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PMelittaM
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Köln

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Insgesamt 536 Bewertungen
Bewertung vom 13.10.2024
Kestrel, James

Bis in alle Endlichkeit


ausgezeichnet

Privatdetektiv Lee Crowe findet während er an einem Fall arbeitet, eine tote Frau, offensichtlich von einem Gebäude herabgestürzt. Die Polizei denkt schnell an Selbstmord, doch Olivia Gravesend, die Mutter der Toten, glaubt nicht daran und engagiert Lee, den Grund für Claires Tod zu finden. Mit seinen Ermittlungen sticht Lee in ein Wespennest und ist bald selbst in großer Gefahr.

„Fünf Winter“ war für mich ein großartiger Roman und so war ich sehr gespannt auf das nächste Werk James Kestrels. Nun, „Bis in alle Endlichkeit“ ist ganz anders, hat mir aber auch sehr gut gefallen.

Dieses Mal befinden wir uns nicht in der Vergangenheit, sondern im heutigen Kalifornien. Lee ist ein gelungener Protagonist, erinnert schnell an die Detektive des Crime noir, und hat das Zeug zum Reihenhelden. Wenn ich mir das Ende anschaue, und die Anmerkung des Autors im Nachwort, könnte es vielleicht wirklich zu Nachfolgebänden kommen, ich würde mich sehr freuen.

Der Fall entwickelt sich ganz anders, als zunächst gedacht, und als Lee eine junge Frau trifft, die der Toten sehr ähnelt, fängt man als Leser:in so richtig an mitzurätseln. Es gibt viele spannende Wendungen, viel Action und einen Protagonisten, den ich immer mehr ins Herz geschlossen habe. Auch andere Charaktere sind interessant und nicht immer gleich durchschaubar. Mit Lee zusammen ist man auch selbst ständig misstrauisch und auf der Hut. Trotzdem hat er natürlich seine Leute, auf die er sich verlassen kann, auch, weil er sie bezahlt. Im Grunde ist er aber mehr der Typ einsamer Wolf, seine Fälle sind oft brisant.

Das Ende hat es in sich, und geht vielleicht noch ein Stück weiter, als manche:r erwartet. Wie der ganze Roman ist es ausgesprochen düster, und würde Lee nicht in Ich-Form selbst erzählen hätte ich wahrscheinlich noch mehr um ihn gebangt. Ob er aber wirklich überlebt, verrate ich hier natürlich nicht.

James Kestrel ist wieder ein richtig guter Roman gelungen, mit einem spannenden Fall, einem Protagonisten, mit dem man schnell mitfühlt, und vielen überraschenden Wendungen. Ich warte gespannt auf mehr von diesem Autor.

Bewertung vom 10.10.2024
Schäfer, Florian

Verborgene Fabelwesen der Meere


ausgezeichnet

1865: Eigentlich würde Konstantin O. Boldt lieber in seinem Refugium für Fabelwesen bleiben, doch einer dringenden Aufforderung Otto von Bismarcks kann er sich nicht widersetzen, und so bricht er schon kurz nach der Letho-Expedition wieder auf, um Fabelwesen zu finden und zu erforschen, dieses Mal allerdings im Meer mit dem Unterseeboot Nautilus.

Da die Angriffe riesiger Seeungeheuer, einen hat Boldt selbst nur knapp überlebt, wie wir in „Fast verschwundene Fabelwesen“ miterleben konnten, stark zugenommen haben, soll die Bathys-Expedition auch herausfinden, warum das so ist. Neben Boldt sind wieder einige weitere Expert:innen mit an Bord, eine davon kennt man bereits aus dem Vorgängerband. Die Intentionen sind dabei durchaus unterschiedlich, nicht jede:r ist für eine friedliche Forschung, manch eine:r möchte auch am liebsten die Vernichtung der, oft gefährlichen, Wesen. Und so entwickelt sich die Expedition nicht nur wegen der Fabelwesen, von denen einige mehr als riesig sind, gefährlich.

Fabelwesen sind faszinierend, und die, die man hier mit den Expeditionsteilnehmer:innen zusammen entdeckt, sind es in besonderem Maße, denn ihre Ausmaße, ich habe es oben schon angedeutet, sind mitunter enorm. Natürlich sind auch Wesen dabei, die deutlich kleiner sind, wie Nixen und Meermänner. Es sind insgesamt nicht ganz so viele Wesen wie im Vorgängerband, dafür sind wieder einige dabei, die ich vorher nicht kannte.

Konstantin O. Boldt erzählt erneut selbst in Tagebuchform, wobei er einen Teil Jahrzehnte später anfügt, auch wegen der geheimen Art der Expedition. Das Besondere sind aber auch hier wieder die vielfältigen Illustrationen Elif Siebenpfeiffers. Da gibt es nicht nur Zeichnungen mit zum Teil ausführlichen Informationen, sondern unter anderem auch „Fotos“, Karten, verschiedene Zettel mit unterschiedlichen Handschriften, oft „benutzt“ wirkend, verschmutzt oder mit Tassenrändern zum Beispiel. Das macht die Erzählung zusätzlich sehr authentisch.

Wie schon „Fast verschwundene Fabelwesen“ ist auch dieses Buch besonders, ein Schatz, der nicht nur eine spannende Geschichte erzählt, sondern viel mehr bietet und dadurch sehr authentisch wirkt.

Bewertung vom 06.10.2024
Bleckmann, Daniel

Drachenjagd im Dunkeln / KoboldKroniken Bd.4


ausgezeichnet

Dario und seine Freunde sollten sich vielleicht auf das vorbereiten, was vor ihnen liegt, aber derzeit klappt das nicht so richtig, Dario fühlt sich sogar ziemlich allein, zumal Rumpel in Kwertz geblieben ist. Doch dann geht es doch schneller als erwartet, und Dario landet wieder in der Koboldwelt.

Der vierte Band der Reihe bringt wieder alles mit, was schon die Vorgängerbände auszeichnete, neben einer spannenden Geschichte und phantasievollen Wesen liest es sich auch dieses Mal wieder wie ein Tagebuch inklusive „eingeklebter Mitbringsel“, Fotografien, Zeichnungen und ähnlichem, auch optisch hat dieser Band wieder viel zu bieten, Autor Daniel Bleckmann und Illustrator Thomas Hussung sind ein eingespieltes Team, das die Reihe immer wieder zu etwas besonderem macht, das Leser:innen aller Altersgruppen gefallen kann.

Die Geschichte wird, man ahnt es schon beim Titel, spannend weitererzählt, und dieses Mal ist er endlich auch dabei, der Drache. Obwohl, ein bisschen dauert es schon noch, bis er auftaucht, erst müssen noch ein paar andere kleine Abenteuer bestritten werden. Dario ist dieses Mal zunächst auf sich alleine gestellt, und das, obwohl sie ja zu Siebt sein sollen. Für das siebte, bisher noch unbekannte, Mitglied gibt es gleich mehrere Möglichkeiten, nicht nur der Drache ist neu im Spiel. Mir hat besonders gut der Porling gefallen, den man auch auf dem Titelbild bewundern kann, aber ob er Nummer 7 sein wird, verrate ich natürlich nicht. Apropos Titelbild: Auch dieses Mal gibt es wieder den „Überraschungseffekt“ mit dem ausgeschnittenen Teil, das gehört halt einfach dazu.

Dario und Kwertz, das ist eine besondere Verbindung, die weiter ausgearbeitet wird. Dazu gibt es ein Wiedersehen mit dem einen oder anderen bekannten Gesicht, nicht über alle freut man sich, außerdem lernen wir einen neuen Teil Kwertz' kennen.

Band 4 bringt die Geschichte gut voran, ist spannend und hat ein paar neue Wesen an Bord. Auch die besondere Buchgestaltung weiß wieder zu gefallen. Wer gute Kinderliteratur sucht, die auch Erwachsenen gefallen kann, ist hier auf jeden Fall richtig.

Bewertung vom 02.10.2024
Weng, Joan

Die Modeschöpferin von Manhattan


sehr gut

New York 1939: Daisy Goldenblatt arbeitet als Saleslady für Valentina Schlee, einer bekannten Modeschöpferin, die viele Berühmtheiten unter ihren, im übrigen streng limitierten, Kundinnen hat und für jede Gelegenheit das passende Kleid entwirft. Daisy liebt ihren Job, doch ihre Familie erwartet, dass sie bald Alistar Fraser heiratet, der wie sie aus den Südstaaten kommt. Sie möchte ihre Familie nicht enttäuschen, wünscht sich aber eigentlich ein anderes Leben.

Joan Weng hat mit diesem Roman Berlin verlassen und den großen Teich überquert, ist sich aber sonst treu geblieben. Frauen stehen im Mittelpunkt ihrer Geschichte, aus ihren Perspektiven wird auch erzählt. Hauptfigur ist Daisy, aber man lernt auch eine Reihe anderer Frauen gut kennen. Eine davon ist natürlich die titelgebende Valentina Schlee, damals berühmt, heute leider so gut wie vergessen. Auch wenn sie etwas zu kurz kommt, erfahren wir einiges über sie und lernen eine Reihe ihrer Kundinnen kennen, wie zum Beispiel Greta Garbo und Mercedes de Acosta, aber auch für Valentina eher untypische wie Eleanor Roosevelt, die einige wunderbare Szenen bekommen hat. Wichtig sind auch Katej, Daisys lebenslustige Kollegin und beste Freundin, sowie Daisys Tante, bei der sie wohnt, und die einer lieblosen Ehe gefangen ist.

Joan Weng erzählt gewohnt leicht, locker und humorvoll, es macht Spaß, den Roman zu lesen. Die Charaktere sind gut gelungen, man kann sie sich vorstellen, und hätte Lust, die eine oder andere persönlich kennenzulernen. Ich könnte mir auch vorstellen, sie noch einmal wieder zu treffen, vielleicht kommt die Autorin ja noch einmal zurück nach New York.

Der Roman entführt einen in das New York jener Zeit, man kann die Atmosphäre spüren. 1939 ist zudem historisch gesehen kein uninteressantes Jahr, New York zwar weit weg von den Geschehnissen in Europa, dennoch bleiben diese nicht ohne Auswirkungen auf die USA. Zudem gibt es mit Christopher Flanagan einen Charakter, der überlegt, als Kriegsberichterstatter nach Europa zu fahren, etwas, was auch direkte Auswirkungen auf Daisy hat, die mit Christopher befreundet ist und tiefere Gefühle für ihn hat. Insgesamt merkt man, dass Joan Weng wieder gut recherchiert hat, ihr Nachwort sollte man unbedingt auch lesen.

Joan Wengs Roman erinnert an eine leider mittlerweile fast vergessene Modeschöpferin und erzählt um diese herum einen locker leichten Roman, der gut unterhält.

Bewertung vom 29.09.2024
Beagle, Peter S.

Ich fürchte, Ihr habt Drachen


sehr gut

Prinz Reginald hat es nicht leicht, sein Vater besteht darauf, dass er auf eine Abenteuerreise geht um ein Held zu werden, etwas, was ihm so gar nicht liegt.

Prinzessin Cerise soll heiraten, eine Menge Prinzen freien um sie, doch keiner erfüllt ihre Erwartungen. Als Prinz Reginald, mit ganz anderer Absicht, am Hof auftaucht, verliebt sie sich in ihn.

Robert Thrax hat ganz andere Sorgen. Er hat die Nachfolge seines Vaters als Drachenjäger angetreten, eine Aufgabe, die ihm gar nicht liegt.

Kurze Zeit später sind Reginald, Cerise und Robert unterwegs, einen größeren Drachen zu jagen und zu töten, wobei letzteres natürlich Reginald zufallen soll. Man wird schnell fündig, doch dann läuft die Sache stark aus dem Ruder.

Der Titel und der Klappentext lassen einen leichten Roman mit Humor erwarten, jedenfalls war das beim mir der Fall. Peter S. Beagle ist bekannt als Autor von „Das letzte Einhorn“, von dem ich allerdings bisher nur die Verfilmung kenne. Diese hat aber auch traurige und tragische Töne, die man letztlich auch hier finden kann. Zu Beginn ist der Roman tatsächlich leicht und auf gewisse Weise humorvoll, doch nach einiger Zeit ändert sich der Ton, es wird gefährlich und auch blutiger. Ich fand es dennoch passend, und auch im weiteren Verlauf mochte ich die Geschichte, auch wenn ich ihre Entwicklung so nicht erwartet hatte. Ein Roman, der überraschen kann und nicht vorhersehbar ist, ist oft ein guter Roman, dies empfand ich auch hier so.

Die drei Protagonist:innen sind sehr unterschiedlich, am nächsten kam mir Robert, den man auch im Kreis seiner liebenswerten Familie und Freunde kennenlernt, und dessen Emotionen man gut nachvollziehen kann. Cerise hat mich ein bisschen genervt, aber eine Prinzessin, die sich selbst das Schreiben beibringt, hat auch meinen Respekt verdient, ganz abgesehen von ihrem Mut. Reginald ist der, den man am wenigsten greifen kann, er scheint vor allem nicht besonders talentiert. Ihn lernt man auch zunächst, im Gegensatz zu den beiden anderen, nicht im privaten Umfeld kennen. Doch auch in ihm steckt mehr als zunächst vermutet.

Peter S. Beagles Welt ist mittelalterlich und an unsere angelehnt, es gibt aber Magie und vor allem Drachen. Die meisten davon sind klein, weniger gefährlich, eher lästig, und werden Drachlinge genannt. Diese sind überall in der Stadt und am Hof zu finden, größere gibt es weiter draußen. Es gibt viele verschiedene Arten, manche davon findet man auf der Illustration des Vor- und Nachsatzpapiers. Die Geschichte ist märchenhaft und glänzt mit einigen herrlichen Satzbildungen, wie zum Beispiel: „Stattdessen verneigte sich Kronprinz Reginald vor König Antoine und Königin Hélène mit aller Gravitas seiner illustren Abstammung und sank mit der Zielsicherheit und Anmut eines Sonnenuntergangs auf die Knie. Der dunkle Stoff seines feinsten Umhangs senkte sich um ihn wie abendliche Wolken über dem Meer“ (Seite 118).

Der Roman entwickelt sich anders als erwartet, die märchenhafte Geschichte wird düsterer und gefährlicher. Mir hat das gut gefallen. Ich mochte auch den Erzählstil, der gut zur Geschichte passt, hin und wieder mit herllichen Sätzen punktet und verschiedene Perspektiven liefert. Und nun habe ich Lust, weitere Romane Peter S. Beagles zu lesen.

Bewertung vom 23.09.2024
Kurian, Vera

P.S. Morgen bist du tot


sehr gut

Chloe ist eine von sieben Psychopath:innen, die in eine anonymen klinische Studie an der John Adams University in Washington aufgenommen wurden und dafür die Studiengebühren erlassen bekamen. Doch Chloe hat mehr im Sinn als zu studieren, sie will sich endlich für etwas rächen, das man ihr vor Jahren antat. Doch dann werden andere Studienteilnehmer ermordet und plötzlich ist Chloes eigenes Leben in Gefahr.

Chloe ist nicht die einzige Teilnehmerin der Studie, die man näher kennenlernt, neben ihr neu am College ist Andre, der sich mehr oder weniger in die Studie hineingeschummelt hat, Charles dagegen ist schon im dritten Jahr und stammt aus reicher Politikerfamilie. Erzählt wird aus den Perspektiven dieser Drei, jedoch nur Chloe erzählt in Ich-Form selbst. Weitere, aber seltenere Perspektiven sind die des Studienleiters und dessen Doktorandin.

So lernt man vor allem die oben genannten Drei gut kennen. Chloe, die sehr selbstbewusst ist, sich aber immer wieder überschätzt, Andre, der intelligenteste der Drei und mir am sympathischsten, der aber immer sein Geheimnis hüten muss, und Charles, der sich ganz gut in seinem Leben eingerichtet hat, nun aber auch in Gefahr schwebt. Natürlich gibt es auch offizielle Ermittler, die nach den Morden eingesetzt werden, diese sind aber nur Nebenfiguren, wir Leser:innen folgen den Ermittlungen, die Chloe, Andre und Charles gemeinsam anstellen, immer vorsichtig den anderen beiden gegenüber, den der/die Täter:in könnte selbst aus der Studie stammen.

Die Erzählform gefällt mir sehr gut, so hat man ganz verschiedene Einblicke, auch auf die einzelnen Protagonist:innen. Und auch wenn ich es mir hin und wieder etwas an Logik fehlte, vor allem gegen Ende, habe ich den Roman gefesselt gelesen und eigene Überlegungen angestellt, wer hinter allem stecken könnte, und die Lösung sogar vor den Protagonist:innen entdeckt. Es steckt auch eine gewisse Faszination darin, dass es sich sowohl bei den Opfern als auch dem/der Täter:in um Psychopath:innen handelt, die eben nicht immer „normal“ handeln, das hat die Autorin auch ganz gut dargestellt.

Psychopath:innen als Protagonist:innen sind besondere Charaktere, die Autorin hat sie, meiner Meinung nach, gut gezeichnet. Die Erzählweise aus verschiedenen Perspektiven, nur eine davon in Ich-Form, gibt dem Roman etwas besonderes und hat mich sehr angesprochen. Das Geschehen fand ich hin und wieder etwas überzogen oder auch unlogisch, das hat meine Leselust aber nur wenig gehemmt. Unterm Strich ist der Roman originell und ich könnte mir sogar vorstellen, die drei Protagonist:innen in einer Fortsetzung wiederzutreffen.

Bewertung vom 20.09.2024
Harbour, Berna Gonzalez

Roter Sommer


ausgezeichnet

Im Sommer 2010 geht es heiß her, es ist WM, Krake Paul sagt Turniergewinner voraus, und in Madrid wird im See eines Parks ein ermordeter Jugendlicher gefunden. Comisaria María Ruiz und ihr Team ermitteln, und schnell stellt sich heraus, dass es in Santander einen sehr ähnlichen Todesfall gegeben hat.

Vor zwei Jahren las ich bereits einen Roman der Reihe, „Goyas Ungeheuer“, der mir gut gefallen hat, ich freue mich, dass der Pendragon Verlag nun einen weiteren Band, und zwar offenbar den ersten der Reihe, auf Deutsch veröffentlicht hat, und hoffe, dass die restlichen noch nachziehen werden. „Roter Sommer“ ist somit früher angesiedelt, und hatte ich in „Goyas Ungeheuer“ Probleme mit der Protagonistin, ist sie mir hier sympathischer. Als Frau und Vorgesetzte in einer Männerwelt hat sie es nicht leicht, doch sie weiß sich durchzusetzen. Mit von der Partie ist auch wieder der Journalist Luna, der kurz vor seiner Entlassung steht und seine eigenen Ermittlungen anstellt, schließlich einiges beisteuern kann. In Santander ermittelt zudem ein früherer Vorgesetzter Marías.

Auch den beiden toten Jugendlichen kommt man auf gewisse Weise nahe. Man kann sich gut in die Familien, die Familienverhältnisse und die Probleme der beiden hineinversetzen. Von Anfang an habe ich Trauer um die beiden verspürt, bis zum Ende hat mich der Roman auch emotional gepackt, so dass ich ihn kaum aus der Hand legen konnte.

Man kann zwar schnell ahnen, in welche Richtung es gehen könnte, das tat der Spannung für mich aber keinen Abbruch. Es sind erschütternde Hintergründe, und der Tod der beiden wird zunehmend tragischer. Tragisch auch, weil das Ganze leider aus dem Leben gegriffen ist.

Gut gefällt mir auch, dass Lokalkolorit mitschwingt, man liest nicht nur, dass es in Spanien spielt, man fühlt es auch.

Für mich das einzige Manko ist das völlig unnötige Ingefahrkommen gegen Ende, das für mich auch ein Logikbruch ist, zumindest kann ich die Motivation hier nicht nachvollziehen, obwohl ansonsten der Fall in meinen Augen nachvollziehbar gelöst wurde. Ohne wäre der Roman mir glatte 5 Sterne wert gewesen, so ziehe ich einen halben Punkt ab.

Im ersten Band der Reihe um María Ruiz ist mir die Protagonistin sympathischer als in dem Nachfolger, den ich bisher gelesen hatte. Interessant ist auch hier wieder der Fall, zudem gefällt mir der Lokalkolorit und dass ich emotional berührt wurde. Ich hoffe, die restlichen Bände der Reihe werden auch noch auf Deutsch veröffentlicht. Ich vergebe 4,5 Sterne, die ich, wo nötig, aufrunde.

Bewertung vom 10.09.2024
Sanderson, Brandon

Elantris


ausgezeichnet

Elantris war eine wunderschöne Stadt und die Elantrier nahezu gottgleiche magische Wesen – bis vor zehn Jahren das Unglück über die Stadt hereinbrach. Seitdem ist Elantris dem Untergang geweiht, und die Elantrier lebende Tote.

Als Elantrier wird man nicht geboren, man wird eines Tages zum Elantrier. Diese Verwandlung, Shaod genannt, gibt es immer noch, sie scheint jedoch entartet, und so werden die neuen Elantrier nun gefürchtet, für tot erklärt und in dem von einer hohen Mauer umgebenen Elantris ausgesetzt. So geschieht es auch dem Kronprinzen von Arelon, Raoden, der sein Schicksal aber nicht einfach so akzeptieren möchte.

Prinzessin Sarene sollte eigentlich Raoden heiraten, doch als sie in seinem Heimatland ankommt, muss sie erkennen, dass sie statt Braut nun Witwe ist. Doch auch sie nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand.

Der Priester Hrathen kommt nach Arelon, um die Bevölkerung zu seiner Religion zu bekehren. Sein Oberster hat ihm dafür drei Monate Zeit gegeben, dann soll Arelon zwangsbekehrt werden. Keine leichte Aufgabe für Hrathen, wie er bald erkennen muss.

Mein erster Roman von Brandon Sanderson ist gleichzeitig dessen Romandebüt aus dem Jahr 2005, und hat mich in vielem überrascht. Ich weiß nicht genau, was ich erwartet hatte außer einem spannenden Roman, das was ich bekommen habe, ist einiges mehr. Die Geschichte ist in so vielem unvorhersehbar, genau wie seine Charaktere. Sie hat mich schnell gepackt und ich habe sehr mitgefiebert und mitgelitten. Er ist sehr düster, aber auch hoffnungsvoll. Wenn das der Debütroman des Autors ist, freue ich mich sehr auf weitere seiner Werke.

Im Mittelpunkt stehen die drei bereits benannten Charaktere, die ebenfalls jeweils eigene Überraschungen zu bieten haben, vor allem Hrathen hat mich beeindruckt, hatte ich ihn doch zunächst als unsympathischen Antagonisten eingeschätzt, was ihm nicht gerecht wird. Jede:r hat eine interessante Entourage um sich, auch hier gibt es Charaktere die tiefgehend gezeichnet sind und es in sich haben.

Erzählt wird aus den Perspektiven der drei Protagonist:innen. Vor allem die Geschehnisse in Elantris sind sehr düster, doch gibt es auch Humor im Roman, der vor allem durch Sarenes Perspektive hinzukommt, denn diese ist sehr eigenwillig und hat nicht vor, eine typische Prinzessin zu sein.

Die Welt außerhalb Arelons und Elantris bleibt relativ blass, nur Sarenes Heimat lernen wir etwas näher kennen. Dennoch wird die Welt greifbar, wir erfahren etwas über Religionen und Kulturen. Arelon und Elantris bilden aber den Mittelpunkt der Geschichte. Nicht nur Elantris, sondern auch das unmittelbar angrenzende Arelon, zu dem Elantris gehört, hat sich in den letzten zehn Jahren sehr verändert, auch dieses nicht unbedingt zu seinem Vorteil. Sowohl in Elantris als auch in Arelon werden die Ereignisse der Geschichte und die Handlungen der drei Hauptcharaktere ihre Auswirkungen haben. Das ist alles sehr komplex, greift aber gut ineinander und bleibt logisch.

Der Roman ist in sich abgeschlossen. Mein Buch enthielt noch die Kurzgeschichte „Elantris Hoffnung“, die den Roman ein bisschen erweitert, aber erst nach dessen Abschluss gelesen werden sollte.

„Elantris“ ist ein sehr spannendes, aber auch komplexes Lesehighlight, mit sehr gelungenen Charakteren und einer interessanten Geschichte, dem man einige Aufmerksamkeit schenken muss, dafür aber auch reich belohnt wird.

Bewertung vom 09.09.2024
Sigurdardóttir, Yrsa

RAUCH


ausgezeichnet

Eine Gruppe ehemaliger Studienfreunde reist zu einer Beerdigung auf die Westmännerinseln, nicht ahnend, dass der Tripp in einem Albtraum enden würde.

Erzählt wird in zwei Zeitebenen. Die erste lässt uns aus Sicht eines der Freunde die Erlebnisse der Gruppe miterleben, die andere setzt ein paar Tage nach deren Ankunft ein, als Iðunn, die einzige Rechtsmedizinerin Islands auf den Inseln ankommt, da dort Leichen gefunden wurden, erzählt wird hier aus Sicht Iðunns. Dieser Erzählstil bringt sehr viel Spannung in den Roman. So erfährt man manche Erkenntnis der Ermittler, und hinterher erst, was wirklich geschehen ist. Oder man erlebt mit der Clique etwas, das später bei den Ermittlern relevant, aber nicht unbedingt direkt richtig eingeordnet wird. Als Leser:in weiß man manchmal mehr, aber eben oft nicht alles. Nach und nach erfährt man immer mehr, erst am Ende wird das Gesamte offenbar. Das Buch aus der Hand zu legen fällt daher zunehmend schwerer.

Sehr gut gefällt mir auch das Setting. Schon Island alleine wäre beeindruckend, aber die Westmännerinseln legen noch eine Schippe oben drauf. Sie spielen im Roman ihre Rolle und machen Lust, mehr über sie zu erfahren. Die Geschichte spielt in der kalten Jahreszeit, die Stimmung ist entsprechend, kalt und stürmisch.

Die Charaktere sind vielfältig und gut gezeichnet, natürlich lernt man sie vor allem aus Sicht der beiden Hauptfiguren kennen, was gut zur Erzählweise passt. Etwas gestört hat mich die familiäre Problematik Iðunns, darauf hätte ich verzichten können, die Geschichte hätte auch ohne funktioniert. Iðunn selbst ist offenbar bereits in vorherigen Romanen aufgetreten, diese habe ich bisher noch nicht gelesen.

„Rauch“ ist ein sehr spannender, atmosphärischer und raffiniert erzählter Thriller, der neben viel Tragik ein interessantes Setting und gut gezeichnete Charaktere mitbringt.

Bewertung vom 02.09.2024
Heitz, Markus

Drachengift / Drachen Trilogie Bd.3


sehr gut

1927: Ein Chemie-Unternehmen hat ein Mittel gefunden, mit dem man Drachen innerhalb kürzester Zeit töten kann, das für Menschen aber unschädlich sein soll. Um näheres darüber zu erfahren, reist Ahmat Fayence auf den amerikanischen Kontinent, da das Mittel dort produziert werden soll.

Gregorij ist mittlerweile der Zar von Russland – und abhängig vom Drachen Tugarin. Vor seiner Ehefrau, der Drachenjägerin Silena, konnte er das bisher verbergen. Diese reist ebenfalls nach Amerika, und lernt dort den undurchsichtigen Umberto kennen. Währendessen hat Leída Havock die Sky Guard übernommen.

Die Expertin Ulrika Mang wird vom Officium Draconis beauftragt, eine Bestiensäule im Freisinger Dom zu untersuchen.

Der dritte und vorerst letzte Band der Drachenreihe führt, nachdem bisher Europa und Asien Schauplätze waren, dieses Mal auch nach Amerika. Die einheimischen Drachen haben dort ein ähnliches Schicksal wie die indigene Bevölkerung erlitten, schon die Wikinger brachten europäische Dracheneier mit. Doch so ganz scheinen die amerikanischen Drachen noch nicht ausgerottet zu sein. Ein großer Teil der Handlung findet auf dem amerikanischen Kontinent statt, wo man auch auf einen bekannten Erfinder trifft.

Daneben spielt das Geschehen vor allem in Russland, aber auch Großbritannien und Frankreich sind Schauplätze. Viele Altvordere gibt es nicht mehr, dafür lernt man einen neuen Drachen kennen, der besondere Fähigkeiten mitbringt und große Ambitionen hat.

Die Geschehnisse in Russland um Grigorij fand ich am wenigsten spannend, im Gegenteil ein bisschen ermüdend, da sich manches wiederholt. Gut gefallen hat mir hier aber Igor Vatjankin, der unter Grigorij die Ochrana leitet. Grigorij selbst hat mich doch etwas enttäuscht, nach allem, was er bisher mitgemacht hat.

Neu ist Ulrika Mang, die Sensationelles entdeckt. Leider landet dieser Handlungsstrang etwas im Nirgendwo, da er am Ende offen bleibt. Im Nachwort macht Markus Heitz aber gewisse Hoffnungen, dass er irgendwann wieder zu den Drachen zurückkehrt. Bei den Zwergen und, ganz aktuell, bei den Albae hat er das bereits umgesetzt, ich hoffe, die Drachen folgen bald, denn nicht nur dieser Strang endet offen, es gibt weitere, die nach einer Fortsetzung rufen.

Ansonsten ist die Geschichte wieder sehr spannend, recht blutig, aber auch immer wieder einmal humorvoll, letzteres insbesondere dann, wenn der französische Altvordere Vouivre mit an Bord ist. Erzählt wird erneut aus vielen verschiedenen Perspektiven, auch von Drachen, und mit einer ganzen Reihe überraschender Wendungen. Ich wurde auch dieses Mal wieder gut unterhalten.

Wie gewohnt gibt es auch hier eine Karte, ein Glossar und ein Personenregister.

Auch der dritte und vorerst letzte Band der Drachenreihe hat mich gut unterhalten. Leider sind am Schluss einige Handlungsstränge noch nicht zu Ende geführt, ich hoffe, der Autor kehrt irgendwann zu den Drachen zurück und beendet diese. Dennoch ist der Roman sehr spannend und wartet mit einigen überraschenden Wendungen und hin und wieder Humor auf.