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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
JosefineS
Wohnort: 
Schwarzenberg
Über mich: 
https://bibliomanie-hoch2.blog/

Bewertungen

Insgesamt 143 Bewertungen
Bewertung vom 07.08.2020
Mami kann auch anders / Tagebuch einer gestressten Mutter Bd.3
Sims, Gill

Mami kann auch anders / Tagebuch einer gestressten Mutter Bd.3


gut

Alltagswahnsinn einer unbeugsamen Mutter 3.0
Ellen ist Mittvierzigerin und ihre Kinder haben die Grandschool hinter sich, jetzt kann es eigentlich nur noch bergauf gehen. Diese Rechnung hat sie jedoch ohne ihren pubertierenden Nachwuchs, ihren „noch“ Ehemann und das Leben an sich gemacht. Ein weiteres Jahr voller Höhen und Tiefen, wosie sich diesmal auf anderen Wegen durchboxen muss. Wie immer, ist der Titel auch diesmal wieder Programm.
Gill Sims ist Bloggerin und Autorin aus Großbritannien. Mit ihren ersten beiden Büchern, der Mami- Reihe konnte sie die Herzen der Leser/-innen, mit viel Witz über den Alltag einer „Working Mom“ und dessen Tücken, im Sturm erobern. Dabei spürt man beim Lesen, trotz all der überspitzten Situationen auch immer Authentizität mit schwingen, nicht zuletzt, weil wir uns in der ein oder anderen Facette von Ellen schmunzelnd wiedererkennen. Es ist einfach herrlich ihr durch die Hürden des Alltags zu folgen, die Mütter halt „mal eben“ meistern. Im Angesichte fremden Chaos erscheint das eigene doch gleich viel kleiner. Im dritten Band muss Ellen binnen einem Jahr einige Tiefen durchstehen, was in meinen Augen den Humor diesmal schmälerte. Natürlich versucht die Autorin auch in bedrückender Thematik die typischen Familienstreitigkeiten gekonnt und lustig darzustellen. Doch einige Themen hinterlassen einfach eine deprimierende Atmosphäre, da auch der Leser die traurigen Seiten des Lebens kennt und nicht zuletzt zu humorvollen Büchern greift, um genau diese kurz zu vergessen. Es scheint sie wollte einen ernsteren Teil einbringen. Darunter den Humor nicht ersterben zu lassen war eine weniger gelungene Kür und endete hier in einer Art „Weichspüler Version“ des Lebens, was es an sich irgendwie schlimmer machte.Die Kinder werden nun einmal groß und auch Ellen bleibt in der Entwicklung nicht stehen. Durch die Ereignisse gezwungen, ging es diesmal vordergründig nicht um die Frotzeleien mit den Kindern, sondern auch oft um ihr Singleleben, die Partnersuche und das neue Haus. Der Ton und die Botschaftsind latent ernster geworden. Was Ellen jedoch auch diesmal nicht von jeder Menge spitzzüngiger Kommentare, dem ein oder anderen Wutausbruch oder reichlich Wein und Gin abhält.
Fazit: wieder ein sehr amüsanter Auszug aus dem mütterlichen Alltagswahnsinn, mit inzwischen pubertären Kindern und einem abtrünnigen Mann. Wobei die ernsteren Themen etwas zu sehr an der Realität kratzten und den Humor etwas schmälerten.

Bewertung vom 21.07.2020
Mami muss mal raus / Tagebuch einer gestressten Mutter Bd.2
Sims, Gill

Mami muss mal raus / Tagebuch einer gestressten Mutter Bd.2


sehr gut

Der ganz normale Wahnsinn…
Ellen ist Mutter zweier Kinder, beide im Grundschulalter. Sie möchte wieder Vollzeit arbeiten gehen. Als sich eine Traum Chance in Form eines neuen Jobs anbietet, steht Ellen vor der Frage „Schaffe ich das?“. Wie weit ihr Mann dabei eine Hilfe ist, was bei Kindern eigentlich noch als normal gilt und in was sich Ellen sonst noch alles verstrickt, dürfen wir in „Mama muss mal raus“ herausfinden. Jede von uns kennt diese Tage, an denen einfach nichts normal zu laufen scheint. Sobald man aber ein paar Seiten in Ellens Alltag liest kommt man nicht ohne schmunzeln zu dem Schluss, dass das eigene Leben gar nicht so durchgedreht ist. Gill Simms schafft auch in ihrem 2. Buch den Spagat zwischen reellem Alltagswahnsinn und herrlich überspitzter Situationskomik. Trotz der durchweg lustigen Szenen lässt die Autorin auch durchaus ernste Momente einfließen. Arbeit und Alltag unter einen Hut zu bekommen, die Angst dem einen durch das andere nicht gerecht werden zu können oder auch die Entfremdung von Paaren. Man erlebt mit Ellen ein ganzes Jahr voller Familieneskapaden, Festtagsgrauen und erdrückende Fördervereinsaufgaben. Die Autorin schafft es dem Leser immer wieder ein Lachen zu entlocken und das eigene Chaos etwas menschlicher wirken zu lassen. In Zeiten in denen kaum noch Mütter ehrlich zueinander sind ist es wichtig auch mal klar zu machen, dass nicht immer alles Bio sein muss, die grätsche zwischen Haushalt, Job und Nachwuchs nun mal kein klacks ist und die liebsten kleinen auch manchmal ganz schön anstrengend sind. Somit ist dieses Buch trotz aller Komik vielleicht sogar ein Appell? Zu versuchen einfach das Beste aus allem zu machen und zu hoffen, trotz unserer Zweifel, uns eines Tages zurück zu lehnen und fest zu stellen, es lief doch ganz gut. In einer Welt voller Ratgeber, ist dieses Buch, ganz ohne es zu wollen, wahrscheinlich einer der wichtigsten. Es verurteilt nicht, hebt nicht den Zeigefinger oder erteilt gar einen Rat. Es vermittelt lediglich: So wie es ist (auch wenn das manchmal chaotisch bedeutet), ist es vollkommen in Ordnung.
Fazit: eine herrliche Komödie über den Alltagswahnsinn zwischen Haushalt, Job und Kindern. Lest diese Bücher!

Bewertung vom 20.06.2020
Der Nebel
King, Stephen

Der Nebel


sehr gut

Da draußen lauert der Tod
Nach einer langen Hitzeperiode und einem heftigen Sturm in der Nacht, taucht am nächsten Tag, auf dem See hinter David Draytons Haus, ein merkwürdiger Nebel auf. Dieser ist nicht ganz normal aber auch noch lange kein Grund zur Beunruhigung. David und sein Sohn brechen zum nächstgelegenen Supermarkt auf. Dann kommt der Nebel plötzlich auch bis dort und mit ihm kommt das Grauen. Etwas Gefährliches lauert in diesem undurchdringlichen Nebel. Niemand kann es sehen, doch die Geräusche allein sind schon beängstigend. Die Menschen sind jetzt eingesperrt. Doch nicht nur die Wesen außerhalb bedrohen David und Bills Leben, was im Supermarkt mit den Leuten passiert bekommt bald seinen ganz eigenen Schrecken.
Eine Kurzgeschichte, vom Meister des Horrors, die nun als eigenständiges Buch erschienen ist. Auch schon ohne bedrohliche Ungeheuer schafft King gleich zu Beginn des Buches, durch den Sturm alleine eine beängstigende Atmosphäre zu schaffe. Man spürt die unheilvollen Schwingungen und bekommt das ungute Gefühl, dass hier kann nicht gut ausgehen. Kings Intension Horror schreiben zu wollen ist sehr stark spürbar. Für ihn selbst hat die Geschichte (engl. The Mist von 1985) eine große Bedeutung, sie holte ihn aus einer der ersten Schreibblockaden, als ihn nach einem ähnlichen Sturm im Supermarkt „die Muse auf den Kopf Schiss“ (Zitat von King). Man merkt den Eifer, mit der er die Story nieder schrieb, denn seine wohlbekannten Ausschweifungen und Nebenhandlungen, bleiben hier aus. In flüssigem Schreibstil zieht King es bis zum Ende spannend durch. Er spielt gerade in den Nachtszenen mit allen Sinnen und das ungewisse, das undefinierte, das unbekannte macht es so beklemmend. King stupst nur den Verstand des Lesers an und überlässt es dem Gehirn Bilder zu erschaffen. Manchmal ist sind menschliche Abgründe größer als jedes von einem Autor gemachte Untier mit Tentakeln. Der Nebel ist eine von Kings guten Kurzgeschichten, die zeigt, dass der Meister des Horrors keine 1000 Seiten braucht um den Leser zu paralysieren. Sein Beweis, dass auch Kurzgeschichten spannend und einnehmend sein können. Das Ende ließ so viel hoffen und bleibt dem Leser frei es zu interpretieren. Unkonventionell und gerade deswegen für mich so gelungen.
Fazit: großartige und verstörende Kurzgeschichte von Stephen King. Diese spannende, düstere und schonungslose Story ist nicht nur für Fans ein Muss, jeder sollte ein Buch von ihm gelesen haben und so eine Kurzgeschichte beißt schon nicht…!
Oder doch?

Bewertung vom 18.06.2020
Der Tunnel - Nur einer kommt zurück
McGeorge, Chris

Der Tunnel - Nur einer kommt zurück


gut

Überraschend guter Thriller
Englands längster Kanaltunnel, sechs beste Freunde und ihre jährliche Tradition. Doch diesmal läuft etwas schief. Auf der anderen Seite des Kanals sind fünf der sechs Freunde spurlos verschwunden. Matthew, der einzige Überlebende war bewusstlos, beteuert jedoch vehement seine Unschuld. Für alle ist der Fall jedoch klar und Matthew soll der Schuldige sein, doch keiner kann erklären, was in diesem Tunnel geschah denn von den fünf anderen fehlt jede Spur.
„Der Tunnel“ ist das zweite Buch aus Chris McGeorges Feder. Zwischen „Escape Room“ (September 2018) und dem neuen Werk ist aber nicht einfach nur Zeit vergangen. Der Autor hat an seinem Stil, der Story Führung und auch in der Bildung der Charaktere überraschende Fortschritte gemacht. Die Herangehensweise, um die Verwicklung seines Protagonisten darzustellen war detailliert aber gut gewählt. Es war interessant, mit einem unterschwelligen Unbehagen. Der Autor macht die Faszination über das Mysterium des Tunnels, die der Protagonist empfindet zu der des Lesers. Mit eintreffen am Schauplatz, begann sich auch kontinuierlich die Spannung steigern. Diesmal weißt die Story eine klare Linie auf und McGeorge spielt gekonnt mit der Stimmung und Atmosphäre, es wirkt nicht alles so erzwungen. Das Rätsel, um das Verschwinden der fünf Freunde, eine mysteriöse Internetseite und das Verhalten der Dorfbewohner gaben der Geschichte den richtigen Thrill. Mit der Art und Weise der Auflösung habe ich so meine Probleme gehabt. Mitten im Geschehen schiebt er eine wirklich lange Rückblende ein und schlüsselt für den Leser auf, wie alles dazu kam. Das ergab für mich im „lese-flow“ einen echten Knick. Rückblicken war es aber die einzig sinnvolle Stelle und ohne Aufklärung wären für mich einfach zu viele Fragen offen geblieben. Somit gesehen war es unkonventionell aber Zielführend. Der Showdown kam dafür einfach zu kurz und hätte etwas ausführlicher sein dürfen. Mit dem Anfang, der Entwicklung und der Erklärung lässt er sich die nötige Zeit um es wirken zu lassen und das Ende war dann doch recht schnell abgehandelt. Insgesamt aber ein guter Thriller, mit spürbarer Steigerung im literarischen Niveau des Autors.

Fazit: „der Tunnel“ konnte mit einer interessanten Story und gutem Spannungsbogen, im Gegensatz zum Vorgänger, diesmal richtig Punkten.

Bewertung vom 17.06.2020
Die Frau ohne Namen
Hendricks, Greer;Pekkanen, Sarah

Die Frau ohne Namen


ausgezeichnet

Eine Studie über Ethik und Moral
Doch Moral scheint sehr dehnbare Grenzen zu haben. Jess ist jung und kann Geld gut gebrauchen. Unerwartet ergibt sich die Möglichkeit an einer Studie teil zu nehmen. Ein paar Fragen beantworten und dafür Geld bekommen, was soll schon groß passieren? Jess ahnt nicht im Geringsten, dass sie sich als „Testperson 52“, mit ihren Antworten zum persönlichen Forschungsobjekt von Dr. Shields mustert. Binnen kurzer Zeit bleibt es nicht mehr nur bei Fragen und Jess gerät in einen Zustand in dem sie Realität und Testsituation kaum mehr auseinanderhalten kann. Bald muss sie entdecken, dass moralische Grenzen anderer, weit von ihrer eigenen entfernt sind.
Das Autoren Duo Greer Hendricks und Sarah Pekkanen, veröffentlichen bereits zum zweiten Mal ein gemeinsames Projekt. Ihr erstes Buch (Die Wahrheit über ihn) stieg auf Platz 2 der New York Times Bestsellerliste ein und wird von Dreamworks verfilmt. Dass die beiden nicht neu in der Welt der Literatur sind, merkt man schon auf den ersten Seiten. Trotz zweier Köpfe ließt sich der Text flüssig, lebendig und sauber. Der Sprachstil ist sehr angenehm, in Kombination mit der dynamischen Story wirkt er direkt mitreißend. Durch die wechselnden Perspektiven, die vielen Geheimnisse und unerwarteten Wendungen verliert das Buch zu keiner Zeit an Spannung. Trotz der ein oder anderen Vorahnung behielt die Geschichte stehts ihren Reiz. Mich persönlich zog die psychologische Komponente derart in den Bann, dass ich das Buch nur schwer aus der Hand legen konnte. Man strauchelt mit Jessica von Kapitel zu Kapitel und trotz besseren Wissens vermag man nicht zu sagen, wer Vertrauenswürdig ist, was real und was inszeniert ist und wer eigentlich dringender psychologischer Hilfe bedarf. Dieses Verwirrspiel konnte mich bis zum Schluss fesseln. Das Ende kam für mich ein wenig zu kurz. Es war etwas zu schnell und zu simpel Abgetan, um dem ganzen vorweg gerecht zu werden. Nichts desto trotz, ein wirklich gelungenes Buch.
Fazit: ein durchweg spannendes Buch, welches ganz ohne Blutvergießen, auf subtile psychologische Weise den Leser mörderisch fesselt und in seinen Bann zieht.

Bewertung vom 16.06.2020
Verschließ jede Tür (eBook, ePUB)
Sager, Riley

Verschließ jede Tür (eBook, ePUB)


sehr gut

Nicht alles was glänzt, ist auch aus Gold
Der 25-jährigen Jules ist im Leben nicht mehr viel geblieben, außer der Hoffnung. Die Schwester verschwunden, die Eltern Tod, vom Arbeitgeber entlassen und zu guter Letzt auch noch vom Freund betrogen, schläft sie auf der Couch einer Freundin. Als sich endlich der lang ersehnte Lichtblick einstellt, ist es schon fast zu schön um wahr zu sein. Sie soll als Wohnungssitterin in einem der bekanntesten und Geschichtsträchtigsten Häuser Manhattans arbeiten. Eine wunderschöne Wohnung und die Bezahlung, ist mehr als nur gut. Endlich scheint es in ihrem Leben bergauf zu gehen. Einzig die etwas eigenartigen Regeln und die Geschichte des Bartholomew muten etwas sonderbar an, doch irgendwie lässt sich das alles schon logisch erklären. Wie auch ein Teil der Ereignisse, die in den folgenden Tagen geschehen. Doch irgendwann muss auch Jules sich eingestehen, dass einiges zu wahr ist um noch schön zu sein.
Über Riley Sager ist lediglich bekannt, dass es sich um ein Pseudonym handelt. Der Autor ist Schriftsteller, Zeitungsredakteur, Grafikdesigner und lebt in New Jersey. Jules Vorgeschichte ist schon sehr bewegt und mit ihrem neuen Hoffnungsschimmer schwebt für den Leser schon von Beginn an eine unheilvolle Aura über der Story. Dieses unterschwellige Gefühl verdichtet sich von Kapitel zu Kapitel, bis auch die Protagonistin erkennen muss, dass es im Bartholomew nicht mit rechten Dingen zu geht. Doch kann Jules dem Ganzen entrinnen oder kam sie zu spät hinter diese Erkenntnis? Durchgängig fiebert der Leser mit, da immer dieser angespannte Unterton herrscht. Schon allein das alte, düstere Gebäude jagt einem die Gänsehaut über den Nacken. Die Wohnung, die zu Anfang nicht schöner hätte sein können, macht im laufe des Buches beängstigende Wandlungen durch. Der Autor baut durchweg diese schaurige Atmosphäre aus und weder er, noch die Bewohner oder das Haus selbst wollen Jules frei geben. Der Schreibstil ist gut und flüssig zu lesen, die Kapitel länge angenehm. Man will als Leser nur noch wissen, was hier vor sich geht und kann das Buch kaum aus der Hand legen. Das Ende und die Auflösung sind wie der Rest des Buches – schlüssig, überraschend, gut durchdacht und Unterhaltsam.
Fazit: Wirklich gelungenes Buch, mit viel unterschwelliger Grusel Atmosphäre, in einem Haus, dass alt ist und schon viele Menschen beherbergte.

Bewertung vom 15.06.2020
DUNKEL / HULDA Bd.1
Jonasson, Ragnar

DUNKEL / HULDA Bd.1


weniger gut

Dunkel ist erst das Ende
Die Kommissarin Hulda soll doch schneller in den Ruhestand, als geplant. Ihr Platz soll frei werden für einen jüngeren Kollegen. Doch in Rente kann und will Hulda nicht so schnell gehen. Um sie zu beschäftigen gewährt ihr Vorgesetzter ihr auf die letzten Tage noch einen Cold Case. Sie entscheidet sich für den ungelösten Fall einer jungen Frau, die vor einem Jahr leblos in einer Bucht aufgefunden wurde. Niemand scheint sich für dieses Schicksal großartig zu interessieren, doch Hulda gibt nicht auf und widmet sich, ohne Rücksicht auf Verluste diesem Fall.
Der Titel der Rezension trifft tatsächlich gleich doppelt zu, denn das Buch ist der erste Band einer Trilogie, die sich vom Ende zum Anfang aller Geschehnisse vorarbeitet. Leider ist es auch in Bezug auf die Atmosphäre ziemlich passend. Dunkel ist lediglich gegen Ende des Buches etwas düster. Hulda ist eine eher ungewöhnliche Kommissarin, sie wird als eine einsame, Gedankenversunkene Person dargestellt. Hier liegt auch schon einer der größten Knackpunkte. Sie denkt unendlich viel nach, leider kaum über den Fall, sondern mehr über ihre Situation und ihre eigenen Befindlichkeiten. Sogar während Dialogen schweift sie gedanklich völlig ab, in einer exorbitanten Länge, dass es den Lesefluss enorm stört. Wenn wenigsten bei all diesen Überlegungen etwas Sinnvolles rausgekommen wäre. Doch auch ihre Ermittlungen wirken eher wie die eines Anfängers, sie stolpert da so durch das Geschehen. Quälend sinnlos wurden im Verlauf des Buches auch die beiden Nebenstränge, die Parallel zur Story erzählt wurden. Da der Inhalt von beiden am Ende der Geschichte noch einmal aufgeschlüsselt wurde, blieb nur noch die Frage, nach dem Sinn des Ganzen. Beschäftigungstherapie, Seiten füllen? Der zwischendrin schon nervige Wechsel war dann der endgültige Spannungskiller für die mehr als lahme Story. Nach öden 300 Seiten versprach ein Twist die lang ersehnte Wende zu bringen, doch weit gefehlt der Täter war alsbald abzusehen und der Showdown wieder in gewohnt, liebloser Manier abgehandelt. Das Ende konnte mich wirklich überraschen und ist definitiv mal was anderes. Leider war es bis dahin ein quälend langweiliger Weg, den ich trotz interessantem Ende, keine zwei weiteren Bücher gehen mag um heraus zu finden, was Ragnar Jónasson mir damit sagen möchte. Die Protagonistin nervt irgendwann nur noch mit der zerpflückenden Selbstanalyse ihrer Gedanken, Gefühle und der Situation. Der Fall ist zu keinem Zeitpunkt spannend, weder Atmosphäre noch wirklicher Nervenkitzel, es plätschert so vor sich hin und dann musste da noch on Top eine ganz und gar bewegende Geschichte aus Huldas Vergangenheit gezaubert werden. Möglich, dass es der Vorbereitung auf die weiteren Teile dienen soll, doch überspitzt ist diesbezüglich noch kein Ausdruck. Nur weil es eine Leiche gibt, kann man es nicht gleich Thriller nennen.
Fazit: Story mau, die Protagonistin analysiert ihr Leben mehr als den Fall und bis auf das Ende konnte Dunkel in keiner Weise überzeugen. Für mich ist hier, nach dem ersten Teil Schluss mit der Reihe.

Bewertung vom 09.04.2020
Das Lied des Achill
Miller, Madeline

Das Lied des Achill


ausgezeichnet

Atemberaubend und bewegendes Debüt, in wunderschöner Neuauflage
Achill, ein Halbgott, ist strak, anmutig und schön – niemand kann seinem Bann widerstehen. Patroklos, ein junger unbeholfener Prinz, der verstoßen wurde. Der Zufall führt beide als Kinder zueinander. Die Zeit schweißt sie, trotz aller Widrigkeiten unzertrennlich zusammen. Kaum sind sie zu jungen Männern gereift, tobt ein Krieg. Die Schlacht, gegen die Trojaner, um die schöne Helena nach Sparta zurückzuholen. Auch Achill ist, neben vielen anderen Helden Griechenlands, aufgefordert sich dem Kampf anzuschließen. Patroklos, von Sorge getrieben, weicht seinem geliebten Achill nicht von der Seite. Doch trotz ihres Wissens, ahnen beide nicht welche Falle das Schicksal für sie und ihre Liebe bereithält.
Madeline Miller ist US- amerikanische Schriftstellerin. Nach ihrem Studium in Altphilologie unterrichtet sie Latein und Griechisch an Gymnasien. Das Lied des Achill ist ihr, 2011 bereits veröffentlichter Debütroman. Im Februar 2020 erschien, Dank dem Eisele Verlag, eine optisch bezaubernde Neuauflage. Der hochwertige Look in matt Schwarz und schillerndem Gold ist das perfekte Pendant zum großartigen Werk im inneren des Buches. Miller schrieb 10 Jahre an dieser Geschichte, der Homers Ilias zu Grunde liegt. Doch auch viele andere klassische Texte hatten ihren inspirierenden Einfluss. Man merkt dem Buch die Liebe und Arbeit an, es ist mit sehr viel Hingabe und einem Auge fürs Detail geschrieben. Patrokloses Erzählungen und Wissen geleiten uns durch einen Teil der viel besungenen Helden Saga und liefern Einblicke in die Hintergründe, in seine Kindheit, die Verstoßung und wie er Achill das erste Mal begegnete. Wir erleben die, wenn auch sehr unterschiedliche Ausbildung der beiden und deren Rolle im bekanntesten Krieg der griechischen Mythologie. Millers Charakterzeichnung ist sehr tiefreichend und der Schreibstil so bildgewaltig, dass die Erzählung eine große Sogwirkung bekommt. Der Leser taucht ganz in die Geschichte ab und erlebt sich selbst als einen Teil davon. Sogar die Weiterentwicklung der Charaktere, lässt die Autorin uns hautnah miterleben. Auch wenn Patroklos und Achill im Vordergrund der Erzählung stehen begegnen wir vielen bekannten Personen. Die, dank ihrer ebenfalls liebevoll ausgereiften Zeichnung, mit den beiden ein vollständiges, großes Bild ergeben. Wenngleich es sich hier um ein Liebespaar handelt, schafft Madeline Miller dennoch das miteinander so subtil und völlig ohne überzogene Szenen zu beschreiben. Durch die Verbundenheit zu den Protagonisten fiebert man, obgleich des bekannten Endes, enorm mit. Während der Kämpfe hält man förmlich den Atem an, um das drohende Ende beider noch irgendwie abwenden zu können. Das Lied des Achill ist sprachlich vielleicht nicht ganz so anspruchsvoll wie ihr zweites Buch „Ich bin Circe“ - jedoch bleibt es, nicht zuletzt wegen seiner harmonischen und mitreißenden Schreibweise, ein Highlight. Einzig Achilles und Hektors aufeinander treffen ist etwas knapp geraten. Ist es doch der Höhepunkt auf den die Geschichte zusteuert und der hätte, für mein Empfinden gern umfänglicher sein dürfen. Dieses winzige Detail konnte das Lesevergnügen jedoch nicht schmälern. Ich habe gehofft, gelacht, war angespannt, abgetaucht, verliebt und tot traurig beim Lesen. So müssen Bücher sein.
Fazit: ein unfassbar grandioses, mitreißendes Buch, dass nicht nur Fans von historischen Romanen oder griechischer Mythologie in seinen Bann ziehen wird.

Bewertung vom 25.03.2020
Finsternis im Wunderland / Die Dunklen Chroniken Bd.1
Henry, Christina

Finsternis im Wunderland / Die Dunklen Chroniken Bd.1


weniger gut

Enttäuschende Splatter Adaption
Alle halten sie für verrückt! Dieses Mädchen, was seit 10 Jahren im Hospital, auf der Suche nach den Erinnerungen, ihrer düsteren Vergangenheit ist. Jede Nacht quälen sie die Träume von dem Mann mit den Kaninchenohren, der ihr weh tut. Dabei weiß sie nicht einmal wer er ist, wer sie selbst ist oder warum sie an diesem düsteren Ort gefangen ist. Als ein Feuer ausbricht gelingt Alice die Flucht. An ihrer Seite ist ihr Bekannter, der Axtmörder Hatcher. Doch ist er wirklich ihr Freund oder gar eine Gefahr für sie. Viel Zeit bleibt ihr nicht darüber nachzudenken, denn etwas noch viel schlimmeres und Dunkleres, aus den Tiefen des Irrenhauses, hat es ebenfalls geschafft frei zu kommen. Es ist auf der Suche und lechzt nach Blut.
Christina Henry ist US-amerikanische Fantasy Autorin und schrieb bereits die Bestseller Reihe „Black Wings“. Es existieren im englischen bereits weitere Adaptionen von literarischen Klassikern. Die Charaktere (vor allem Alice) waren von Anfang an sehr farblos gezeichnet und schwer greifbar, was mit der Weiterentwicklung im Buch zunehmend schwieriger wurde. Die Autorin konnte in meinen Kopf das Bild von Alice (der Märchenfigur) einfach nicht umzeichnen in die Alice aus der düsteren Geschichte. Allgemein war die Darstellung, für mein Empfinden, sehr Detail- und Lieblos, so dass sich die Handlung nie vor meinem geistigen Auge entwickeln konnte. Schön wenn der Autor Spielraum für Fantasie lässt, doch ohne jeglichen Anreiz bleibt das geschrieben Wort, nur ein Wort und wird nicht zum Bild im Kopf des Lesers. Der Aufbau ist unangenehm Sprunghaft. Kaum steuert man auf einen relevanten Handlungspunkt zu, ist es Fallbeilartig auch schon wieder beendet. Das Gefühl raus gerissen worden zu sein, verbleibt bei alle größeren Konfrontationen. Der Story fehlt leider deutlich an Tiefgang, metaphorisch gesehen könnte man es mit der Teegesellschaft des Original Märchens vergleichen: Alice rutscht von Platzt zu Platz auf der „Tee Party“, kaum sitzt sie und will trinken, wird auch schon weiter gerutscht…! Man möchte es unausgereift nennen. Manche Gefühle, wie Angst und Ungewissheit, kann Henry gut rüberbringen, doch andere wie Mut und Wut, versucht sie zwar zu erklären aber schafft es nicht diese den Leser auch spüren zu lassen. Die Story hat es leider nie geschafft mich mitzureißen. Aufgrund der ausbleibenden Bilder im Kopf und Empfindungen im Herz, war es durchweg eher oberflächliche Lektüre. Diese Düsternis ist völlig ohne Hingabe geschrieben, so dass ich vergebens den Horror suchte. Ein Schatten wird erst dann furchteinflößend wenn unsere Fantasie (in dem Falle der Autor) daraus etwas Unheimliches macht. Das Ende war leider auch, wie der Rest des Buches: allenfalls schwach. Alices Konfrontation mit den beiden am furchteinflößendsten Figuren, war gelinde gesagt Zuckersüß. Den Showdown hätte ich meinem 3-jährigen Sohn vorlesen können. Es war eigentlich ganz nett aber bei einem Roman mit Trigger Warnung, vor seelischer und körperlicher Gewalt habe ich doch etwas Anderes erwartet. Düster? Packend? Leider nein, eher ein Fantasy Roman, eine weitläufige Adaption des Klassikers. Vielleicht nett im Jugendbuch Bereich, da macht die Trigger Warnung dann auch eher Sinn. Doch jeder der schon einmal Stephen King, Chris Carter o.ä. Autoren gelesen hat, ist versucht das Buch zu rütteln und zu schütteln um zu schauen ob irgendwo noch etwas brauchbares Düsteres herausgefallen kommt. Die parallelen waren leider das einzige was mich an dem Buch gehalten hat. Die Idee aus diesen Klassikern eine Dunkle Versionen zu schreiben fand ich wunderbar, an der Umsetzung ist es leider herb gescheitert, das ganze ausbaufähig zu nennen wäre noch grob untertrieben.
Fazit: eher lieblose Adaption, mit geringen parallelen und einigen Splatter Elementen. Enttäuschender Lesestoff.

Bewertung vom 11.02.2020
Buchstabenzauber
Biemann, Christoph;Montasser, Thomas

Buchstabenzauber


ausgezeichnet

Eine Hommage an das Lesen
Lesen ist der Schlüssel zur Welt, das weiß eigentlich jedes Kind. Doch Eltern sich zunehmend ratlos, da sich viele der jüngsten schon schwer tun einen Zugang zur Welt der Bücher zu finden. Den Nachwuchs von den Bildschirmen loszueisen und für Abenteuer und Wissen zu begeistern, läuft selten so wie vorgestellt und meist geben Eltern irgendwann entnervt auf. Thomas Montasser und Christoph Biemann zaubern da noch ein paar Anregungen aus der Schatzkiste, die sie sich unbedingt ansehen sollten auch wenn sie aktuell keinen „Leseverweigerer“ zu Hause haben.
Thomas Montasser war Universitätsdozent und Journalist, mittlerweile hat er unter einigen Pseudonymen zahlreiche Veröffentlichungen und ist selbst Literaturagent. Christoph Biemann ist Autor, Regisseur und Darsteller. Unter anderem ist er auch einer der Moderatoren der Sendung mit der Maus. Buchstaben Zauber ist aber keine reine Aufzählung an Tricks den kleinen oder Großen die Liebe zu Büchern ein zu bläuen. Vielmehr bringen die Autoren die Bedeutung des Lesens näher. Was ist das überhaupt, wie wichtig ist es wirklich und vor allem was macht es mit uns? Dem gehen die beiden Autoren mit Faktenwissen und jeder Menge liebenswerter Anekdoten, aus ihrem eigenen Leben, auf den Grund. Während sie also gerade dabei sind, sich in das Lesen (neu) zu verlieben, haben beide einige (zum Teil auch unkonventionellere) Ideen parat, wie sie den Nachwuchs gleich noch mit dieser neu gewonnenen Liebe infizieren. Dabei steht immer der Spaß daran im Vordergrund und von Zwang jeglicher Art wird strengstens abgeraten. Die Freude neue Abenteuer zu entdecken und diese näher zu bringen, gemeinsam den Einstieg ins selber lesen zu begehen und das „Leseausstiegsalter“ zu akzeptieren aber nicht davor zu kapitulieren und sogar auf das „Leseeintrittsalter“ zu lauern. Wie wähle ich die richtige Lektüre aus, was sind „Identifikationsfiguren“ und warum Geschlechts-/ Altersspezifische Bücher nett sind aber keinesfalls als Maßstab dienen. Sind Klassiker wirklich zwingend und noch das, was unsere Kinder heute beschäftigt? Zählt der Konsum von Comics als lesen? Oder fehlt dem Nachwuchs nur die richtige Atmosphäre um sich ungestört in ein Abenteuer zu stürzen und was leben sie eigentlich selbst vor, Buch oder Handy? All diesen Themen geben die beiden eine Plattform und liefern neben kleinen „Langeweile-Überbrückungs-Tricks“ auch Anreize zu gemeinsamen Lesenächten und vielen anderen Ideen. Montasser und Biemann helfen ihnen klar zu machen, dass lesen keineswegs langweilig ist und dies auch ihren Kindern glaubhaft zu machen. Unter 70.000 Neuerscheinungen jährlich, wartet da draußen auf jeden das richtige Buch.
Fazit: ein kluges, herzliches Buch, welches als erstes die Eltern (wieder) vom Lesen begeistert und wer kann etwas nicht besser näherbringen, als jemand der selbst gerade dafür brennt? Schöne Anreize und Ideen aber auch Fakten rund um die Buchstaben Welt ohne den bitteren Beigeschmack, des erhobenen Zeigefingers. Aber immer mit Vorsicht zu genießen, denn Bücher können süchtig machen :)

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