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Barbara
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Remscheid

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Insgesamt 214 Bewertungen
Bewertung vom 22.03.2023
Roy, Lisa

Keine gute Geschichte (eBook, ePUB)


sehr gut

Arielle hat es geschafft: sie ist entkommen aus ihrer armen und assigen Heimat Essen-Katernberg, hat ihrer multikulturellen Nachbarschaft und den Freunden aus Kindertagen den Rücken gekehrt. Doch trotz Karriere in Düsseldorf in der Werbebranche, Designer-Klamotten und gut aussehenden Freunden kann sie ihre Vergangenheit nicht hinter sich lassen. Ein Burnout zwingt sie zurück zu ihrer Großmutter, bei der sie aufgewachsen ist, wo sie sich mit ihrer Vergangenheit und dem Verschwinden ihrer Mutter auseinandersetzen muss.
Sie ist nicht wirklich eine sympathische Person diese Arielle. Sie raucht und trinkt, nutzt Sex als Ablenkung, verachtet ihre alte Umgebung und mit ihr die Menschen, die es dort nicht heraus geschafft haben. Bei aller Herablassung merkt man, dass sie immer noch an der Unsicherheit darüber leidet, was mit ihrer Mutter passiert ist und an der Lieblosigkeit ihrer Großmutter. Alles Austeilen, Niedermachen, Schimpfen, ist ein Hilferuf.
Intensiv und schonungslos beschreibt Lisa Roy hier einen Menschen, der zutiefst hilfebedürftig ist. Dabei benutzt sie eine Sprache, die zwischen vulgär und humorvoll schwankt, beschreibt die Düsseldorfer Schickeria mit vielen Anglizismen aus der Influenzer-Branche und die Essener Assis mit schonungslosem Jargon.
Es ist keine gute Geschichte, die die Autorin hier zu erzählen hat. Sie ist traurig und hart, grausam und bedrückend. Aber sie zieht die Leser in ihren Bann, verbindet einen Krimi mit dem Schicksal einer jungen Frau, Arm mit Reich. Gut gefällt mir, dass die Protagonistin sich aus ihrer Sicht an die so schmerzlich seit vielen Jahren vermisste Mutter wendet. Und zum Glück bleiben am Ende nicht viele Fragen offen.
Ein modernes Buch, eine ungewöhnliche Sprache, nichts für zart besaitete Leser*innen.

Bewertung vom 20.03.2023
Behr, Markus

Straßenmusik


gut

Jonas und Chiara treffen sich erst im Zug nach Amsterdam, später auf der Strasse wieder. Beide sind begeisterte Musiker, spielen E-Bass und Gitarre, sind gerade dabei, ihr bisheriges Leben zu überdenken. Durch Zufall haben sie einen gemeinsamen Auftritt, aus dem vielleicht mehr werden könnte.
Ich würde diesen Roman eher unter dem Genre Judendliteratur einordnen. Der Schreibstil ist nicht besonders anspruchsvoll, es überwiegen eher kurze Sätze. Die Probleme der beiden jungen Leute sind auch eher jugendrelevant: der unsichere Jonas, den manchmal noch Anfälle von Stottern überkommt, der sich zu viel gefallen lässt, der sich nicht wehrt. Chiara ist eher das Gegenteil, oft zornig, neigt zu Wutausbrüchen, stößt die Leute gerne vor den Kopf. Die Schwierigkeiten beider mit ihren Eltern, die wenig Verständnis für die musikalischen Ambitionen ihrer Sprösslinge haben. Immer dabei das Thema Berufswahl, bekomme ich den gewünschten Studienplatz, ist das überhaupt für mich der richtige Beruf? Und natürlich wichtig die sexuelle Orientierung, hier wird alles geboten.
Gut gefällt mir, dass viele Erlebnisse aus der Sicht von Chiara und Jonas erzählt werden, so dass man erfährt, wie ein und die selbe Szene unterschiedlich erlebt wird.
Für junge Leute sicher ein interessantes Buch, mir war es ein bisschen zu oberflächlich und tatsächlich langweilig.

Bewertung vom 15.03.2023
Hope, Anna

Der weiße Fels


ausgezeichnet

In diesem Roman verbindet Anna Hope das Schicksal von vier Menschen mit dem Weissen Fels in Mexiko, der von den einheimischen Wixàrika als heiliger Ort verehrt wird.
Beginnend bei einer Schriftstellerin, die im Jahr 2020 mit Mann und Kind aus Europa angereist ist, um den Felsen für die Geburt ihrer Tochter zu danken. Weiter zurück geht die Geschichte ins Jahr 1969, wo ein Sänger vollgepumpt mit Drogen auf der Flucht vor dem Ruhm Erleuchtung sucht.
1907 werden zwei Mädchen der Yoemem von Soldaten als Sklavinnen verschleppt, sie suchen Zuversicht im Angesicht des Felsens. Und zuletzt bittet ein spanischer Leutnant der Marine 1775 den Fels um Verzeihung für die Kolonialisierung durch ihn und seine Kameraden.
Unerschütterlich steht der weisse Fels in ihrer Mitte, verehrt als Ursprung allen Lebens. Und egal ob 2020 oder 1775 oder irgendwo dazwischen, immer wieder suchen Menschen diesen heiligen, übersinnlichen, magischen Ort auf. Um Antworten zu finden auf ihre Probleme, um Mut zu schöpfen, um Sinn zu suchen oder als Pilgerfahrt.
Obwohl die Schicksale auf wahre Ereignisse beruhen vermeidet Anna Hope die Namen der vier Protagonisten. Trotzdem kommt man den Charakteren als Leser*in extrem nahe, was sicher auch am intensiven Schreibstil liegt. Außerdem ist der ungewöhnliche Aufbau des Romans mitreissend, hier werden alle vier Schicksale erst in der Geschichte rückwärts erzählt, um dann in umgekehrter Reihenfolge zu Ende gebracht zu werden.
Ein außergewöhnlicher Roman über vier Schicksale in verschiedenen Zeiten, über den ruhenden Pol der Natur, die dem Menschen trotzt. Egal, ob im Jahr 2020, wo der Mensch scheinbar die Natur beherrscht, ob am Beispiel eines selbstzerstörerischen Musikers 1969, ob 1907 als Mutmacher für ein indigenes Mädchen in einer scheinbar ausweglosen Situation oder im Angesicht der Schuldgefühle eines Soldaten. Am Ende steht nicht der fehlbare Mensch im Mittelpunkt, sondern die Natur.

Bewertung vom 12.03.2023
Gastmann, Dennis

Dalee


sehr gut

In großen Bildern erzählt Dennis Gastmannschaft die Geschichte der Familie des 11jährigen Bellini und ihres Arbeitselefanten Dalee. Auf einem alten Schiff kehren sie ihrer indischen Heimat den Rücken und wagen einen Neuanfang auf den Andamaneninseln.
Das Buch liest sich wie ein großer Abenteuerroman aus einer fremden Welt, geschrieben aus der Sicht von Bellini. Als Leser taucht man ein in die Welt der einfachen Menschen in Indien, erfährt viel über deren Bräuche, Kultur und Religion. Auch in seiner Sprache verwendet Gastmannschaft immer wieder indische Wörter und Begriffe, was dieses Lesegefühl noch verstärkt. Außerdem erfährt man viel über Elefanten, ihre Vorlieben, ihr manchmal sanftmütiges Wesen, ihre Schwachstellen. Dramatisch das Leben auf der Andamaneninsel, wo sowohl die Natur als auch die Umstände ein friedliches Leben fast unmöglich machen.
Über allen Schwierigkeiten steht hier die Freundschaft zwischen Bellini und dem Elefanten Dalee, ihr enges Vertrauensverhältnis, man kann fast sagen ihre Liebe zueinander.
Es handelt sich bei diesem Roman um eine wahre Geschichte, das macht die ganze Geschichte noch authentischer. Gastmann ist als Auslandsreporter viel gereist und man hat beim Lesen das Gefühl, dass er viel und gut recherchiert hat und ihm die indische Kultur sehr am Herzen liegt.
Für alle Leser die Abenteuergeschichten in einem fernen Land lieben ist dies eine unbedingte Leseempfehlung.

Bewertung vom 06.03.2023
Hauff, Kristina

In blaukalter Tiefe


ausgezeichnet

Es sollte ein toller Segeltörn werden, den zwei Paare mit dem Skipper Eric unternehmen. Doch die Konstellation unter den Gästen ist schwierig und droht bald völlig zu eskalieren.
Der Anwalt Andreas ist das klassische Alphatier, reich und arrogant. Um die kriselnde Ehe mit seiner Frau Caroline zu beleben hat er den Urlaub organisiert und seinen Businesspartner mit Freundin eingeladen. Caroline, erfolgreiche und unabhängige Karrierefrau, ist in einer Krise, kennt ihren Mann gut und fühlt sich auf der Reise zunehmend von seiner Art abgestoßen. Der junge Kollege Daniel versucht alles, um es Andreas Recht zu machen. Vor lauter Ehrgeiz schießt er dabei manchmal über das Ziel hinaus und verleugnet nicht nur sich selber, sondern auch seine Freundin Tanja. Diese ist das schwächste Glied in der Kette, befangen durch Minderwertigkeitskomplexe, beflissen, freundlich, und damit ein leichtes Opfer. Der Skipper Eric bleibt geheimnisvoll und unnahbar. Die Konfrontation mit Andreas ist vorprogrammiert und stürzt das Team in eine gefährliche Situation.
Es ist eine tolle Charakterstudie, die Kristina Hauff in ihrem Roman vorlegt. Zu verfolgen, wie die Charaktere sich erst bemühen, umeinander buhlen, sich große Hoffnung auf eine erfolgreiche Reise machen. Und dann zu erleben, wie die Stimmung immer mehr kippt, bis die Situation völlig eskaliert.
Schon mit ihrem Roman "Unter Wasser Nacht" hat die Autorin gezeigt, dass sie menschliche Krisen und Abgründe hervorragend beschreiben kann.
Spannend bis zur letzten Seite und auch überraschend im Ende garantiert dieser Roman ein absolutes Lesevergnügen.

Bewertung vom 25.02.2023
Bülow, Johann von

Roxy


sehr gut

Marc ist mit dem Auto unterwegs zur Beerdigung seines Freundes Roy. Während der anstrengenden Fahrt lässt er sein Leben Revue passieren, denkt an die gemeinsame Zeit mit Roy zurück, an den Beginn ihrer Freundschaft und an die letzten Jahre ohne Kontakt.
Er ist nicht wirklich ein sympathischer Mensch dieser Roy - eigentlich Robert, aber das war ihm zu bieder. Als Sohn sehr reicher Eltern lebt er das, was Marc immer erstrebenswert fand. Mit einem großen Ego ausgestattet ist er der Wortführer, der Macher, der Ansager. Um ihn scharen sich die weniger Privilegierten in der Hoffnung, dazu zu gehören. Er hatte einen untrüglichen Instinkt für die Schwachstellen eines Menschen und konnte andere lächerlich machen, wenn er Lust dazu hatte. Das gab ihm Macht über andere, die er oft ausnutzte. Um all diese Eigenschaften beneidet Marc ihn, während er sein Leben langweilig findet. Er ist anpassungs- und verwandlungsfähig, doch er hat keine Ahnung, wer er selber eigentlich sein wollte. Seine Berufswahl zum Schauspieler hat bewirkt, dass er sich ein bisschen absetzt von Roy, dass er seinen Weg findet. Doch immer bleibt er ein Stück weit zerrissen, stellt wichtige Entscheidungen in seinem Leben in Frage.
Hier geht es um eine intensive Männerfreundschaft mit vielen Facetten, um wichtige Entscheidungen im Leben. Themen wie Pubertät, Rivalität, Liebe, Freundschaft, Vertrauen und die Suche nach einer eigenen Identität werden in diesem Roman angesprochen.
Ich habe den Eindruck, dass dieser Roman auch autobiographische Züge trägt. Einige Lebensumstände des Autors passen dazu, zum Beispiel der Beruf des Schauspielers.
Der Titel des Romans ist für meinen Geschmack nicht sehr gut gewählt, da die Edel-Disco nicht wirklich ein wichtiger oder herausragender Ort für die Freunde war. Zudem hat mir der Inhalt und das Thema gut gefallen, doch weist das Buch ein paar Längen auf. Insgesamt trotzdem eine Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 19.02.2023
Ní Ghríofa, Doireann

Ein Geist in der Kehle


gut

Es ist ein durch und durch ungewöhnlicher Text, den Doireann Ní Ghríofa in ihrem Debütroman vorlegt.
Die Autorin schreibt über sich selber, über ihr Leben als Mutter von zunächst drei, später 4 Kindern. Ihr Alltag ist stressig, geprägt von der Mutterrolle: stillen, wickeln, kochen, putzen, trösten, spielen. Sie erfüllt diese Aufgaben gerne, geht auf in ihrer Rolle als Mutter, stillt tagein tagaus die Bedürfnisse ihrer Familie und stellt dabei ihre eigenen komplett hinten an. Als sie eines Tages auf ein Gedicht von Eibhlín Dubh Ní Chonaill stößt, das ihr schon früher begegnet ist, beginnt sie sich intensiv mit dem Leben und Schaffen dieser Dichterin aus dem 18. Jahrhundert zu befassen. Vor allem deren Totenklage über ihren getöteten Geliebten hat es Ghríofa angetan, sie liest zahlreiche Übersetzungen und verfasst schließlich selber eine. Doch die Verbundenheit zu Eibhlín entwickelt sich zunehmend zur Besessenheit. Jede freie Minuten, zwischen Milchpumpe und schlaflosen Nächten, kreisen ihre Gedanken um die Totenklage, die mit 36 Strophen eine große Herausforderung darstellt.
Man merkt am poetischen Schreibstil, dass Ghríofa Dichterin ist. Jedes Kapitel startet zudem mit dem Auszug aus einem Gedicht von Eibhlín im irischen Original sowie einer englischen und deutschen Übersetzung. Gut gefällt mir, dass am Ende die gesamte Totenklage von Eibhlín abgedruckt wurde, hat man doch darüber im Verlauf des Buches viel gelesen.
Es ist tatsächlich ein weiblicher Text, auch wenn ich mir zunächst nichts darunter vorstellen konnte. Ghríofa schreibt über ihr Leben, über Geburt und Tod, über Milch und Blut, über Selbstbestimmung. Immer wieder stehen sich die Geschichten der beiden starken Frauen im 18. und im 21. Jahrhundert gegenüber. Keine leichte Lektüre, wer Lyrik liebt wird begeistert sein von diesem Buch. Es ist anspruchsvoll und ungewöhnlich, keine entspannende Lektüre. Ich hätte gerne etwas mehr über die Randpersonen erfahren, wie reagiert zum Beispiel Ghríofas Ehemann auf die Obsession seiner Frau? Aber das hätte sicherlich dem zutiefst weiblichen Text widersprochen.
Sehr interessant finde ich die beschriebene Lebenssituation der Autorin, nicht nachvollziehen kann ich ihre Besessenheit von Eibhlín und auch deren Geschichte war mir nach anfänglichem Interesse zu dominant.

Bewertung vom 14.02.2023
Wiegele, Ursula

Malvenflug


sehr gut

Es ist ein vielschichtiger Roman über eine große Familie, den Ursula Wiegele mit "Malvenflug" erzählt.
Im ersten Teil des Buches wird die Geschichte der Familie Prochazka von 1940 bis 1945 erzählt, die mit der Vertreibung der Sudetendeutschen endet. Die Mutter Emma schuftet in Davos, um Schulden abzuzahlen und ihrer Familie ein gutes Leben zu ermöglichen. Der Vater kümmert sich wenig, die 4 Kinder wachsen oft getrennt bei den Großeltern auf. Die einzelnen Kapitel sind aus der Perspektive jeweils eines Familienmitgliedes geschrieben. Der Schreibstil ist sehr nüchtern und sachlich, obwohl es um hochemotionale Themen geht. Hier hätte ich mir etwas mehr Tiefgang in die Gefühlswelt der einzelnen Familienmitglieder gewünscht, viel wird nur angedeutet: die Sehnsucht der Kinder nach der Mutter, die Unzufriedenheit mit dem Vater, der Einfluß des Krieges, die Einsamkeit der Mutter und ihre Angst vor der Abschiebung aus der Schweiz.
Der zweite Teil wird dann aus Helgas Sicht geschildert, die älteste Tochter von Emma und Pavel Prochazka, die ein bewegtes Leben geführt hat. Hier kommen mehr Emotionen zur Sprache und auch der Titel des Buches wird verständlich. Trotzdem ist beim Lesen hohe Konzentration gefordert, denn die Erzählung springt zwischen verschiedenen Zeiteben hin und her. Sehr hilfreich ist hier das Personenverzeichnis zu Beginn des Buches, in dem man immer wieder nachschlagen kann.
Ein leises Buch, das ohne große Dramatik eine interessante Familiengeschichte mitreißend erzählt.

Bewertung vom 27.01.2023
Prettin, Anne

Der Ruf des Eisvogels


ausgezeichnet

Schon als Olga 1925 geboren wird und ihre Mutter dabei tragisch ums Leben kommt zeichnet sich ihr starker Charakter ab. Einzig der geliebte Großvater kümmert sich um das wissbegierige Mädchen, vermittelt ihr die Begeisterung für die Natur und den Arztberuf. Doch Olga muss in ihrem Leben schwere Veränderungen durchleben, der Ausbruch des Krieges, die Flucht aus der heilen Welt ins Unbekannte und dabei immer der Drang, ihre eigenen Wünsche und Ziele zu verwirklichen.
Diese starke und mutige Frau ist eindeutig ihrer Zeit voraus. Als alleinerziehende Mutter 1948 Medizin zu studieren und ihren Traum vom selbstbestimmten Leben als Gynäkologin zu verfolgen war zu dieser Zeit so ungewöhnlich, dass ihr von Männern und Frauen nur Verständnislosigkeit entgegen schlug. Da sieht man heute erst einmal, wie weit die Emanzipation schon gekommen ist.
Dieses Buch liest sich neben der ungewöhnlichen Lebensgeschichte Olgas zugleich wie eine Reise durch die deutsche Geschichte. Die Generation ihrer Tochter Becky bis hin zur Enkelin Sara verkörpern hier die neuere Zeit, auch wenn diese beiden Charaktere nur Randfiguren bleiben.
Der Wechsel in den Erzählebenen ist immer wieder spannend, man bleibt als Leser konzentriert um den jeweiligen Lebensabschnitt Olgas zu verfolgen.
Die Lebensgeschichte der unkonventionellen Frau beschreibt Anne Prettin auf sehr berührende Weise, dabei kommen große Themen wie Schuld, Verlust, (Mutter)Liebe und Freundschaft zur Sprache. Nicht zuletzt das wunderschöne Cover und der passende Titel vervollständigen das Bild eines hervorragenden Buches, das ich jedem Leser nur empfehlen kann.

Bewertung vom 18.01.2023
Gieselmann, Dirk

Der Inselmann


sehr gut

Es ist eine traurige Geschichte über das Leben von Hans Roleder, dem Inselmann. Eine Geschichte über Einsamkeit, Armut, ein liebloses Elternhaus und brutale Erziehungsmethoden im Heim. Aber es ist auch eine Geschichte über ein starkes Individuum, den Mut, anders zu sein und einer großen Liebe zur Natur. Das alles beschreibt Dirk Gieselmann in einem sehr poetischen und bildgewaltigen Schreibstil. Auf nur 170 Seiten vermag er gefühlt viel mehr über Hans auszudrücken. Die immer wieder auftauchenden drei Sätze bringen perfekt das Gefühlsleben des Protagonisten in seinem jeweiligen Lebensabschnitt auf den Punkt: "Hans, der Lautlose. Hans, der keinen Mucks macht. Hans, Gebieter der Stille."
Dieser Roman nimmt den Leser mit in ein Leben, das anders ist, aus der Norm fällt. Und das angenommen wird von einem Kind, das sich nicht dagegen auflehnt und seine Außenseiterrolle annimmt. Dieses Buch lässt mich einerseits sehr traurig zurück, bleibt aber nicht zuletzt dank seines poetischen Schreibstils lange in meiner Erinnerung.