zu prüfen. Es ist eine Geschichte mit ein paar wenige übersinnlichen Elementen und dichterischen Freiheiten. Für mich durchaus in Ordnung und gut gemacht.

Ein Buch, das zum Mitdenken und Spekulieren anregt. Leider liefen meine Spekulationen gerade bei den Nebendarstellern oft ins Leere – diese fand ich oft zu schnell abgehandelt, nachdem sie recht ausführlich eingeführt wurden.
Zwischendurch hatte das Buch leichte Längen. Ich habe das Buch gerne gelesen, hätte es mir manchmal aber etwas zügiger gewünscht.

Für mich hatte das Buch Schwächen, die aber durch eine ungewöhnliche Geschichte und liebenswerte Charaktere aufgefangen wurden.

Bewertung vom 03.09.2018
Lucadou, Julia von

Die Hochhausspringerin


sehr gut

Julia von Lucadou führt die Leser ihres Debüts in eine düstere, kalte dystopische Welt. Die titelgebende Hochausspringerin Riva wird – ohne ihr Wissen – von der Psychologin Hitomi betreut. Riva befindet sich in einer Krise – sie springt nicht mehr, funktioniert nicht mehr und das ist in der im Buch beschriebenen Welt weder vorgesehen noch akzeptabel. Aus dem Hintergrund versucht Hitomi Riva wieder auf die Spur zu bringen, wobei sie immer mehr in Riva Welt versinkt.
Die Handlung des Buches ist übersichtlich – aus Hitomis Sicht wird die Zeit ihrer Betreuung (Überwachung?) Rivas berichtet. In einigen Rückblicken erfährt man auch mehr über die Person Hitomi, die (anders als der Klappentext vielleicht vermuten lässt) in diesem Buch noch vor Riva im Mittelpunkt steht.
Der Fokus des Romans liegt meiner Meinung nach eher auf der dystopischen Welt und dem psychologischen Aspekt, wenn Hitomi sich immer mehr in Rivas Leben reinsteigert. Eine actiongeladene Handlung, die der eine oder die andere bei dem Titel erwarten mag, sucht man vergebens. Die Welt, in der Riva und Hitomi leben, wird nicht detailreich beschrieben, sondern eher subtil. Am Ende werden nicht alle Details aufgeklärt. Ich bin nicht wirklich ein Fan von einer solch offenen Beschreibung, fand sie hier aber passend, obwohl ich gerne noch mehr handfestes über diese fremde Welt erfahren hätte.
"Die Hochausspringerin" regt auch zum Nachdenken an über unserer Technik- und Mediennutzung und wohin diese sich noch entwickeln kann. Ist die hier beschriebene Realität in dieser Hinsicht wirklich so überspitzt oder Zukunftsmusik, wie man zunächst glauben mag?
Ein gelungenes Debüt, das den Leser zum Nachdenken anregt.

Bewertung vom 15.08.2018
Allende, Isabel

Ein unvergänglicher Sommer


sehr gut

Anhand des Klappentexts und des Covers könnte man bei "Ein unvergänglicher Sommer" eine eher kitschige Geschichte erwarten. Aber das täuscht - genauso wie übrigens auch der Titel. Ich habe Isabel Allendes neuestes Buch nicht als Liebesgeschichte gelesen, sondern als eine Geschichte über Migration. Jeder der drei Protagonisten hat hierbei seinen ganz eigenen Hintergrund. Im Blizzard des Januar 2015 treffen sie zusammen. Neben der Geschichte um die Leiche im Kofferraum wird nach und nach die Vergangenheit aller drei erzählt. Natürlich ist auch eine Liebesgeschichte enthalten, die aber überhaupt nicht kitschig ist und eher ein Nebenschauplatz ist.

Richard aus New York, Lucía aus Chile und Evelyn aus Guateamala werden durch einen Zufall zusammen geführt. Trotz aller Unterschiede bilden die eine Zweckgemeinschaft, um eine Leiche zu beseitigen. Die Geschichte rund um die Leiche mutet tragikomisch bis überzeichnet an, was in meinen Augen nicht gut zum Rest des Buches passt.
In Rückblicken erfahren wir immer mehr über die drei Protagonisten, die bisher alle ein Leben voller tragischer Umstände hinter sich haben. Wiederkehrendes Motiv ist die Migration, die jeden bereits durch mehrere amerikanische Länder geführt hat - vielleicht wäre "getrieben" das richtige Wort, denn wirklich richtig ankommen können alle drei bisher nirgendwo. Diese ganz unterschiedlichen Geschichten machten für mich den Reiz des Buches aus, zeigen sie doch, wie unterschiedlich Flucht und Migration verlaufen kann. Leider geht es nicht richtig in die Tiefe - viele Aspekte werden eher gestreift als genau analysiert - anders wäre es wohl bei drei Lebensgeschichten und diesem Seitenumfang nicht möglich. Hierdurch ist es dennoch ein sehr aktuelles Buch zu einem internationalen Thema, in dem die Autorin die menschliche Seite hinter einer oft polemisch geführten Debatte zeigt.

Mein Highlight waren die drei Lebensgeschichten - die Handlung in der Gegenwart fand ich im Vergleich etwas schwach. Trotzdem sehr lesenswert.

Bewertung vom 10.08.2018
Möller, Steffen

Viva Polonia (eBook, ePUB)


sehr gut

Steffen Möller lebt seit 1994 in Polen und hat sein erstmals 2008 erschienenes Buch "Viva Polonia" nun überarbeitet und neu herausgegeben.

Das Buch ist eine Mischung aus Autobiographie und Beobachtung. Steffen Möller schreibt von seinem Leben in und mit den Polen. Dabei sagt er selbst, dass seine Charakterisierung Polens subjektiv ist - es ist nun mal auch keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern ein unterhaltendes Sachbuch, das aber dennoch Gehalt hat. Ich finde es ein interessantes Buch, das sowohl Polen-Kenner als auch Neulinge mit Gewinn lesen können.

Geschrieben ist das ganze sehr kurzweilig, intelligent und sympathisch.

Bewertung vom 31.07.2018
Hennig von Lange, Alexa

Kampfsterne


sehr gut

Alexa Hennig von Lange hat mit "Kampfsterne" ein Buch geschrieben, das nicht einfach einzuordnen ist. Eine Geschichte über Kindheit und Jugend in den 1980'ern, Dynamiken innerhalb von Familien, die Charakterisierung des westdeutschen oberen Mittelstandes in den 1980'er Jahren, ein genauer Blick hinter die Kulissen - das Buch ist all das, dafür gibt es aber keine handfeste Handlung. Das Buch dreht sich wie seine Charaktere um sich selbst.
Die typischen Klischees der 1980'er wie Neue Deutsche Welle oder Terrorismus werden nur ganz am Rande gestreift. Die Eltern scheinen zu sehr mit sich selbst beschäftigt, was andererseits von ihren Kindern klug beobachtet wird. Die Eltern kommen dabei überhaupt nicht gut weg - sie waren mir jeder auf ganz eigene Art einfach nur unsympathisch.
Die Geschichte wird als Ich-Erzählung im schnellen Wechsel von den verschiedenen Protagonisten erzählt. Die Charaktere werden dabei anfangs fast nicht eingeführt - Altersgruppe und Persönlichkeiten werden erst im Laufe der Handlung deutlich. Das beides machte es für mich manchmal zu einer Herausforderung, die Protagonisten (es gibt Jonathan UND Joschi) und die Familien auseinander zu halten.
Ich habe diese ungewöhnliche, nicht ganz einfache, offenbar autobiografisch geprägte Geschichte gerne gelesen.

Bewertung vom 29.07.2018
Bagus, Clara Maria

Der Duft des Lebens


gut

Ich bin hin-und hergerissen - "Der Duft des Lebens" bewegt sich für mich auf einem schmalen Grad zwischen kluger, zum Nachdenken anregender Literatur und allzu offensichtlichem Kitsch. Clara Maria Bagus hat in jedem Fall eine Geschichte geschrieben, in der Stimmung, Beschreibungen und vor allem zum Nachdenken anregende Gedanken vor der eigentlichen Handlung stehen. Die ins märchenhafte gehende Handlung ist überschaubar, auch wenn sie in der zweiten Hälfte des Buches unerwartet Fahrt aufnimmt. Für mich wäre eine gleichmäßigere Verteilung wünschenswert gewesen. Die eigentliche Handlung erinnert an Süskinds "Das Parfum", kann aber meiner Meinung nach nicht damit mithalten. Im Gegensatz zu Süskind setzt Bagus ihre Handlung in einer phantastischen, manchmal märchenhaft anmutenden Welt an und hat mit dem Glasbläser Aviv und dem Seelensammler Kaminski zwei Hauptcharaktere geschaffen - ein guter und ein böser. Im Vergleich zu Süskinds komplexen Charakter Jean-Baptiste wirkt Letzteres ziemlich schwarz-weiß. Für ein Märchen mag diese einfache schwarz-weiß-Kategorisierung der Protagonisten aber wohl in Ordnung sein. Die fremde Welt wird einerseits minimalistisch beschrieben - die Details, die aber beschrieben werden, werden farben- und detailreich beschreiben. Auch wenn mir die gut recherchierte Welt bei "Das Parfum" besser gefallen hat, hat auch die Umsetzung von Bagus ihren Reiz.

Aber weg vom Vergleich mit anderer Literatur! Ein wichtiger Bestandteil von Bagus' Buch sind die Passagen, in denen sie den Leser zum Nachdenken anregen möchte. Diese sind keinesfalls falsch oder dumm, aber wirklich neu sind sie auch nicht. Wie anfangs erwähnt, bewegt sich die Autorin auf einem schmalen Grad und droht manchmal, in Klischee und Kitsch abzurutschen.

Es ist kein Buch für Leser, die eine spannungsgeladene Handlung oder bahnbrechende neue Erkenntnisse erwarten. Wer jetzt aber trotzdem noch neugierig ist, sollte sich auf "Der Duft des Lebens" einlassen!

Bewertung vom 09.07.2018
Wagner, Antje

Hyde


ausgezeichnet

Antje Wagners Jugendbuch "Hyde" ist eine spannende, mysteriöse Geschichte, die von der 18-jährigen Ich-Erzählerin Katrina handelt. Katrinas Person und ihre Vergangenheit sind lange Zeit von vielen Geheimnissen umgeben, wobei die Autorin nicht die Grenze überschreitet, an der zu viel Geheimniskrämerei anstrengend wird. Ich möchte garnicht mehr über den Inhalt verraten, da gerade dieses Ungewisse einen Reiz des Buches ausmacht. Katrina ist jedenfalls eine charismatische Protagonistin, die mir ans Herz gewachsen ist.

Die Spannung des Buches basiert meiner Meinung nach zu einem großen Teil auch auf der gelungenen Erzählweise. Die Autorin springt dabei immer wieder in der Zeit - manchmal wechselt die Zeitebene sogar schon nach ein oder zwei Absätzen. Trotzdem kann man der Handlung gut folgen. In Rückblicken wird so nach und nach Katrinas Vergangenheit aufgedröselt.
Das ist überaus spannend mit einer gruseligen Stimmung.

Auch als Erwachsene war das ein tolles Leseerlebnis - als Jugendliche hätte ich dieses Buch glaube ich geliebt und regelrecht verschlungen. Empfohlen wird das Buch ab 15 Jahren - der Empfehlung würde ich mich anschließen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.07.2018
Broder, Melissa

Fische


gut

Melissa Broders Debütroman "Fische" ist die Geschichte einer Frau auf der Suche nach Liebe und Bestätigung. Lucy, Ende 30, befindet sich zu Besuch in Kalifornien und bewegt sich irgendwo zwischen ihrer prokrastinierten Doktorarbeit, einer Psychotherapie, ihrem Hundesitter-Job und Tinder-Dates - zusammen mit dem Schauplatz Venice Beach wähnte ich mich oft eher in einem etwas überdrehten Film als in einem Roman.
Die Liebesgeschichte mit dem Meermann Theo, die man nach Lektüre des Klappentextes für die zentrale Handlung halten könnte, beginnt erst in der Mitte des Romans. Meiner Meinung steht vor allem die Charakterisierung Lucys und ihre Entwicklung im Mittelpunkt, wobei das natürlich auch durch die ins Obsessive gehende Liebesgeschichte beleuchtet wird.
Dass Lucy die Liebe oder die Begierde von Männern so sehr braucht, hat mich oft aufgeregt. Zu gerne hätte ich sie geschüttelt und ihr gesagt, das sie sich doch bitte nicht über ihre Wirkung auf Männer definieren soll. Allerdings sieht sie das auch immer wieder selbst ein. Zwischendurch denkt sie vernünftig und klar, um sich dann in der nächsten Minute wieder total unvernünftig zu handeln.

Das Buch ist zudem gespickt mit Schilderungen von Sex und anderen intimen Angelegenheiten, die manchem Leser vielleicht zu extrem sein könnte.

Ich hab das Buch insgesamt gerne gelesen - manches war neu, manches schon abgenutzt ... einiges erfrischend unverblümt, anderes empfand ich als unnötig drastisch. Die euphorische Ankündigung konnte ich somit nur bedingt nachvollziehen und meine Erwartungen wurden nicht voll und ganz erfüllt.

Wer jetzt immer noch interessiert ist und nicht abgeschreckt wurde, sollte dieses Debüt lesen.

Bewertung vom 02.07.2018
Meyerson, Amy

Ein Himmel voller Bücher


gut

Ich habe Amy Meyersons Debüt gerne gelesen, obwohl ich auch etwas enttäuscht war und meine Erwartungen nicht erfüllt wurden.
Die versprochene Schnitzeljagd, die der Onkel der Hauptprotagonistin Miranda vor seinem Tod für sie ausgelegt hat, habe ich mir spannend und mit vielen Wendungen vorgestellt. Leider ist es fast unmöglich, als Leser mitzurätseln und die aufgedeckten Informationen sind gleichzeitig nicht unbedingt überraschend. Insgesamt ist die Geschichte der etwas naiven Ich-Erzählerin Miranda ziemlich erwartbar. Dadurch dass wenig Überraschendes passiert, hatte das Buch für mich zwischendurch auch Längen. Manche Details sollte man besser auch nicht auf Plausibilität prüfen.
Die Schilderung der Buchhandlung, die der Onkel lange geführt hat, ist irgendwo zwischen Realität und Romantik angelegt, aber zumindest die wirtschaftlichen Probleme, die mittelständige Buchhandlungen heute meist haben, werden nicht übergangen.

Genug der Kritik! Irgendwie hat mir die Geschichte trotz der genannten Schwächen gefallen - allerdings halt mit Einschränkungen. Ich kann garnicht sagen, was mich dazu gebracht hat, das Buch gerne bis zum Ende gelesen zu haben. Die Beschreibungen L.A.s fand ich beispielsweise gelungen und die verschiedenen Nebendarsteller. Gegen Ende wurde es dann auch doch noch spannend.

Sprachlich fand ich es gut lesbar, ohne irgendwelche Finessen. Für einen Unterhaltungsroman voll und ganz in Ordnung.

Insgesamt ein Buch mit deutlichen Schwächen, dem man aber trotzdem eine Chance geben kann.