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easymarkt3
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Insgesamt 850 Bewertungen
Bewertung vom 16.10.2024
Ein anderes Leben
Peters, Caroline

Ein anderes Leben


gut

Eine besondere Patchwork – Familie
Das Cover lässt eine gewisse kindliche Leichtigkeit und heile Welt erahnen in der bildlichen Darstellung einer großen Seifenblase, entpuppt sich dieser Eindruck aber vielleicht auch symbolisch als fragile, leicht zerbrechliche Familienbande, von denen die Ich-Erzählerin, jüngste von drei Töchtern Hannas, erzählt. Auf zwei Erzählebenen führt zunächst die Beerdigung ihres Vaters Bow dazu, ihr Leben von ihrer Kindheit ausgehend Revue passieren zu lassen. Bis zurück zu den Großeltern im 2. Weltkrieg mit der Flucht von der Neiße über Hannas Studienfreunde und deren Vaterschaft reichen die detaillierten Erinnerungen mit der berufstätigen Mutter als Übersetzerin und Bibliotheksangestellte. Im nächsten Schritt beleuchtet sie besonders die stets ambivalente Beziehung zu ihrer Mutter Hanna. Deren drei Ehemänner mit ihrer jeweiligen Tochter, Hannas Rolle als Mutter, Hausfrau und Zuhörerin stehen im Mittelpunkt. Vier Ereignisse in der dritten Ehe mit Bow, die Familie zu verlassen, werden kurz erwähnt. Leider werden Hannas Beweggründe nicht tiefer beleuchtet. Sie wollte gehört werden. Sie wollte hinein in eine Welt ihrer eigenen Wörter mit Gedichten, Lesungen etc. in ihrer eigenen Wohnung, nur zum Mittagessen mit der Ich-Erzählerin als Teenager. Der kurze dritte Teil behandelt Hannas Leben mit einem Tumor im Kopf mit allen Begleiterscheinungen und ihrem Tod. Insgesamt sind diese unchronologischen, fragmentierten Erinnerungen um Hanna, ihren drei Töchtern und deren Vätern ohne markante Abgrenzung vom Jetzt eingefügt, was etwas verwirrt. Der Schreibstil hat eine poetische Note, passend zu Hannas Charakter als selbstbewusste, schlagfertige, depressive, promovierte, schreibende Gattin neben ihrer eher ungeliebten Mutterrolle, die sich auch nicht in das gesellschaftliche Korsett von Erwartungen zwängen lässt. Das andere Leben von Hanna kommt insgesamt zu kurz.

Bewertung vom 13.10.2024
Die Abende in der Buchhandlung Morisaki
Yagisawa, Satoshi

Die Abende in der Buchhandlung Morisaki


sehr gut

Eine Hommage an die Macht von Büchern
Das Cover wirkt in seiner bunten, gegenständlichen Darstellung den Mittelpunkt der warmherzigen Geschichte wieder und führt ohne Umschweife in die Wohlfühlatmosphäre hinüber. Der liebevolle Schreibstil mit dem sehr emotionalen Ende gefällt. Die besondere Welt der Bücher und ihre meist ältlichen Interessenten werden liebevoll beschrieben. Auch das Engagement der jungen Hauptfigur Takako um die Buchhandlung, ihre familiären, eigenwilligen Besitzer und Freunde hat eine sehr positive Ausstrahlung. Neben so viel Mitmenschlichkeit finden. Takako und ihre jungen Freunde auch Wege zur Problembewältigung. Thematisiert wird Trauerbewältigung, Selbstfindung, Freundschaft und natürlich die besondere Beziehung zu meist alten Erstausgaben. Tatkräftig Versprechen einzulösen und Verantwortung zu übernehmen werden ebenso hervorgehoben. Diese Bücherei punktet als Ort des Trostes und der Hoffnung. Das Bücherviertel Jinbocho wird sehr einladend beschrieben im Wandel der Jahreszeiten und Events.

Bewertung vom 13.10.2024
Coco und die Revolution der Mode
Johannson, Lena

Coco und die Revolution der Mode


sehr gut

Einiges über Coco Chanels Leben – interessant!
Das Cover dieses historischen Romans über die Modeschöpferin Coco Chanel zeigt eine junge Frau in einem zeitgemäßen Matrosen-Look. Die gesamte Aufmachung dieses 27. Bandes der Reihe „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“ gefällt in seinem Wiedererkennungswert dieser Serie. Die Lebensgeschichte von Gabrielle Chasnel, bekannt als Coco Chanel, erstreckt sich leider nur über ihre karge Kindheit mit ihren doch unterschiedlichen Schwestern bis zum Aufbau ihres Modeimperiums, von der anfänglichen Hutmacherin zur Mode-Ikone in Paris um 1916. Über den Umgang mit Nadel und Faden im Waisenhaus der Nonnen geht es weiter zu Tante Louise und der Herstellung kreativer Hutschöpfungen in Moulins um 1901. Mit ihrer fast gleichaltrigen Tante Adrienne versucht sie Geld zu verdienen über Näharbeiten, Gesang und Tanz, lernen Absolventen einer Militärakademie wie Ètienne Lefevre und Boy Capel kennen, ihre zukünftigen Sponsoren. Erst in Paris ab 1910 entwickelt sie Bademoden für Frauen und aus der englischen Männermode La Mode à la garçonne, wie ihn auch Marlene Dietrich in Filmen trägt. Berühmte Namen wie der Modeschöpfer Paul Poiret oder der französische Karikaturist Georges Goursat etc. werden eingeflochten. Der 1. Weltkrieg lässt sie nicht nur die Krankenschwesterntracht überarbeiten, auch ihr Chanel-Jersey-Modell, preiswert, praktisch und schlicht wird erfolgreich vermarktet. Das Charakterbild einer mutigen, ehrgeizigen, kreativen Frau wird aufgebaut, leider nur bis zum Höhepunkt ihrer Karriere. Ihre Beziehungen zu den wichtigsten Familienmitgliedern lassen sie besonders in ihrer Einsamkeit menschlich erscheinen. Der Schreibstil mit der chronologischen Kapitelaufteilung ist angenehm, hilfreich. Ein interessantes Lesevergnügen!

Bewertung vom 11.10.2024
Immortal Longings
Gong, Chloe

Immortal Longings


gut

Immortal Longings
Unsterbliche, unvergessene Gelüste oder Sehnsüchte – darum geht es in diesem Fantasy-Science Fiction-Roman voller moralisch komplizierter Charaktere, voller Intrigen, Gewalt, Schmutz, Hunger, Elend und Überbevölkerung. Nicht nur das Beziehungsgeflecht der Hauptfiguren Anton und Calle bis hin zum rätselhaften Kronprinzen Augustist komplex, inspiriert von Shakespeares Antonius und Cleopatra. Auch die Szenerie der Zwillingsstädte San-Er erinnert an Kowloon Walled City im britischen Hongkong, voller dicht bebauter Slums, gesetzlos, einem Leben in chaotischen Zuständen ursprünglich von China als Militärfort begründet. Neben dieser Stadt voller Extreme entfaltet sich die komplizierte Magie des Körperspringens, Science-Fiction-Elemente vermischt mit der chinesischen Mythologie des „Qi“ als Lebenskraft, einer Seele im Menschen, die bewegt werden kann. In dieser Welt voller Bösewichte und Unordnung, voller Rache, Intrige und Obsession in schnellen Action-Szenen entfaltet sich zwar auch verdrehte Romantik, hinterlässt aber vielleicht auch den Wunsch nach weniger Klaustrophobie und Chaos. Tolle Kreativität und Tiefe in Charakterstudien und Szenerie bei gutem Schreibstil. Doch die Beschreibung all dieser Brutalität, dieser endlosen kriminellen Energie in San-Er muss nicht unbedingt zu einem Lesevergnügen führen.

Bewertung vom 10.10.2024
Das mörderische Christmas Puzzle
Benedict, Alexandra

Das mörderische Christmas Puzzle


gut

Vergangenheitsbewältigung in weihnachtlicher Atmosphäre - unterhaltsam
Die Szenerie spielt in einer englischen Kleinstadt, kurz vor den weihnachtlichen Feiertagen beginnend, mit dem Fund eines mysteriösen Päckchens mit sechs Puzzleteilen vor der Haustür der Hauptperson Ms Edie O’Sullivan, achtzig Jahre alt, Rätselrentnerin. Mit dem Erhalt der nächsten Puzzlestücke taucht bereits das erste Opfer auf. Aus der Freizeitbeschäftigung des Rätsel Ratens wird brutaler Ernst unter Zeitdruck im weihnachtlichen Ambiente. Die Idee um ein Puzzle – um Leben und Tod – ist originell. Besonders Edie und ihre neunzigjährige Nachbarin Riga Novack gefallen in ihrer grummelnden, abweisenden, vor den Kopf stoßenden Art. Edies Privatleben mit seinen Beziehungskonflikten, aber auch beruflichen Unglücken stehen im Mittelpunkt und werden sukzessive aus ihrer ungeliebten Vergangenheit aufgedeckt. Neben Edie kommt auch der Täter RIP zu Wort, was aber die Rätselhinweise leider nicht verständlicher werden lässt. Die Auflösung erinnert an die Weihnachtsbotschaft von Charles Dickens in seiner Weihnachtsgeschichte um Ebenezer Scrooge: Lasst uns in Gemeinschaft, in der Familie, zueinander finden, andere nicht herabsetzen und deren Los nach Kräften verbessern. Diese Sozialkritik als Weihnachtsgeschichte zusammen mit unverstandenen Rätseln verpackt ist unterhaltsam. Leider ist das Miträtseln zu kompliziert, zu schwer trotz Hinweisen zum Spiel am Anfang und Rätselendauflösung.

Bewertung vom 09.10.2024
Die Mitford Schwestern / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.6
Benedict, Marie

Die Mitford Schwestern / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.6


gut

Ein Roman für politisch Interessierte
Über einen Zeitraum von neun Jahren , von Juli 1932 bis April 1941, beschreibt dieser Roman das politische Engagement der drei von sechs Mitford Schwestern aristokratischer Abstammung – jeweils unter der Perspektive von Nancy, Diana und Unity. Deren Aktivitäten in Sachen Faschismus, Kommunismus und Nationalsozialismus rund um Adolf Hitler, Mosley und Winston Churchill ist erstaunlich. Angerissen wird auch der spanische Bürgerkrieg mit den Massenhinrichtungen durch den faschistischen General Francisco Franco und die erbärmlichen Flüchtlingslager in Perpignan, Frankreich. Ebenso wird der Antikominternpakt von 1936, ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Japanischen Kaiserreich mit der Hauptzielsetzung der Bekämpfung der Kommunistischen Internationale (Komintern) erwähnt, dem später auch das faschistische Italien unter Mussolini beitritt. In 80 Kapiteln geht es schließlich bei der Schriftstellerin Nancy Mitford um die schwere Entscheidung, für oder gegen ihre Schwestern Diana und Unity zu spionieren zum Schutz für Großbritannien im 2. Weltkrieg mit Deutschland. Neben dem politischen Inhalt mit dunklen Kapiteln erscheint Adolf Hitler gesellschaftlich als Gentleman in sehr positivem Licht, ob z.B. in Berlin mit Diana oder in Bayreuth und München mit Unity. Auch der High-Society-Lebensstil der Mitford Familie mit einflussreichen Freunden und Familienmitgliedern ist bildhaft dargestellt. Besonders für politisch interessierte Leser:innen zu empfehlen.

Bewertung vom 09.10.2024
Love Letters to a Serial Killer
Coryell, Tasha

Love Letters to a Serial Killer


gut

Ein ungewöhnlicher Fall
Die Erzählerin Hannah Wilson aus Minneapolis arbeitet in der Kommunikationsabteilung einer gemeinnützigen Organisation, wo man sie nicht zu schätzen weiß, verliert ihre dortige Anstellung aufgrund ihrer übermäßigen Aktivität in einem Internet-Forum für True Crime. Anstatt sich mit ihrem persönlichen Scheitern auseinanderzusetzen – beruflich und privat – entwickelt sich der obsessive Briefkontakt zu dem mutmaßlichen Serienkiller William zu einem neuen Lebensinhalt. Ihr ganz spezieller Charakter, der teils helfen will bei den Mordaufklärungen, teils Mitglied einer Gruppe sein will, teils aber auch eine starke emotionale Beziehung zum Serienkiller eingehen will, kommt glaubhaft im ersten Teil des Buches an. Im zweiten Teil geht es um den Serienkiller-Prozess mit weiteren eigenen Ermittlungen Hannahs am Gericht in Georgia, Williams Urteilsspruch nebst Heiratsantrag. Im dritten Teil hat Hannah William den Liebhaber bekommen, aber wo war William der Mörder? Hat sie immer Gewalt statt Liebe gewollt? Die Aufklärung wirkt konstruiert und unrealistisch mit zu vielen krankhaften Charakteren. Die ständige Angst Hannahs, von William endlich getötet zu werden, ist irgendwann kaum mehr glaubhaft, während die Einbeziehung des Forums sehr realistisch für die USA wirkt. Die sexuelle Obsession Hannahs stört in dieser gefährlichen Beziehung mit William als eher nebulöser Figur. Der Schreibstil gefällt.

Bewertung vom 07.10.2024
Die Sehnsucht nach Licht
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


gut

Das Schlematal im Erzgebirge und seine Bergmannstraditionen
Die fiktive Bergmannsfamilie Steiner einiger Generationen mit der Hauptfigur Luisa präsentiert auf mehreren Zeitebenen das Alltagsleben von 1908 bis 2019, verwoben mit dem politischen Weltgeschehen und den daraus resultierenden, teils nachteiligen Auswirkungen auf Mensch, Bergbau und Natur. Mit all seinen historischen Glanzzeiten und Tiefpunkten birgt der Roman viel Unterhaltung Neben den romantisierten Bergmannstraditionen, besonders den Lichttraditionen mit dem Schwibbogen, erfährt man viel Informatives über die damals vorhandenen Bodenschätze nebst ihren Abbautechniken und nicht nur mannigfachen gesundheitlichen Gefahren. Die angehängte Zeittafel des Bergbaus in diesem erzgebirgischen Abbaugebiet gibt einen guten geschichtlichen Gesamtüberblick. Als Hommage an die Lebensleistung der dortigen Bewohner könnte man diesen Roman begreifen. Das pragmatische Lebensmotto Neuer Tag bringt neue Hoffnung gefällt. Störend im Lesefluss ist jedoch der abrupte Zeitwechsel je Kapitel. Dadurch wirkt das Buch sehr konstruiert.

Bewertung vom 06.10.2024
Kein Land in Sicht
Pertl, Christina

Kein Land in Sicht


sehr gut

Krimi über ein wichtiges Thema.
Das Cover mit einem Bullauge weist bereits den Blick hinaus auf Wasser. Auch der Romantitel leitet in zweideutiger Weise geschickt auf den spannenden Inhalt hin. Das Kreuzfahrtschiff „Freedom of Spirit“ kreuzt für sieben Tage im Mittelmeer. In diesem maritimen Urlaubsflair verläuft auf zwei Erzählsträngen die grausame Aufklärung brutaler Aktivitäten einer Schlepperbande: Sarah Peters, Kriminalkommissarin, undercover eingeschleust als Stephanie Mayrhofer - zum Animationsteam gehörend - sowie ihr Kollege Michael, in Kursivschrift eingeflochten. Beide Ermittler sind von Beginn an in unerwarteter, äusserst ungünstiger Ausgangssituation, was zur Spannung beiträgt und sie sehr menschlich, hilfsbedürftig macht. Der Balanceakt zwischen ihrer Tarnung und Ermittlungsarbeit ist gelungen, das skrupellose Netzwerk an undurchsichtigen Figuren zügig enttarnend. Streckenweise sind die Ausführungen zu den Nebenfiguren jedoch etwas zu üppig, Sarahs Ermittlungen teils dilettantisch und besonders die abschließende Polizeiarbeit sehr oberflächlich. Insgesamt gefallen aber der interessante Einstieg mit Sarahs Amnesie und die Sprengung des internationalen Netzwerks in teils humorigem Schreibstil.

Bewertung vom 02.10.2024
Die Frauen jenseits des Flusses
Hannah, Kristin

Die Frauen jenseits des Flusses


sehr gut

Die traumatische Zeit amerikanischer Frauen rund um den Vietnamkrieg
Dass Frauen Helden sein können, zeigt auch dieser Roman, der größenteils auf Coronado Island in Kalifornien und an diversen Krankenhauseinrichtungen in Vietnam spielt. Beschrieben wird das behütete, bereits festgeschriebene Leben der zwanzigjährigen Frances Grace McGrath, mit Heirat, Kindererziehung etc., aus dem sie bewusst aussteigt durch ihren freiwilligen Beitritt in den Army Nurse Corps 1966. Die Briefkorrespondenz aus den Staaten gibt die nicht enden wollenden Protestbewegungen gegen den Vietnamkrieg und auch die Rassenunruhen während der Regentschaft mehrerer Präsidenten wieder, während im Kriegsgebiet Napalm-Bomben und Agent Orange nicht nur gegen die Vietkong eingesetzt werden. Lebenslange Freundschaft, Liebe und Kameraderie untereinander wird überzeugend beschrieben neben viel Trauer, Schmerz und Tot nicht nur in den eigenen Reihen. Nach der Rückkehr 1969 hat sich Frankie nicht nur mit sich selbst auf Kriegsfuß gestanden, sondern auch mit der amerikanischen Regierung mit ihrer Verleumdungspolitik gegenüber Frauen als Kriegsveteranen. Ihr persönlicher, auch zwischenmenschlicher Kampf neben Alpträumen, Stimmungsschwankungen, Alkohol und Drogen wirkt überzeugend. Die Heroisierung des Krieges mit väterlicher Heldenwand voller männlicher Familienmitglieder schmerzt, begreift man die Scham, Lügerei und den fehlenden Stolz gegenüber den 10.000 Frauen, aktiv in diesem Krieg. Die verschiedene Charaktere der Hauptfiguren Ethel, Barb und Frankie gefällt. Interessant sind auch die Informationen zur Arbeit der National League of Families, zur Operation Homecoming, zu Posttraumatischer Belastungsstörung und Hanoi Hilton.