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Buchstabenfestival
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Bücher, Bücher, Bücher...viele Träume und Geschichten, die einem atemlos, traurig, fröhlich oder nachdenklich machen. Sie sind gute und geduldige Begleiter durch das Leben und schaffen Platz für Kreativität und Ruhe. https://buchstabenfestival.blogspot.com/
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Bewertungen

Insgesamt 803 Bewertungen
Bewertung vom 04.09.2023
Fabiano, Germana

Mattanza


ausgezeichnet

Germana Fabiano hat hier eine Geschichte geschrieben, die man nicht so einfach beiseite legen kann. Sie erzählt von der Insel Katria, der Traditionen rund um die Mattanza, den Aberglauben der Menschen und dem nicht mehr zu verhindernden Wandel.

Auf nur knapp 200 Seiten schafft sie es, dass man von Zuversicht in Trostlosigkeit, von Hoffnung in Trauer und Verzweiflung und von der Tradition und Gewohnheit in den Wandel rutscht. Ihre Protagonisten sind alle etwas sperrig, distanziert und schwer zu greifen. Der Lesende bleibt bei dieser Geschichte außen vor und darf nur zuschauen, wie das Dorf um seine Existenz kämpft. Eine große Rolle spielt dabei der Thunfischfang, die Mattanza und der Raìs, der den Ablauf der Mattanza bestimmt und eine respektierte Person auf der Insel ist.

Jahrhundertelang war der Raìs ein Mann und die Tradition verlangt einen männlichen Nachkommen. Doch es wird ein Mädchen geboren. Der alte Raìs setzt den ersten Bruch mit der Tradition durch und trainiert und erzieht das Mädchen zum nächsten Raìs.

Der Thunfischfang wird sehr detailliert (inkl. einer Zeichnung) beschrieben und hinterlässt ein mulmiges Gefühl. Einerseits ist es ein grausames Vorgehen gegen diese Tiere, aber andererseits leben die Inselbewohner nur von diesem Tieren. Doch genau diese Grundlage wird den Bewohnern durch die Globalisierung immer mehr entzogen.

Zusätzlich müssen sich die Bewohner mit den zunehmenden Tourismus und den Bootsflüchtlingen auseinandersetzen. Die Menschen kommen an ihre Grenzen, sind überfordert, fühlen sich hilf- und machtlos gegenüber den vielen Flüchtlinge und den Touristen und sie fürchten ihre Insel zu verlieren.

Es ist eine packende und traurige Geschichte, die den Lesenden nachdenklich zurücklässt. Eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 09.08.2023
Rath, Hans;Rai, Edgar

Bullenbrüder: Tote haben keine Ferien


sehr gut

Ein Hoch auf alle tollen Hörbuchsprecher*innen. Ganz oben auf meiner Favoritenliste steht Christoph Maria Herbst. Aus meiner Sicht kann kaum ein anderer Sprecher die Charaktere so herrlich herausarbeiten wie er. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt.

Frau Böck, die stets und ständig kaugummikauend auftritt, ist das beste Beispiel. Ich bekomme direkt Kopfkino, wenn das erste Schmatzgeräusch von Christoph Maria Herbst in mein Ohr dringt. Aber auch die anderen Charaktere mit ihren spezifischen Geräuschen und Stimmlagen sind ein großer Spaß.

Die Mutter mit ihrem neuen Liebhaber und der wiederentdeckten Liebe zum (Nackt-)Protest, der Bruder, der als Bodyguard angeheuert wird und die lieben Kolleg*innen, die Holger das Lebenn schwer machen und dann kam noch ein Mord oder zwei? Man muss zugeben, dass der Mord eher Nebensache ist, da die Geschichte von dem Humor, den Dialogen und abstrusen Begegbenheiten lebt, aber es lohnt sich bei den Ermittlungen dranzubleiben.

Es ist ein Hörspaß für alle, die Ironie und bissige Dialoge mögen.

Bewertung vom 09.08.2023
Atwood, Margaret

Der Report der Magd


sehr gut

Vorweg, ich bin kein großer Fan von Dystopien, aber diese hier hat mich fesseln können. Vera Teltz hat die Geschichte sehr gut gelesen. Sie hat es geschafft, dass man sich mittendrin und stets an der Seite von Desfred fühlte. Die Geschichte ist beklemmend und teilweise unangenehm zu verfolgen. Erschreckenderweise tauchen immer wieder Passagen auf, die man leider heute so in der Zeitung als aktuelles Geschehen lesen kann.

Die Autorin lässt den Zuhörenden wenig Raum für Glück, Liebe und Selbstverwirklichung. Sie schnürt ein dunkles Paket und nur Desfred, die sich innerlich dagegen wehrt in diesem dunklen Raum zu bleiben, bietet die Hoffnung, die der Zuhörende manchmal als Verschnaufpause braucht.

Die Romanrealität ist hart, der Lesenden bzw. Hörende wird mit einem religiösen Eifer, der totalen Überwachung, Hinrichtungen von Andersdenkenden und Vergewaltigungen von Frauen konfrontiert. Mir war es ab und an zu viel und ich musste eine Pause einlegen. Wer über ein starkes Kopfkino verfügt, könnte hier an seine Grenzen kommen. Viele einzelne Begebenheiten gibt es auch in der heutigen Zeit (wieder) und dies macht die Geschichte so greifbar und erschreckend zu gleich.

Bewertung vom 09.08.2023
Lehane, Dennis

Sekunden der Gnade


ausgezeichnet

Dennis Lehane packt ein Thema an, welches im Jahr 1974 spielt. Die Begebenheiten könnten jedoch auch teilweise aus der heutigen Zeit sein.

Mary Pat verliert ihre Tochter Jules und stößt bei ihrer Suche nach der Wahrheit auf eine Mauer des Schweigens. In ihrem Viertel herrschen Armut, Gewalt und Drogen. Es fehlt den Menschen in diesem Viertel an Perspektiven, an Bildung und der Glaube an den Staat. Der geplante Bustransfer zwsichen den weißen und schwarzen Schüler:innen sorgt für eine Welle der Empörung und der Wut. Proteste werden laut und die Stimmung kocht hoch.Die Staatsgewalt schaut derweil zu. Mary Pat interessiert der Bustransfer nicht (mehr). Sie sucht den Schuldigen und nimmt die Suche ohne die Hilfe der Polizei auf. Ihre Methoden sind hart und skrupellos. Sie greift durch und teilt aus. Ihre Art der Problemlösung entspricht nicht meinen Ansichten, aber ich kann ihre Handlungen teilweise nachvollziehen.

Der Autor schafft eine Atmosphäre, die den Lesenden einfängt und mitzieht. Er lässt seinen Charakteren freien Lauf und zeichnet damit ein realistisches und erschreckendes Bild von der amerikanischen Gesellschaft. Er zeigt auf, was passiert, wenn Menschen sich nicht mehr verstanden fühlen und das Gefühl haben, alles zu verlieren, was ihnen wichtig ist.

Es war mein erstes Buch von Dennis Lehane, aber sicherlich nicht das letzte Buch von ihm, was ich lesen werde. Sein Schreibtsil ist fesselnd, klar und sehr direkt. Die Geschichte wühlt auf und lässt den Lesenden nachdenklich zurück.

Bewertung vom 16.07.2023
Clarke, Lucy

One of the Girls


gut

Vorweg: Es ist kein Thriller oder eine spannungsgeladene Geschichte. Es war, für mich, ein Roman mit einer Leiche, sechs Frauen und deren Geschichten und sehr viel Alkohol.

Die Geschichte liest sich gut und schnell weg. Die sechs Frauen reisen auf eine griechische Insel, um den Junggesellinnenabschied zu feiern. Bei solchen Anlässen wird getrunken, viel getrunken, aber eben einen Tag oder eine Nacht. Hier floss leider immer der Alkohol über mehrere Tage und wenn man den Geschichten der Frauen folgt, dann ist dies wohl Alltag für sie. Diese ständige Betonung des Alkohols empfand ich beim Lesen als recht störend und unangebracht. Davon abgesehen, erinnerten mich die sechs Frauen an eine Gruppe, die nicht wirklich zusammenpassen, aber das Gefühl hatten, zusammen sein zu müssen.

Sie sind nicht geschlossen, nicht wirklich miteinander befreundet und kennen sich scheinbar auch nicht wirklich. So gibt es innerhalb der Geschichte immer wieder Auseinandersetzungen und Verletzungen, die ausgerechnet beim Junggesellinnnenabschied ausgetragen werden müssen. Trotz der Reibereien zwischen den Frauen konnte sich keine Spannung aufbauen und auf den finalen Knall musste man tatsächlich bis zum Schluss warten.

Mich konnte die Geschichte nur bedingt einfangen. Die Charaktere waren mir teilweise zu oberflächlich, ihr Verhalten (für ihr Alter) zu kindisch und unreif. Nur die vielen kleinen Verwicklungen und Verstrickungen fand ich gut und auch interessant, aber leider reicht dies nicht aus, um eine Spannung, die bis zum Schluss durchhält, aufzubauen.

Bewertung vom 23.06.2023
Bonetto, Andrea

Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1


gut

Commissario Vito Grassi flüchtet mit seinem kleinen E-Auto in die Provinz, fern ab von Ladegräten, asphaltierten Straßen und seiner Ehe, die kurz vor dem Scheitern steht. Er zieht in das Haus von seinem verstorbenen Vater und wird dort direkt mit Vorfällen konfrontiert, die ihn (heraus)fordern und zwingen sich schnell "einzuleben".

Andrea Bonetto hat einen schwer zugänglichen Commissario geschaffen. Seine etwas plumpe Art, sein leichte Überheblichkeit und das fehlende Gespür für seine Mitmenschen lassen ihn auf seine Kolleg*innen und mich wenig sympathisch wirken. Auch die anderen Charaktere wirken etwas blass und wenig mitreißend. Die Ermittlungen werden, gefühlt, ohne große Begeisterung durchgeführt und kleine Vorstöße durch Machtgerangel und Revieransprüche ausgebremst. Das Ende war wenig spektakulär und fesselnd.

Was jedoch gut gelungen war, waren die Beschreibungen der Natur, der Region Ligurien und des Essens. Das italienische Leben, das verführerische Essen, der gute Kaffee - la Dolce Vita.

Für einen Krimi war es mir jedoch zu wenig an Spannung, an interessanten Verwicklungen und temporeichen Ermittlungen. Für eine Familiengeschichte a la Commissario Brunetti fehlten die interessanten Charaktere.

Da es eine Reihe werden soll, gibt es noch die Hoffnung, dass die Charaktere sich weiterentwickeln und die Fälle spannender werden.

Bewertung vom 23.06.2023
Duve, Karen

Anständig essen (MP3-Download)


sehr gut

Das Buch von Karen Duve ist schon vor ein paar Jahren erschienen, aber es ist aktueller denn je. Es geht um das Tierwohl, um Veganismus und Verzicht. Es geht um Rücksichtnahme und Aufklärung, um Respekt und Wertschätzung. Karen Duve zeigt in ihren Selbstversuch, was sie bereit ist beizutragen, um das Tierwohl zu erhöhen. Sie testet die verschiedenen Ernährungsformen und berichtet von passenden Studien und Dokumentationen. Sie recherchiert und analysiert Statistiken und zeigt auf, was passiert, wenn wir weiter so machen wie bisher. Teilweise gehen ihre Berichte an die Nieren und man muss schlucken, wenn man hört, wie mit den Tieren umgegangen wird. Sie zeigt, wie des Deutschen liebstes Grillgut produziert wird.

Bevor es dem Hörenden bzw. Lesenden schlecht wird, streut sie immer wieder ihre eigenen Erfahrungen mit den tierfreien Ernährungsformen ein. Sie kämpft, sie verzichtet und quält sich. Sie findet aber auch gute Alternativen und die Erkenntnis, dass sich etwas ändern muss. Von ihrem inneren Kampf erzählt sie mit Humor und einem Augenzwinkern. Man kann sich gut hineinversetzen und so manches hat man vielleicht schon selber erlebt.

Was mir gut gefallen hat, war das Ende. Nein, sie ist keine Veganerin geworden (zumindest zum Zeitpunkt des Hörbuches), aber sie ist achtsamer und wertschätzender geworden. Sie versteht, dass sich etwas ändern muss, aber sie gibt auch zu, dass sie nicht alles aufgeben kann. Man bekommt auf den Weg, dass es kein Muss ist Veganer*in zu werden, aber vielleicht muss man auch nicht jeden Tag Milch, Fleisch & Co. zu sich nehmen.

Bewertung vom 23.06.2023
Franzobel

Wiener Wunder


sehr gut

Kein Krimi für mal fix zwischendurch. Hier muss man dranbleiben und möglichst am Stück lesen, um in einen guten Leseflow zu kommen. Dann entfaltet sich der Schreibstil erst richtig. Der Humor und die Spitzen, die der österreichische Autor in (fast) alle Richtungen verteilt, können dann so richtig gut wirken.

Als Thema nimmt er ein heißes Eisen. Viele wissen es, kaum einer möchte es wahrhaben. Es würde das schöne und saubere Bild vom Sport zerstören. Und doch gerät Doping immer wieder in die Schlagzeilen. So, wie in diesem Krimi. Die Stricke sind über viele Ecken gespannt und bis Groschen da komplett durchsteigt, dauert es etwas.

Der Schreibstil und die Sprache von Franzobel sorgen dafür, dass man die Charaktere sieht und das bissige Wien spürt. Die genauen Beobachtungen und Beschreibungen lassen den Wiener Krimi lebendig werden. Den Wiener Charme lässt er etwas bröckeln, dafür bekommt man eine gute Portion Realität auf den Tisch gelegt, was mir sehr gut gefallen hat.

Ein unterhaltsamer, gut geschriebener und verzwickter Fall, der den Lesenden spekulieren lässt, ob es Parallelen zum realen Leben gibt. Nicht mein letzter Franzobel.

Bewertung vom 02.06.2023
Rauter, Anja

Ausgeträllert


sehr gut

Die Wienerin Samantha Sauer hat es nicht leicht. Als alleinerziehende Mutter von einem Teenager und als Tochter von einer quirligen Mutter muss sie sich immer wieder durchsetzen und beweisen. Dazu kommt noch ein Chef, der es mit der Pünktlichkeit und den Arbeitsstunden genau nimmt. Um die Haushaltskasse etwas aufzubessern, arbeitet Samantha als Privatdetektivin. Sie ist dabei auf Ehebruch spezialisiert, was sie jedoch nicht abhält, auch mal einen Mord aufklären zu wollen. Sehr zum Missfallen des eigentlichen Ermittlers, der auch noch gut ausschaut, findet sie nach und nach die kleinen Puzzelteile, die das ganze Verbrechen aufklären könnten.

Es ist ein leichter unterhaltsamer Krimi, der keine Gänsehaut oder schlaflose Nächte beschert. Jedoch ist er von der Autorin so gut geschrieben, dass man schon mal eine Nacht durchlesen kann (was ja dann auch zu einer schlaflosen Nacht führt). Neben dem leicht verrückten Fall gibt es eine kleine und zarte Liebesgeschichte, einige unterhaltsame Nebencharaktere, die die Geschichte würzen und mit Samantha Sauer auch eine "Ermittlerin", die gekonnt einige Fettnäpfchen mitnimmt. Als Sahnehäubchen spielt die Geschichte in Wien und so wandelt (sorry, ermittelt) man mit Samantha durch Wien und dank des Stadtplans weiß man beim nächsten Urlaub, wo sich die Tatorte befinden, die man unbedingt besuchen sollte.

Ich hoffe, dass Samantha Sauer noch einmal in eine Mordermittlung schlittert und ich ihr wieder folgen kann.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.05.2023
Larsson, Åsa

Wer ohne Sünde ist / Rebecka Martinsson Bd.6


sehr gut

Auf Wiedersehen, Rebecka Martinsson. Ich habe gern mit dir ermittelt und die Nadel im Heuhaufen gesucht. Oft habe ich deinen Scharfsinn, deine Kombinationsgabe und deine Sturheit bewundert. Dein Charakter war nicht einfach, manchmal grenzwertig und schwer zu ertragen. Dein Privatleben ein stetiges Auf und Ab, aber gemocht habe ich dich trotzdem. Schade, dass du nun in Krimirente gehst

Der letzte Fall von Rebecka hat es in sich. Sie ist persönlich involviert und fordert noch einmal alles von ihr. Zusätzlich versucht ein Kollege sie ins Abseits zu drängen. Mit Anna-Maria Mella hat sie Probleme und in ihrem Privatleben läuft es auch nicht gut. Sie ermittelt für Lars Pohjanen, wenn auch nur widerwillig. Aber je tiefer sie gräbt, umso gefährlicher wird es für das Ermittlerteam.

Åsa Larsson hat einen spannenden Fall entwickelt. Die Charaktere werden mit jeder Seite mehr, der Durchblick schwieriger und am Ende gibt es dann doch noch eine kleine Überraschung. Was mir an den Krimis von Åsa Larsson besonders gefällt, ist ihre Nähe zur Realität. Nicht jeder Täter bekommt seine Strafe, nicht jedes Opfer erfährt Gerechtigkeit. Sie kritisiert immer wieder (zwischen den Zeilen) politische Entscheidungen der schwedischen Regierung. Sie zeigt die Lücken und Missstände auf und lässt am Ende doch dem Lesenden noch seine Hoffnung, dass alles gut werden kann.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.