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Magda
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Köln

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Insgesamt 304 Bewertungen
Bewertung vom 15.11.2024
Steinhardt, Stephanie Marie

Das rote Vogelmädchen


ausgezeichnet

Das rote Vogelmädchen fällt aufgrund des wunderschönen Covers auf, auf dem das Porträt einer jungen Frau abgebildet ist, das die Autorin selbst gemalt hat.
Bene und Jacob sind frisch verliebt und verbringen ihre erste Adventszeit zusammen. Jeden Tag vom 1. bis 24. Dezember bekommt Jacob eine hübsch verpackte Dose von Bene, darin findet er einen Tagebucheintrag und ein dazu passendes kleines Geschenk.
Jedes der insgesamt vierundzwanzig Kapitel, beschriftet wie im Adventskalender mit 1.-24. Dezember, beginnt mit einer Abbildung, die sich auf den Inhalt der Dose bezieht.
In den Tagebucheinträgen schildert Bene ihre Gefühle Jacob gegenüber, bevor sie ein Paar wurden, und Jacob erfährt, was Bene unternommen hatte, um ihn kennenzulernen.
Bene ist eine lebenslustige, hübsche junge Frau, die jedoch voller Selbstzweifel ist. Sie glaubt, nicht weltgewandt, klug und hübsch genug zu sein, um einen Mann wie Jacob dauerhaft für sich zu gewinnen.
Die beiden arbeiten in einer Werbeagentur, Jacob ist Graphikdesigner, viel lieber würde er jedoch malen. Er hadert damit, dass er von der Kunsthochschule abgelehnt wurde. Dann hat Bene eine Idee, wie Jacob sein künstlerisches Talent für einen Auftrag nutzen kann, den die Agentur von der Oper erhalten hatte.
Ich habe das Eintauchen in die Kennenlern- und Liebesgeschichte von Bene und Jacob sehr genossen. Beide sind liebenswerte und sympathische Charaktere, besonders Bene habe ich ins Herz geschlossen. Es hat mir leidgetan, über ihre Selbstzweifel zu lesen, und ich habe mich sehr über das Ende gefreut, als diese mit Hilfe von Jacob und Benes Freunden und Freundinnen ausgeräumt werden konnten. Warum Bene Das rote Vogelmädchen genannt wird, erfahren wir im letzten Kapitel. Ich empfehle den außergewöhnlichen Adventskalender allen, die ein Faible für große Gefühle und Romantik haben.

Bewertung vom 05.11.2024
Henn, Carsten Sebastian

Die Goldene Schreibmaschine


sehr gut

Das wunderschöne Cover und ein Buch vom Autor von „Der Buchspazierer“ – da konnte ich nicht widerstehen! Ich habe das Buch zusammen mit meiner elfjährigen Nichte Ella gelesen, sie hat bei der Rezension mitgewirkt.
Die elfjährige Emily lebt für ein Jahr bei ihren Großeltern. Ihre Eltern, die beide Architekten sind, sind im fernen Dubai, wo sie einen Auftrag angenommen haben. Emilys Oma Rosa arbeitet in der Anna Amalia-Bibliothek, dort hält Emily sich oft auf. Eines Tages entdeckt sie den Zugang zu einer geheimen Bibliothek, in der eine goldene Schreibmaschine steht. Mit Hilfe dieser Schreibmaschine können Bücher umgeschrieben werden. Nach und nach wirkt sich die neue Handlung auf Emilys Leben aus. Ihre alten Freunde kennen sie nicht mehr, dafür ist sie jetzt mit ihrem Schwarm Lasse zusammen, lebt wieder bei ihren Eltern und hat nur noch wenig Kontakt zu den geliebten Großeltern.
Es gibt nur noch eine einzige weitere Person, die von der geheimen Bibliothek und der Macht der goldenen Schreibmaschine weiß, und das ist Emilys Lehrer Dr. Dresskau. Dieser ist abgrundtief böse, hasst Kinder und gründet sogar eine rechtsradikale Partei, die großen Zulauf findet.
Der Anfang und das Ende des Buches haben mir gut gefallen, den Mittelteil hingegen fand ich recht langatmig. Die Figur des Dr. Dresskau ist äußerst übertrieben und unrealistisch dargestellt. Ella: Ich fand das Buch vor allem am Ende sehr spannend, und mir gefielen die vielen Wendungen.

Bewertung vom 01.11.2024
Baldini, Laura

Die Pädagogin der glücklichen Kinder / Bedeutende Frauen, die die Welt verändern Bd.23


ausgezeichnet

Die Pädagogin der glücklichen Kinder von Laura Baldini, eine Romanbiographie über die ungarische Kinderärztin Emmi Pikler, ist nach „Aspergers Schüler“ und „Lehrerin einer neuen Zeit“ das dritte Buch der Autorin, das ich gelesen habe.
Budapest, 1920: Emmi Reich, 18, darf aufgrund ihrer jüdischen Abstammung nicht in Ungarn studieren. Da ihre Mutter ursprünglich aus Wien kommt, schreibt sie sich an der dortigen medizinischen Fakultät ein. Sie wohnt bei Tante Poldi, einer Cousine ihrer verstorbenen Mutter. Poldi hat keine Kinder und kümmert sich liebevoll um die junge Studentin.
Emmi lernt György Pikler, einen jungen ungarischen Lehrer kennen, die beiden verlieben sich ineinander und führen einige Jahre eine Fernbeziehung, während Emmi in Wien studiert und György in Triest und Budapest unterrichtet. Während ihrer pädiatrischen Fachausbildung an der Wiener Universitäts-Kinderklinik arbeitet sie mit Clemens von Pirquet und Hans Salzer zusammen. Emmi bewundert die beiden erfahrenen Kinderärzte, die ganz anders als damals üblich mit den Kindern umgehen. Sie erklären ihnen, warum und wie sie untersucht werden, die Kinder dürfen sogar das Stethoskop in die Hand nehmen. Die Untersuchungsräume sehen nicht wie Krankenzimmer aus, da auch die Atmosphäre dazu beitragen soll, dass sich die kleinen Patient*Innen wohl fühlen.
Emmi stellt fest, dass Kinder, die viel draußen herumtoben, viel gesünder sind, als diejenigen, die viel zuhause sind und von ihren Kindermädchen in Watte gepackt werden.
Nach ihrer Heirat lassen sich die Piklers in Budapest nieder und zunächst widmet Emmi sich ganz der Erziehung ihrer Tochter Anna. Sie lässt ihr die Zeit, die sie für ihre motorische und kognitive Entwicklung braucht. „Wer nie auf einen Baum klettern darf, weiß nicht, wie hoch er klettern kann, bevor es gefährlich wird. Ein Kind, das klettern darf, erfährt, wie dick Äste sind, die knacksen und im schlimmsten Fall auch brechen. Es lernt nicht nur, den eigenen Körper zu beherrschen, sondern merkt auch, wie ein Baum beschaffen ist. Wenn es von seinen Erlebnissen erzählt, lernt es im Idealfall auch Wörter zu den Erfahrungen.“ (S. 74)
Sie arbeitet in Budapest als Kinderärztin und betreut Familien, die sie regelmäßig zu Hause besucht. Die Mütter protokollieren die Entwicklung ihrer Kinder und tragen in einer Tabelle deren Mahlzeiten, Stuhlgang und neue Errungenschaften ein. Emmi hält Vorträge über die Pflege und Erziehung von Säuglingen und Kleinkindern und schreibt ein Buch mit dem Titel „Mit tud mar a baba?“ (Was kann mein Baby schon?)
Emmis Leben und Tätigkeit werden von dem auch in Ungarn vorherrschenden Nationalsozialismus und dem einhergehenden Judenhass überschattet. 1936 wird György aufgrund seiner kommunistischen Gesinnung verhaftet. Er bleibt bis 1945 im Gefängnis.
Laura Baldini hat einen flüssigen und emotionalen Schreibstil, ich lese ihre Bücher sehr gern und freue mich darüber, dank ihrer hervorragenden Recherche so viel Interessantes über Emmi Pikler erfahren zu haben. Piklers Ideen, die damals revolutionär waren, werden heute von Eltern, Pädagog*Innen und Mediziner*Innen in der ganzen Welt angewandt und umgesetzt. Aus der Reihe „Bedeutende Frauen, die die Welt verändern" möchte ich auf jeden Fall noch mehr Bücher lesen.

Bewertung vom 29.10.2024
Heldt, Dora

Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen


ausgezeichnet

Auf das neue Buch von Dora Heldt habe ich mich schon sehr gefreut. Ich habe einige ihrer Bücher gelesen, zuletzt die „Haus am See“-Reihe um die drei Freundinnen Alexandra, Friederike und Jule.
Auch in ihrem neuen Buch geht es um Frauenschicksale: Die titelgebende Johanne Johansen, ihre Cousine Luise Gehrke, deren Tochter Emma sowie Edda, Johannes langjährige Haushälterin mit Tochter Paula und Enkelin Frieda. Die Reederei Johansen steht im Mittelpunkt des Romans. Sie wurde bis zu seiner Pensionierung von Luises Vater Friedrich geführt. Seit einigen Jahren leitet Luises Mann Thilo-Alexander mit Henner, seinem Sohn aus erster Ehe, die Reederei.
Johanne und Luise könnten unterschiedlicher nicht sein. Als junge Frau hatte Johanne ihre große Liebe bei einem Schiffsunglück verloren, seitdem lebt sie allein und arbeitet als Sekretärin in der Reederei. Die zehn Jahre jüngere Luise hingegen war nie berufstätig, sie verbringt ihr Leben als Ehefrau und Mutter einer Tochter. Ihre Zeit verbringt sie mit Shoppen, bei der Kosmetikerin, Maniküre, beim Friseur oder Cocktails Trinken mit anderen begüterten Hanseatinnen.
Zwei große Ereignisse stehen an: Luises und Thilo-Alexanders Silberhochzeit und Johannes Pensionierung. Die Silberhochzeit soll mit vielen Gästen prunkvoll gefeiert werden, ihre Pensionierung hingegen will Johanne ohne viel Brimborium durchziehen. Überhaupt macht Johanne nie viel Aufhebens um ihre Person und will nur in Ruhe gelassen werden, im Gegensatz zu Luise, die bewundert und beneidet werden möchte – um ihren Reichtum, ihre glückliche Ehe und ihre wohlgeratene Tochter. Dabei ist alles mehr Schein als Sein: Die Reederei steht kurz vor der Insolvenz, Thilo-Alexander hat eine Geliebte, und Emma interessiert sich für alles andere, nur nicht für ihr Studium.
Als Luise vor den Trümmern ihres Lebens steht, wendet sie sich an Johanne und bittet sie um Hilfe bei der Rettung des Familienunternehmens. Mit Hilfe von Edda, Paula, Frieda und Emma leiteten sie etliche Soforthilfemaßnahmen ein, um Arbeitsplätze zu retten und die Schiffe der Reederei Johansen wieder konkurrenzfähig zu machen.
Ich mag die Bücher der Autorin sehr und auch „Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen“ habe ich gern gelesen. Ich fand es interessant und spannend, die Entwicklung der Protagonistinnen mit zu verfolgen und zu erleben, wie aus zwei so unterschiedlichen Persönlichkeiten Freundinnen wurden. Auch die Enthüllung des langgehüteten Familiengeheimnisses hat mich überrascht. Dora Heldt hat einen emotionalen, flüssigen Schreibstil, so dass ich das Buch an wenigen Tagen durchgelesen habe, einen großen Teil habe ich über meinen Hörbuchanbieter gehört, wunderbar eingelesen von Vera Teltz. Von mir eine Leseempfehlung für alle Leser*Innen von Frauenromanen, Dora Heldts Romane sind Bücher, die einfach gut unterhalten, ohne den Leser*Innen viel an Konzentration oder Grübelei abzuverlangen.

Bewertung vom 29.10.2024
Völler, Eva

Alte Taten, neuer Zorn / Kriminalinspektor Carl Bruns Bd.2


ausgezeichnet

Alte Taten, neuer Zorn ist der zweite Band einer neuen Kriminalreihe von Eva Völler. Letztes Jahr habe ich Band 1 „Helle Tage, dunkle Schuld“ gelesen und mich sehr auf das Wiedersehen mit Kriminalinspektor Carl Bruns, seiner Verlobten Anna und deren Schwester Frieda gefreut.
Essen, 1949: Carl muss herausfinden, wer Richter Vahrendonk vergiftet hatte. Verdächtige gibt es sehr viele, da Vahrendonk ein sogenannter Blutrichter war, der während der NS-Diktatur Juden und Regimegegner für Nichtigkeiten schuldig gesprochen und zu Tode verurteilt hatte.
Carl erhält mehrere Anklageschriften, in denen Vahrendonk angeklagt wird „zur Begehung des Mordes an … wissentlich Hilfe geleistet zu haben“. So hat er bei einer 14jährigen Epileptikerin die Zwangssterilisation angeordnet, und eine ganze Familie bei der SS denunziert.
Carls Ermittlungen konzentrieren sich auf die Angehörigen der Opfer des Blutrichters. Unerwartete Hilfe bekommt er von einem zwielichtigen Reporter.
Doch auch Vahrendonks junger Frau und ihrem Geliebten, Staatsanwalt Albrecht, kommt der Tod des Richters alles andere als ungelegen.
Eine große Rolle spielt in dem Buch Carls Privatleben. Er freut sich auf seine baldige Hochzeit mit Anna und muss dafür auch mit ihrer Schwester Frieda zurechtkommen. Carls junger Kollege Harry verliebt sich in Frieda, was Carl wenig begeistert zur Kenntnis nimmt, da er Friedas Geheimnis kennt.
Ich habe mich sehr über das Wiedersehen mit Carl, Anna, Frieda, der kleinen Bärbel, Carls Ex-Frau Magda und ihrem Mann Engelbert gefreut. Sie alle erleben Schönes und Furchtbares. Es war spannend mit zu verfolgen, wie die Protagonist*Innen die Hindernisse überwinden, die ihnen das Leben gestellt hatte.
Eva Völler stellt das Leben in der Nachkriegszeit im Ruhrpott sehr authentisch dar. Sie macht uns bewusst, wie wenig erfolgreich die Entnazifizierung im Westen war „Wer nicht gerade SS-Mitglied oder aktenkundig verbrecherischer Funktionär einer Naziorganisation gewesen war, konnte sich im Einspruchsverfahren berechtigte Hoffnung auf einen Persilschein machen und mit weißer Weste von vorn anfangen. Die Behörden waren verzweifelt auf erfahrene Mitarbeiter angewiesen. Nach dem Krieg musste das deutsche Amtswesen in Justiz und Verwaltung wieder ans Laufen gebracht werden, sonst wäre Anarchie ausgebrochen.“ Im Nachwort geht die Autorin detailliert darauf ein. Ich empfehle den Roman Leser*Innen von Kriminal- und historischen Romanen.

Bewertung vom 23.10.2024
Kieß, Rabea

Hormon-Balance ab 40


ausgezeichnet

Das ist das erste Buch zum Thema Wechseljahre, das ich gelesen habe, in dem nicht eine Hormonersatztherapie empfohlen wird. Stattdessen finden sich darin Empfehlungen, wie Wechseljahressymptome mit Hilfe von Sport und Ernährung gelindert werden können. Ob und wann eine Frau Wechseljahressymptome hat, ist genetisch bedingt, deren Verlauf kann jedoch durch den Lebensstil und die Ernährung beeinflusst werden.
Rabea Kieß geht auf die einzelnen Symptome ein, die bei vielen Frauen in etwa ab dem 40. Lebensjahr auftreten: Hitzewallungen, Herzrasen, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Gewichtszunahme, Stimmungsschwankungen. Sie erklärt die biologischen Vorgänge im Körper, die zum Ungleichgewicht von Östrogen und Progesteron führen und verweist darauf, dass der Hormonhaushalt in direkter Interaktion mit dem Nerven-, Immun-, Herz-Kreislauf- und Verdauungssystem steht.
Der Hauptteil des Ratgebers ist der Bekämpfung der Symptome gewidmet, in den einzelnen Kapiteln wird explizit auf jedes Symptom eingegangen.
Die Autorin ist eine große Befürworterin von Yoga, da es körperliche Übungen mit Atemtechniken, Meditation und Entspannungstechniken kombiniert. Die im Buch vorgestellten bebilderten Yoga- und Atemübungen kann jede Frau problemlos in ihren Alltag integrieren.
Sie gibt sehr viele Tipps zur Ernährung und erklärt die Wirkung von Koffein, Zucker und Kuhmilch. Das Beste sind die dreißig Rezepte, die schon von der Optik her ein Augenschmaus sind. Zwei habe ich bereits ausprobiert und kann Overnight-Oats mit Schokolade und Kirschen und den grünen Smoothie mit Leinsamen sehr empfehlen!
Die Optik und Haptik des Buches gefällt mir sehr gut, sowohl für die Texte als auch für die Abbildungen, ganzseitige Selbsttests, Tabellen und Graphiken wurden angenehme grün/gelbe Schattierungen gewählt.
Ich habe durch diesen Ratgeber sehr viele Tipps und Informationen bekommen und möchte ihn sehr gern an interessierte und betroffene Frauen weiterempfehlen.

Bewertung vom 22.10.2024
Georg, Miriam

Im Nordlicht / Nordwind-Saga Bd.2


ausgezeichnet

Im Nordlicht von Miriam Georg ist der zweite Band der neuen Hamburg-Dilogie der Autorin. Diese konnte mich genauso begeistern wie die beiden Vorgänger Reihen Elbstürme/Elbleuchten und Das Tor zur Welt.
Ich empfehle, zuerst Band 1 „Im Nordwind“ zu lesen, da Band 2 direkt daran anschließt, und die Handlung ohne Unterbrechung weitergeht.
Hamburg, 1914: Alice arbeitet als Dienstmädchen bei Familie Reeven. Die Stelle bekam sie über Johns Schwester Blanche. Der Haushalt besteht aus Großvater Eugen, seiner Tochter Gesa und ihren erwachsenen Söhnen John und Julius. John ist mit Evelyn verlobt, die nach dem Tod ihrer Eltern bei den Reevens wohnt, Julius ist mit Marlies verheiratet. Gesas Ehemann Theodor lebt mit anderen Leprakranken in einem Pflegeheim in Ostpreußen.
Alice und John suchen in ganz Hamburg nach Alice‘ fünfjähriger Tochter Rosa. Henk, Alice‘ gewalttätiger Mann, von dem sie sich scheiden lassen will, hat Rosa vor ihrer Mutter versteckt und die gemeinsame Tochter in einem Waisenhaus untergebracht.
Wir erfahren die ganze Wahrheit über Alice‘ trauriges Schicksal, nachdem ihre Eltern sie der Frau des Pastors als Dienstmädchen überlassen hatten. In einem Dorf in der Nordmarsch wurde sie ausgebeutet und missbraucht. Im Alter von dreizehn Jahren wurde sie weggeschickt, um ihr Kind zu gebären. Den kleinen Otto musste sie zur Adoption freigeben. Das Schicksal schlug bei ihr noch weitere Male zu, und weder ihre Schönheit noch ihr künstlerisches Talent konnten sie davor bewahren.
Auch heute noch haben es alleinerziehende Mütter nicht leicht, doch vor über hundert Jahren war es für eine Frau ohne einen Mann an ihrer Seite so gut wie unmöglich, den Unterhalt zu bestreiten und ein menschenwürdiges Leben zu führen.
Auch Familie Reeven wird von Schicksalsschlägen getroffen – eine Person wird zum Pflegefall, eine andere wählt den Freitod. Und dann bricht der Krieg aus.
Ich hätte Alice und den Reevens mehr Glück gewünscht, sie waren sehr vom Schicksal gebeutelt. Noch nicht einmal Hund und Katze durften eines natürlichen Todes sterben. Die Autorin hat gut recherchiert und die damaligen Verhältnisse und Lebensumstände authentisch dargestellt. Das Leben war damals für Frauen kein Zuckerschlecken, vor Gericht waren stets Männer die Gewinner, Kinder wurden ins Waisenhaus gesteckt, wenn ihre Eltern kein Geld hatten, um sie zu ernähren.
Miriam Georg schreibt authentisch und berührend, ich liebe ihre Bücher und vergebe gerne auch für Band 2 ihrer neuen Dilogie fünf von fünf Sternen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.10.2024
Caspian, Hanna

Im Takt der Freiheit


ausgezeichnet

Die Schloss Liebenberg-Trilogie der Autorin habe ich sehr gern gelesen, deswegen habe ich mich schon sehr auf ihren neuen Roman gefreut. Auch mit ihrem Buch konnte sie mich begeistern.
Berlin, 1888: Die 19jährige Felicitas lebt mit ihrem Vater Egidius und ihrer jüngeren Schwester Tessa in einer hochherrschaftlichen Villa. Egidius ist erfolgreicher Unternehmer, er träumt davon, ins Eisenbahngeschäft im Osmanischen Reich einzusteigen und will in das Projekt Anatolische Eisenbahn investieren. Interne Informationen erhofft er sich vom Grafen von Brück-Bürgen. Dieser ist hochverschuldet und lässt sich auf das Geschäft mit Egidius ein. Die beiden beschließen, ihre Kinder miteinander zu verheiraten – der Graf und sein Sohn bekommen Felicitas‘ Mitgift, und Egidius erhält im Gegenzug Informationen.
Felicitas lernt bei einem Spaziergang im Park Lorenz Schwerdtfeger kennen. Dieser ist mit dem Fahrrad unterwegs. Lorenz ist Student, sein Vater ist Kutschenfabrikant aus Coburg, in Egidius‘ Augen kommt er als zukünftiger Schwiegersohn nicht in Frage.
Lorenz erregt als Fahrradfahrer viel Aufsehen, da alle anderen mit Pferdekutschen oder auf einem Pferd unterwegs sind. Er träumt davon, Fahrräder in großen Mengen zu produzieren und sie für jedermann zugänglich zu machen. Lorenz bringt Felicitas das Fahrradfahren bei, und die beiden verlieben sich ineinander.
Egidius plant, Felicitas Verlobung mit dem Grafensohn auf einem Ball zu verkünden. Es soll ein Ball werden, der alle anderen Bälle an Pracht übertrifft. Doch Felicitas sorgt dafür, dass auf dem Ball nichts so abläuft wie geplant. Dafür nimmt sie Kontakt mit ihrer Tante Apollonia auf, mit der Egidius seit Jahren zerstritten ist.
Sehr interessant fand ich den Charakter der Zofe Minna. Minna kam als Kind aus Afrika nach Berlin und kann sich kaum noch an ihre Kindheit erinnern. Der Schneidergehilfe Menkam ist der einzige Schwarze, den sie in Berlin kennt. Menkam träumt davon, nach Amerika auszuwandern. Von Menkam erfährt Minna einiges über die Kolonialisierung.
Der Roman hat mir die Geschichte des Fahrrads, der Eisenbahn und des Automobils nahegebracht. Bitte lest unbedingt das Nachwort. Darin verrät die Autorin einiges über die Geschichte der Transportmittel, die Pferde und Kutschen ersetzt haben.
In dem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass das Nachwort im Hörbuch leider nicht enthalten ist, was ich sehr schade finde, da wir darin erfahren, wie die Geschehnisse im Buch mit historischen Begebenheiten verknüpft sind.
Hanna Caspian hat es geschafft, mich für einige Stunden ins Kaiserreich zu katapultieren. Ich habe Im Takt der Freiheit sehr gern gelesen und mich gefreut, so viel Spannendes über die Geschichte des Fahrrads und das Leben der Reichen in Berlin des 19. Jahrhunderts zu erfahren. Den Roman empfehle ich sehr gern weiter und vergebe fünf von fünf Sternen.

Bewertung vom 22.10.2024
Olivo, Greta

Die Nacht der Schildkröten


gut

An dem Buch Die Nacht der Schildkröten von Greta Olivo hat mich alles gereizt: der Titel, Livias Geschichte, das wunderschöne Cover und die begeisterten Leseeindrücke, die ich zu dem Buch gelesen habe. Leider kann ich mich diesen nicht anschließen.
Greta Olivo erzählt Livias Geschichte im Alter zwischen elf und fünfzehn Jahren.
Ich fange mit dem Titel an. Schildkröten kamen nur in einer Szene vor, als die elfjährige Livia im Ferienlager ist und mit anderen Jugendlichen eines Nachts Schildkröten am Strand beobachtet. Sie ist zu eitel, um ihre Brille mit den dicken Gläsern zu tragen und trägt Kontaktlinsen, die sie der Mutter ihrer Freundin entwendet hat. Ich weiß, wie schwer es ist, Kontaktlinsen einzusetzen und Livia schafft es auf Anhieb? Sie vergisst, sie vor dem Einschlafen herauszunehmen und am nächsten Morgen sind ihre Augen zusammengeklebt. Die Betreuerin aus dem Jugendlager bringt sie in die Notaufnahme der Augenklinik.
Livia hat eine Augenerkrankung, die zur Erblindung führt, bei ihr schreitet die Krankheit sehr schnell voran. Sie schämt sich für die dicke Brille, die sie tragen muss. Kontaktlinsen darf sie täglich nur fünf Stunden tragen, sie trägt sie viel länger. Mehrmals in der Woche besucht sie eine Einrichtung für Blinde, in der ihr beigebracht wird, ein Leben als Blinde zu bewältigen: Im Dunkeln zu kochen, die Kaffeemaschine zu füllen, die Kleidung für den nächsten Tag herauszusuchen, sich zu schminken, ohne zu schauen Enthaarungswachs und Hygieneartikel zu benutzen. „Das sind wichtige Dinge, es geht schließlich darum, eine Frau zu bleiben.“ (S. 141) Sie lernt auch, die Braille-Schrift zu lesen.
Livia weist alle, die sich ihr nähern wollen, brüsk zurück: Daniele, der ihr täglich die Hausaufgaben bringt und ihr immer, wenn sie aufgrund ihrer schwindenden Sehkraft, Hilfe braucht, diese anbietet, Schulfreundinnen und eine Lehrerin und sogar ihren Tutor Emilio in der Einrichtung für Blinde.
„Meine Kräfte konzentrierten sich darauf, all das zu bewahren, was mir verloren ging. Ich fühlte mich entsetzlich weit weg von den Leuten in meinem Alter, die Erfahrungen machten, Dinge zum ersten Mal taten, Zeit hatten, etwas aufzubauen. Mein Leben hingegen schien gnadenlos auf den Verlust zuzurasen.“ (S. 134)
Natürlich hatte ich großes Mitgefühl mit Livia, ein Leben in völliger Dunkelheit muss furchtbar sein. Die Autorin hat Livias Umgang mit ihrer Erkrankung authentisch beschrieben. Was meiner Meinung nach fehlt, ist ein Nachwort. Ist Livias Geschichte fiktiv oder an einen realen Fall angelehnt? Woher kennt sich die Autorin so gut mit Erblindung und Einrichtungen für Blinde aus? Dass Livia in Rom lebt, wird kaum ersichtlich, ihre Geschichte hätte auch in Deutschland spielen können. Ich weiß, dass viele diesen Coming of Age-Roman sehr gern gelesen haben, von mir bekommt er drei Sterne.

Bewertung vom 15.10.2024
Johann, Petra

Der Steg


ausgezeichnet

Der Steg von Petra Johann ist der vierte Kriminalroman der Autorin, den ich gelesen habe. Auch dieser Krimi von ihr konnte mich begeistern und gut unterhalten.
Priska und Florian haben vor kurzem geheiratet, sie sind beide um die 30 und sehr ineinander verliebt. Sie haben ein baufälliges Haus auf dem Land im Kieler Umland gekauft. Florian ist selbständiger Schreiner und hat viel Arbeit in das Haus gesteckt, damit es in neuem Glanz erstrahlen kann. Das Haus liegt an einem See, ein Wald erstreckt sich direkt hinter dem noch verwilderten Garten, eine Idylle wie aus dem Bilderbuch.
Das Paar erwartet Priskas Halbbruder Moritz und seine neue Freundin Anna, die vier wollen das Wochenende zusammen verbringen. Moritz hat angekündigt, gegen halb fünf da zu sein. Priska arbeitet an dem Tag nur am Vormittag, geht danach erst einkaufen und anschließend joggen. Als sie vom Laufen zurück ist, sieht sie einen Mann auf dem Steg.
Den Abend verbringen die vier in geselliger Runde beim Abendessen. Am nächsten Tag macht Anna einen Spaziergang zum See und findet im Wasser am Steg die Leiche von Volker, Priskas und Moritz‘ Vater.
Das Buch ist abwechselnd aus Priskas und Annas Perspektive geschrieben. Anna hat schon bald den Verdacht, dass Priska was mit Volkers Tod zu tun hat. Diesen Gedanken behält sie erstmal für sich, da Moritz seine Halbschwester vergöttert.
Von Anfang an ist klar, dass Priska an Volkers Tod schuld ist, es ist die Frage nach dem Motiv, die die Spannung konstant aufrechterhält. Die Polizei legt den Fall als Unfall ohne Fremdverschulden zu den Akten ab, nur Anna und Volkers Freundin Stefanie wollen sich nicht mit diesem Ermittlungsergebnis zufriedenstellen. Besonders Anna steigert sich sehr in ihre private Ermittlung hinein, sie findet Priskas Verhalten von Anfang an suspekt, ihr Verdacht wird durch weitere Ereignisse und Beobachtungen untermauert. Sehr interessant fand ich, dass sie ihre Gedanken als Skizzen aufs Papier bringt, da sie als Tätowiererin sehr gut zeichnet. Moritz und Florian fand ich äußerst naiv und weltfremd in ihrer bedingungslosen Liebe zu Priska.
Das Ende hat mir gut gefallen, obwohl eine Frage offenblieb. Es gibt ein paar Längen, ein paar Seiten weniger hätten dem Buch nicht geschadet, manche Aspekte werden wiederholt genannt. Nichtsdestotrotz fand ich auch diesen Krimi von Petra Johann sehr spannend und unterhaltsam.