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hasirasi2
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Dresden

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Insgesamt 1225 Bewertungen
Bewertung vom 23.02.2018
Graw, Theresia

Mit Hanna nach Havanna


sehr gut

Liebe, Feuer, Leidenschaften

Katrin ist Fernsehjournalistin und erhofft sich vom Abendessen mit ihrem Chef eigentlich eine Beförderung oder gar die Nominierung für den Journalistenpreis „Goldener Griffel“, doch es kommt anders. Sie wird ab jetzt die Seniorensendung „Kaleidoskop“ moderieren. Sie ist wie geschaffen dafür: so „ernsthaft, sachlich, ruhig, glaubwürdig, kultiviert ...“ „Kurzum: sterbenslangweilig.“ (O-Ton Katrin) (S. 26). Zum Glück bleibt ihr ihre leicht skurrile Assistentin und beste Freundin Trixie erhalten, die auch gleich wieder die besten Ideen beisteuert: sie werden der Sendung einfach eine neue Ausrichtung geben, neuen Schwung reinbringen, z. B. indem sie außergewöhnliche Senioren interviewen und ihre Geschichten erzählen. Der erste Auftrag kommt ausgerechnet von einer „Johanna Maria Henriette Wagner von Trottau zu Dannenberg“ – kurz Hanna. Die will ihre erste Liebe Julio – eigentlich Julius Wagner, der ihr vor 60 Jahren das Herz gebrochen hat - wiederfinden. Er ist 1958 nach Kuba ausgewandert und jetzt hat sie ihn in einer Reportage entdeckt. „Wäre es vielleicht möglich, dass sie mich auf die Reise meines Lebens begleiten ...?“ (S. 72) Doch Katrin lässt sich nur schwer überzeugen: „Wenn es vier Dinge gibt, die ich verabscheue, dann sind das Salsa, Rum, Zigarren und Temperaturen über fünfundzwanzig Grad.“ (S. 75) Erst als sie das diesjährige Thema für den „Goldenen Griffel“ erfährt - „Liebe, Feuer, Leidenschaften“ - ist sie dabei.

„Mit Hanna nach Havanna“ verbreitet wunderbares Kuba- und Urlaubsfeeling. Es wird genau so beschrieben, wie ich es aus Filmen wie „Buena Vista Social Club“ und den Erzählungen und Fotos meiner Eltern kenne, die schon mehrfach da waren. Ruinen stehen neben Edelhotels, alte amerikanisch Straßenkreuzer neben Eselkarren, die Strände sehen aus wie in der Werbung und die Menschen sind immer hilfsbereit und freundlich – allerdings auch auf ihren Vorteil bestimmt, wie Katrin und Hanna bald feststellen müssen. Da bringt sie der Taxifahrer schon mal eben zu Haus seiner Schwester, statt das reservierte Hotel anzufahren, Hanna trinkt sich ganze Tage durch die Bars von Havanna (dabei werden sie auch noch von tanzwütigen Männern regelrecht überrannt) und bei der Autovermietung gibt’s nur noch den in die Jahre gekommenen rosa Cadillac ...
Außerdem könnten Katrin und Hanna kaum unterschiedlicher sein. Katrin plant alles effizient durch, trinkt nur Wasser und will so schnell wie möglich Julio finden – sie kam mir oft deutlich älter vor als Anfang 30. Hanna ist das ganze Gegenteil. Sie sieht aus wie Judi Dench und lebt in Kuba richtig auf - wie sehr sie das Reisen in den letzten Jahren doch vermisst hat. Hanna nimmt jeden Umweg, jede Panne gelassen und das Ziel rückt in immer weitere Ferne – der Weg wird zum Ziel und die Spannung zwischen den beiden Frauen immer explosiver. „Das liegt nur daran, dass Du es nicht gewohnt bist, etwas zu genießen ...“ (S. 167) Doch sie sind nicht die einzigen, die Julio suchen und die Zeit rennt ihnen davon ...

Ein kleines Manko muss ich trotzdem anmerken: Mir war die Liebesgeschichte zu vorhersehbar – mit dem ersten Auftauchen von Mr. X wusste ich, worauf es hinausläuft und auch das Ende war mir zu konstruiert und happy - da wäre weniger mehr gewesen.

Fazit: Wer eine locker leichte und sehr flüssig lesbare Urlaubsgeschichte mit ganz viel Liebe und kubanischem Flair sucht, bei der man den Sandstrand unter den Füßen und die eiskalten Cocktails im Mund spüren kann, dem kann ich „Hanna in Havanna“ sehr empfehlen.

Bewertung vom 22.02.2018
Köhler, Hannes

Ein mögliches Leben


ausgezeichnet

Ein Traum von Licht und Freiheit

... ist das Amerika hinter dem Stacheldraht, nach dem sich Franz und die anderen deutschen Kriegsgefangenen sehnen. Amerika ist das komplette Gegenteil zum dunklen Hitlerdeutschland, wo die jungen Männer aufgewachsen sind. Groß, hell und weit. Es zeigt sich als Land der (relativen) Freiheit, von dem man nachts träumen kann.

1944. Der 2. Weltkrieg ist noch nicht vorbei, auch nicht im Lager in Hearne (Texas) Die Gefangenen bekommen zwar genug zu Essen, aber das (Über)Leben ist hart. Sie müssen genau wie die Schwarzen auf den Kartoffel- und Baumwollfeldern arbeiten. Außerdem gibt es zwei Lager im Lager: 100%ige, die an den Endsieg glauben und solche, die nur noch das Kriegsende und nach Hause wollen. Zwischen den Hitleranhängern und ihren Gegnern kommt es immer wieder zu blutigen Kämpfen auf Leben und Tod.

An all das erinnert sich Franz, als er 70 Jahre später mit seinem Enkel Martin noch einmal nach Texas fliegt und u.a. mit ehemaligen Wärtern redet, um die Erinnerungen zu überprüfen und für die Nachwelt aufrecht zu erhalten, z.B. durch Martin.

Man denkt ja immer, man hat alles schon mal gehört oder gelesen, doch dann kommt wieder ein Buch, dass die bisherige Weltsicht auf den Kopf stellt.
Da ich in der DDR geboren und aufgewachsen bin, war mir nicht bewusst, dass die Amis tausende Kriegsgefangen in ihren Truppenschiffen nach Amerika brachten. Ich wusste nicht, dass es ehemalige Auswanderer gab, die nach Deutschland zurückkehrten, um auf Hitlers Seite zu kämpfen – dass es auch in New York riesige Kundgebungen und Demonstrationen FÜR Hitler gab.

Nach der Leseprobe hatte ich eine Großvater-Enkel-Geschichte vor dem Hintergrund einer gemeinsamen Amerikareise erwartet. Martin weiß so gut wie nichts über Franz, schon gar nicht über die Zeit damals. Doch auch sein eigenes Leben ist ihm irgendwie fremd. Als Lehrer wird immer nur für ein Schuljahr angestellt und dann wieder entlassen. Er hat eine Tochter mit einer fast Unbekannten, aber sie haben ein ungewöhnliches Arrangement und kümmern sich gemeinsam das Mädchen. Martin ist irgendwie ziellos und es wird Zeit, dass er endlich im Leben ankommt. Die Reise und der damit verbundene Abstand von der Normalität helfen ihm dabei.

„Ein Mögliches Leben“ ist eine Ode an die Freundschaft, Kameradschaft. Es geht darum, auf der richtigen Seite und zu seinen Überzeugungen zu stehen, auch wenn es gefährlich ist. Außerdem zeigt der Roman, wie wichtig Familie ist und wie sehr die eigene Vergangenheit spätere Generationen beeinflusst.

„Es war nicht immer leicht. Mit allem, was bei uns so passiert ist.“ „Nein, ... es war nicht leicht.“ (S. 46)

Bewertung vom 21.02.2018
Benedict, Marie

Frau Einstein / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.1


ausgezeichnet

Der Pakt

1897 schließen zwei Frauen in Zürich einen Pakt: Mileva Maric, Studentin der Mathematik und Physik, und Helene Kaufler, Studentin der Geschichte wollen eine gemeinsame Zukunft, ohne Ehemänner. „Selbst wenn wir gern heiraten würden – warum sollten wir? Wir werden ... gut ausgebildete berufstätige Frauen sein. ... Wir werden ein werden einander haben und unsere Arbeit. Wir sind nicht darauf angewiesen, den traditionellen Weg zu gehen.“ (S. 62)
Für beide war es ein langer Weg bis dahin. Eine weiterführende Bildung für Frauen an einem Gymnasium oder gar einer Hochschule / Universität gab es nicht – sie wurden schlichtweg nicht zugelassen. Schließlich lag ihre gesellschaftliche Aufgabe darin, sich um ihren Mann, die Kinder und den Haushalt zu kümmern.

Mileva hat von Geburt an ein Hüftleiden und ihre Eltern machen ihr schon früh klar, dass sie damit auf dem Heiratsmarkt keine Chance hätte. Zum Glück ist sie überdurchschnittlich intelligent und wird durch ihren Vater gefördert.
Sie studiert Mathematik und Physik, findet sie zum ersten Mal im Leben Freundinnen, die genau so sind wie sie. Doch die Anerkennung ihrer männlichen Kommilitonen und Professoren muss sie sich hart erarbeiten, dabei überflügelt sie diese bald. Einzig ihr Mitstudent (Albert) Einstein scheint sie von Anfang an ernst zu nehmen und macht ihr schon bald den Hof. Sie bricht den Pakt mit Helene.

Beim Lesen hab ich mich immer wieder gewundert, wie gutgläubig Mileva gewesen sein muss. Sie darf Albert zwar bei den Berechnung helfen bzw. geht man heute davon aus, dass sie sogar den Anstoß zur Relativitätstheorie gab, doch Albert veröffentlicht die gemeinsamen Arbeiten nur unter seinem Namen. Außerdem hat er Affären. Sie ist enttäuscht von ihm, aber sie bleibt – weil sie seinen Beteuerungen glaubt und wegen der Kinder. Es war erschreckend, ihre Selbstaufgabe, Enttäuschung und Erniedrigung mitzuerleben. Er nimmt ihr den Erfolg, die Würde und das versprochene gemeinsame (Arbeits-)Leben. Am Ende ist sie eine gebrochene Frau.

Albert Einstein kommt in diesem biographischen Roman nicht wirklich gut weg, aber die Historie scheint das zu bestätigen. War er überhaupt in Mileva verliebt oder brauchte er sie nur für seine Berechnungen? Er scheint extrem egoman gewesen zu sein, strafte sie immer wieder mit Missachtung, beleidigte sie oder verschwand für Tage, wenn ihm etwas nicht passte. Am Ende habe ich ihn regelrecht gehasst – Genie hin oder her. Er hat sie jahrelang ausgenutzt, ihre Entdeckungen als seine ausgegeben und soviel Empathie entwickelt wie eine Eintagsfliege (hoffentlich beleidige ich die Fliege jetzt nicht). Er bekam den Nobelpreis, während sie die brave Hausfrau spielen musste. Egal wie die Zeiten damals waren, ich habe nicht verstanden, dass sie trotz dieser Umstände bei ihm blieb. Ich wäre zu stolz dazu.

Das Buch ist sehr eindringlich geschrieben. Der Schreibstil ist sehr persönlich, fast so, als würde man Milevas Tagebuch lesen. Ich hab ihre Beweggründe nicht immer verstanden, hätte vieles anders gemacht als sie, aber es war ja auch eine andere Zeit. Mileva wahrlich hatte kein schönes Leben, ich beneide sie nicht darum.

Bewertung vom 17.02.2018
Clermont-Tonnerre, Adélaïde de

Der Letzte von uns


gut

„Ändern sie seinen Namen nicht, er ist der Letzte von uns.“
... sind die letzten Worte von Luisa, als sie im Februar 1945 mitten im Bombenhagel in Dresden ihren Sohn Werner Zilch zur Welt bringt. Ihren Mann Johann wähnt sie bereits tot, umgebracht von der Gestapo und auch sie selbst überlebt die Geburt nur um wenige Minuten. Zum Glück kann ein Soldat ihre Schwägerin Martha Engerer finden und ihr den Säugling übergeben – für beide beginnt eine Odyssee durch das Deutschland der letzten Kriegstage.

25 Jahre später ist Wern(er) ein aufstrebender Bauunternehmer in Manhattan. Er wurde mit 3 Jahren adoptiert. Auch seine Adoptiveltern haben den letzten Wunsch der Mutter respektiert und ihm seinen Namen gelassen. Leider wird der ihm zusammen mit seinem Aussehen zum Verhängnis, als er das erste Mal die Mutter seiner großen Liebe Rebecca („Sie ist die Frau meines Lebens.“ (S. 32)) kennenlernt. Und dann verschwinden sie und ihre Familie am nächsten Tag ...

Adélaïde de Clermont-Tonnerre erzählt auf zwei Zeitebenen Werners Geschichte und deckt nach und nach die Vergangenheit seiner Familie auf, von der er nichts weiß. Nur die immer wiederkehrenden Albträume von der Bombennacht und seiner Geburt, die er allerdings nicht versteht, sind ihm als Erinnerung geblieben.
Diese Zeitwechsel haben mich die ersten zwei Drittel des Buches gestört, da die Kapitel recht kurz sind und es dadurch etwas langatmig begann. Erst das letzte Drittel wurde dann richtig spannend.

Rebecca und Wern sind Kinder ihrer Zeit. Er wuchs in einem eher ärmlichen Elternhaus auf und hat hart für seinen Erfolg gearbeitet. Da Rebeccas Vater sehr reich ist und ihn überhaupt nicht akzeptiert oder wenigstens ernst nimmt, beginnt er sich für seine Herkunft und Familie zu schämen. Außerdem war Wern bis zu ihrem Kennenlernen ein echter Weiberheld und gewohnt, über alles die Kontrolle zu haben. Rebecca entzieht sich ihm immer wieder, sucht ihre Bestätigung in der Kunst. Sie malt, kennt die Größen ihrer Zeit (wie z.B. Hendrix, Morisson, McCartney, Warhol), geht in die richtigen Clubs und „erweitert ihr Bewusstsein“ (natürlich im Namen der Kunst) gern durch die Einnahme von Drogen.

Die Geschichte lebt vor allem von den Geheimissen um Werns Vorfahren und Rebeccas Mutter, welche zusammenhängen und nach und nach aufgeklärt werden. Sie haben mich zum Teil sehr mitgenommen. Die Geschehnisse während des Krieges und kurz danach werden sehr anschaulich und ungeschönt beschrieben. Vor allem meine brennende Heimatstadt Dresden, Werners Geburt und die Vergangenheit von Rebeccas Mutter gingen mir sehr nahe.

Leider hat mich „Der Letzte von uns“ nicht komplett überzeugen können. Der Spagat zwischen Liebesgeschichte, Unterhaltungsroman und den traumatischen Geschehnissen während des Nationalsozialismus ist der Autorin nicht ganz geglückt.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.02.2018
Marly, Michelle

Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.5


ausgezeichnet

Das Leben trennt die Liebenden

Welche Frau träumt nicht davon, ein kleines Schwarzes von Chanel zu besitzen? Und dazu eine der berühmten Perlenschnüre ... Falls ich nicht mal im Lotto gewinne (ok, ich müsste erst mal anfangen zu spielen ;-)), wird es für mich wohl beim Träumen bleiben.
Auch Coco Chanel hatte 1919 einen Traum. Nach dem Tod ihres Geliebten Boy (Arthur Capel) kapselt sie sich komplett von ihrer Außenwelt auf. Bis dahin hat sie sich immer nur über ihren Partner definiert. „Ich bin nichts ohne ihn!“ „Du bist immer noch alles, was Boy geliebt hat.“ (S. 39). Ihre beste Freundin bringt sie schließlich auf die Idee, zu Capels Andenken ihre letzte gemeinsame Idee zu verwirklichen und ein Parfüm zu kreieren, ein „Monument für ihre Liebe“. Aber Coco ist kein Parfümeur – wie also vorgehen? Den passenden Duft entdeckt sie bald darauf bei dem russischen Impresario Sergej Djagilew – es ist das Parfüm der russischen Zarin. Allerdings wird dieser seit der Oktoberrevolution nicht mehr produziert und ihn „nachbauen“ zu lassen gelingt ihr auch nicht.
Bei einem Urlaub in Venedig trifft sie den russischen Großfürsten Dimitri Pawlowitsch Romanow und erliegt seinem Charme. Er bringt sie letztendlich auf die Spur des Parfüms ...

Michelle Marly (das ist das Pseudonym einer Berliner Bestsellerautorin) hat eine sehr außergewöhnliche Romanbiografie über Coco Chanel geschaffen, die sich speziell mit der Zeit der Entwicklung von Chanel Nr. 5 – DEM Parfüm – befasst. Meine Mutter benutzt es übrigens seit Jahren, darum sind mir der Flakon und der Duft sehr vertraut. Und auch eine Biographie über Coco habe ich schon in meiner Jugendzeit unter den Büchern meines Vaters entdeckt und gelesen.

Gabrielle, wie Coco mit bürgerlichem Namen hieß, war eine sehr bemerkenswerte Frau. Sie entsprach mir ihrem knabenhaften Äußeren so gar nicht den Vorlieben ihrer Zeit und entstammt einer einfachen Familie. Aber mit viel Fleiß, Disziplin, einer außerordentlichen Kreativität und Weitsicht schaffte sie es an die Spitze der Modeschöpfer.
Sie war sehr wissbegierig, ungemein belesen und förderte viele Künstler. Gleichzeitig ließ sie alle Eindrücke in ihre Kollektionen einfließen, erfand sich und ihre Mode ständig weiter und neu.

Sehr geschickt lässt die Autorin diese Informationen und die historischen Hintergründe in die Handlung einfließen. So erfährt man fast nebenbei, dass Katharina de Medici als Begründerin des Parfumzentrums Grasse gilt und Cocos Parfüm wirklich eine Weiterentwicklung von dem von Katharina der Großen war.
Ich war fasziniert, mit welchen Größen ihrer Zeit sie verkehrte (wie z.B. Picasso oder Strawinsky). Sie lebte, liebte und kämpfte leidenschaftlich für ihre Ideen und um Anerkennung. Leider fand sie nie den einen Mann fürs Leben, obwohl sie sich insgeheim danach sehnte.

Wer einen spannenden und sehr gut recherchierten Roman über diese faszinierende, umfassend interessierte und gebildete Frau lesen will, dem lege ich „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ ans Herz. Eine sehr charmante Geschichte mit viel Leidenschaft, Esprit und französischem Flair, welche die goldenen 20er wieder lebendig werden lässt. Und über allem liegt ein Hauch von Chanel ...

Bewertung vom 12.02.2018
Falk, Rita

Kaiserschmarrndrama / Franz Eberhofer Bd.9


ausgezeichnet

Niederpornokaltenkirchen, oder was?

Denkt der Eberhofer, als sich die im Wald gefundene nackte Tote als Betreiberin eine Stripshow im Internet rausstellt. Dabei ist Mona die Schwester des Pfarrers (!) aus dem Nachbarort und Simmerls Untermieterin. Das Mädchen wirkte so nett und harmlos! Der Fall wird noch delikater als sich herausstellt, dass auch der Flötzinger, der Simmerl und selbst Leopold, die verklemmte Schleimsau, zu Monas Kunden gehörten – jetzt sind sie alle verdächtig.
Doch dann wird eine zweite Tote im Wald gefunden – geht in Niederkaltenkirchen etwa ein Serienmörder um?!

Nachdem Rita Falk den letzten Band „Weisswurstconnection“ mit einem fiesen Cliffhanger beendet hatte war ich ziemlich froh, dass es nun endlich weitergeht und der Franz den Unfall fast verletzungsfrei überstanden hat. Ganz im Gegenteil zum Birkenberger, seinem Beifahrer. Der liegt nun schon seit 10 Wochen komplett eingegipst im Krankenhaus und bringt das Pflegepersonal an seine Leistungs- und den Franz an seine Leidensgrenze. Der Rudi jammert und nervt, das Weichei!
Auch der Bürgermeister scheint sich zu langweilen. Er taucht zu den ungünstigsten Momenten in Franz Büro auf und macht dumme Bemerkungen.
Und zu Hause gibt’s ebenfalls immer wieder Ärger: „Bier und Fußball, das ist dein Leben. Und dein dämlicher Saustall vielleicht noch.“ (S. 49) wirft ihm die Susi vor, weil er sie nicht beim Bau des Doppelhauses mit dem Leopold unterstützt. Aber Franz will ums Verrecken keine Gemeinschaftssauna mit der Schleimsau und auch die Feng-Shui Expertin, welche die Panida anbringt, ist ihm mehr als suspekt.

Rita Falks Krimis menscheln einfach. Ich hab das Gefühl, in Niederkaltenkirchen zu wohnen und alle schon ewig zu kennen. Die Mosshammerin weiß immer als Erste Bescheid, der Wolfi zapft das beste Bier, beim Simmerl gibt’s die beste Brotzeit und die Oma kocht nicht nur göttlich sondern weiß außerdem, wie man sichdie günstigsten Schnäppchen erkämpft. Alle scheinen einen Plan zu haben, echte Ziele, nur der Franzl, der würde am liebsten einfach so weitermachen wie bisher.

Auch das „Kaiserschmarrndrama“ ist wieder saukomisch, sehr spannend, viel zu schnell ausgelesen und geht ans Herz, denn Franz erleidet einen schweren Verlust (ich verrate natürlich nicht, wer stirbt).

PS: Wenn ihr wissen wollt, was Franz und Rudi im Partnerlook im Bett so treiben, dann müsst ihr das Buch lesen ;-).

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.02.2018
Edelmann, Gitta

Himmelsliebe


sehr gut

Spionage, Sabotage und ein Mord

1880 werden in der Nordsee Überreste der legendären Insel Rungholt geborgen. Das neuartige Forschungs-Luftschiff „Himmelsliebe“ bricht daraufhin zu einer Expedition auf, die bald durch Spionage, Sabotage und einen Mord verzögert wird ...

Die Erlebnisse dieser Fahrt werden aus der Sicht der verschiedenen Besatzungsmitglieder erzählt und wirken dadurch sehr lebendig. Man erfährt sozusagen aus erster Hand, wer mit wem gut kann und welche Animositäten es gibt. Leider sind das nicht gerade wenige, denn durch die erfolgreiche badische Revolution 1849 ist Bismarck nie an die Macht gekommen und seit 1850 gibt es Frankoallemannien (eine zentraleuropäische Republik aus Frankreich und den deutschen Landen mit der Hauptstadt Straßburg). Das hat zur Folge, dass auch Frauen einen Beruf ergreifen können (so lange sie nicht heiraten) und gleich 5 von ihnen mit an Bord sind. Selbst der Kapitän ist eine Frau – ein Unding aus der Sicht vieler Männer!
Dabei ist die Kapitänin Alberta Lefort eine gestandene Frau mit sehr viel Erfahrung, die schon seit ihrer Kindheit unbedingt Luftschifferin werden wollte. Sie akzeptiert die Marotten der ihr unterstellten Männer bis zu einem bestimmten Grad, weiß darüber hinaus aber ihre Autorität durchzusetzen. Dafür bewundert sie vor allem Annie Dupont. Sie ist die Funkerin und Dolmetscherin des Teams und hat sich wegen der Karriere gegen einen Ehemann entschieden – ihr Geliebter kann ihr das nicht verzeihen. Annie wird für Alberta bald zur Vertrauten und unterstützt sie genau wie der erste Offizier Wilhelm Friedrichsen bei der Untersuchung der Ereignisse. Friedrichsen ist eigentlich Albertas erbittertster Gegner – war er bis zu einem Unfall doch selbst Kapitän. Er versucht sich immer wieder in den Vordergrund zu drängen (und war dadurch für mich der Hauptverdächtige).

Die Geschichte spielt fast nur in der Enge des Luftschiffs (Zeppelins) und entwickelt eine ganz eigene Dynamik. Freundschaften entstehen, man ist aufeinander angewiesen. Aber dann werden geheime Unterlagen durchwühlt, die Steuerung macht Probleme und der Motor streikt. Die Besatzung fängt an, sich zu misstrauen und zu beobachten – wer ist der Spion, der Saboteur und der Mörder? Ist alles dieselbe Person oder sind es mehrere? Aber: „Wieso sollte jemand an Bord sich selbst in Gefahr bringen?“ (S. 144)

Wie schon erzählt, spielt das Buch zwar 1880, aber die Vergangenheit ist nicht unsere reale, sondern fiktional. Man könnte es auch als historische Utopie bezeichnen – Europa ist friedlich vereint, Hitler wird durch diese politischen Entwicklungen nie an die Macht kommen, die Weltkriege nie stattfinden. Auch die Gesellschaft hat sich weiterentwickelt. Frauen dürfen arbeiten, so lange sie nicht heiraten, und sogar wählen, wenn sie reich sind und / oder studiert haben.
Dazu kommen technische Errungenschaften. Auf der „Himmelsliebe“ wird neben dem Dieselmotor auch ein Solarantrieb getestet.

„Himmelsliebe“ ist durchaus spannend, aber ich habe es eher als Gesellschaftsstudie und Spionageroman als als Krimi empfunden. An einigen Stellen wirkte die Geschichte und Sprache (ein Gemisch aus französischen und deutschen Begriffen, zum Teil von der Autorin erfunden) etwas konstruiert und ein kleiner Teil des Motivs des Mörders erschien mir nicht so ganz glaubhaft.
Trotzdem hat mich das Buch sehr gut unterhalten und ich könnte mir gut vorstellen, dass die „Himmelsliebe“ bald wieder mit Alberta Lefort und ihrer Mannschaft aufsteigt.

Bewertung vom 02.02.2018
Kalpenstein, Friedrich

Gipfelträumer


ausgezeichnet

Superpapi oder: „Herbert, ich will (noch) ein Kind von Dir!“

Mit dieser Aussage schockt Anja Herbert im ersten gemeinsamen Familienurlaub, als wäre der nicht so schon stressig genug. Man hockt 24 Stunden aufeinander in einem Familien(aktiv)hotel, umgeben von besserwissenden Super-Eltern, Spackos, die unter den Pantoffeln der Ehefrauen stehen, und durchtrainierten Sportfanatikern. Klar dass Herbert Anjas kritischer Blick auf seine Onepack-Mitte zu schaffen macht. Dabei hat er sich doch gerade so schön im Leben eingerichtet. Oskar ist aus dem Gröbsten raus (wenn es nach Herbert geht, nach diesem Urlaub auch endlich aus den Windeln!), er hat beim Finanzamt gekündigt und grillt stattdessen Bio-Burger in seinem Food-Trick. Aber irgendwie kann er es Anja nie recht machen. Nachdem ihr Café und das Catering so gut laufen, soll Herbert auch expandieren. Doch jetzt ist erst mal Urlaub angesagt!
Natürlich kommt es, wie es kommen muss. In der Enge des kleinen Hotelzimmers wird ein Geheimnis gelüftet, das Anja lieber für sich behalten hätte und die Situation eskaliert. „Mir wurde umgehend klar, richtige Erholung gab es erst, wenn das Auto gepackt war und wir die Heimreise antraten.“ (S. 70)

Seit mir eine Freundin den ersten Herbert-Band mit der Aussage „Den musst du unbedingt lesen, du wirst ihn lieben!“ geschenkt hat, bin ich ihm verfallen. Herbert ist herrlich bodenständig, manchmal etwas schwerfällig (und auch schwer von Begriff *hüstel*), aber er hat das Herz auf dem rechten Fleck, einen tollen Humor und seinen besten Freund Hans, der ihm ab und an den Kopf zurechtrückt.
Die Bücher leben von den Menscheleien und Wortgeplänkeln, außerdem tappt Herbert ganz gern mal in ein Fettnäpfchen. Doch diesmal wächst er förmlich über sich hinaus und übernimmt – ganz gegen seinen Plan – die Anführung der aufmüpfigen Männer. Dabei mogelt er bei Oskars Alter, damit er ihn in der Kinderbetreuung abgeben kann, schließt Freundschaft mit dem Chefkoch und versucht dessen Rat „Zuhören und hinschauen“ zu beherzigen und am Ende stehen 3 Kinderzelte (ein Tippi, ein Wigwam und ein Märchenschloss) auf dem Rasen vor dem Kurhotel. Natürlich verrate ich Euch nicht warum, das müsst ihr schon selber herausfinden ;-).
Ach, ja: Last but not least gibt es ein Wiedersehen mit der Warnweste – Herbert-Fans wissen jetzt sofort, wovon ich rede.
Ich war nach der Lektüre echt froh, dass ich keine Kinder habe und mir damit anscheinend so manche Peinlichkeit und einige Wettbewerbe erspart bleiben.

Herbert ist eben einfach Kult! Kaufen! Lesen! Lachen! Weiterempfehlen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.01.2018
Moyes, Jojo

Mein Herz in zwei Welten / Lou Bd.3


ausgezeichnet

Lebe mutig, Clarke

„Und das hier ist so was wie mein Versuch, einen Neuanfang zu machen.“ (S. 12) erklärt Louisa dem Beamten von der Einwanderungsbehörde, als sie in New York landet. Nathan, Wills ehemaliger Pfleger, arbeitet inzwischen für Mr. Gropnik, einen Finanzmagnaten und Millionär mit einer sehr jungen zweiten Gattin – Agnes. Diese leidet anscheinend an Depressionen und Louisas Job als ihre Assistentin wird es sein, ihr durch den Alltag und die dunklen Zeiten zu helfen. Das Ehepaar ist trotz des Altersunterschiedes sehr verliebt, doch die erste Mrs. Gropnik und vor allem die erwachsene gemeinsame Tochter Tabhita funken ihnen ständig dazwischen.
Und das sind nicht Louisas einzige Probleme. Sie hat in England nicht nur ihre chaotische Familie, sondern auch ihren Freund, den Rettungssanitäter Sam, zurückgelassen und die Fernbeziehung ist schwieriger als gedacht – zumal Sam bald eine neue Partnerin zugeteilt bekommt und Louisa Josh kennenlernt. Wo gehört sie hin und zu wem? Zu Hause fühlt sie sich eigentlich nirgendwo mehr. „Weißt Du, dass ich mit jedem Bein an einem anderen Ort stehe?“ (S. 385)

Schon beim Aufschlagen des Buches hat mich die fröhliche dicke Hummel auf dem Vorsatzblatt zum Lächeln gebracht und die Erinnerungen heraufbeschworen. „Mein Herz in zwei Welten“ geht fast ansatzlos da weiter, wo „Ein ganz neues Leben“ endet (man muss die ersten beiden Bände aber nicht zwingend gelesen haben). Louisa befolgt endlich Wills Rat und wagt einen richtigen Neubeginn. IN NEW YORK. Die Stadt ist beeindruckend und natürlich wird alles anders, als sie es sich vorgestellt hat. Sie wohnt in einem winzigen Zimmerchen und hat fast rund um die Uhr für Agnes da zu sein, muss den Spagat zwischen Arbeitnehmer und Agnes gespielter Freundin schaffen, wenn sie diese auf Veranstaltungen der High Society begleitet. Sie schafft es, dass Agnes bald wirklich so etwas wie eine Freundin in ihr sieht und sie in ihre dunkelsten Geheimnisse einweiht.

Ich bin genau wie Louisa von NY und ihren Erlebnissen überwältigt. Die Stadt und ihre Arbeit verändern sie. Statt ihrer heißgeliebten Hummelstrumpfhose und Vintageklamotten muss sie eine praktische (hässliche) Uniform tragen und ihre verrückten Schuhe weichen schon bald Sneakers, damit sie mit dem Puls der Stadt und Agnes Schritt halten kann. „Es ist, als ... Als wärst du zu deinem eigentlich Selbst geworden. Oder vielleicht zu jemand anderem.“ (S. 254) „Ich bin immer noch ich, Sam.“ (S. 256)
Zudem bewundere ich Louisa für Anpassungsfähigkeit. Sie wächst an ihren Aufgaben – quasi über sich hinaus. Als sie sieht, wie sich die Ehe ihrer Arbeitgeber langsam auflöst, hält trotzdem eisern an den vorgeschriebenen Prinzipien fest – nicht sehen, nichts hören, nichts weitererzählen, nicht einmischen – auch wenn sie daran fast erstickt.
Und obwohl sie Sam vermisst, denkt sie endlich mal an sich, an ihre Wünsche und Ziele. „Es sind immer die Frauen, die im Leben die wirklich schwierigen Entscheidungen treffen müssen. Aber es liegt ein großer Trost darin, etwas zu tun, was man gern macht.“ (S. 445)
Ich mag auch ihre neuen Freunde, besonders den Portier Ashok und die schrullige alte Nachbarin Mrs. De Witt mit ihrem bissigen Mops Dean Martin.

„Mein Herz in zwei Welten“ ist genau so berührend wie die Vorgängerbände. Es geht darum, im Leben anzukommen, mutig zu sein, seine Träume zu verwirklichen, sich treu zu bleiben und nie unterkriegen zu lassen. „Wissen sie, meine Liebe, irgendwann müssen sie herausfinden, wer Louisa Clarke wirklich ist.“ (S. 510)

Das Buch lässt mich etwas wehmütig zurück denn ich habe das Gefühl, dass Louisas Geschichte jetzt erzählt ist und es keine weitere Fortsetzung geben wird. Aber wer weiß? Und mir bleibt ja immer noch die Hoffnung auf die Verfilmung ...

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.