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EOS
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Siegen

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Insgesamt 227 Bewertungen
Bewertung vom 31.07.2021
Izquierdo, Andreas

Revolution der Träume / Wege der Zeit Bd.2


ausgezeichnet

Drei loyale Freunde - nach dem Krieg endlich wieder vereint
Ich kenne die drei Freunde Carl, Artur und Isi schon aus dem Vorgängerband, und damals war ich traurig, als das Buch ausgelesen war. Umso mehr habe ich mich gefreut, diese drei in ihrer Freundschaft aufrechten Menschen wieder zu treffen, und nun am Ende des 2. Bandes wünsche ich mir aufs Neue, ihr Schicksal weiter zu verfolgen, denn ein paar Cliffhanger hat der Autor schon gestreut.
Die drei Freunde haben den Krieg überlebt, dabei schlimme Ereignisse hinter sich gebracht und sehnen sich nach einem Neuanfang, in Frieden und mit positiven Zukunftsaussichten. Sie treffen sich in Berlin, das zu dieser Zeit politisch ein Hexenkessel war, und unsere Drei sind mittendrin und mischen munter mit, immer in der Hoffnung auf eine bessere Welt. Man unterstützt sich gegenseitig und lässt die anderen nie im Stich, so schwer es auch manchmal ist. Das Buch präsentiert quasi eine Freundessaga....
Sehr gut gefallen hat mir, dass ich soviel Hintergrundinformationen zur Zeit nach dem ersten Weltkrieg bekommen habe, denn die politischen Zusammenhänge waren mir teilweise nicht klar. Ebenso wenig war mir bekannt, wie groß das Elend der Bevölkerung tatsächlich war, besonders der Hunger und die katastrophale Armut haben den Menschen sehr zugesetzt. Selbst die Polizei war korrupt und die Stellung der Frauen bedauernswert.
Alle drei Protagonisten sind mir sympathisch, allen voran Carl, Carl Schneiderssohn, was sicherlich daran liegt, dass er solch ein ehrlicher und geradliniger Mensch ist, ein Menschenfreund, der voller Vertrauen ist und deshalb öfters herb enttäuscht wird. Man leidet dann als Leser mit ihm.
Isi gefällt mir mit ihrer rebellischen Art auch sehr gut, sie lässt sich nicht in eine Schublade zwängen, sondern lebt ihre Individualität aus. Für ihre Freunde ist sie in der Not immer zur Stelle.
Artur ist der Planer der kleinen Gruppe, er überschaut die jeweilige Situation und weiß Rat. Auch auf ihn ist Verlass, selbst wenn er mit einem Bein im kriminellen Milieu steckt.
Von Anfang an hat das Buch mich wieder angesprochen, und ich war schnell versunken im Berliner Alltag mit seiner aufgewühlten Atmosphäre. Der flüssige Schreibstil sorgt für beste und kurzweilige Unterhaltung. Auf den letzten fünfzig Seiten wird es nochmal besonders spannend....Sehr geschickt fügt der Autor bisweilen am Ende eines Kapitels noch einen kurzen Hinweis ein, dass alles doch anders kommt, was die Spannung erhöht. So kommt es dann auch immer wieder zu überraschenden Wendungen.
Großartige, detailreiche Beschreibungen, liebevoll skizzierte Figuren, historischer Hintergrund und ganz große Gefühle sind die Hauptzutaten für einen wundervollen Roman, den ich uneingeschränkt empfehlen kann und der die volle Sternchenzahl verdient hat. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!

Bewertung vom 24.07.2021
Jodl, Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh


ausgezeichnet

Amüsant und informativ
Es hat großen Spaß gemacht, das Buch zu lesen, es ist humorvoll geschrieben und allein schon die Idee, die dem Buch zugrunde liegt, spricht mich an.
Es geht um Olga, eine Medizinstudentin im Praktischen Jahr, die in Georgien geboren wurde. Schon als Kleinkind wanderte sie mit ihren Eltern aus, über Griechenland nach Deutschland. Sie ist in München aufgewachsen, aber zum Studieren emanzipiert sie sich von ihrer Familie und geht nach Bonn. Stets hatte sie mit dem Klischeedenken ihrer griechisch-georgischen Familie zu kämpfen, z.B. warf man ihr vor, dass sie mit fast 30 immer noch nicht verheiratet ist. Das ändert sich, als sie den Medizinstudenten Felix kennenlernt und mit ihm eine Beziehung eingeht. Felix ist brav und angepasst, er gefällt ihrer Familie. Aber dann lernt Olga durch Zufall Jack kennen, der so ganz anders als Felix ist, und ihre Zukunftspläne geraten ins Wanken.
Das Buch ist köstlich, ich saß immer wieder schmunzelnd über meiner Lektüre, denn die Autorin schaffte es, in meinem Kopf ein Gedankenkino zu starten, denn die lustigen Beschreibungen der vielen prekären Situationen sind durchaus vorstellbar. Sehr beeindruckend!
Die Hintergrundinformationen über Georgien waren für mich sehr informativ, da ich wenig über dieses Land wusste. Nun ist mir diese fremde Kultur näher gekommen, da ich einiges erfahren habe über Bevölkerung, Sprache, Traditionen....
Ich habe das Buch bereits weiter empfohlen, da es mich so gut unterhalten hat. Eine angemessene Sommerlektüre, wozu auch das farbenfrohe Cover passt, das außerdem noch eine tiefere Bedeutung hat. Eindeutige Leseempfehlung!

Bewertung vom 09.07.2021
Whitaker, Chris

Von hier bis zum Anfang


ausgezeichnet

Erschütternd und tiefgründig
Duchess, 13 Jahre, ist eine der beiden Hauptpersonen in diesem Roman und hat kein leichtes Leben. Ihre selbstgewählte Lebensaufgabe besteht darin, für ihren kleinen Bruder Robin zu sorgen, da die Mutter seit dem Tod ihrer Schwester Sissy vor 30 Jahren ihr Leben nicht mehr im Griff hat. Sie scheint mir manisch-depressiv zu sein und ist nicht in der Lage, ihre Kinder angemessen zu versorgen. Dies erledigt Duchess aufopferungsvoll, für Robin gibt sie sich selber auf. Dieses Mädchen durfte seit der Geburt ihres Bruders nicht mehr Kind sein, und auch die typischen Teenagerjahre sind für sie weitgehend tabu. Sie wirkt teilweise wie eine Erwachsene, aber stets bereit zu attackieren, zu provozieren, denn positive Gefühle verbindet sie nur mit ihrem Bruder. Sie schlüpft in die Rolle eines Outlaw, um sich stark und unbesiegbar zu fühlen. Auf diese Weise baut sie sich eine Mauer gegen all die Schikanen und Demütigungen, die ihren Alltag begleiten.
Zu erwähnen ist als Hauptfigur auch Walk, ein Polizist, der noch an das Gute im Menschen glauben möchte. Er drückt gern mal ein Auge zu, möchte immer schlichten und helfen. Er ist selten mit großer krimineller Energie konfrontiert, sondern eher das 'Mädchen für alles' bei kleineren Problemen in der Kleinstadt Cape Haven. Duchess und Robin liegen ihm sehr am Herzen. In diesem Buch wächst Walk zeitweise über sich hinaus und bringt einiges ins Rollen.
Als der Mann, der Sissy damals überfahren hat, aus dem Gefängnis entlassen wird, setzt eine Dynamik ein, die das Buch teilweise zum Kriminalroman werden lässt. Das Buch hat mich nicht losgelassen und selbst in Lesepausen beschäftigt. Die Spannung setzt bereits im Prolog ein, als das tote Mädchen damals gesucht und gefunden wird, und hält bis zum Ende an, wobei sich die Spannung nicht nur auf die Täterermittlung bezieht, sondern auch auf das Schicksal der beiden Kinder.
Der Schreibstil ist flüssig und präzise, es entstehen keine Unklarheiten. Ganz im Gegenteil, man rutscht immer mehr in die Situation hinein und empfindet rasch Empathie.
Der Autor zeichnet seine Figuren sehr detailreich, so dass man sie in Gedanken vor sich sieht und ihre Ausstrahlung spürt. Das hat mich unheimlich berührt und beschäftigt. Das Buch ist sehr atmosphärisch, es sendet Gefühle aus wie Unnahbarkeit, Verletzlichkeit, aber auch Rücksichtslosigkeit und Hass. Am Anfang konnte ich keine emotionale Bindung zu Duchess aufbauen, das hat sich aber im Laufe der Geschehnisse geändert. Auf der anderen Seite gibt es nämlich sehr positive Emotionen, die mir zumindest Tränen in die Augen getrieben haben. Dieses Buch gehört zweifellos zu den Büchern, die mich bislang in diesem Jahr am meisten beeindruckt haben. Ich habe es schon weiterempfohlen....
Dieser Roman ist keine entspannende Ferienlektüre für den Strand, sondern ein literarisches Kunstwerk, mit einigen überraschenden Wendungen, die aber allesamt nachvollziehbar sind. Hier würde ich gern mehr als fünf Sterne geben ;-) da das Buch mich sehr beeindruckt hat.

Bewertung vom 05.07.2021
Dubois, Julie

Trüffelgold / Périgord-Krimi Bd.1


ausgezeichnet

Cosy Crime en France
Dieser Krimi ist unterhaltsam und spannend, aber nicht von der Art, dass man nicht mehr schlafen kann. Es beginnt zwar direkt mit einem Mord, aber es gibt keine blutrünstigen oder grausamen Szenen: Cosy Crime, made in France...
Marie Mercier ist Kommissarin in Paris und hat von ihrer Oma ein schönes altes Haus im Périgord geerbt, wo sie als Kind bereits herrliche Zeiten verbracht hat. Nach stressreichen Zeiten beschließt sie ein Sabbatjahr zu nehmen und in dieser Zeit das Haus nach ihren Wünschen zu gestalten. Kaum ist sie dort angekommen, wird ein Biker erschossen, der zudem noch mit ihrer Freundin liiert war. Marie kann nicht anders, sie muss unauffällig recherchieren, womit sie sich allerdings den Ärger des leitenden Kommissars einfängt. Dies wiederum ist nicht sehr angenehm, da die beiden sich durchaus sympathisch sind. Marie lässt sich jedoch nicht aufhalten und gerät selbst in Gefahr....
Julie Dubois Schreibstil ist flüssig und mitreißend. Man liest immer weiter, als wäre man ein Teil des Geschehens und dürfte es nicht aufhalten. Sehr intensiv ist auch das Lokalkolorit, das die typische Atmosphäre dieser französischen Region treffend einfängt. Man kann sich vorstellen, im zentralen Café zu sitzen und das regionale Treiben zu beobachten, ja, man wünscht es sich sogar. Sehr schön finde ich, dass die Erzählperspektiven wechseln, so dass das Bild vollständiger wird. Hier und da wird ein wenig Witz oder Ironie eingestreut, was mich des öfteren zum Schmunzeln brachte. Ab und zu sind auch einfache französische Floskeln angehängt, und auch ein paar falsche Freunde der französischen Sprache werden erwähnt, formidable ;-)
Die Spannung entwickelt sich langsam, aber stetig, und hält bis zum Ende an, denn es gibt noch so einige Überraschungen. Als Leser kann man auch gut miträseln, wer die Drahtzieher des Geschehens sind. Das ist für mich immer sehr verlockend und hat mir gut gefallen.
Fast alle Figuren sind sympathisch gezeichnet, so dass man sich auch dadurch in diesem Dorf wohlfühlt, teilweise auch etwas schrullig, wie z.B. Rose, eine alte Dame, die als Dorfzeitung fungiert und sich für ihren Namen stets in rosa kleidet. Auch Georges ist ein Ausnahmecharakter, denn man trifft ihn selten ohne seinen besten Freund, das Trüffelschwein Augustine, an.
Alles in allem hat mich dieser erste Kriminalroman der Reihe um Marie Mercier überzeugt, und ich bin gespannt auf den nächsten Band. Ich möchte dieses Buch allen empfehlen, die sanfte und trotzdem unterhaltsame Kriminalliteratur mögen.

Bewertung vom 04.07.2021
Wünsche, Christiane

Heldinnen werden wir dennoch sein


ausgezeichnet

Wahre Freundschaft?
Das Buch erzählt über fünf befreundete Frauen, die sich in den 70er/80er Jahren in einer größeren Clique regelmäßig treffen und ihre Freizeit gestalten. Während eines Geburtstagsbrunchs in der Gegenwart macht eine Nachricht die Runde, die alle erschüttert: Frank, der früher auch einmal dieser Clique angehörte, hat Selbstmord begangen. Durch diese Neuigkeit werden viele Erinnerungen geweckt und Vorfälle, die man gern vergessen wollte, werden wieder lebendig. Denn Frank, der immer und für jeden ein wahrer Freund war, hatte damals ganz plötzlich der Clique den Rücken gekehrt und sich eingeigelt. Natürlich möchte man als Leser die Gründe erfahren, und hier setzt die Spannung ein, die fast bis zum Ende anhält. Immer wieder bekommt man Hinweise, dass zu jenem Zeitpunkt etwas Gravierendes vorgefallen sein muss, das Frank von den anderen trennte. So wirkt das Buch sehr fesselnd.
Das Lesen geht flott voran, denn der Schreibstil ist gut verständlich und übersichtlich. Durch die wechselnden Erzählperspektiven der Protagonisten bekommt man einen guten Überblick über die einzelnen Figuren und ihre Lebensumstände. Sehr hilfreich war eine Vorstellung der Hauptfiguren vorne im Buch.
Grundlegende Frage dieses Romans ist, was man von einer wahren Freundschaft erwarten kann und was die Ursache für einen Bruch sein könnte. Und wenn es zum Bruch kommt, wie lange wird sich das auswirken, vielleicht das ganze Leben lang? Kann man irgendwann vergessen, oder ist dies erst durch Vergebung möglich? Was bedeutet Freundschaft? Unweigerlich fängt man irgendwann an, über die eigenen Freundschaften nachzudenken und ihre Authentizität zu hinterfragen. Das hat mir gut gefallen. Das Buch hat mich über die reine Lesezeit hinaus gedanklich beschäftigt....
Was mir nicht gefallen hat, war das Ende des Buches, wo unbedingt noch aktuelle Themen untergebracht werden mussten und wo jeder Hauptfigur noch ein Sahnehäubchen zufliegt. Das war überflüssig und hätte mit offenen Fragen am Ende mehr bewirkt. Deshalb ziehe ich ein Sternchen ab. Insgesamt jedoch fand ich das Buch unterhaltsam und zum Nachdenken anregend.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.06.2021
Maly, Beate

Fräulein Mozart und der Klang der Liebe / Ikonen ihrer Zeit Bd.4


ausgezeichnet

In den Schatten treten für den kleinen Bruder
Dieses Buch hat mich sehr berührt, denn es zeigt mit erschreckender Klarheit, welche Herabwürdigung Frauen im 18. Jahrhundert erdulden mussten. Sie hatten im damaligen Gesellschaftssystem keine Chance, ihr Schicksal selbst zu bestimmen.
Nannerl Mozart war mir ein Begriff als Schwester von Wolfgang Amadeus, die er verehrte, als Beraterin schätzte und für die er sorgte. Aus diesem Buch habe ich andere Aspekte entnommen, die mich überrascht und betroffen gemacht haben.
Vater Leopold hat die musikalische Begabung seiner beiden Kinder erkannt und möchte damit seinen gesellschaftlichen Status ausbauen. Die Kinder musizieren gemeinsam überall in Europa, vor Fürsten und Königen. Leopold organisiert eine Musik-Tournee per Kutschfahrten und Aufenthalt in billigen Wirtshäusern. Er ist sehr dominant, auch seiner Ehefrau gegenüber, kein Familienmitglied wagt zu widersprechen. Das betrifft auch Nannerls Liebesleben, denn sie sie verliebt sich in den Schulleiter Franz, der die Familie Mozart nicht aus ihren finanziellen Nöten holen kann und deshalb unerwünscht ist. Heimlich hält Nannerl zunächst an ihrer Liebe fest, auch wenn sie weiß, dass Franz auf Grund seiner Position niemals heiraten darf. Dieses stumme Rebellieren ist sehr gewagt für diese Zeit. Mittlerweile wurde Nannerl von Konzerten ausgeschlossen, damit einzig und allein Wolfgangs Kunst im ehrgeizig ersehnten Mittelpunkt steht. Sie ist sehr enttäuscht, aber fügt sich. Gleichzeitig beschließt sie, ihr eigenes Geld zu verdienen, was für Frauen dieser Zeit ebenfalls ungewöhnlich ist. Nannerl verkörpert die Rolle einer klugen Frau, die Missstände erkennt und versucht, dagegen zu agieren. Sie imponiert mir sehr!
Auch liefert das Buch einen interessanten historischen Überblick dieser Zeit, die kolossale Armut des Volkes, die Bedrohung durch Seuchen (gerade gut vergleichbar mit Covid 19) und die öffentliche Demütigung von Frauen, die für ihren Ungehorsam an den Pranger gestellt werden. Diese Szenen haben mich sehr betroffen gemacht.
Überhaupt hat mich dieser stark atmosphärische Roman sehr berührt, da er immer wieder das Ausgeliefertsein der Menschen, ganz besonders der Frauen, thematisierte. Der Schreibstil ist sehr flüssig und versetzte mich gedanklich schnell in diese Zeit und ihre Herausforderungen. Auch wenn vieles Fiktion ist, gibt das Buch dennoch den Grundtenor der Lebensbedingungen an. Ich bin überzeugt, dass die Autorin gründliche Recherchen betrieben hat. Auch über das Lesen hinaus hat mich das Buch gedanklich beschäftigt, und ich möchte eine klare Leseempfehlung aussprechen.

Bewertung vom 06.06.2021
Jensen, Svea

Nordwestzorn / Soko St. Peter-Ording Bd.2


sehr gut

Cold Case - Wiederaufnahme nicht gewünscht?
Anna Wagner ist zurück in St. Peter-Ording, und zwar als Leiterin der neu gegründeten Vermisstenstelle. Dort nimmt sie sich zuerst einen Fall vor, der bereits 16 Jahre zurückliegt. Damals verschwand ein Schüler aus einer Jugendherberge spurlos. Es gab Verdächtige, Vermutungen auf Missbrauch und sogar einen Indizienprozess, der aber scheiterte. Als Anna anfängt mit ihren Recherchen, bemerkt sie eine deutliche Anfeindung. Es sieht so aus, als wolle man den Fall ruhen lassen, was den Ermittlern sehr merkwürdig vorkommt. Der ehemals Hauptverdächtige ist nach Jahren der Abwesenheit nach St. Peter-Ording zurückgekehrt, wird schikaniert und schließlich entführt. Wer steckt dahinter und warum?
Dies ist bereits der zweite Fall um die Ermittlerin Anna Wagner, ich habe den ersten Band bislang nicht gelesen, aber es ergaben sich für mich keine Wissenslücken, alles Wichtige wird rückblickend erwähnt.
Schnell nimmt der Krimi an Spannung zu, und diese Spannung hält bis zur Auflösung am Ende an, obwohl nicht wirklich viel passiert. Die Spannung entsteht durch die bedrückende Atmosphäre und durch die intensiven Recherchen, die so einige neue Informationen zu Tage fördern. Nach und nach erschließen sich dem Leser so Details aus der Vergangenheit, die bei den damaligen Ermittlungen nicht bekannt waren.
Der flüssige und unkomplizierte Schreibstil sowie das sympathische Ermittlungsteam sorgen für beste Krimi-Unterhaltung. Am Anfang habe ich die vielen norddeutschen Namen nicht auseinanderhalten können, da wäre ein Namensregister sinnvoll gewesen. Die verschiedenen Charaktere sind sehr authentisch und lebensnah dargestellt, keine Übertreibungen oder unglaubwürdige Aktionen. Man kann sich gut in die Gefühlswelt der Hauptfiguren hineinversetzen. Dazu kommt noch das Lokalkolorit dieses schönen Ortes an der Nordsee, was sich schon im gut gewählten Cover ausdrückt. Da ich schon mehr als einmal dort war, fühlte ich mich in Gedanken dorthin versetzt.
Der Fall ist logisch konstruiert, genau wie seine Auflösung, kein Handlungsfaden bleibt offen. Mein einziger Kritikpunkt sind die Wiederholungen, manche Fakten oder Gedankengänge werden mehr als einmal wiederholt, was sich sicherlich umgehen lässt.
Alles in allem habe ich mich aber sehr gut unterhalten gefühlt und kann das Buch wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 20.05.2021
Benedict, Marie

Lady Churchill / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.2


ausgezeichnet

Wir sind Premierminister
Clementine Hozier heiratet Winston Churchill im Jahre 1908 und bleibt an seiner Seite bis zu seinem Tod im Jahre 1965. In diesem Buch werden nur die gemeinsamen Jahre bis zum Ende des 2. Weltkriegs beleuchtet. Beide Ehepartner haben in ihrer Kindheit keine elterliche Geborgenheit erlebt und sind verbunden durch ein starkes Interesse an Politik. Wir lesen in diesem Buch, wie intensiv Clemmie an Winstons Karriere arbeitet, die sie vielleicht gern selbst durchlaufen hätte, wenn die Gleichstellung der Frau damals schon diese Möglichkeit geboten hätte, aber man kämpfte damals sogar noch um das Wahlrecht.
Wieder einmal hat Marie Benedict beeindruckende Recherchen betrieben, die den historischen Hintergrund ausleuchten und den Politiker Winston Churchill abbilden, wie er mir bisher nicht bekannt war. Dies hat mir schon bei 'Frau Einstein' sehr gut gefallen, und auch dieses Buch bietet wieder zahlreiche Details, die einen Gesamteindruck des Lebens des Ehepaares Churchill formen. In erster Linie geht es natürlich um Clementine.
Mir ist die Protagonistin weitgehend nicht sympathisch, obwohl sie emanzipiert und gebildet ist, sich für die Frauenrechte auch offiziell einsetzt und besonders während der Kriege karitativ in Erscheinung trat. Da ist zunächst ihr Mutterbild, das mich entsetzt hat, denn sie kann zu ihren Kindern jahrelang kein wirklich emotionales Verhältnis aufbauen, sondern überlässt dies Nannys und einer Gouvernante. Sie unternimmt lange Reisen, meist dienstlich und mit Winston, und wundert sich über das fremdelnde Verhalten ihrer Kinder bei ihrer Rückkehr. Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass sie ihren Ehemann intensiv bemuttert, er führt ein regelrechtes Luxusleben an der Front.
Befremdlich finde ich, dass sie nicht bereit ist, Schwächen einzugestehen, auch gesundheitliche, aus Angst, dass Winston sie dann nicht mehr als Beraterin akzeptiert. Ist das wirklich Vertrauen? Sie setzt ihre eigene Lebensentfaltung zurück und setzt ihre ganze Energie ein, um Winston zu lenken und zu unterstützen. In meinen Augen ist sie machthungrig und hält sich für unverzichtbar, was die Karriere ihres Mannes angeht (..."ohne mich wäre mein Mann nicht zu dem Winston geworden, der maßgeblich dazu beitrug, dieser kaputten Welt den Frieden zu bringen"). Man hat das Gefühl, dass sie alles überwacht und nach ihren Wünschen beeinflusst. Dies lässt natürlich ein schwaches Ego bei Mr Churchill aufblitzen, der sich manipulieren lässt und ohne die Unterstützung seiner Clemmie nicht viel erreicht. Natürlich weiß man nicht, wie groß der Anteil an Fiktion in diesem Roman ist und ob die Realität nicht anders aussah.
Der Schreibstil ist ansprechend und reich an Details. Ich hatte eine gute Lesezeit und habe viel über Clementines Rolle nachgedacht. Schade, dass die Paarbeziehung nicht bis zu Winstons Tod beschrieben wird. Auf jeden Fall habe ich mein historisches Wissen erweitert, was zwar mit ein paar langatmigen Kriegsbeschreibungen verbunden war, mich aber nicht weiter gestört hat. Ich halte das Buch für sehr lesenswert!

Bewertung vom 11.05.2021
Langenbach, Clara

Zeit für Träume / Senfblütensaga Bd.1


ausgezeichnet

Emma und Carl - weltoffen und sympathisch
Anfang des 20. Jahrhunderts: Emma ist eine junge Frau, die mit ihren Eltern in Metz wohnt. Sie träumt von einem Studium, muss jedoch die Erfahrung machen, dass Frauen an Universitäten nicht erwünscht sind. Sogar ihre Eltern unterstützen sie nicht, denn sie soll schnellstens heiraten und damit die Altersvorsorge für ihre Eltern sichern. Durch Zufall lernt sie eines Tages Carl kennen, Sohn eines Fuhrunternehmers, und dieser junge Mann hat große Pläne, er möchte eine Senffabrik eröffnen. Jedoch auch ihm werden große Steine in den Weg gelegt.....
Dieser historische Roman gefällt mir ausgesprochen gut, denn er ist einerseits eine Liebesgeschichte, was mich an sich normalerweise nicht sonderlich reizt, sondern dazu auch noch spannend geschrieben. Während der Lektüre dieses Buches habe ich alles um mich herum vergessen und weilte in Gedanken nur noch in Metz bei Carl und Emma. Ich habe das Buch regelrecht verschlungen und konnte nur schwerlich eine Pause einlegen.
'Studieren macht hässlich' sagt Emmas Mutter, aber ihre Tochter ist eine Kämpferin und lässt sich dadurch nicht einschüchtern. Sie kämpft sanft, aber permanent für ihre Rechte als Frau, was mir sehr gut gefällt. Sie ist mir richtig sympathisch, genau wie Carl, der das Familienunternehmen übernehmen soll, was ihm nicht zusagt. So kämpfen beide für ihre Eigenständigkeit und passen dadurch sehr gut zusammen.
Der Schreibstil ist leicht und gut verständlich, und auch der Humor kommt nicht zu kurz, wenn Emma z.B. beschreibt, wie sie kleidungsmäßig von ihrer Mutter ausgestattet wird: '...wie ein bepflanzter Blumenkasten'.
Der historische Hintergrund zeigt die weit verbreitete Armut und die Diskriminierung der Juden, die zu dieser Zeit bereits ihren Anfang nimmt. Außerdem ist die Stellung der Frau um 1900 katastrophal, die jungen Damen müssen sich ihren Eltern in der Regel beugen, ohne Berücksichtigung der persönlichen Wünsche. Entsetzt war ich darüber, dass eine 19jährige junge Frau von ihrem Vater gezüchtigt wird.
Ich war traurig, als ich das Buch mit seinen ca. 500 Seiten beendet hatte, denn Emma und Carl sind mir richtig ans Herz gewachsen, aber ich freue mich bereits auf den nächsten Band, den ich unbedingt lesen muss. Auf jeden Fall kann ich das Buch wärmstens empfehlen und gebe ohne Zögern 5 Sterne.

Bewertung vom 03.05.2021
High, Kate

Die Katze und die Leiche in der Scheune / Clarice Beech Bd.1


ausgezeichnet

Cosy Crime und mehr
Im Mittelpunkt des Kriminalromans steht Clarice Beech, eine sehr tierliebe Frau, die ihr Geld mit Töpfern verdient und deren Ehemann von ihr getrennt lebt, da er der Meinung ist, dass sie für die Tiere mehr Zeit aufbringt, als für ihn. Eines Tages bekommt sie einen Hinweis, dass Walter, ein Kater, den sie an eine Freundin vermittelt hat und der seit längerer Zeit verschwunden ist, in einer Scheune gesehen wurde. Sie lässt alles stehen und liegen, fährt dorthin, findet Walter, aber zu ihrem großen Entsetzen entdeckt sie auch eine Leiche. Schnell ist die Identität geklärt, aber genauso schnell stellt sich heraus, dass die Frau unter falschem Namen in dem idyllischen englischen Dorf lebte.
Der Krimi fängt gemächlich an - typisch Cosy Crime, war mein erster Gedanke - nahm aber dann Fahrt auf und wurde so spannend, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen wollte. Zwar keine blutrünstigen Szenen oder Actioneinlagen, aber das muss ja auch nicht sein. Der Plot ist schön verzwickt und gibt dem Leser die Möglichkeit mitzurätseln, was nicht so einfach ist, da es jede Menge Verdächtige gibt. Alles ist nachvollziehbar und nicht an den Haaren herbeigezogen. Es wird auch bis zum Ende alles geklärt, es bleiben keine wesentlichen Fragen offen.
Der Schreibstil ist flüssig lesbar und dadurch gut verständlich. Was mir aber ganz besonders gut gefallen hat, ist die bildhafte Sprache, die bis ins Detail beschreibt und originelle Vergleiche hervorbringt. Das fängt direkt am Anfang schon an, als einer der Hunde 'wie Limonade aus einer frisch geschüttelten Flasche' in Erscheinung tritt. Köstlich! Oftmals muss man beim Lesen schmunzeln.
Die Protagonisten sind gut beschrieben, ihre Charaktere und auch ihr Äußeres, und fast alle erscheinen sympathisch. Allerdings erschlägt einen zunächst die Menge der Namen, so dass ich mir erstmal eine Liste erstellen musste. Denn zu den vielen Personennamen kommen noch viele Tiernamen dazu.
Das Buch hat mir eine schöne Lesezeit beschert, und ich hoffe auf weitere Bände mit Clarice Beech, allein schon weil sie ein großes Herz für Tiere hat. Das Buch erhält von mir die volle Punktzahl.