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yellowdog

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Insgesamt 2182 Bewertungen
Bewertung vom 15.08.2021
Wolff, Michael

77 Tage (MP3-Download)


gut

Michael Wolff, der mir selbst mehr oder weniger wie ein Opportunist vorkommt, hat in kurzer Zeit schon 2 Bücher über Trump geschrieben. Dieses dritte Buch zeigt Trumps Wahlniederlage 2020 und seine Unfähigkeit diese klare Niederlage einzusehen und wie er seine Anhänger aufwiegelte.

Diese Zeit war ein Wechselspiel. Einerseits freut man sich auf ein vernünftiges Amerika mit einem fähigen Joe Biden als Präsident, andererseits der Schock, dass Trump doch noch so viele Stimmen bekam, das es lange eng aussah. Doch am Ende war das Ergebnis eindeutig.

Das Hörbuch wird von Alexander Gamnitzer gesprochen (vielleicht etwas zu getragen) und hat einen Unterhaltungswert, auch wenn das Thema überwiegend traurig ist.
Es wird aber auch viel belangloses oder überflüssiges abgehandelt.
Wenigstens wird klar, wie armselig und hoffnungslos die Klage wegen Wahlbetrug war. Auch der 6.Januar mit dem Sturm auf das Capitol wird detailliert behandelt.

Ich vermisse von Michael Wolff aber scharfsinnige politische Analysen, meist bleibt es beim Klatsch. Einfach zu sagen, Trump wäre crazy, ist ja wohl etwas schlicht. Die Ansprüche an ein politisches Sachbuch erfüllt er nicht.

Sich in die Nähe Trumps zu begeben und sei es nur durch ein Hörbuch, ist unangenehm. Am Ende fühlt man sich besudelt,

Bewertung vom 14.08.2021
Cueff, Vincent

Briefe an Lila


gut

Sammlung von Maximen

Nicht umsonst ist der Buch-Untertitel Die Suche nach dem Sinn des Leben.
Es ist ein Philosophie-Professor, der die Briefe an Lila schreibt bzw. deren erwidert. Dabei belehrt er sie über verschiedene Lebesnweisen bzw. Maximen, an der sie sich orintieren kann.
Es sind welche wie Memento mori, Carpe Diem, Sei wie Du bist usw.
Sorry, aber das ist alles nur geklaut. Vincent Cueff bedient sich aus altbekannten Weisheiten.
Begeistern kann mich das nicht. Es fehlt vor allen an Originalität.
Mich hätte mehr interessiert, was denn Lila mit all den Maximen macht.

Bewertung vom 13.08.2021
Stuart, Douglas

Shuggie Bain


sehr gut

Shuggies Geschichte

Shuggie Bain war ein überaus erfolgreiches, preisgekröntes Debüt.
Es ist ein interessantes Werk, aber nicht immer ganz einfach zu lesen.
Es werden die Achtziger und frühen Neunziger Jahre in Glasgow gezeigt, aber es wird nicht unbedingt chronologsch erzählt.

Hugh „Shuggie“ Bain ist ein guter Junge, aber seine Eltern Agnes und Shug versinken in ihren unzufriedenen Lebenszustand, dessen Alltag aus Alkohol und Gewalt besteht. Damit geht auch eine gewisse Hoffnungslosigkeit ein.
Daher habe ich die Abschnitte, die sich direkt um Shuggie drehen, mehr genossen, obwohl er es oft auch nicht einfach hat, besonders in der Schule, in der er gemobbt wird.
Schwere Zeiten ergeben sich für Shuggie, als es mit seiner selbstzerstörerisch veranlagten Mutter immer schlimmer wird. Es ist eine völlig dysfunktionale Familie und schließlich bleibt Shuggie mit seiner Mutter, die nicht vom Alkohol loskommt, allein. Das sind ziemlich tragische Szenen.

Douglas Stewart vermag zu formulieren und die Situationen eindringlich zu zeigen.

Bewertung vom 09.08.2021
Haig, Matt

The Comfort Book - Gedanken, die mir Hoffnung machen


gut

beliebige Gedanken

Matt Haig versammelt hier eine Reihe von Gedanken.
Auf Selbsthilferatgeber reagiere ich allergisch, weil da das Gefühl entsteht, hier würde jemand profitieren wollen. Das glaube ich bei Matt Haig aber nicht. Dennoch hätte ich wohl nie zum Buich gegriffen, wenn Matt Haig mir nicht durch hervorragende Romane bekannt wäre, wie Wie man die Zeit anhält und Ich und die Menschen.
Mein Eindruck am Ende ist, dass vieles beliebig bleibt. Die Hoffnung, die der Autor aus seinen Gedanken schöpft, stellt sich bei mir nicht ein. Mir wäre es auch lieber gewesen, wenn die Kapitel mehr Zusammenhang bzw. Bezug zueinander gehabt hätten.
Ein paar Kapitel bleiben aber doch, mit denen ich etewas fangen kann.
Ich mag zum Beispiel Matt Haigs Listen: die Playlist oder die Liste mit Filmen.
Außerdem sorgt Matt Haigs sorgfältiges Vorgehen beim Sxchreiben für eine gewisse Qualität.

Bewertung vom 08.08.2021
Fanto, Judith

Viktor


ausgezeichnet

Erzählerisch gestaltete Familienbiografie

Viktor von Judith Fanto ist eine gediegene Familiengeschichte jüdischer Herkunft. Es gibt zwei Handlungsebenen, einen 1914, der andere ca. 70 Jahre später.
Schon das Cover deutet auf das alte Wien hin und der Vergangenheitsteil des Romans liest sich teilweise wie ein klassischer Roman, was ich sehr angenehm fand.
Viktor, anfangs noch ein Junge, ist eine gute Hauptfigur, äußerst lebhaft und mitfühlend, auch ein Filou.Aber ist auch jemand, der die Verfolgung der Juden genau beobachtet, sich für andere einsetzt und Widerstand wagt.

Der moderne Handlungsteil liest sich anders. Er ist in den Niederlanden angesiedelt. Geertje beginnt über die Vergangenheit der Familie nachzuforschen. Schon jung liest sie in der Bibliothek Bücher über das jüdische Schicksal und befragt ihre Großeltern über Wien, Mahler und Viktor.
Musik ist in der Familie ein wichtiges Thema. Vielleicht hat das Buch daher auch eine gewisse Musikalität und viele Sätze einen besonderen Ton.
Später als Erwachsene nennt Geertje sich Judith und macht sich ernsthaft auf die Suche. Erstaunlich, wie sie sich hineinsteigert, aber es geht um die Suche nach ihrer Identität und das ist ein längerer Prozess.

Judith Fanto hat mit erzählerischen Mitteln ihre Familienbiografie geschrieben. Daher wirkt die Familiengeschichte stärker als wenn es ein biografisches Sachbuch wäre.

Bewertung vom 06.08.2021
Benrath, Nora

Eskalation


gut

Die Grundidee ist arg konstruiert und so glaube ich, im Ansatz mehr oder weniger von Hollywood entliehen. Eigentlich mag ich es nicht so, wenn man ohne Vorbereitung gleich von Anfang an in eine dramatsiche Situation geworfen wird. Das heißt aber nicht, dass der Plot keine Spannung erzeugt.
Durch regelmige Zeitangaben wird ein Tempo vorgelegt, dass Dringlichkeit erzeugt. Eine gewisse Thrillerqualität ist spürbar.
Schon früh im Roman kommt es zum Polizistenmord. Es ermittelt Kommissar Gerd Kaarst, der sich nicht viel von anderen Kommissaren des Genres unterscheidet. Da hätte ich mir mehr Originalität gewünscht.
Die Figuren halte ich für relativ oberflächlich. Das fällt stark auf, da die Autorin dicht an den Figuren erzählt und deren Gedanken beschreibt. Dafür hat sie ein Gespür für dramatische Szenen.
Doch de Auflösung am Ende ist nicht überzeugend.
Fazit: durchwachsen! Starke und mittelmäßige Elemente halten sich die Waage.

Bewertung vom 03.08.2021
Wondratschek, Wolf

Im Dickicht der Fäuste. Vom Boxen


ausgezeichnet

Wolf Wondratschek: In Dickicht der Fäuste. Vom Boxen.

Dieser Essayband versammelt Wolf Wonfratscheks Beiträge über das Thema Boxen, dass er sehr oft in einem Vergleich zur Literatur bringt.
Die Reportagen sind in cronologischer Form sortiert. Bemerkenswert, dass auch Texte von 1980 heute noch so wirkungsvoll sind.
Wonratsches Leidenschaft für das Boxen ist ansteckend, selbst wenn man wenig Bezug zu diesem Sport hat.
Er geht auch in die Vergangenheit und schreibt z.B. über Jack Johnson, auch über Max Schmeling und erst Recht über Mohammed Ali. Später wird es auch um jüngere Boxer gehen wie Henry Maske, Mike Tyson oder Klitschko.
Ein Abschnitt versammelt Gedichte und Interviews.
Manches ist wirklich spannend und man kann sich kaum losreißen von diesen gelungenen Texten, die gut durchgearbeitet sind.

Bewertung vom 02.08.2021
Schami, Rafik

Mein Sternzeichen ist der Regenbogen


ausgezeichnet

Ausgewogenes Erzählungsband

Rafik Schami hat schon so einige Erzählungsbände geschrieben.
Wie meistens geht es auch in seinem neuen Buch Mein Sternzeichen ist der Regenbogen viel um Syrien und Deutschland sowie dem Leben von Syrer in Deustchland, die ihre ehemalige Heimat nicht vergessen können.
Dieses Buch ist aber etwas anders als die früheren Kurzgeschichten, besonders im Ton, der ruhiger, tiefgründiger ist und nicht so sehr auf Pointe setzt und in der zunehmenden Komplexität.
Gut möglich, dass das damit zusammenhängt, dass Rafik Schami älter geworde ist, aber das verhaltenere Erzählen steht ihm.
Noch schärfer ist sein Blick auf die Eigenschaften der Menschen und ihr oft egoistisches Verhalten geworden, die ironie ist eine Spur schärfer als früher.
Das zeigt sich beispielhaft in der Story Salmas Plam, in der ein Geburtstagsfest zur Abrechnung wird.
Es gibt aber auch mildere Geschichten. Manche kürzere Kapitel wirken essayistisch. Oft erfährt man von den Erfahrungen der Menschen.
Das Band ist ausgewogen.

Bewertung vom 01.08.2021
Wondratschek, Wolf

Dante, Homer und die Köchin. Eine Komödie


sehr gut

Verspielt
Dante, Homer und die Köchin ist ein Buch, dass mit literarischen Mitteln spielt.
Homer lebte vermutlich 850 v. Chr., Dante Alighieri im 13.Jahrhundert. Was verbindet sie? Wolf Wondratschek hat da seine eigenen Ideen, z.B. dass die beiden großen Dichter der Weltliteratur noch leben, und zwar in Italien. Das überrascht und verstört die Öffentlichkeit.
Nicht nur Dante und Homer, hier gute Kumpel, obwohl keine Zeitgenossen, treten hier auf. Ein brillantes Kapitel gehört James Joyce, erzählt von seiner Frau.

Ein ruhender Pol in der Geschichte um Homer und Dante ist die Köchin.
Sie ist Vermieterin und Köchin dieser beiden Männer und kümmert sich hingebungsvoll um sie.

Souverän erzählt Wolf Wondratschek seine fantasievolle, verspielte Geschichte.

Bewertung vom 31.07.2021
Barreau, Nicolas

Die Zeit der Kirschen


sehr gut

Kochen und Literatur

Die Zeit der Kirschen schließt an Das Lächeln der Frauern an und zeigt die Situation eines Paares nach dem genreüblichen Happy End. Aurelie und Andre sind immer noch glücklich und er möchte ihr sogar einen Heiratsantrag machen, kommt jedoch nicht dazu.
Andre hat wieder einen Romann geschrieben, mit dem er Erfolg hat und auf Lesereise geht. Diese Literaturbetrieb-Szenen haben mich sehr interessiert, da ich auch schon oft auf Lesungen gegangen bin und ich finde sie gut gemacht.
Aurelie mit ihrem Restaurant hat auch viele Passagen. Die Themen Literatur und Kochen sind ausgewogen eingesetzt.

Die Eifersucht ist es dann, die das Liebespaar beinahe trennt.
Aurelie trifft einen anderen Koch, das gefällt Andre überhaupt nicht und er macht einige dumme Dinge. Das führt zu Situationskomik, wie man sie heutzutage nur soch selten liest. Es hat Elemente von Screwballkomödien. Das ist sehr gute Unterhaltung.