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EOS
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Siegen

Bewertungen

Insgesamt 224 Bewertungen
Bewertung vom 05.07.2021
Trüffelgold / Périgord-Krimi Bd.1
Dubois, Julie

Trüffelgold / Périgord-Krimi Bd.1


ausgezeichnet

Cosy Crime en France
Dieser Krimi ist unterhaltsam und spannend, aber nicht von der Art, dass man nicht mehr schlafen kann. Es beginnt zwar direkt mit einem Mord, aber es gibt keine blutrünstigen oder grausamen Szenen: Cosy Crime, made in France...
Marie Mercier ist Kommissarin in Paris und hat von ihrer Oma ein schönes altes Haus im Périgord geerbt, wo sie als Kind bereits herrliche Zeiten verbracht hat. Nach stressreichen Zeiten beschließt sie ein Sabbatjahr zu nehmen und in dieser Zeit das Haus nach ihren Wünschen zu gestalten. Kaum ist sie dort angekommen, wird ein Biker erschossen, der zudem noch mit ihrer Freundin liiert war. Marie kann nicht anders, sie muss unauffällig recherchieren, womit sie sich allerdings den Ärger des leitenden Kommissars einfängt. Dies wiederum ist nicht sehr angenehm, da die beiden sich durchaus sympathisch sind. Marie lässt sich jedoch nicht aufhalten und gerät selbst in Gefahr....
Julie Dubois Schreibstil ist flüssig und mitreißend. Man liest immer weiter, als wäre man ein Teil des Geschehens und dürfte es nicht aufhalten. Sehr intensiv ist auch das Lokalkolorit, das die typische Atmosphäre dieser französischen Region treffend einfängt. Man kann sich vorstellen, im zentralen Café zu sitzen und das regionale Treiben zu beobachten, ja, man wünscht es sich sogar. Sehr schön finde ich, dass die Erzählperspektiven wechseln, so dass das Bild vollständiger wird. Hier und da wird ein wenig Witz oder Ironie eingestreut, was mich des öfteren zum Schmunzeln brachte. Ab und zu sind auch einfache französische Floskeln angehängt, und auch ein paar falsche Freunde der französischen Sprache werden erwähnt, formidable ;-)
Die Spannung entwickelt sich langsam, aber stetig, und hält bis zum Ende an, denn es gibt noch so einige Überraschungen. Als Leser kann man auch gut miträseln, wer die Drahtzieher des Geschehens sind. Das ist für mich immer sehr verlockend und hat mir gut gefallen.
Fast alle Figuren sind sympathisch gezeichnet, so dass man sich auch dadurch in diesem Dorf wohlfühlt, teilweise auch etwas schrullig, wie z.B. Rose, eine alte Dame, die als Dorfzeitung fungiert und sich für ihren Namen stets in rosa kleidet. Auch Georges ist ein Ausnahmecharakter, denn man trifft ihn selten ohne seinen besten Freund, das Trüffelschwein Augustine, an.
Alles in allem hat mich dieser erste Kriminalroman der Reihe um Marie Mercier überzeugt, und ich bin gespannt auf den nächsten Band. Ich möchte dieses Buch allen empfehlen, die sanfte und trotzdem unterhaltsame Kriminalliteratur mögen.

Bewertung vom 04.07.2021
Heldinnen werden wir dennoch sein
Wünsche, Christiane

Heldinnen werden wir dennoch sein


ausgezeichnet

Wahre Freundschaft?
Das Buch erzählt über fünf befreundete Frauen, die sich in den 70er/80er Jahren in einer größeren Clique regelmäßig treffen und ihre Freizeit gestalten. Während eines Geburtstagsbrunchs in der Gegenwart macht eine Nachricht die Runde, die alle erschüttert: Frank, der früher auch einmal dieser Clique angehörte, hat Selbstmord begangen. Durch diese Neuigkeit werden viele Erinnerungen geweckt und Vorfälle, die man gern vergessen wollte, werden wieder lebendig. Denn Frank, der immer und für jeden ein wahrer Freund war, hatte damals ganz plötzlich der Clique den Rücken gekehrt und sich eingeigelt. Natürlich möchte man als Leser die Gründe erfahren, und hier setzt die Spannung ein, die fast bis zum Ende anhält. Immer wieder bekommt man Hinweise, dass zu jenem Zeitpunkt etwas Gravierendes vorgefallen sein muss, das Frank von den anderen trennte. So wirkt das Buch sehr fesselnd.
Das Lesen geht flott voran, denn der Schreibstil ist gut verständlich und übersichtlich. Durch die wechselnden Erzählperspektiven der Protagonisten bekommt man einen guten Überblick über die einzelnen Figuren und ihre Lebensumstände. Sehr hilfreich war eine Vorstellung der Hauptfiguren vorne im Buch.
Grundlegende Frage dieses Romans ist, was man von einer wahren Freundschaft erwarten kann und was die Ursache für einen Bruch sein könnte. Und wenn es zum Bruch kommt, wie lange wird sich das auswirken, vielleicht das ganze Leben lang? Kann man irgendwann vergessen, oder ist dies erst durch Vergebung möglich? Was bedeutet Freundschaft? Unweigerlich fängt man irgendwann an, über die eigenen Freundschaften nachzudenken und ihre Authentizität zu hinterfragen. Das hat mir gut gefallen. Das Buch hat mich über die reine Lesezeit hinaus gedanklich beschäftigt....
Was mir nicht gefallen hat, war das Ende des Buches, wo unbedingt noch aktuelle Themen untergebracht werden mussten und wo jeder Hauptfigur noch ein Sahnehäubchen zufliegt. Das war überflüssig und hätte mit offenen Fragen am Ende mehr bewirkt. Deshalb ziehe ich ein Sternchen ab. Insgesamt jedoch fand ich das Buch unterhaltsam und zum Nachdenken anregend.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.06.2021
Fräulein Mozart und der Klang der Liebe / Ikonen ihrer Zeit Bd.4
Maly, Beate

Fräulein Mozart und der Klang der Liebe / Ikonen ihrer Zeit Bd.4


ausgezeichnet

In den Schatten treten für den kleinen Bruder
Dieses Buch hat mich sehr berührt, denn es zeigt mit erschreckender Klarheit, welche Herabwürdigung Frauen im 18. Jahrhundert erdulden mussten. Sie hatten im damaligen Gesellschaftssystem keine Chance, ihr Schicksal selbst zu bestimmen.
Nannerl Mozart war mir ein Begriff als Schwester von Wolfgang Amadeus, die er verehrte, als Beraterin schätzte und für die er sorgte. Aus diesem Buch habe ich andere Aspekte entnommen, die mich überrascht und betroffen gemacht haben.
Vater Leopold hat die musikalische Begabung seiner beiden Kinder erkannt und möchte damit seinen gesellschaftlichen Status ausbauen. Die Kinder musizieren gemeinsam überall in Europa, vor Fürsten und Königen. Leopold organisiert eine Musik-Tournee per Kutschfahrten und Aufenthalt in billigen Wirtshäusern. Er ist sehr dominant, auch seiner Ehefrau gegenüber, kein Familienmitglied wagt zu widersprechen. Das betrifft auch Nannerls Liebesleben, denn sie sie verliebt sich in den Schulleiter Franz, der die Familie Mozart nicht aus ihren finanziellen Nöten holen kann und deshalb unerwünscht ist. Heimlich hält Nannerl zunächst an ihrer Liebe fest, auch wenn sie weiß, dass Franz auf Grund seiner Position niemals heiraten darf. Dieses stumme Rebellieren ist sehr gewagt für diese Zeit. Mittlerweile wurde Nannerl von Konzerten ausgeschlossen, damit einzig und allein Wolfgangs Kunst im ehrgeizig ersehnten Mittelpunkt steht. Sie ist sehr enttäuscht, aber fügt sich. Gleichzeitig beschließt sie, ihr eigenes Geld zu verdienen, was für Frauen dieser Zeit ebenfalls ungewöhnlich ist. Nannerl verkörpert die Rolle einer klugen Frau, die Missstände erkennt und versucht, dagegen zu agieren. Sie imponiert mir sehr!
Auch liefert das Buch einen interessanten historischen Überblick dieser Zeit, die kolossale Armut des Volkes, die Bedrohung durch Seuchen (gerade gut vergleichbar mit Covid 19) und die öffentliche Demütigung von Frauen, die für ihren Ungehorsam an den Pranger gestellt werden. Diese Szenen haben mich sehr betroffen gemacht.
Überhaupt hat mich dieser stark atmosphärische Roman sehr berührt, da er immer wieder das Ausgeliefertsein der Menschen, ganz besonders der Frauen, thematisierte. Der Schreibstil ist sehr flüssig und versetzte mich gedanklich schnell in diese Zeit und ihre Herausforderungen. Auch wenn vieles Fiktion ist, gibt das Buch dennoch den Grundtenor der Lebensbedingungen an. Ich bin überzeugt, dass die Autorin gründliche Recherchen betrieben hat. Auch über das Lesen hinaus hat mich das Buch gedanklich beschäftigt, und ich möchte eine klare Leseempfehlung aussprechen.

Bewertung vom 06.06.2021
Nordwestzorn / Soko St. Peter-Ording Bd.2
Jensen, Svea

Nordwestzorn / Soko St. Peter-Ording Bd.2


sehr gut

Cold Case - Wiederaufnahme nicht gewünscht?
Anna Wagner ist zurück in St. Peter-Ording, und zwar als Leiterin der neu gegründeten Vermisstenstelle. Dort nimmt sie sich zuerst einen Fall vor, der bereits 16 Jahre zurückliegt. Damals verschwand ein Schüler aus einer Jugendherberge spurlos. Es gab Verdächtige, Vermutungen auf Missbrauch und sogar einen Indizienprozess, der aber scheiterte. Als Anna anfängt mit ihren Recherchen, bemerkt sie eine deutliche Anfeindung. Es sieht so aus, als wolle man den Fall ruhen lassen, was den Ermittlern sehr merkwürdig vorkommt. Der ehemals Hauptverdächtige ist nach Jahren der Abwesenheit nach St. Peter-Ording zurückgekehrt, wird schikaniert und schließlich entführt. Wer steckt dahinter und warum?
Dies ist bereits der zweite Fall um die Ermittlerin Anna Wagner, ich habe den ersten Band bislang nicht gelesen, aber es ergaben sich für mich keine Wissenslücken, alles Wichtige wird rückblickend erwähnt.
Schnell nimmt der Krimi an Spannung zu, und diese Spannung hält bis zur Auflösung am Ende an, obwohl nicht wirklich viel passiert. Die Spannung entsteht durch die bedrückende Atmosphäre und durch die intensiven Recherchen, die so einige neue Informationen zu Tage fördern. Nach und nach erschließen sich dem Leser so Details aus der Vergangenheit, die bei den damaligen Ermittlungen nicht bekannt waren.
Der flüssige und unkomplizierte Schreibstil sowie das sympathische Ermittlungsteam sorgen für beste Krimi-Unterhaltung. Am Anfang habe ich die vielen norddeutschen Namen nicht auseinanderhalten können, da wäre ein Namensregister sinnvoll gewesen. Die verschiedenen Charaktere sind sehr authentisch und lebensnah dargestellt, keine Übertreibungen oder unglaubwürdige Aktionen. Man kann sich gut in die Gefühlswelt der Hauptfiguren hineinversetzen. Dazu kommt noch das Lokalkolorit dieses schönen Ortes an der Nordsee, was sich schon im gut gewählten Cover ausdrückt. Da ich schon mehr als einmal dort war, fühlte ich mich in Gedanken dorthin versetzt.
Der Fall ist logisch konstruiert, genau wie seine Auflösung, kein Handlungsfaden bleibt offen. Mein einziger Kritikpunkt sind die Wiederholungen, manche Fakten oder Gedankengänge werden mehr als einmal wiederholt, was sich sicherlich umgehen lässt.
Alles in allem habe ich mich aber sehr gut unterhalten gefühlt und kann das Buch wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 20.05.2021
Lady Churchill / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.2
Benedict, Marie

Lady Churchill / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.2


ausgezeichnet

Wir sind Premierminister
Clementine Hozier heiratet Winston Churchill im Jahre 1908 und bleibt an seiner Seite bis zu seinem Tod im Jahre 1965. In diesem Buch werden nur die gemeinsamen Jahre bis zum Ende des 2. Weltkriegs beleuchtet. Beide Ehepartner haben in ihrer Kindheit keine elterliche Geborgenheit erlebt und sind verbunden durch ein starkes Interesse an Politik. Wir lesen in diesem Buch, wie intensiv Clemmie an Winstons Karriere arbeitet, die sie vielleicht gern selbst durchlaufen hätte, wenn die Gleichstellung der Frau damals schon diese Möglichkeit geboten hätte, aber man kämpfte damals sogar noch um das Wahlrecht.
Wieder einmal hat Marie Benedict beeindruckende Recherchen betrieben, die den historischen Hintergrund ausleuchten und den Politiker Winston Churchill abbilden, wie er mir bisher nicht bekannt war. Dies hat mir schon bei 'Frau Einstein' sehr gut gefallen, und auch dieses Buch bietet wieder zahlreiche Details, die einen Gesamteindruck des Lebens des Ehepaares Churchill formen. In erster Linie geht es natürlich um Clementine.
Mir ist die Protagonistin weitgehend nicht sympathisch, obwohl sie emanzipiert und gebildet ist, sich für die Frauenrechte auch offiziell einsetzt und besonders während der Kriege karitativ in Erscheinung trat. Da ist zunächst ihr Mutterbild, das mich entsetzt hat, denn sie kann zu ihren Kindern jahrelang kein wirklich emotionales Verhältnis aufbauen, sondern überlässt dies Nannys und einer Gouvernante. Sie unternimmt lange Reisen, meist dienstlich und mit Winston, und wundert sich über das fremdelnde Verhalten ihrer Kinder bei ihrer Rückkehr. Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass sie ihren Ehemann intensiv bemuttert, er führt ein regelrechtes Luxusleben an der Front.
Befremdlich finde ich, dass sie nicht bereit ist, Schwächen einzugestehen, auch gesundheitliche, aus Angst, dass Winston sie dann nicht mehr als Beraterin akzeptiert. Ist das wirklich Vertrauen? Sie setzt ihre eigene Lebensentfaltung zurück und setzt ihre ganze Energie ein, um Winston zu lenken und zu unterstützen. In meinen Augen ist sie machthungrig und hält sich für unverzichtbar, was die Karriere ihres Mannes angeht (..."ohne mich wäre mein Mann nicht zu dem Winston geworden, der maßgeblich dazu beitrug, dieser kaputten Welt den Frieden zu bringen"). Man hat das Gefühl, dass sie alles überwacht und nach ihren Wünschen beeinflusst. Dies lässt natürlich ein schwaches Ego bei Mr Churchill aufblitzen, der sich manipulieren lässt und ohne die Unterstützung seiner Clemmie nicht viel erreicht. Natürlich weiß man nicht, wie groß der Anteil an Fiktion in diesem Roman ist und ob die Realität nicht anders aussah.
Der Schreibstil ist ansprechend und reich an Details. Ich hatte eine gute Lesezeit und habe viel über Clementines Rolle nachgedacht. Schade, dass die Paarbeziehung nicht bis zu Winstons Tod beschrieben wird. Auf jeden Fall habe ich mein historisches Wissen erweitert, was zwar mit ein paar langatmigen Kriegsbeschreibungen verbunden war, mich aber nicht weiter gestört hat. Ich halte das Buch für sehr lesenswert!

Bewertung vom 11.05.2021
Zeit für Träume / Senfblütensaga Bd.1
Langenbach, Clara

Zeit für Träume / Senfblütensaga Bd.1


ausgezeichnet

Emma und Carl - weltoffen und sympathisch
Anfang des 20. Jahrhunderts: Emma ist eine junge Frau, die mit ihren Eltern in Metz wohnt. Sie träumt von einem Studium, muss jedoch die Erfahrung machen, dass Frauen an Universitäten nicht erwünscht sind. Sogar ihre Eltern unterstützen sie nicht, denn sie soll schnellstens heiraten und damit die Altersvorsorge für ihre Eltern sichern. Durch Zufall lernt sie eines Tages Carl kennen, Sohn eines Fuhrunternehmers, und dieser junge Mann hat große Pläne, er möchte eine Senffabrik eröffnen. Jedoch auch ihm werden große Steine in den Weg gelegt.....
Dieser historische Roman gefällt mir ausgesprochen gut, denn er ist einerseits eine Liebesgeschichte, was mich an sich normalerweise nicht sonderlich reizt, sondern dazu auch noch spannend geschrieben. Während der Lektüre dieses Buches habe ich alles um mich herum vergessen und weilte in Gedanken nur noch in Metz bei Carl und Emma. Ich habe das Buch regelrecht verschlungen und konnte nur schwerlich eine Pause einlegen.
'Studieren macht hässlich' sagt Emmas Mutter, aber ihre Tochter ist eine Kämpferin und lässt sich dadurch nicht einschüchtern. Sie kämpft sanft, aber permanent für ihre Rechte als Frau, was mir sehr gut gefällt. Sie ist mir richtig sympathisch, genau wie Carl, der das Familienunternehmen übernehmen soll, was ihm nicht zusagt. So kämpfen beide für ihre Eigenständigkeit und passen dadurch sehr gut zusammen.
Der Schreibstil ist leicht und gut verständlich, und auch der Humor kommt nicht zu kurz, wenn Emma z.B. beschreibt, wie sie kleidungsmäßig von ihrer Mutter ausgestattet wird: '...wie ein bepflanzter Blumenkasten'.
Der historische Hintergrund zeigt die weit verbreitete Armut und die Diskriminierung der Juden, die zu dieser Zeit bereits ihren Anfang nimmt. Außerdem ist die Stellung der Frau um 1900 katastrophal, die jungen Damen müssen sich ihren Eltern in der Regel beugen, ohne Berücksichtigung der persönlichen Wünsche. Entsetzt war ich darüber, dass eine 19jährige junge Frau von ihrem Vater gezüchtigt wird.
Ich war traurig, als ich das Buch mit seinen ca. 500 Seiten beendet hatte, denn Emma und Carl sind mir richtig ans Herz gewachsen, aber ich freue mich bereits auf den nächsten Band, den ich unbedingt lesen muss. Auf jeden Fall kann ich das Buch wärmstens empfehlen und gebe ohne Zögern 5 Sterne.

Bewertung vom 03.05.2021
Die Katze und die Leiche in der Scheune / Clarice Beech Bd.1
High, Kate

Die Katze und die Leiche in der Scheune / Clarice Beech Bd.1


ausgezeichnet

Cosy Crime und mehr
Im Mittelpunkt des Kriminalromans steht Clarice Beech, eine sehr tierliebe Frau, die ihr Geld mit Töpfern verdient und deren Ehemann von ihr getrennt lebt, da er der Meinung ist, dass sie für die Tiere mehr Zeit aufbringt, als für ihn. Eines Tages bekommt sie einen Hinweis, dass Walter, ein Kater, den sie an eine Freundin vermittelt hat und der seit längerer Zeit verschwunden ist, in einer Scheune gesehen wurde. Sie lässt alles stehen und liegen, fährt dorthin, findet Walter, aber zu ihrem großen Entsetzen entdeckt sie auch eine Leiche. Schnell ist die Identität geklärt, aber genauso schnell stellt sich heraus, dass die Frau unter falschem Namen in dem idyllischen englischen Dorf lebte.
Der Krimi fängt gemächlich an - typisch Cosy Crime, war mein erster Gedanke - nahm aber dann Fahrt auf und wurde so spannend, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen wollte. Zwar keine blutrünstigen Szenen oder Actioneinlagen, aber das muss ja auch nicht sein. Der Plot ist schön verzwickt und gibt dem Leser die Möglichkeit mitzurätseln, was nicht so einfach ist, da es jede Menge Verdächtige gibt. Alles ist nachvollziehbar und nicht an den Haaren herbeigezogen. Es wird auch bis zum Ende alles geklärt, es bleiben keine wesentlichen Fragen offen.
Der Schreibstil ist flüssig lesbar und dadurch gut verständlich. Was mir aber ganz besonders gut gefallen hat, ist die bildhafte Sprache, die bis ins Detail beschreibt und originelle Vergleiche hervorbringt. Das fängt direkt am Anfang schon an, als einer der Hunde 'wie Limonade aus einer frisch geschüttelten Flasche' in Erscheinung tritt. Köstlich! Oftmals muss man beim Lesen schmunzeln.
Die Protagonisten sind gut beschrieben, ihre Charaktere und auch ihr Äußeres, und fast alle erscheinen sympathisch. Allerdings erschlägt einen zunächst die Menge der Namen, so dass ich mir erstmal eine Liste erstellen musste. Denn zu den vielen Personennamen kommen noch viele Tiernamen dazu.
Das Buch hat mir eine schöne Lesezeit beschert, und ich hoffe auf weitere Bände mit Clarice Beech, allein schon weil sie ein großes Herz für Tiere hat. Das Buch erhält von mir die volle Punktzahl.

Bewertung vom 01.05.2021
So wie du mich kennst
Landsteiner, Anika

So wie du mich kennst


ausgezeichnet

Sein oder Schein?
Was ist wichtiger im Leben? Den Schein aufrecht zu bewahren oder sein wahres Ich zeigen...Darum geht es letztendlich in diesem Roman über zwei fast gleichaltrige Schwestern, die ihre Kindheit und Jugend miteinander genossen und immer gute Freunde waren, sich alles erzählten und sich gegenseitig stützten. Danach trennen sich ihre Wege, Karla wird Journalistin im heimischen Umfeld, während es Marie in die weite Welt hinaus zieht, zunächst nach Boston, dann nach New York. Trotzdem bleiben die Beiden in ständigem Kontakt und besuchen sich gegenseitig.
Dann kommt es zur Katastrophe, Marie stirbt in NY in einem Verkehrsunfall, und Karla fliegt los, um die Urne mit der Asche ihrer Schwester nach Hause zu holen. Anschließend nimmt Karla Urlaub, um die Wohnungsauflösung vor Ort zu managen, sie bleibt einige Wochen in NY, denn sie möchte ihrer Schwester spirituell nahe sein und ihre Gefühle nachempfinden. Sie glaubt, dass sie dies ihrer Schwester schuldig ist, weil sie ja immer ein Herz und eine Seele waren.
Im Laufe des Aufräumens stellt Karla jedoch fest, dass es auch Seiten im Leben ihrer Schwester gab, von denen sie nicht die geringste Ahnung hatte und die nun vor ihr liegen, teilweise offen, teilweise aber auch geheimnisvoll.
'Warum reden wir den ganzen Tag und erzählen uns doch so wenig', dieser Satz fordert das aufrichtige Miteinander im Sinne wahrer Freundschaft, in der es nicht um Schein geht, sondern um das, was authentisch ist und was uns die Persönlichkeit des anderen besser erkennen lässt, ohne Verstellung!
Die Geschichte wird aus wechselnder Perspektive erzählt, einmal aus Sicht von Karla, dann wiederum aus Sicht von Marie vor ihrem Unfall. Das bewirkt ein Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Betrachtungsweisen.
Der Schreibstil gefällt mir sehr gut, die Autorin schafft es hervorragend, die jeweilige Stimmung bzw. Atmosphäre einzufangen, so dass man mittrauert, mitfiebert, mittendrin ist. Es werden viele Gefühle thematisiert: in erster Linie Trauer, aber auch Wut, Verzweiflung, Angst und Hoffnungslosigkeit. So konnte ich das Buch teilweise kaum aus der Hand legen. Es ist kein Buch, das man zur leichten Unterhaltung oder am Strand lesen sollte, da man sich auch viele Gedanken macht und teilweise auf die eigene Lebenssituation bezieht. Bin ich wirklich immer aufrichtig, oder ist es mir bisweilen wichtiger, einen gewünschten Eindruck zu hinterlassen?
Ein Buch mit sehr viel Tiefgang, das von mir die volle Sternchenzahl bekommt.

Bewertung vom 24.04.2021
Drei Kameradinnen
Bazyar, Shida

Drei Kameradinnen


ausgezeichnet

Voller Emotionen - nicht nur positiv
Inhaltlich geht es in diesem Buch um drei Freundinnen (Kasih, Hani und Saya), die sich schon lange kennen und deren große Gemeinsamkeit ihr Migrationshintergrund ist. Sie leben in Deutschland, ihr Heimatland wird nicht verraten (warum eigentlich?). Die drei Frauen scheinen in die Gesellschaft integriert, haben weiterführende Schulen besucht, Abitur gemacht bzw. studiert, haben deutsche Freunde, aber dennoch fühlen sie sich ausgegrenzt. In dieses Gefühl steigern sie sich hinein, so intensiv, dass man sich als 'weißer' Leser irgendwie angefeindet fühlt. Das habe ich jedenfalls so empfunden.
Der Schreibstil ist interessant und lebhaft, bisweilen spricht die Autorin den Leser auch direkt an, was ich reizvoll finde, aber andererseits provoziert die Autorin in ihren direkten Ansprachen. Die Sprache ist sehr ausdrucksvoll, was mir gut gefällt, sie gibt die jeweiligen Stimmungen und Gefühlslagen sehr gut wieder. Auf der anderen Seite finden sich auch langatmige Tiraden, z.B. von Saya, wenn sie über ihre antifaschistische Haltung doziert. Oder auch die Beschreibung eines Yoga Kurses, den sich die Autorin aus dem Fenster heraus mit ihrem Freund ansieht. Da fragt man sich wirklich, ob das junge Paar nichts Besseres zu tun hat als die allwöchentliche Yoga-Schau.
Einen Sympathieträger entdecke ich nicht unter den drei Hauptprotagonisten, am ehesten noch Hani, die in meinen Augen von den anderen beiden oft nicht ernst genommen oder auch ausgenutzt wird.
Es ist ergreifend zu lesen, wie vielfältig die Diskriminierungen sind, die die drei Frauen erlebt haben, andererseits habe ich auch nicht das Gefühl, dass sie bereit sind, gegen ihre versteinerten Meinungen anzukämpfen. Es gibt nämlich durchaus Figuren in diesem Buch, mit denen ein ausgeglichenes Verhältnis möglich wäre, aber diese Chancen scheinen einfach zu verfliegen.
Das Prolog-Thema 'Jahrhundertbrand', der zur Verhaftung von Saya führte, kommt leider etwas kurz und bleibt ungeklärt, was ich enttäuschend finde, wie auch das gesamte Buch für mich eher enttäuschend war.

Bewertung vom 03.04.2021
Nächstes Jahr in Berlin
Seeberger, Astrid

Nächstes Jahr in Berlin


gut

Warum diese Distanz?
Das fragt man sich in diesem Buch, in dem eine Tochter den Tod ihrer Mutter zu beklagen hat, deren Nähe sie in letzter Zeit gemieden hat und über deren berührende Vergangenheit sie recht wenig weiß. Ich habe aus dem Buch herausgelesen, dass die Tochter für die Mutter alles bedeutete, aber umgekehrt war dies wohl nicht der Fall. Wie konnte es so weit kommen, was ist zwischen den beiden passiert? Vielleicht hat die Mutter ihre Gefühle der Tochter gegenüber nicht zeigen können, denn sie hat so manchen Schicksalsschlag hinter sich, von denen wir nach und nach in diesem Buch erfahren.
Das Buch ist weitgehend ein Rückblick auf die Kriegszeit, die Vertreibung aus Ostpreußen, eine Erinnerung an traumatische Szenen auf der Flucht, aber auch im Zusammenhang mit der Teilung Deutschlands. Historisch sehr interessant!
Der Schreibstil war für mich etwas verwirrend, man musste sich immer wieder klar machen, von wem nun geschrieben wurde, z.B. Vater, war es der Vater der Autorin oder der Vater ihrer Mutter? Dann gab es immer wieder sexuelle Anspielungen, ohne dass eine entsprechende Situation vorhanden war, das Wort 'Brüste' scheint eines der Lieblingswörter zu sein, ohne dass ein Sinnzusammenhang dies erforderte. Das fand ich irgendwie störend! Oder hat es einen tieferen Sinn, der sich dem Leser aber nicht offenbart? Teilweise hatte ich einen Verdacht auf Missbrauch oder Inzest.
Sehr schön fand ich die Naturbeschreibungen in diesem Buch, von Ostpreußen, von Augustenruh....sehr impulsiv und ausschmückend.
Richtig warm geworden bin ich mit keinem der Charaktere, und so habe ich die Lektüre dieses Buches des öfteren unterbrochen. Ich gebe deshalb drei Sterne, mit eingeschränkter Leseempfehlung.

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