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Märchens Bücherwelt
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Wolfenbüttel

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Insgesamt 256 Bewertungen
Bewertung vom 27.12.2023
Kölpin, Regine

Das Rauschen der Brandung / Der Milchhof Bd.1


gut

Der Auftaktband der Milchhof Trilogie spielt zwischen 1890-1914 in der Friesischen Wehde an der Nordsee. Aufgrund eines dummen Fehlers kann sich die Bauerntochter Lina der Ehe mit dem cholerischen und egoistischen Thees nicht entziehen. Während die Privatmolkerei wächst und mit Derk Voigt ein talentierter, umsichtiger Obermaier eingestellt wurde, laufen hinter den Kulissen Intrigen, Sabotageakte und eheliche Krisen. Denn erst nach der Hochzeit kommt Lina hinter die Geheimnisse Thees, was sie erpressbar macht.

Doch Linas Liebe zur Molkerei, ein unbändiger Wille, das Erbe ihres Vaters weiterzuführen und sich nicht unterkriegen zu lassen, verhelfen ihr zu manch ungeahnten Ideen und Kräften und sie lernt mit der Zeit, sich ihrem Schicksal zu stellen, auch wenn ihre Gefühle für jemand ganz anderen schlagen.
Die Autorin versteht es, Sympathien und Antipathien zu schüren, eine unterhaltsame und dramatische Story zu kreieren. Aber auch Einblicke in die Milchwirtschaft, die Produktion und dem technischen Fortschritt machen es interessant.

Missverständnisse und langgehegter Groll und Eifersucht sorgen immer wieder dafür, dass Lina zwischen die Fronten gerät und ausbaden muss, was hinter den Kulissen angerichtet wurde.

Obwohl Lina für mich eine wirklich starke, ehrgeizige Frau ist, die trotz aller Umstände treu ihren Pflichten nachkommt und immer wieder aufsteht, empfand ich manche Reaktion dennoch unpassend und nicht immer nachvollziehbar. Auch Derk kam mir manchmal wie ein trotziger Junge vor, der sich aufgrund der Tatsache, dass er nicht bekommen kann, was er haben will in Situationen bringt, die rücksichtslos und unüberlegt sind. Andererseits gibt es aber auch gerade zum Ende Momente, wo er dann wieder wie ein gescholtener Junge in der Ecke steht und alles mit sich machen lässt. Das war zeitweise etwas ermüdend und hat ein paar Sympathiepunkte geraubt.

Alles in allem ist es eine kurzweilige, interessante Geschichte, mit dem so typischen friesischem Dialekt, der in die Zeit des Kaiserreichs abtaucht, in der es für Frauen sehr schwer war, unternehmerisch tätig zu sein. Doch mit Lina lernt man eine mutige, tapfere Frau kennen, die trotz vieler Schwierigkeiten und drohendem 1.Weltkrieg dem Schicksal eine Kampfansage macht.

3,5 Sterne

Nun freue ich mich schon auf Teil 2, der die Familiengeschichte zwischen dem 1. und 2.Weltkrieg weitererzählt.

Bewertung vom 02.12.2023
Francine Rivers

Atretes - Flucht nach Germanien


gut

Mit diesem Teil endet die Trilogie über die ersten Christen zur Zeit der Eroberung Jerusalems. Die Gefangennahme Atretes, eines germanischen Kriegers aus dem Stamm der Chatten, hat man ja im 1.Band schon verfolgen können. Nach seiner Zeit als berühmter Gladiator in den Arenen Roms und Ephesus will er gemeinsam mit seinem Sohn Caleb wieder in seine Heimat zurück. Durch eine Intrige glaubte er lange Zeit, sein Sohn wäre tot, doch die Judenchristin Hadassa gab ihn in die Obhut der Christin und Witwe Rizpa, die dem kleinen wie eine Mutter geworden ist.

Da Atretes in der Gefahr schwebt, trotz seiner erlangten Freiheit wieder in als Gladiator verdingt zu werden, ergreifen sie die Flucht in Richtung Heimat.

Die Wut und die Unzufriedenheit hat man bereits im 1.Teil spüren können. Atretes ist ein stolzer Krieger aus einem Stamm, der den Gott Tiwaz verehrt. Sein Hass auf die Römer, die ihm das Leid als Gladiator, die Einsamkeit, die Selbstverachtung angetan haben ist groß. Das spürt man im Laufe dieser Geschichte auch ganz deutlich. Es ist schwer für ihn Vertrauen zu fassen, selbst Rizpa, die sich liebevoll um seinen Sohn kümmert, kriegt das oft zu spüren. Doch die aufkeimenden Gefühle zwischen beiden sind stark und Rizpa und deren Begleiter Theophilus versuchen durch das, was sie in den Schriften gelernt haben, Atretes zum Umdenken zu lenken, sein Herz zu erreichen, ihm zu zeigen, was es ausmacht, Gott zu vertrauen und nicht auf die eigene Stärke. Hass mit Liebe zu ersetzen, selbst zu spüren, wie das Opfer von Jesus auch für ihn gilt.

Insgesamt fand ich die Geschichte interessant, die Reise ist abwechslungsreich, voller Gefahren, Zweifel und Anspannung. Die Entwicklung Atretes ist mühsam, weil er sehr impulsiv und immer in Verteidigungs- u. Angriffsstellung ist. Allerdings muss ich sagen, dass es ein paar Passagen und Aussagen gab, die mir einfach zu übertrieben und unrealistisch waren, auch wenn es zur Zeit der Apostel vereinzelt Wunder gab.

Ebenso die sehr ausführlich erzählten okkulten Praktiken einer Stammespriesterin waren mir zu heftig, zu dramatisch und wirkten zu eingeschoben, um der Geschichte noch etwas Spannung zu verpassen. Auch wenn Aberglaube zur damaligen Zeit sehr ausgeprägt war, aber die Andeutung hätte vollkommen gereicht, ebenso wie einige andere Wunder, die dann auch noch erfolgten, die ich nicht passend und normal fand.

Das hat mir die Freude am Buch und mit der Reihe leider etwas genommen und mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen, auch wenn es insgesamt schon interessant ist, die Ära der ersten Christen, ihren Mut, ihren Glauben und ihr Vertrauen erleben zu können, was die Autorin sehr bildhaft und eindrucksvoll gemacht hat.

Der Schluss war etwas im Zeitraffer zusammengefasst, wirkte etwas gezwungen und nicht ganz rund, wo für mich ein paar Details fehlten, gerade wenn eine sonst großartige Reihe endet. Etwas schade, denn der Schreibstil und die Art der Autorin gefällt mir sonst wirklich gut und ich werde sicher noch weitere Bücher von ihr lesen.

Bewertung vom 30.11.2023
Kessler, Liz

Als die Welt uns gehörte


ausgezeichnet

Dieses Buch ist Gewinner des Deutschen Jugendliteraturpreises 2023 und das ist absolut verdient. Das Buch ist so genial, ich bin immer noch sprachlos und habe das Thema Holocaust speziell für junge Leute noch nie auf so einzigartige bewegende Weise gelesen und gehört.

Erstmal zum Inhalt: Die jungen Freunde Leo, Max und Elsa verleben eine tolle Kinderzeit – ein gemeinsames Foto auf dem Riesenrad im Prater Wiens aufgenommen wird sie noch lange an diese unbeschwerten Momente erinnern. Doch schon bald stehen die Zeichen auf Sturm, denn der Aufschwung der Nationalsozialisten stellt ihre Freundschaft auf eine harte Probe. Elsa und Leo sind Juden, Max Vater erwartet strengsten Gehorsam und Einsatz für Hitler.

Der Roman ist so authentisch, teilweise basierend auf eigener Familiengeschichte der Autorin, was mich von der ersten bis zur letzten Sekunde mitgerissen, gefangen genommen, durchgerüttelt, zerrissen und doch so unendlich tief berührt hat.

Den Holocaust aus der Sicht von so unbeschwerten heranwachsenden Kindern erzählt zu bekommen, im Hörbuch von verschiedenen Sprechern, die das auf so perfekte, den Kindern angepasste Weise transportiert haben, hat mich einfach nur sprachlos gemacht, gleichzeitig aber auch so viel Gefühle, Emotionen, Tränen ausgelöst. Leo und Elsa erzählen aus der Ich-Perspektive, hinzu kommt noch ein Erzähler, der immer was zum weiteren Verlauf wiedergibt und Max aus der Beobachter Perspektive.

Die Autorin hat es geschafft, diese dunkle Zeit und das Leben der drei Freunde auf eine Art zu erzählen, die zugleich sanft, fröhlich, gefühlvoll ist und andererseits ungeschönt die unaufhaltbare dunkle Weltgeschichte mit der Gedankenwelt der Kinder verknüpft, die ein Opfer der Perfidität wurden und nicht verstehen konnten, warum Erwachsene erwarten, dass Kinder auf einmal zu Feinden werden sollen.

⬇⬇⬇⬇ (weiter im Kommentar)
16 Sek.
maerchens.buecherwelts Profilbild
Der Verlauf ist nicht eine Sekunde vorhersehbar, mit den Wendungen und vor allem mit dem Ende habe ich überhaupt nicht gerechnet und trotzdem ist diese Geschichte jede einzelne Träne wert, weil sie besonders junge Menschen animiert, feinfühliger, aufmerksamer zu werden, Dinge zu hinterfragen und sich nicht vom Gruppenzwang verändern zu lassen. Aufgrund dieses großartigen Hörbuches habe ich mir das Buch auch noch gekauft.

Für mich nicht nur ein Jahreshighlight, es ist ein unvergessliches Buch und hervorragende Lektüre für den Unterricht. Das Buch bleibt im Kopf und geht mitten ins Herz, auch wenn es zeitweise zerreißt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.11.2023
Brosch, Luca

Bevor die Welt sich weiterdreht


sehr gut

An dem unscheinbaren Schweizer Bergkurort Davos tobt ein Agentenkrieg mitten im ersten Weltkrieg. Geheimagenten aus aller Welt versuchen, auf ihre eigene Weise die Lage für sich zu bestimmen, doch keiner weiß, wer zu wem gehört und wer ein falsches Spiel treibt. Zwischen diese Fronten gerät die junge Krankenschwester Johanna Gabathuler, deren Vater das berühmte Curhaus Cronwald gehört. Im Kampf um das Leben ihrer unehelichen Tochter, muss sie sich den Mächten der Geheimdienste fügen und erlebt, wie grausam das Spiel um Macht und Ruhm verlaufen kann.

Ein historischer Spionage-Thriller , spannend bis zur letzten Minute, der Spannungsbogen dehnt sich bis zum letzten Satz, unglaublich und faszinierend.

Johanna ist eine starke, mutige Frau, die bereits an der Westfront den Krieg von seiner schlimmsten Seite erlebt hat, dabei ihre große Liebe verlor und nun auf Ruhe in der Heimat hofft. Doch die Pläne ihres Vaters sehen anders aus, man spürt ihre Verzweiflung, weil die Hoffnung auf ein freies Leben mit ihrer kleinen Tochter und einer neuen Liebe mit jedem Schritt in weite Ferne rückt und sogar lebensbedrohlich wird.
Trotz der vielen Personen und deren Zugehörigkeit, woran man sich etwas gewöhnen muss, ist alles so ausdrucksstark und im Laufe der Zeit erhält man verschiedene Einblicke in deren Leben und Werdegang, was mich zeitweise sehr schockiert und gleichzeitig berührt hat. Es ist immer wieder interessant, wie erpressbar Menschen sind, besonders wenn es um das eigene oder das Leben eines geliebten Menschen geht. Aber trotz dieser Ausweglosigkeit hat mich begeistert, wie Johanna versucht, sich selbst und ihren Prinzipien treu zu bleiben.

Das Hörbuch ist mit der Sprecherin großartig besetzt, denn sie hat einen noch mehr in die Handlung gerissen und ein emotionales Feuerwerk hinterlassen. Obwohl man denkt, das Buch ist doch eigentlich eher Männerthema, haben die Frauen hier eine ganz starke Rolle gespielt und deshalb war die Wahl für Simone Terbrack genau passend. Unglaublich, wie sie den Leser fesselt und nicht loslässt, Sprechtempo, erzeugte Spannung, ausdrucksstarke verschiedene Charaktere und deren Persönlichkeit sind super getroffen.

Die Mischung aus Loverstory, Politthriller, Spionage und historischen Hintergründen ist großartig gelungen und es freut mich riesig, dass passend zu diesem Roman im Dez.23 auch eine TV Serie ausgestrahlt wird mit dem Titel Davos 1917 – dieses Buch wurde auf Basis der Drehbücher und in Zusammenarbeit mit dem Headautor der Serie geschrieben.

Ich kann den Roman wirklich empfehlen, durchgehend voller Twists, mit einem Ende, dass mir dann vollkommen den Boden unter den Füßen weggezogen hat, unerwartet, schockierend, brillant und absolut unerwartet.

Bewertung vom 28.11.2023
Rivers, Francine

Rapha - Die Tore von Ephesus (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Auch der 2.Band dieser außergewöhnlichen Reihe geht rasant und spannend weiter. Die schwerverletzte Judenchristin Hadassa wird von dem jungen Arzt Alexander gepflegt und assistiert ihm unter dem Spitznamen Rapha bei seiner Tätigkeit.

Trotz ihrer körperlichen Einschränkungen, verschleiert und am Stock gehend, wächst sie noch mehr in ihrem Vertrauen darauf, dass Gott sie gebrauchen kann und setzt sich voller Hingabe und Liebe für die Armen, Verletzten und Kranken ein.

Gleichzeitig macht sich Marcus voller Schuldgefühle und Kummer in Hadassas Heimat auf, um mehr über den besonderen Gott herauszufinden, für den sie bereit war zu sterben.

Die Entwicklung der beiden, ihren Werdegang und was sie erleben, hat die Autoren so brillant, so bildgewaltig, emotional und mit ganz viel Gänsehautmomenten erzählt.

Bei beiden findet ein unglaublicher Lernprozess statt, trotz Zweifel, trotz vieler Fragen und mancher Herausforderung, schaffen beide es, Antworten zu finden und über sich hinaus zu wachsen, ihre Ängste zu überwinden, das Herz zu öffnen, um zu verstehen und zu akzeptieren, warum etwas passiert und warum der Glaube so groß sein kann.

Die Art, wie die Autorin dies schildert, ist weder theatralisch noch kitschig oder unverständlich, sondern nachvollziehbar und mit ein paar wirklich ergreifenden Überraschungsmomenten.

Dieses Buch ist eine ganz starke Fortsetzung, die davon erzählt, dass niemand hoffnungslos ist, dass Sündenvergebung bei Gott etwas großartiges ist und jeder einzelne Mensch wertvoll für ihn ist.

Durch viele kleine Details und das Aufgreifen biblischer Vorbilder erlebt man eine Geschichte, die beeindruckt, die nachdenklich stimmt und das eigene Verhältnis zu Gott überdenken lässt. Wichtige Faktoren wie Vergebung, Demut, Liebe, Geduld und Hoffnung werden hier wunderbar verarbeitet und bilden ein spannendes historisches Epos, das man nicht mehr vergessen wird.

Lebendige, unvergessliche Geschichte hervorragend und mitreißend erzählt.

Bewertung vom 25.11.2023
Andeck, Mara

Die Ballkönigin - Walzernächte in Wien


ausgezeichnet

Komtess Clea de Conteville nimmt uns mit an den königlichen Hof von Wien, denn dort steht ihr und ihrer Schwester Sophie die Einführung in die Gesellschaft und die Wahl eines Ehemannes bevor.
All ihre Versuche, sich vor einer langweiligen Heirat zu drücken schlagen fehl, egal wie gut und ausgeklügelt ihre Pläne auch sein mögen. Auf dem ersten Wiener Opernball begegnet sie unwissend dem begehrtesten Junggesellen der Saison Nikolaj, allerdings führt ein Missverständnis dazu, dass beide versuchen, sich gegenseitig zu meiden, schon allein um sämtlichen Heiratsideen entgegenzuwirken.

Dieser Roman ist von Anfang bis Ende perfekt. Ich hatte so viel Spaß, mit Cleas trockener, humorvoller Art gibt es eine Menge zu lachen. Nichts ist kitschig, langatmig oder vorhersehbar. Es gibt Wendungen und Entwicklungen, die mich positiv überrascht haben und man will das Buch auch gar nicht aus der Hand legen.
Cleas Familie ist speziell, aber liebenswert, obwohl gerade die Mama so viel Wert auf Ruf und eine gute Partie legt, verblüfft sie so manches Mal, ebenso wie ihre Schwester, denn hier gibt es kein Schwesterngezicke.

Dennoch sorgen Intrigen, Geheimnisse und anonyme Briefe für die erhoffte Spannung. Es ist insgesamt eine ganz andere Aufmachung, eine Handlung, die mich mitgerissen hat - nicht wie so oft stocksteif, absehbar und wiederholend, sondern mit viel Abwechslung und für regelmäßiges Herzklopfen und etliche Lachanfälle sorgt.

Jedes Kapitel startet mit einem Auszug aus Cleas Tagebuch, in der sie Begriffe aus ihrer Sicht beschreibt, da muss man schon immer schmunzeln. Zwischendurch liest man auch so manchen Briefwechsel verschiedener Personen und dennoch erfährt man erst am Ende, wer hinter dem Geheimnis steckt.

Nicht nur das Cover ist ein Hingucker, inhaltlich bietet der Roman alles, was man sich für beste Unterhaltung wünscht. Amüsant, lebendig, verzaubernd, mit liebenswerten Charakteren, die überzeugen und authentisch sind. Eine gelungene Mischung historischer Hintergründe und Persönlichkeiten samt einigen fiktiven Charakteren, die genial zusammen harmonieren und für mich insgesamt ein absolutes Lesehighlight bieten.

Bewertung vom 24.11.2023
Ebbert, Birgit

Die Königin von der Ruhr


gut

Die Autorin zeichnet hier ein interessantes Porträt einer beeindruckenden, sozial engagierten und bescheidenen Frau, die sich trotz aller Widrigkeiten für das Wohl der Mitarbeiter und Bewohner Essens einsetzt.

Dank der Heirat mit dem Großindustriellen Friedrich Krupp, ist es Margarethe möglich, Geld und Mittel zur Verfügung zu stellen, um zum Gemeinwohl beizutragen. Als ihr Mann umwoben von Intrigen und Skandalen verstirbt, führt sie treuhänderisch bis zur Großjährigkeit ihrer erstgeborenen Tochter Bertha das Unternehmen, das schon bald zur Aktiengesellschaft umgewandelt wird.

Sie sprüht vor Ideen, wird von treuen Gefährten ihres Mannes begleitet, die sie in ihren Projekten beraten und unterstützen, ihr helfen, die Firma erfolgreicher zu machen, aber immer ein Auge auf die sozial Schwächeren zu haben. Auch Johanna Brandt, ihre treue Gesellschafterin, ist eine echte Freundin geworden und für mich eine ganz starke Persönlichkeit in diesem Buch.

In einer Zeit, in der die Position der Frauen ganz klar definiert war, ist es erstaunlich, wie viel Mut und Raffinesse Margarethe zeigt, um sämtlichen Erbschleichern und Intriganten die Stirn zu bieten. Aber auch durch eine eigene Stiftung, durch die die berühmte Margarethenhöhe entstand und noch heute existiert.
Diesen Werdegang mit bekannten Persönlichkeiten wie dem Kaiser Wilhelm, oder auch einem dadurch berühmt gewordenen Architekten erhält man mehr Einblick über die Entwicklung der Firma Krupp, als auch der Stadt Essen selbst.

Allerdings blieb mir Margarethe, trotz der Bewunderung für ihre mutige, gemeinnützige Vorgehensweise leider etwas zu blass. Viel mehr als ständige Reisen im Salonwagen, Festlichkeiten, die Planung ihrer Projekte und Unterhaltungen mit Beratern und ihren Töchtern liest man leider auch nicht, was auf die Länge der Seiten gesehen ziemlich langatmig wurde. Auch wenn es immer wieder mal Disput mit der Presse und einem besonders hartnäckigen Verwandten gab, der auf Zuwendung bestand, war auch dies nicht sonderlich spannend.

Ich bin ehrlich gesagt, etwas hin und hergerissen, gerne hätte ich noch etwas mehr Abläufe und Einblicke im Werk erfahren, darüber wurde gar nichts berichtet, außer welche Werke und Siedlungen die Firma auch andernorts umfasst und was produziert wird.

Ich mochte ihren Einsatz, ihre Kreativität, ihr gutes Verhältnis zu ihren Töchtern, obwohl sie unter dem fortgeschrittenen Alter, einigen Selbstzweifeln und Einsamkeitsgefühlen litt, auch was ihr wichtig war, ihre offenen Sprechstunden für Mitarbeiter und Bewohner, aber insgesamt war mir das an Informationen und richtigem Spannungsaufbau einfach zu wenig und wirkte oft wiederholend.

Ein durchschnittlicher Roman, der noch etwas mehr Tiefe und Emotionen vertragen hätte, aber lesenswert, weil es historisch belegte Geschichte ist und bis in unsere heutige Zeit reicht.

Bewertung vom 23.11.2023
Sommerfeld, Helene

Zeit der Hoffnung / Die Töchter der Ärztin Bd.2


gut

Die 30er Jahre in Berlin waren geprägt von Arbeitslosigkeit, Unruhe, radikalen Aufständen und dem Aufmarsch der NSDAP und auch viele Schauspieler sehen ihre Zukunft nicht mehr in dem dunkler werdenden Deutschland und versuchen ihr Glück in Hollywood.

Ärztin Henny ist durch ihren Mann, der in der Filmbranche tätig ist, auch hin und hergerissen, ihre geliebte Praxis, ihr Zuhause zu verlassen und nach Kalifornien zu gehen. Gerade erst ist ihre kleinere Schwester Toni aus Afrika zurück und will sich hier auch als Ärztin einbringen. Doch ihre Zulassungen werden hier nicht anerkannt. Zerrissen zwischen Tonis Gefühlen für einen Kommunisten, ihrer Zukunftsperspektive und dem Wunsch nach Unabhängigkeit versucht sie, ihr Leben zu sortieren. Doch ein perfider Angriff auf ihre Schwester verändert alles.

Die bislang gute Verbindung zwischen den Familien Thomasius und von Freystetten erhält aufgrund familiärer Vorkommnisse und erschreckender Entscheidungen, die schwerwiegende Auswirkungen auf alle haben, einen herben Schlag. Auch Ricardas Sohn Georg musste für einen Fehler teuer bezahlen und die Folgen tragen.

Die Stimmung ist angespannt, nicht nur politisch, sondern auch familiär und die beiden Schwestern und ihre Mama versuchen an allen Ecken und Enden auszuhelfen, beizustehen und die schweren Folgen abzufangen.

Anfangs dauert es etwas, bis die Geschichte in Fahrt kommt, doch nach und nach baut sich ein interessanter Handlungsstrang auf, der sich streckenweise schon fast zu überschlagen droht. Allerdings fiel es mir öfter schwer, mich in die Personen hineinversetzen zu können, es wirkte so oberflächlich, teils unverständlich und zu geballt. Dadurch habe ich mich seitenweise dann doch etwas durch die Geschichte geschleppt und fand es sehr schade, dass Vater Siegfried nur noch eine Randerscheinung blieb.
Man springt zwischen Berlin, München und Amerika, aber fühlt sich wie eine Randfigur, die keinen richtigen Zugang bekommt.

Das Ende war zusammengerafft und leider auch nicht so ganz zufriedenstellend. Es ist geschichtlich gut recherchiert und man begegnet auch diversen bekannten Schauspielnamen und Filmen, war jedoch oft auch sehr frivol.

Für mich leider der schwächste Teil von allen, schade hab mir zum Ende der Reihe etwas mehr versprochen.

Bewertung vom 21.11.2023
Neuhaus, Nele

Monster / Oliver von Bodenstein Bd.11


sehr gut

Wieder mal hat Nele Neuhaus es geschafft, den Leser bis zum Ende im Unklaren zu lassen, den Spannungsbogen zu steigern und mehrere Handlungsstränge zum finalen Schlag zusammen zu fügen.

Schon alleine der Titel fordert zum spekulieren heraus, zusammen mit der Vorschau scheint man erst keine Verbindung herstellen zu können, was sich aber im Verlauf des Buches auf raffinierte, allerdings auch sehr perfide Weise erklärt.

Zwei Fälle, begonnen mit dem Fund eines toten jungen Mädchens, der Täter eigentlich eindeutig. Doch dann tauchen weitere Opfer auf, die Zahl der angesammelten Todes -und Vermisstenfälle steigt.

Die Ermittlungen von Pia, Oliver und ihren Kollegen laufen heiß, Überstunden ohne Ende, private Veränderungen und Schwierigkeiten fordern sie heraus, privates und berufliches unter einen Hut zu bekommen und dann passiert noch etwas, was Oliver ordentlich aus der Bahn wirft und das ganze Team aufmischt.

Denkt man anfangs noch, wie soll dieser Fall denn so viele Seiten füllen, wird man doch wieder mal ziemlich überrascht und erlebt Wendungen, Wirrungen und Überraschungen, die man weder erahnt hat noch zu irgendeinem Zeitpunkt absehen konnte. Wie ein Katz- und Mausspiel, allerdings mit dem Leser. Man muss sich zwar an viele Namen gewöhnen, aber Stück für Stück eröffnet sich ein Netz von Selbstjustiz in einer Art und Weise, die einen schockiert und sprachlos macht und auch intern in einer Katastrophe endet.

Obwohl es inhaltlich ein paar kleinere Fehler z.B. Verwechslung von Fahrzeugen gibt, fand ich das Buch insgesamt trotzdem fesselnd, dramatisch und es bietet aufregende Unterhaltung. Zumal dieser hochaktuelle Krimi die Problematik des Justizsystems und daraus resultierende Vorurteile interessant aufgreift. Dazu noch das sympathische eingespielte Ermittlerteam, die dieses Mal wirklich an ihre Grenzen gebracht werden und für zusätzliche Überraschungsmomente sorgen – ich würde sagen: monstermäßig gut.