Benutzer
Benutzername: 
Leserin

Bewertungen

Insgesamt 185 Bewertungen
Bewertung vom 16.02.2013
Dumont, Rena

Paradiessucher


sehr gut

Die 17-jährige Lenka lebt mit ihrer Mutter, die in einem Friseursalon arbeitet, in einer tschechischen Kleinstadt. In den achtziger Jahren erscheint der Sozialismus unendlich trist. Man soll sich unterordnen, gehorchen, nicht aus der Reihe tanzen. Nicht mal richtiges Klopapier gibt es. Ein Konsumparadies ist das Land wahrlich nicht. Die Schule und die konventionellen Fächer langweilen Lenka, und so gibt sie sich keine Mühe. Sie möchte Schauspielerin werden. Nachdem sie zum wiederholten Male nicht an der Schauspielschule angenommen wird - argwöhnt sie : Könnte es sein, dass es nicht an ihrem mangelnden Talent liegt, sondern an fehlenden Beziehungen ? Die Familie ist schliesslich nicht auf Parteilinie. Der Alltag ist dröge, Abwechslung bieten da die Freundin Drobina und der Freund Pavel, der Lenka zwar liebt, aber auf ihre Bedürfnisse nicht unbedingt Rücksicht nimmt. Früh heiraten, Kinder kriegen, das möchte Lenka nicht.
Eines Tages kommt ein Brief - und ein Urlaub in der BRD wird zum Sprungbrett ins Westparadies. Keine leichte Entscheidung! Doch das neue Leben im Westen ist hart, Lenka und ihre Mutter werden teils diskriminiert und müssen ganz von vorne anfangen. Selbst ein Schulbesuch will erkämpft sein. Und Lenka erkennt, dass Konsumgüter allein nicht glücklich machen.Doch Lenka boxt sich durch...
Sprachlich und stilistisch sieht der Leser alles mit den Augen des Teenagers. Flapsig, frech, ungestüm und unmittelbar nimmt er teil an den Gedanken und Erfahrungen des Mädchens. Die Ich-Perspektive verstärkt dies stilistisch noch. Der Roman liest sich flott und flüssig, nur hätte ich mir manchmal ein wenig mehr Tiefgang gewünscht, was aber mittels der gewählten Erzählperspektive evtl. schwierig zu realisieren ist.
Als Jugendbuch funktioniert der Roman aber vorzüglich und eröffnet dem Leser neue Perspektiven und Einblicke. Was heisst es, "fremd" zu sein, und ist es nicht jedem Menschen selbst überlassen, seine Identität zu definieren ?
Der Roman ist empfehlenswert für alle, die ihren Lesehorizont erweitern möchten.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.01.2013
Hay, Lucy

Bauchentscheidung


ausgezeichnet

Lizzie, 17, ist schwanger. Auf einer öffentlichen Toilette wägt sie ihre Möglichkeiten ab. Was ist zu tun? Das Kind behalten oder nicht?
Lizzie gehört zur working class, höchstens zur lower middle class. Ihre Familienverhältnisse sind nicht die allerbesten - die Mutter bringt die Kinder alleine durch und führt mit dem Vater eine on/off - Beziehung. Lizzies Alltag in einem kleinen,englischen Küstenort ist eintönig und eher trist. Abwechslung bieten die Treffen mit ihrer besten Freundin Shona und mit ihrem Freund.
Doch der Freund stammt auch nicht gerade aus guten Verhältnissen. Sein "alter" Vater Francis zieht den Jungen alleine auf und denkt nicht gerade das Beste über das "Hippiemädchen" Lizzie. Lizzies Freund wiederum ist ein relativ unreifer Junge.
Das Pärchen scheint schon die Zusagen für verschiedene Universitäten zu haben. Die Uni ist Liz' Chance auf ein besseres Leben. Die Hauptpersonen gehören zur working class, einzig Freundin Shona ist reich, aber rebellisch. Shonas Mutter ist depressiv und wahrt den schönen Schein. Haarscharf schlittert die Autorin hier an Klischees vorbei - sind Teenagerschwangerschaften primär ein Problem der working class in GB ?

Und so steht der Teenie vor einer grossen Entscheidung....

Nach Beginn der Lektüre konnte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, und ich habe es in einem Rutsch ausgelesen. Es ist gut geschrieben und spannend. Episodenartig werden diverse Entscheidungen der Protagonistin durchgespielt, und obwohl es vordergründig keine weitläufige Handlung gibt, fesselt der Roman den Leser . Das Ende bleibt offen und trägt somit der Mündigkeit des Lesers Rechnung. Der Roman "Bauchentscheidung" ist ein tolles Buch, aber ich habe auch ein paar kleine Kritikpunkte anzubringen - Form und Inhalt passen irgendwie nicht richtig zusammen. Das pinkfarbene Cover und der saloppe Titel "Bauchentscheidung" suggerieren, dass es sich um seichte, vielleicht alberne chicklit handelt. Weit gefehlt - der Roman ist für ein Jugendbuch überraschend tiefgründig und nie klamaukhaft. Daher finde ich den englischen Titel - " But what next? " sehr viel gelungener & adäquater. Wer also ein humoristisches, lustiges Buch zum Schmunzeln sucht, der wird am Roman keine Freude haben. 5 Sterne.

Bewertung vom 23.01.2013
Bronski, Max

Der Tod bin ich


gut

"Der Tod bin ich":

Bronskis Buch hat mir gut gefallen, auch wenn es stilistisch nicht an die Finessen der Werke le Carrés heran reicht.
Besonders spannend ist der Anfang, und gut gewählt sind die alternierenden Schauplätze. Überzeigen konnten mich auch die kurzen Kapitel, in welchen die Handlung vorangetrieben wird.
Es gibt auch diverse Zeitebenen, die den Spionageroman teils in den Dunstkreis des Kalten Krieges einbetten.
Auch Wissenschaft spielt eine grosse Rolle.
Auf jeden Fall ist es keine seichte chicklit, sondern eher ein Männerbuch. Und eines für Physikliebhaber :)))
Soweit, so gut.
Leider konnte der Roman die in der LP geweckten Erwartungen nicht erfüllen. Tolle Ansätze münden nicht in einem furiosen Finale. Ich will an dieser Stelle nicht zu viel verraten, daher hier eine kurze Zusammenfassung der Handlung (Zitat): "
Ein verträumter Gutsverwalter in Bayern, der durch einen skrupellosen Mord aus seiner beschaulichen Idylle gerissen wird. Ein junger Kernphysiker, der sich im Intrigenspiel des Kalten Krieges verfängt. Eine Formel, die möglicherweise die gesamte Menschheit gefährdet. Ein Notizbuch, dem das legendäre Zitat Robert Oppenheimers »Der Tod bin ich, Erschütterer der Welten« vorangestellt ist. Drei ehemalige Agenten der Supermächte, die sich auf eine letzte Mission begeben ... Ein dramatischer Thriller über die explosive Verbindung von Forschung und Macht, akademische Konkurrenz und geheimdienstliche Konspiration, die letzten Fragen der theoretischen Physik und die ethische Verantwortung der Wissenschaft."
Conclusio: Ein solider , aber ausbaufähiger Roman. Drei Sterne.

Bewertung vom 08.01.2013
Wagner, Fanny

George Clooney, Tante Renate und ich


sehr gut

Eva, Antonia und Bettina bilden eine WG. Evas Tante Renate zieht mit ein, weil es in ihrer Wohnung einen Rohrbruch gab. Auf Zeit gibt es also eine Mehr-Generationen- Wg. Besonders gut gefallen hat mir am Roman, dass die Autorin nicht die gängigen chicklitklischees bedient. Eva Schumann wohnt nicht allein mit ihrer Katze und weint sich nicht die Augen nach einem Mann aus. Auch hat sie keinen Schuhtick - aber mit den Männern ihre liebe Not. Freund Tobias wird abserviert, als er Eva zum wiederholten Male ausnutzen will und sie auch noch hintergeht. Im Treppenhaus sieht Eva dann ein Clooney- Lookalike und verliebt sich, während Tante Renate in den Weiten des Internets auf Männerfang geht...
Das Cover und der Titel des Romans sind unschlagbar gut und stimmig, machen Lust auf's Lesen und regen zum Kauf an. Besonders schön ist auch die Tatsache, dass eine Freundschaft im Zentrum steht. Antonia, Bettina und Eva liefern sich keinen Zickenkrieg, sind aber schon manchmal am Lästern, wenn es um Andere geht. Der Schreibstil der Autorin ist angenehm locker.
Nicht so gut gefallen hat mir aber der Umstand, dass die Figuren etwas blass und wenig ausgearbeitet bleiben - Frauenliteratur muss nicht hochphilosophisch sein, aber ein wenig "rundere" Figuren hätte ich bevorzugt. Darüber hinaus wird fast jeder Konflikt im Roman sogleich aufgelöst, sodass fast keine Spannung aufkommen kann - dadurch bleibt das Buch recht spannungsarm.

Trotzdem ist es ein absoluter Feelgood - Roman mit Happy End.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.12.2012
Winterberg, Liv

Sehet die Sünder


sehr gut

Ein Historienschmöker!

"Bretagne, 1440. Grausame Dinge geschehen in dem kleinen Dorf Saint Mourelles. Menschen verschwinden und werden ermordet im Wald aufgefunden. Misstrauen und Angst machen sich breit und stellen die sonst so harmonische Dorfgemeinschaft auf eine harte Probe. Catheline, die Haushälterin des Dorfpfarrers, und der junge Bauer Mathis beschließen, den entsetzlichen Vorfällen auf den Grund zu gehen. Denn es gibt Spuren, und die führen zum nahegelegenen Schloss. Niemand ahnt, dass sich auch der Bischof von Nantes mit einer geheimen Untersuchung der Vorgänge einschaltet (Kurzbeschreibung)." Adel, Klerus, Pöbel - alles was das Leserherz begehrt! Das Buch ist der perfekte Pageturner im Winter. Man kann sich schön in den Lesesessel kuscheln und nach Herzenslust schmökern. Die Idee des Buches erinnerte mich sehr an die Filme "Pakt der Wölfe" und "The Village". Nichtsdestotrotz ist "Sehet die Sünder" ein sehr spannendes Buch, welches nicht nur Genrefans begeistern kann. Da ich ein Faible für Frankreich habe, hat es mir besonders gefallen, dass die Handlung des Romans in einem bretonischen Dorf angesiedelt ist. Sehr hilfreich fand ich ferner das dem Werk vorangestellte Personenregister. Es half mir bei der Orientierung. Auch sprachlich konnte mich das Buch einigermassen überzeugen. Einzig die Auflösung hätte man noch besser machen können. Ergo: Ein fast perfekter Historoman. Wertung : 4 von 5 Sternen.

2 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.11.2012
Ingemarsson, Kajsa

Der Himmel so fern


sehr gut

Eigentlich führt Rebecka das perfekte Leben. Job, Ehemann, Traumhaus - all diese Dinge hat die Mittdreissigerin schon erreicht. Und doch nimmt sie sich das Leben. Zwar zögert sie im Moment des Suizids, doch dann ist es unumgänglich. Fortan hat sie einen Engel namens "Arayan" an ihrer Seite. Rebecka kann jedoch noch nicht von ihrem "alten" Leben lassen und vor allem an Mikael, ihrem Mann, hängt sie noch. Sukzessive wird enthüllt, was zu Rebeckas Entscheidung beigetragen haben könnte. So versuchte sie stets, unabhängig zu wirken, schlug gar eine kirchliche Hochzeit aus. Die Gründe für dieses Verhalten liegen in der Kindheit der Protagonistin - der Vater verliess einst die Mutter, welche daraufhin erkrankte und in schwere Depressionen verfiel. Rebecka schwört sich, nie den selben "Fehler" wie ihre Mutter zu machen, sie möchte Mikael nie eine schlechte, "klammernde" Partnerin sein. Ihre Entscheidung, sich das Leben zu nehmen, stürzt jedoch Mikael in tiefe Verzweiflung, und Rebecka hadert mit all den Beschlüssen, die sie einst fasste...
"Der Himmel so fern" ist ein Roman, der sich schnell und zügig lesen lässt, da die Autorin in einem flüssigen Stil schreibt, der keine Längen aufkommen lässt.
Es ist jedoch nicht so einfach, das Buch einem bestimmten Genre zuzuordnen. Zwar ist es keine oberflächliche "chicklit", aber doch in gewisser Weise ein "Frauenbuch". Es gibt auch leicht esoterisch wirkende Anteile, die surreal wirken und auf das Fantasygenre verweisen könnten. Beim Lesen fühlte ich mich an Filme wie " Ghost - Nachricht von Sam" oder "Stadt der Engel" erinnert. Der Roman regt auf jeden Fall zum Nachdenken an!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.09.2012
Marx, Patricia

Zurück auf Glück


ausgezeichnet

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Stilistisch gesehen ist der Roman "Zurück auf Glück" eine Art Patchworkroman, und dieses Genre gefällt mir, seit ich einmal einen Patchworkroman las. Die Autorin stammt aus dem Dunstkreis der legendären Show "Saturday Night Life", woraus man eigentlich folgern kann, dass sie einen herrlich absurden Roman geschrieben hat. Und ach, dass setting ist New York. Woody Allen, Großstadtneurosen lassen grüssen. So ist auch die Protagonistin Imogene ein Mensch mit kleinen Neurosen. Sie ist in den Dreissigern und Unterwäschedesignerin. Auf einer Party begegnet sie Wally, der Wissenschaftler ist. Wally verliebt sich sofort unsterblich in den Rotschopf, der aber eine Affaere mit Ron de Jean laufen hat, der seinerseits verheiratet ist. Imogene ist eigentlich abgeneigt, aber ein Date folgt dem anderen. Ausserdem möche Imogenes Mama an Thanksgiving Leben in der Bude haben... Ich mag den Roman! Er kommt zwar ein wenig skurril daher, aber es finden sich viele kleine und grosse Wahrheiten im Buch, welches auf den ersten Blick (stilistisch) so chaotisch erscheint. Ich fand es erfrischend, endlich mal einen etwas anderen Roman zu lesen. Ich denke aber, dass der Roman sehr viel an Witz durch die deutsche Übersetzung einbüsst. Besonders gefiel mir auch die hochwertige Klappbroschur und das schöne Cover. Das Buch hat eine tolle Haptik. Fazit: 5 Sterne Wer "The Big Bang Theory" mag, wird "Zurück auf Glück" lieben!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.09.2012
Neeb, Ursula

Die Hurenkönigin / Frankfurter Hurenkönigin Bd.1


sehr gut

Vorab: Eigentlich lese ich historische Romane selten. Denn oft sind diese langweilig geschrieben und lausig recherchiert.

"Die Hurenkönigin" von Ursula Neeb bildet jedoch eine Ausnahme - die Geschichte hat mich sofort gefesselt und ich wollte den Roman nicht mehr aus der Hand legen. Der Roman ist sehr unterhaltsam geschrieben. Dies verspricht eine äusserst kurzweilige Lektüre! Schon der Prolog macht " Lust auf mehr" - ein Minnesänger und seine Herrin werden porträtiert, dann wechselt der Fokus. Nicht hochwohlgeborene Frauen stehen im Zentrum des Geschehens, sondern die Frauen, die am Rande der Gesellschaft stehen: Huren.
Der Leser bekommt Einblick in die Welt Rosis. Diese Frau ist schon Mutter. Da jedoch der Kindsvater - Josef - keine ehrbare Frau aus ihr machen will, muss sie weiter als Freudenmädchen arbeiten. Und sie tappt in eine fatale Falle - ein mysteriöser Freier entführt sie in den Wald, wo sie eines gewaltsamen Todes stirbt.
Dies ruft Ursel Zimmer auf den Plan - diese "Hurenkönigin" will den Tod ihres Schützlings nicht ungesühnt lassen und beginnt daher, auf eigene Faust zu ermitteln ...

Besonders gefällt mir am Roman das hessische Lokalkolorit, welches eine vergangene Zeit heraufbeschwört, denn die Handlung ist um das Jahr 1511 angesiedelt. Durch die plastischen Beschreibungen kann sich der Leser alles gut vorstellen. Ausserdem scheint mir der Roman sehr solide recherchiert zu sein. Der Autorin ist es gelungen, einen eher trockenen historischen Stoff lesenswert zu "übersetzen". Der Stil liest sich ausgesprochen flüssig. Besonders tiefgründig ist das Buch aber nicht.
Der Unterhaltungswert ist ebenfalls hoch, denn es hätte auch eine dröge deutsche Geschichte sein können. Weit gefehlt! Das Buch ist viel besser als erhofft. Einzig die recht moderne Sprache
hat mich etwas gewundert; aber ich denke, dass die Autorin aus Gründen der Lesbarkeit zu diesem Stilmittel griff ("Ich geh dann mal.").Der Roman möchte nicht nur den sprichwörtlichen akademischen Elfenbeinturm ansprechen, sondern auch ganz normale Leser, die sich nicht mit Quellenkunde oder Ähnlichem befassen.

Die optische Gestaltung des Histokrimis konnte mich ebenfalls überzeugen - nicht zu überladen, ein schöner weinroter Hintergrund, wenige Ornamente und ein Frauentorso. Nicht zu kitschig!

Der Roman ist besser als die Leseprobe. Und obwohl es sich nicht um mein bevorzugtes Genre handelt, war ich gefesselt. Genau die richtige Mischung aus historischen Fakten und Unterhaltung.

Ich vergebe daher 4 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.09.2012
Mankell, Henning

Erinnerung an einen schmutzigen Engel


sehr gut

Dieses Buch ist mehr als ein Unterhaltungsroman. Das Cover ist ein wahrer Eyecatcher.

In "Erinnerung an einen schmutzigen Engel" greift Henning Mankell das Schicksal einer real existierenden Person auf, um daraus einen fiktiven Roman zu schreiben. Das Buch könnte man auch als historischen oder historisierenden Roman bezeichnen. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wird die junge Hanna von ihrer Mutter weggeschickt, da sie ein zusaetzlicher Esser ist. So landet Hanna auf einem Schiff, und heiratet einen Mann, den sie trotz geringer Kenntnis innig liebt. Doch der Mann stirbt.

In Portugiesisch - Afrika geht Hanna von Bord. Das vermeintliche Hotel, in welchem sie sich einquartiert, erweist sich als Bordell. Schwarze Prostituierte werden von (vermeintlich) zivilisierten Europäern " frequentiert". Der Besitzer des Etablissements heiratet Hanna - die weiße, wohl standesgemässe Frau schliesslich, kann aber die Ehe nicht vollziehen, was schon ironisch ist. Er hat einen kränklichen Bruder und besitzt einen vermenschlichten Affen namens Carlos. Wofür steht der Affe ?

Auch Hannas zweiter Mann stirbt - und vermacht ihr das Bordell....

Henning Mankells Geschichte ist in ihrem Kern eine Kritik an Imperialismus, Kolonialismus, Eurozentrismus und Chauvinismus. Selbst die Protagonistin partizipiert anfangs (teils widerwillig) an Aktionen, die die indigene Bevölkerung marginalisieren, stigmatisieren und herabwürdigen. Mit einem Wort: Rassismus.
Doch Mankell lässt den Leser lieber zwischen den Zeilen lesen, als mit dem "Holzhammer" seine message zu verbreiten. Mir scheint, dass er ganz bewusst keine Schwarzweissmalerei betreibt. Seine Sprache und der Erzählstil sind von grosser Präzision geprägt. Die Hauptfigur ist anfänglich als sehr ambivalent handelnde Person angelegt, wandelt sich aber sukzessive.
Fast beiläufig schildert Mankell das Ungleichgewicht in Afrika und erklärt die Gewalt und den Rassismus v.a. mit "Angst" , was nicht die alleinige Ursache sein kann.
Sehr gut hat mir gefallen, dass der Autor auf jeglichen Afrikakitsch verzichtet. Vielmehr schildert er immer wieder die Hitze, die Schwüle, fast eine klaustrophobische Situation.
Auch das Bordell wird nicht romantisiert; die Frauen haben teils Kinder, also eine Familie zu versorgen.

Damit hebt sich Henning Mankell von anderen Autoren des Genres "Historischer Roman" ab. Wo andere in überbordenden Landschaftsbeschreibungen schwelgen, das Fatum der Protagonisten als Fügung glorifizieren, da bleibt Mankell nüchtern.
So begeht er nicht den Fehler, selbst ein Bild von Afrika zu entwerfen, dass es so gar nicht gibt (Vgl. Said: "Orientalismus"). Nein, Exotismus ist Mankells Sache nicht.

Der Roman erhält von mir einen Stern Abzug, da er meine Leseerwartung nicht ganz erfüllen konnte. Gegen Ende wurde ich aber nochmals überrascht. Vor allem Hannas Reifeprozess und Emanzipation ist glaubwürdig - anders als in vielen Historomanen, in welchen es eine ahistorische "Superfrau" gibt.

Da der Autor auch viele Klischeeklippen umschiffte, ist es ein gutes Buch. Alles in allem hat mir der Roman sehr gut gefallen, weil der Autor aus den wenigen Quellen ein tolles Buch gemacht hat, welches sich zudem durch ein hohes Sprachniveau auszeichnet.

Klare Leseempfehlung!

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.