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Murksy

Bewertungen

Insgesamt 177 Bewertungen
Bewertung vom 02.04.2019
Die große Heuchelei
Todenhöfer, Jürgen

Die große Heuchelei


sehr gut

Der Autor bereist seit 50 Jahren die Welt und seine Krisengebiete, sein Wissen und seine Kenntnisse der Zustände vor Ort sind vermutlich sehr selten zu finden. Bei seinen Reisen, oft von seinem Sohn begleitet, spricht er mit allen Parteien. Ob westliche Politiker oder IS-Führer, erkennt sie alle. Das ist beeindruckend und erstaunlich zugleich. In vielen Büchern hat er berichtet. Vor allem sein Wandel vom Politiker zum Mahner wird darin immer wieder deutlich. Auch in seinem neuesten "Reisebericht" von den Fronten dieser Welt klagt er in unzähligen kleinen Abschnitten, geradezu mosaikartig reiht er seine Erlebnisse aneinander, über die Grausamkeiten (vor allem der westlichen Welt). Dabei macht er auch kleine Exkurse in die Bibelgeschichte, vergleicht (ob angebracht oder nicht, muss der Leser entscheiden) Grausamkeiten des Koran mit dem heiligen Buch der Christen. Ohne Frage sind viele Kriege auf Religionsfragen beruhend, wenn auch der Autor schreibt, dass nicht Religion tötet, sondern die Menschen. Und auch wenn der Autor Verbrechen östlicher Länder oder des IS an den Pranger stellt, schlägt das Pendel eindeutig in eine Richtung. Der Westen, seine Politiker und seine Medien, die waffenstrotzende USA und die verlogenen Europäer, die seit Jahrhunderten andere Länder ausbeuten, sind das Feindbild des Autors. Obwohl er beteuert, dass dies nicht so sei. Meiner Meinung ist dies trotzdem zu kurz gesprungen. Natürlich kennt er die Brutalität des Krieges aus nächster Nähe. Natürlich weiß er, was Drohnen verursachen. Am Kernproblem geht aber auch er vorbei. Egal welcher Nation oder Religion angehörend: der Mensch ist letztendlich ein grausames Tier, dass letztendlich seine Ziele mit Gewalt durchsetzt. Und je mehr Macht der Mensch zu haben scheint, umso bereitwilliger lässt er die Konkurrenz seine Brutalität spüren. Urvölker im Amazonas bekriegen sich bei Bedarf bis aufs Blut. Herrscher, egal woher, festigen ihre Macht und vergrößern sie mit Gewalt. Das war schon immer so. Mag sein, dass unsere Welt heuchlerischer geworden ist. Massenmedien erlauben es allen Seiten, Meinungen zu manipulieren. Ob darin der Westen führend ist, weil er "noch" einen Technologievorsprung hat, mag sein. Ob gut gemeinte mahnende Bücher eines politisch Reisenden dies ändern werden, darf bezweifelt werden. Lehrreich, aufrüttelnd, informativ und zum Nachdenken anregend sind diese Bücher alle Mal und deshalb unverzichtbar. Den nichts ist schlimmer als zu wenig, oder zu einseitige Information.

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Bewertung vom 09.03.2019
Lola
Love, Melissa Scrivner

Lola


ausgezeichnet

Candice Fox und Don Winslow haben Konkurrenz bekommen. Scrivner Love schreibt fesselnd, authentisch und zwingt den Leser dazu, eine Seite nach der anderen zu verschlingen. Und nebenbei hat sie eine ambivalente Anti-Heldin geschaffen, die man trotz ihren unfraglich verbrecherischen Lebens ins Herz schließt. Lola schwankt stets zwischen Loyalität, Familienzusammenhalt und der Gier nach Anerkennung als Chefin einer Gang. Dies darf aber zunächst niemand wissen, sie handelt im Hintergrund. Niemand ahnt, dass nicht ihr Freund mit dem üblichem Machogehabe die Bande anführt, sondern die zierliche Frau. Eines Tages bekommt die Gang den Auftrag, einen Drogendeal der gegnerischen Seite zu verhindern. Doch das geht gehörig schief. Nun droht das Kartell mit Lolas Tod, wenn nicht Drogen und 2 Millionen Dollar wieder auftauchen. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit und ein Katz und Maus-Spiel zwischen den Parteien. Lola ist gezwungen, sich aus dem Schatten zu bewegen und setzt alles auf eine Karte.

In dem Buch verwischen die Grenzen zwischen Gut und Böse perfekt. In einer Minute versucht Lola, ihre Familie zu beschützen, in der anderen wird sie zur eiskalten Killerin. Dunkelstes Grau schwebt über der Geschichte, die zwar brutal, aber nicht vor Blut triefend ist. Gewalt findet statt, dient aber eher zur Verdeutlichung der Situation der Kriminellen. Wie im Fluge vergeht das Mitfiebern mit Lola und der Leser erlebt einen der besten Thrillerdebüts der letzten Zeit. Diese knallharte Lola mit dem großem Herz hinterlässt einen bleibenden Eindruck.

Bewertung vom 09.03.2019
1793 / Winge und Cardell ermitteln Bd.1
Natt och Dag, Niklas

1793 / Winge und Cardell ermitteln Bd.1


ausgezeichnet

Im Jahre 1793 wird ein Leichnam aus einer Kloake gezogen. Arme und Beine abgetrennt, keine Augen mehr...ein Anblick, der einem den Magen umdreht. Ein ungleiches Ermittlerduo findet sich zusammen, um den grausigen Fall zu lösen. Winge, ein gefürchteter Jurist und Cardell, ein Kriegsversehrter und als Häscher tätiger Säufer. Die Zeit läuft den beiden davon. Der politische Umbruch wird auch die Polizei treffen, Köpfe werden ausgetauscht und Winge ahnt, dass ihm dann die Ermittlung entzogen wird. Zudem ist er schwer krank. Bruchstückhaft versuchen die Männer das Rätsel zu lösen. Doch wo anfangen, ohne Namen, Zeugen oder Ähnliches? Durch meisterliche Arbeit und etwas Glück kommen sie aber dem grausamen Mörder näher. Aber wird er zu fassen sein? Und was hat sich in der düsteren Zeit damals abgespielt?
Niklas Natt och Dag ist mit diesem Roman ein dramaturgisches und erzählerisches Meisterwerk gelungen. Präzise und pedantisch hat er recherchiert, zeichnet ein beeindruckend authentisches Bild der damaligen Zeit, soweit man das heute beurteilen kann. Stockholm ist düster, stinkt und es herrscht ein System der Grausamkeiten. Der Autor beschreibt das Ganze so lebhaft, dass der Leser die dunklen Gassen spüren kann, die Armut fühlt und mit den Spinnerinnen leidet. Viele Personen des Romans gab es wirklich, das Sittengemälde ist nahezu perfekt. Und in diesen Rahmen zaubert der Schriftsteller einen dunklen Krimi, der raffiniert im Jahre 1793 vor und zurückspringt. Zeitweise ist der Leser den Ermittlern voraus, wird wieder eingeholt und eilt gemeinsam mit ihnen Richtung Auflösung des düsteren Stückes. Ein zurecht ausgezeichneter Krimi, der auch als historischer Roman ein Glanzstück ist.

Bewertung vom 10.02.2019
Zukunft - Eine Biografie
Ogiermann, Jan M.

Zukunft - Eine Biografie


gut

..oder eher zu wenig? Auf zweihundert Seiten eine mehr als tausendjährige Geschichte zu behandeln, ist eine verwegene Aufgabe. Zudem der Titel eher trügerisch ist. Viel weniger werden Zukunftsvisionen und ihre Auswirkung besprochen (was ich eigentlich erhofft hatte, also welche Auswirkungen haben Forschergeist oder bahnbrechende Erfindungen), sondern über dutzende Seiten der Glauben der Menschheit und ihr Versuch, auf verschiedenste Arten die Zukunft zu deuten. Das ist natürlich interessant. Doch um dieses Thema wirklich umfassend zu behandeln, ist das Buch zu kurz. Was daraus wurde, ist ein Parcours-Ritt durch die Geschichte. Ereignisse werden schlaglichtartig aneinander gereiht, ohne die Hintergründe ausreichend zu belichten. Wer also mit Geschichte gar nichts am Hut hat, wird resigniert das Buch zuklappen. Interessierte werden bestimmt viel erkennen, vermissen aber die Tiefe. Und wer nun wirklich etwas über die Zukunft und deren Bedeutung für die Menschheit erfahren will, sucht vergeblich. Weniger wäre hier mehr gewesen. Die Errungenschaften der Neuzeit, die meiner Meinung mach viel zukunftsprägender waren, als hunderte Jahre langes Sternelesen oder Leberschauen, kommen ebenfalls viel zu kurz. Was bleibt, ist eine rasante Geschichtsstunde, die allerdings nicht viel zum Thema beiträgt. Schade.

Bewertung vom 24.10.2018
Chicago
Mamet, David

Chicago


sehr gut

Chicago spielt in der Zeit der boomenden Mafia. Capone und co haben die Stadt in ihrem Griff, nichts läuft ohne sie. Verbrechen, Korruption und Mauscheleien bis in die höchsten Kreise sind an der Tagesordnung. Für die beiden Reporter, die sich mit philosophischen Gesprächen und viel Alkohol die Welt zurechtbiegen, ist dies der Alltag. Wortgewaltig und voller Zynismus diskutieren sie über die sündige Welt. Mike, ein Kriegsgedienter, verliebt sich in eine Irin. Wohl wissend, dass diese Beziehung nicht geduldet werden wird. Außerdem scheint das Blumengeschäft ihres Vaters auch nicht ganz koscher zu sein. Von diversen Seiten bekommt Mike Warnungen, auch von einer schwarzen Bordellbesitzerin. Ihre Mahnungen sind nicht minder rätselhaft und blumig dargebracht, wie auch fast sämtliche Dialoge des Buches. Und das ist auch das kleine Problem dieses wirklich gelungenen Romanes. Der Autor verfügt über viel Wissen und hat seinen Roman im Kopf. Dem Leser mit weniger Wissen fällt es manchmal schwer, den komplizierten Erklärungen oder Andeutungen zu folgen. Wer macht mit wem Geschäfte? Wer zieht die Fäden? Wie ist die politische Lage im damaligen Chicago? Oftmals bleibt dem Leser nur übrig, sich mit offenen Fragen zufrieden zu geben. Die Aufklärung des Verbrechens rückt dann manchmal beinahe schon in den Hintergrund. Trotzdem ein gelungenes Abbild des alten Chicago mit all seinen Grauzonen. Manchmal überfordert das Buch mit Detailwissen, aber die Wortgefechte der Protagonisten bereiten ein farbenfrohes Literatengewitter.

Bewertung vom 05.10.2018
Der Narr und seine Maschine / Tabor Süden Bd.21
Ani, Friedrich

Der Narr und seine Maschine / Tabor Süden Bd.21


schlecht

Der Krimi, der keiner ist, auch wenn es um eine vermisste Person geht, dreht sich um zwei Personen. Besagte vermisste Person, ein ehemals bekannter Schriftsteller, der in einem Hotel wohnte und plötzlich verschwunden ist und einem Detektiv, ehemals Polizist, der am Ende seiner Karriere steht und seinen letzten Fall annimmt. Das könnte der Plot für eine spannende Geschichte sein, entwickelt sich aber zu einem trostlosen Abgesang zweier Menschen, die sich in Alkohol und Verzweiflung flüchten. Nicht nur die sperrigen Namen der Personen, auch die unglaubhaften Gespräche der Personen lassen keine Nähe zur Handlung zu. Man nehme nur die Biografin, die über den Schriftsteller berichtet. Ich persönlich kenne niemanden, der so reden würde. Hätte der Autor hier die Personen in Gedanken oder Briefform erzählen lassen, wäre dies deutlich glaubhafter geworden. Auch die merkwürdige Befragungsart des Ermittlers, die in auf irgendwelchen Wegen zum Vermissten führt, erscheint fadenscheinig. Die Handlung springt zwischen den beiden Hauptfiguren hin und her, so weiß der Leser jeder Zeit, wohin die Reise führt. Eine überraschende Wende hätte der kurzen Geschichte gut getan. Der hohe Preis ist für die paar Seiten nicht gerechtfertigt. Und trotzdem schafft es die ermüdende Erzählweise, das Buch unerträglich in die Länge zu ziehen. Immerhin schafft es der Stil des Autors das finale Trinkerduell der beiden Hauptdarsteller glaubhaft hoffnungslos erscheinen zu lassen. Ich stelle mir nach jedem Buch einige Fragen. War das Buch spannend, unterhaltsam, lehrreich, interessant, kurzweilig oder gar lustig? Würde ich es weiterempfehlen und wenn ja, mit welchen Worten? Was nehme ich aus dem Buch mit? Leider habe ich auf diese Fragen keine oder hauptsächlich negative Antworten. Meine persönliche Meinung zu diesem Buch ist leider eine abwertende, was andere Leser ganz anders empfinden mögen. Aber für einen sogenannten Krimi entspricht das Buch in keiner Weise meinen Erwartungen. Als sozialkritische Studie über den Sinn des Lebens und das selbst bestimmte Sterben ist das Werk in meinen Augen leider auch nicht wirklich geeignet, hinterlässt es doch zu viele offene Fragen. Bleibt nur zu hoffen, dass der Autor wenig Autobiografisches in die wenigen Seiten gepackt hat.

Bewertung vom 29.08.2018
Der Abgrund in dir
Lehane, Dennis

Der Abgrund in dir


ausgezeichnet

Ich gebe zu, dass ich Lehane nur von seinen Verfilmungen wie Mystic River, Shutter island oder die Mitarbeit an Serien wie The wire kannte. Gelesen habe ich den Meister des Verwirrspiel allerdings noch nicht. Dies werde ich nachholen! Denn in seinem neuesten Thriller beweist der Autor höchstes Geschick darin, die Charaktere und die Leser in scheinbarer Sicherheit zu wiegen, um sie dann durch neue raffinierte Wendungen und Entwicklungen auf eine Achterbahnfahrt der Möglichkeiten mitzunehmen. Trotz der oft vielfältigen Fährten und falschen Spuren verirrt sich der Leser nicht, da es Lehane gelingt, erzählgewaltig und glaubwürdig das Netz zu entwirren, in die der gutgläubige Leser oder auch die Protagonisten (in diesem Falle Rachel) gelockt worden sind. Rachel wächst ohne Vater auf, die alles überragende Mutter hütet das Geheimnis auf geradezu boshafte Weise. Nach dem Tod der Mutter scheint der Vater für immer unerreichbar. Doch immer wieder tauchen winzige Hoffnungsschimmer auf, die Rachel weitersuchen lassen. Aber die geradezu manische Suche fordert ihren Tribut. Schleichend entwickelt Rachel Phobien, wird im Laufe der Geschichte sogar an ihr Haus gefesselt sein. Doch bis dahin wird sie verheiratet sein, ihre Karriere als Reporterin an die Wand fahren und dann doch endlich die große Liebe treffen. Ihr zweiter Mann Brian liebt Rachel scheinbar abgöttisch, hilft ihr beim Überwinden ihrer Ängste, bis Rachel eines Tages eine Beobachtung macht, die ihr Leben verändern wird. Wer ist Brian wirklich? Ist er zu perfekt um wahr zu sein? Bald geht es für Rachel um viel mehr., als ihre Liebe oder ihr Seelenheil.

Klingt spannend? Ist es! Verworren, durchtrieben, romantisch, psychologisch durchdacht und jede Seite ein Lesegenuss. Lehane ist ein großartiger Erzähler, raffinierter Ränkeschmied, kurz , ein absoluter Meister seines literarischen Faches. Wer klug konstruierte Psychothriller und Krimis liebt, kommt hier mehr als auf seine Kosten. Er wird Lehane verfallen. Versprochen!

Bewertung vom 28.07.2018
Scharfstellung
Melzer, Heike

Scharfstellung


gut

Zugegeben, die Zahlen sind interessant. Aber neu? Nein! Wie jede Revolution oder besser gesagt Veränderung im Laufe der Geschichte beeindruckt die "moderne" Sexualität erst einmal mit Zahlen. Die teilweise merkwürdig erscheinenden Fallbeispiele aus der Praxis der Autorin verstärken dies zusätzlich. Doch egal welche Änderung oder Erfindung (und die daraus resultierende "Revolution) man nimmt, erscheinen zunächst unfassbare Zahlen und Erscheinungen. Sei es der Buchdruck, die Dampfmaschine, das Auto oder der Computer. All dies hat die Welt und die Menschen, bzw. ihre Handlungen verändert. Erste Pornos auf Farbfilm? Die Welt geht zugrunde an diesem Abschaum, so der Tenor vieler Altvorderen. Computerspiele oder später das verruchte Internet? Wir werden alle zu geistlosen Zombies und die Kinder zu Massenmördern! Selbstverständlich hat sich die Sexualität mit all den Möglichkeiten verändert (und wird dies auch noch tun), ob das nun gefällt oder nicht. Mit Liebe hat dies nichts zu tun. Auch der Satz, dass sich die Treue ändern wird, kann ich nicht akzeptieren. Was sich nach wie vor nicht verändert hat, ist die Empfänglichkeit mancher Menschen für die Möglichkeiten. Ja, manch einer wird Computersüchtig, Pornosüchtig, Alkoholabhängig. Andere probieren etwas aus und langweilen sich irgendwann. Dass zunehmend wohlhabende Menschen in der Praxis erscheinen und ihre Probleme lösen wollen, erscheint hinsichtlich der Kosten durch all die Verlockungen kein Wunder. Arme Menschen können sich schlichtweg weder teure Datingportale oder Escortservices leisten. Dass die Verbreitung von Pornografie über Smartphones ein Massenphänomen ist, wundert nicht. Das Smartphon selbst ist ein solches. Kaum eine Region in der Welt ist nicht von diesen modernen Kommunikationsmitteln verschont. Ist das gut oder schlecht? Genau, sowohl als auch. Kann man das Rad zurückdrehen? Wohl kaum. Man kann nur Aufklären, Erziehen und versuchen, mit den Möglichkeiten vernünftig umzugehen. Ob dieses Buch dabei hilft, möchte ich bezweifeln. Ja, es gibt Ratschläge. Und ja, es ist auch eine offensichtliche Werbeplattform. Müssen die einschlägigen Pornoseiten, Dating-Portale oder sogar diverse DVD-Titel genannt werden? Ich denke nein. Wer etwas sucht, wird dies auch so finden. Wer "toys" sucht, braucht auch keine Produktplatzierung in diesem Buch. Und auch wenn es mit Augenzwinkern gemeint war, brauche ich persönlich nicht die Vorstellung einer Kanzlerin, die durch ihre wohnliche Nähe als mögliche Premiumkundin für ein Masturbationshilfsmittel dargestellt wird. Aber wem es gefällt. So wie der Gebrauch des Smartphones bereits zu anatomischen Veränderungen (Genickhaltung und Daumenverkrümmung) führt, wird auch der unbeschränkte Zugang zu Pornos und Sexualpartnern weiterhin die Menschen verändern. Letztendlich sind wir triebgesteuert und wie z.Bsp. der enorme Fleischkonsum oder das Thema Umweltschutz zeigt, nur bedingt vernunftbestimmt. Menschen eben, fehlerbehaftet und unvollkommen. Und das ist gut so.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2018
Opfer
Lemaître, Pierre

Opfer


ausgezeichnet

Bei einem brutalen Überfall wird eine unbeteiligte Frau beinahe getötet. Nur knapp entgeht die Zeugin dem Tode und wird schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert. Doch einer der Verbrecher ist hinter ihr her. Trotz Polizeischutz kommt er der Frau gefährlich nahe. Was niemand ahnt, ausgerechnet diese Frau ist die Freundin eines Kommissars, der sich des Falles annimmt. Obwohl sein Enthusiasmus verdächtig erscheint, spinnt der Kommissar ein Lügennetz, dass seine wahrten Beweggründe verdecken soll. Er will die Frau retten, bringt damit seine Karriere in Gefahr. Der Killer scheint ihm aber immer einen Schritt voraus zu sein. Mittlerweile hat die Frau den Täter identifiziert. Die Jagd ha begonnen, doch im Laufe des Falles wird sich zeigen, dass noch viel mehr hinter dem Überfall steckt. Wird der Kommissar seine Freundin retten können? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.


Der Autor schafft es von der ersten Zeile an, einen Spannungsbogen aufzubauen und zu halten, der seines gleichen sucht. Die fast schon trockene, detaillierte Schilderung des brutalen Überfalles und die beobachtende Erzählweise fesseln den Leser, der zugleich abgestoßen aber auch verlockend von der Kälte des Mörders angezogen wird. Gesteigert wird dieses voyeuristische Prickeln durch die Ich-perspektive des Mörders. Das Buch zieht den Leser somit als "Mitwisser" oder sogar "-täter" in den Strudel der Geschehnisse, die sich langsam auflösen und das perfide Spiel des Täters offenbaren. Aus dem einfachen Überfall wird ein raffinierter Krimi, der den Kommissar zum gehetzten Jäger macht. Die nüchterne Beobachtungsgabe des Autors lassen den Leser an den Seiten kleben, unmöglich, das Buch aus den Händen zu legen, bevor man nicht den Schluss des Dramas miterlebt hat. Ein Thriller der Extraklasse!

Bewertung vom 30.06.2018
Fake
Rayburn, James

Fake


ausgezeichnet

Eine amerikanische Geisel stirbt bei einem Drohnenangriff. Für die Befürworter der Friedensgespräche ein Desaster. Für die Gegner eine Wohltat. Um die Verhandlungen am Laufen zu halten, soll die Welt glauben, dass die Aktivistin noch lebt. Auch ihr Ehemann, der seit ihrer Geiselnahme "wichtig" war, hat ein Interesse am "Weiterleben" seiner Frau. Also entsteht das waghalsige Projekt, mit einer Schauspielerin ein Video zu drehen, das als Lebenszeichen gelten soll. Die Drahtzieher hinter dem Drohnennangriff haben ganz andere Interessen und setzen alles daran, den Tod der Frau zu bestätigen. Dabei gehen sie auch über Leichen.
Ein reißerischer Thriller, der nur allzu gut in die Welt der "fake news" passt. Was kann man glauben? Was ist gefälscht? Ist der normale Bürger überhaupt in der Lage, fake news zu erkennen? Natürlich ist der Thriller actionreich vielleicht etwas überzeichnet. Trotzdem spielt das Buch geschickt mit den "was wäre wenn" Momenten. Die Grundstory ist auf jeden Fall glaubhaft. Erinnert mich an den großartigen Film "wag the dog", der auch schon mit der Medieninszenierung des Krieges spielte. Das Buch bietet schnelle, spannende Unterhaltung und lässt kaum Zeit zum Durchatmen. Für Genrefans ein Muss.