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Rebecca1120
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Oranienburg
Über mich: 
bin eine absolute Leseratte; besonders gerne lese ich Krimis, Thriller und historische Romane

Bewertungen

Insgesamt 952 Bewertungen
Bewertung vom 07.12.2024
Hawkins, Paula

Die blaue Stunde


sehr gut

Das Vermächtnis der Künstlerin Vanessa Chapman sorgt für Überraschungen und viel Ärger. Selbst jetzt so viele Jahre nach ihrem Tod noch. Diese erfolgreiche Frau, die auf Gezeiteninsel Eris Island ein sehr zurückgezogenes Leben führte, hat sich hier in der Abgeschiedenheit als Künstlerin ausprobiert. Nicht nur Malerei, auch Töpferkunst und Skulpturen sind auf der Insel entstanden. Ihr Division II-Kunstwerk sorgt aktuell für Unruhe, denn in ihm hat sie eine menschliche Rippe mitverarbeitet. Die Stiftung, der Vanessa ihr Kunstschaffen vererbt hat, ist in heller Aufregung wegen eines möglichen Skandals…
Mit dem Einstieg in die Geschichte habe ich mich etwas schwergetan. Zwar versucht die Autorin mit Tagebucheinträgen und Rückblicken Abwechslung in die Handlung zu bringen, jedoch den roten Faden und damit das Eintauchen in die Geschichte von Vanessa und Grace habe ich erst nach einem Drittel des Buchs geschafft. Stück für Stück wird Grace, die Vanessa bis zu ihrem qualvollen Krebstod hingebungsvoll gepflegt hat, immer mehr zur Hauptfigur. Einmal der Tatsache geschuldet, dass sie laut Testament nun die Besitzerin des Anwesens auf der Insel ist und zum anderen, weil in den Rückblenden immer mehr aus ihrem Leben und ihrem Tun verraten wird. Das zu erfahren war für mich mit sehr vielen Überraschungen verbunden und hat meinen Blick auf Grace verändert. Doch verurteilen konnte ich sie nicht. Denn Vanessa, der glamouröse Stern hat es mit ihren Mitmenschen manchmal arg getrieben, besser gesagt hintertrieben.
Genau wie Grace hat auch James Becker, Kurator der Stiftung die die Kunstwerke geerbt hat, diese Künstlerin seit seiner Jugend verehrt. Darum kann er auch verstehen, dass Grace, selbst jetzt so viele Jahre nach Vanessas Tod, sich noch immer sperrt die noch auf der Insel gelagerten Werke und Notizen an die Stiftung zu übergeben. Er besucht Grace auf der Insel, geht dort auf Spurensuche nach weiteren Werken und Hintergründen für die Kunstwerke, ohne zu merken in welche Gefahr er sich damit begibt.
Insgesamt kann ich wegen des schwierigen Einstiegs jedoch nur 3,5 Lese-Sterne geben, denn dadurch kam bei mir erst sehr spät Spannung auf.

Bewertung vom 03.12.2024
Trost, Dirk

Unterwelten


ausgezeichnet

Ein anonymer Anrufer gibt Thyra König den Hinweis sich die international agierende Beratungsfirma Bockhorst Elite Financial Solutions näher anzusehen. Mit unsauberen Mitteln, sprich Insiderinformationen und Steuertricks, macht sie ihre bereits superreichen Kunden noch reicher. Thyra, die als investigative Journalistin arbeitet, glaubt dem Anrufer und macht sich sofort auf den Weg nach Berlin, wo diese Firma ihren Sitz hat. Mittels ihres Netzwerkes gelingt es ihr eine Anstellung in der Firma zu bekommen. Sie will so viel wie möglich über die fragwürdigen Finanzstrategien und Finanzströmen der Firma in den Geschäftsunterlagen herausfinden. Ein sehr gewagter Plan, der sie schlussendlich in lebensbedrohliche Gefahr bringt. Ich fand es sehr spannend, wie unerschrocken Thyra bei ihrer Suche nach Hintergrundwissen ist und wie kaltschnäuzig und dreist sie als sie erwischt wird reagiert.
Aber ihre Gegner gehen über Leichen. Der Steuerbetrug ist nur ein Teil der Wahrheit. Es gibt noch weitere Geheimnisse in der Familie Bockhorst, die niemals an Licht kommen dürfen. Durch diese zusätzlichen Geheimnisse wird die Spannung im Buch noch einmal richtig angeheizt. Die Seiten habe ich nur so verschlungen. Insbesondere die Beschreibungen zu den geheimen Bunkeranlagen in Genshagen, Nähe Ludwigsfelde, fand ich äußerst interessant. In dem Zusammenhang möchte ich auch Bufo, den hässlichen Mann aus der Wohnwagensiedlung in der Rigaer Straße erwähnen. Der sein großes Herz unter Beweis stellt und Thyra bei ihrer Suche nach den Vermissten in den Bunkeranlagen hilft. Denn hier kennt er sich aus wie kein zweiter. Wieder einmal hat es sich gezeigt, dass das Äußere nicht alles ist, auf die inneren Werte kommt es an. Ich habe mich mit diesem Krimi sehr spannend unterhalten gefühlt und gebe daher 5 Lese-Sterne.

Bewertung vom 02.12.2024
Litz, Doris

Bluttanz (eBook, ePUB)


sehr gut

Annalena, jung, hübsch und voller Hoffnung auf eine Karriere als Model und Influencerin, wird von ihrer Freundin brutal erstochen und zerfetzt gefunden. Am ganzen Körper sind die Einstiche zu sehen. Nur das Gesicht wurde verschont. Hier sind auch keine Blutspritzer zu finden, während der gesamte Raum um sie davon gesprenkelt ist. Die Tat selbst kann diese weitflächige Verteilung des Bluts nicht begründen. Es sieht eher danach aus als hätte der Täter das Opfer in Szene gesetzt.
Es ist der 4. Teil um die leitende Oberstaatsanwältin Lina Saint-George, die es trotz negativer Erfahrungen nicht lassen kann, sich direkt in die Ermittlungen mit einzubringen. Auch wenn ich die ersten Fälle nicht gelesen habe, ist es mir nicht schwergefallen mich hier einzufinden. Die Charaktere im Buch sind sehr sympathisch. Auch wenn einige davon nach außen hin eher grantig wirken, so verbergen sie dahinter doch nur ihr weiches Herz. Es war spannend mitzuerleben, wie aus den gleichen Arrangements am Tatort recht schnell weitere Opfer diesem Täter zugeordnet werden können. Nur bleibt das Motiv des Täters lange verborgen, sind doch zwischen den Opfern anfangs keine Verbindungen zu finden.
Wie jeder, Manfred Neuer und Leo Teichgräber von der Koblenzer Kripo und Lina mit ihrer quirligen Praktikantin auf Seiten der Staatsanwaltschaft, versucht zur Ermittlung des Täters beizutragen, fand ich sehr unterhaltsam und spannend beschrieben. Staatsanwaltschaft und Kripo erschienen mir als eingeschworenes Team, auch wenn ich hier eines Besseren belehrt wurde. Von mir gibt’s 4 Lese-Sterne.

Bewertung vom 28.11.2024
Jaschinski, Christian

STARCK und der erste Tag


sehr gut

Andreas Starck, vor einer Ewigkeit einmal Oberstaatsanwalt und ein Mann, der sich für die Gerechtigkeit einsetzt. Jetzt ist er ein Mann, der alles verloren hat. Seine Frau, seine Tochter und seinen Job. Nach 5 Jahren kommt er, der unschuldig hinter Gittern saß, nach Hause. Falsch, ein zu Hause hat er nicht mehr. Er zieht zu seiner Mutter in sein Elternhaus in sein altes Kinderzimmer in Detmold. Doch auch hier fühlt er sich, abgesehen von seinem stupiden Job als Autovorwäscher, beobachtet und in sein Elternhaus wird eingebrochen. Starck gerät wieder in den Focus der Polizei. Spuren lassen ihn wieder als Tatverdächtigen erscheinen.
Ich fand es spannend zu lesen, wie dieser einst so engagierte Staatsanwalt nach unschuldig verbüßter Strafe versucht herauszufinden, wer der Drahtzieher bei der Zerstörung seiner Familie und dem Legen von falschen Spuren sowie dem Verschwinden von Beweisen ist. Dabei stellt der Autor dem Leser viele Kriminelle vor. Von Auftragskiller, über Hehler bis hin zum kleinen Dieb ist alles dabei. Das hat mich am Anfang etwas verwirrt. Dann habe ich es aber als Gleichnis empfunden. Denn auch Starck grübelt, wer hinter allen Manipulationen gegen ihn stecken könnte. Aus seinen spektakulären Verurteilungen fallen ihm da drei mögliche Drahtzieher ein. Dem geht er nun im ersten Teil nach und entdeckt dabei ein bisher streng gehütetes Geheimnis seines vor einem Jahr verstorbenen Vaters. Der gibt ihm nach seinem Tod ein schwieriges Rätsel zu knacken. Bei den Beschreibungen wie Starck versucht den 10stelligen Code zu ermitteln, hat der Autor mich bei den letzten Schritten leider abgehangen, obwohl ich ein Zahlenmensch bin. Das war mir dann doch zu verwirrend.
Eine Figur fand ich sehr interessant. Das ist Duncan, der Knastbruder und der einzige Mensch dem Starck wirklich vertrauen kann. Wenn auch nicht übermäßig herzlich, so stellt Duncan doch die richtigen Fragen, um Starck den weiteren Weg für seine Suche nach Greta, seiner Tochter, zu weisen. Und gibt ihm Vanessa als Unterstützung an die Seite. Auf diese Frau, die so viele Geheimnisse wie Fähigkeiten zu besitzen schient, freue ich mich schon im 2. Teil. Meine Neugier ist geweckt und Teil 1 bekommt schon mal 4 Lese-Sterne.

Bewertung vom 27.11.2024
Linell, Alexa

BOX - Nimm dich in Acht vor dieser KI


sehr gut

Veda arbeitet als Referendarin in einer Anwaltskanzlei. Da ihr das zweite Staatsexamen fehlt, ist sie keine Volljuristin und kann keine Mandanten vor Gericht vertreten. Aber ihr gefällt es die Zuarbeiten für die Volljuristen zu machen. Dabei zeigt sie sehr großes Talent, so dass sich viele Bekannte und Kollegen inklusive ihres Chefs fragen, warum sie nicht einfach das 2. Examen nachfolgt.
Dann begeht Vedas Ex-Freund Danilo, zu dem sie erst vor Kurzen wieder Kontakt hatte, Selbstmord. Veda glaubt nicht an einen Selbstmord und beginnt gemeinsam mit Philipp, Rechtsanwalt und Freund sowie Kommissarin Talli hinter die Gründe dieses angeblichen Selbstmordes zu kommen. Und dieser eigenartige Selbstmord wird nicht der Einzige sein, über den die drei stolpern und der sie in tödliche Gefahr bringt. Spannung habe ich nur bedingt gespürt. Mir war die Hauptfigur, Veda Weller, einfach nicht sympathisch. Die Beschreibungen zum Erscheinungsbild ihrer chaotisch aussehenden Wohnung und ihren erfolglosen Aufräumaktionen sowie ihre ständigen Selbstzweifel lassen sie in meinen Augen unstrukturiert erscheinen. Das passt dann irgendwie nicht zu den Lobpreisungen ihres Chefs und ihrer Freunde bezüglich des Nachholens ihres 2. Staatsexamens und erfolgreiche Juristin. Ohne Improvisationstalent, wie Veda sich selbst im Buch beschreibt, vielleicht doch die richtige Entscheidung im jetzigen Job zu bleiben.
Es gab Situationen im Buch, die haben mir schon eine Gänsehaut gebracht. Zum Beispiel als Philipps Tesla ein Eigenleben entwickelt hat und das System des Autos nicht mehr reagiert. Sehr gut fand ich das Ende des Thrillers. Nicht was den direkten Ausgang betraf, sondern die Ausführungen zu, ich nenne es mal Risiken und Nebenwirkungen, der Box. Hier war ein breites Spektrum ungewollter, unbeherrschbarer, nachvollziehbarer Faktoren, Risiken und Entwicklungen aufgezeigt, die mir als Leser Angst machten. Diesem Thriller, der von menschlichen Seilschaften, Rachegefühlen und dem Einsatz künstlicher Intelligenz als Mittel im Rechtsprozess handelt, gebe ich 3,5 Lese-Sterne.

Bewertung vom 23.11.2024
Walsh, Tríona

Nachtwald


ausgezeichnet

Gleich zu Anfang wird der Leser mit der Flucht von Claire und Lizzi konfrontiert. Beide scheinen am Ende ihrer Kräfte oder gar verletzt zu sein. Dann die Rückblende auf 3 Tage zuvor. Vertraut mit dem, wie angeschlagen Mutter und Tochter die Flucht durch den Wald von Butler Hall wagen, bildet sich gleich am Anfang der Spannungsbogen auf. Über allem steht die Frage, was in diesen drei Tagen zwischen der neu zusammengewürfelten Familie passiert sein kann. Das hat mir gefallen, regt es doch das Kopfkino beim Leser an. Anfangs scheinen sich alle noch Mühe zu geben, um aus diesem Wochenende in der Abgeschiedenheit und wenn man ehrlich ist in einem alten Herrenhaus, das den Namen nicht wirklich verdient, ein Kennenlernen der neuen Familie werden zu lassen. Doch das Haus und seine umgebenden Gebäude sind mehr verfallen als nutzbar. Dazu noch dieser düstere, sich immer mehr ausbreitende Wald bis fast ans Haus heran. All das lässt die Gegend eher schaurig als liebenswert erscheinen.
Das Verhältnis von Lizzi und ihrer Mutter Claire ist noch immer angespannt. Ausuferungen in Lizzis Verhalten und Leben vor 5 Jahren lassen sich nicht einfach auslöschen. die schrecklichen Erinnerungen nicht einfach beiseiteschieben. Dabei verfolgt Claire mit diesem Wochenende ganz eigene Ziele, wie so manch andrer aus der Gruppe auch. Das bringt viele Twists, was ich unwahrscheinlich spannend fand. Eine uneingeschränkte Leseempfehlungen sowie 5 Lese-Sterne gibt’s darum auch von mir.

Bewertung vom 17.11.2024
Peck, Quentin

Minus 22 Grad / Johannsen Bd.1


ausgezeichnet

Laura Gehler ist studiert Fotografie. Sie ist sportlich und hat ihre festen Rituale, wie zum Beispiel gegen Mitternacht und egal wie das Wetter ist mit ihrem Treckingrad bis an ihre Grenzen zu gehen. Doch an diesem Abend wird sie von einem SUV abgedrängt, ausgeknockt und wacht erst in einem Käfig aus Plexiglas wieder auf.
So beginnt die Geschichte, die sich im Weiteren auf sehr unterschiedlichen Ebenen entwickelt, um zum Ende alle losen Fäden zu einem großen Ganzen werden zu lassen. Anfangs war ich sehr verwirrt, konnte keine Zusammenhänge erkennen und wollte doch unbedingt wissen, worin diese bestehen. Jede Person hatte ihr eignes kleines oder größeres Geheimnis, wies teilweise manische Züge auf. Der Autor hat mich faktisch an das Buch gefesselt. Danke dafür. So einen spannenden Thriller mit so verwirrenden Zusammenhängen wie unerwarteten Wendungen habe ich lange nicht gelesen. Gleichzeitig hat der Lesestoff dank der gelungenen Wortwahl von Quentin Peck bei der Beschreibung des schneetreibenden Wetters, der eisige Kälte und der einsamen Gegend mein Kopfkino anspringen lassen. Gänsehaut inbegriffen. Ohne Einschränkungen gibt es deshalb von mir eine 100%ige Leseempfehlung sowie 5 Lese-Sterne.

Bewertung vom 16.11.2024
Muhl, Iris

Ein Lied für den Feind


gut

Manfred und Samuel Scheller sind Brüder. Sie leben in Bad Berleburg im Sauerland und sind mit der Natur sehr verbunden. Und die gibt den beiden Brüdern auch immer wieder Unterschlupf, Schutz und Hoffnung. Denn zu Hause auf dem Bauernhof, wo der Vater sich weder um das Vieh, den Acker noch um seine Familie kümmert, sich immer mehr dem Alkohol ergibt, hält man es an seinen exzessiven Tagen nicht aus. Iris Muhl beschreibt es im Buch: Mit den Muskeln wuchs die Wut und mit zunehmenden Kräften der Widerspruch gegenüber dem Vater. Immer wieder flüchten die beiden an die versteckte Stelle am Fluss und verbringen die Nacht im Freien.
Manfred, alle nennen ihn Fred, hat ein Händchen für Tiere, ja manchmal kam er mir wie ein Tierflüsterer vor. Um seinen Traum, Tierarzt zu werden, umzusetzen, beginnt er ein Veterinär-Studium in Berlin. Es fällt ihm nicht leicht seinen jüngeren Bruder in der Nähe des gewalttätigen Vaters, gegen den die Mutter kaum etwas ausrichten kann, allein zurückzulassen. Das schlechte Gewissen plagt ihn. Doch mehr als zwei Semester bleiben Fred nicht. Dann bricht der erste Weltkrieg aus, er wird einberufen und an die Westfront geschickt. Sehr eindringlich beschreibt die Autorin, wie sehr Fred mit dem Grauen an der Front zu kämpfen hat. Denn dort wird er gezwungen entgegen seinem Glauben auf Menschen zu schießen. Die Soldaten müssen in eisiger Kälte und ohne ausreichende Versorgung und Schlafmöglichkeiten versuchen die Stellungen zu halten. Doch dann, an Weihnachten 1914 kann Fred erleben, wie über die Schützengräben hinweg ein Bild des Friedens und der Freude geschaffen wird. Deutsche und Engländer beschließen einige Stunden der Waffenruhe, wollen ihre gefallenen Kameraden begraben und begehen einige friedvolle, besinnliche Stunden gemeinsam. Das hat mich beim Lesen schon berührt und doch muss ich sagen, dass mir hier die Ausführungen zwischen den Kapiteln etwas abgehackt vorkamen. Ich glaube, wäre das fließender und eindringlicher beschrieben worden, wäre ich beim Lesen zerflossen. Insgesamt gebe ich 3,5 Lese-Sterne.

Bewertung vom 12.11.2024
Debreczeni, József

Kaltes Krematorium


ausgezeichnet

Als Betroffener berichtet József Debreczeni eher wie ein Außenstehender von seiner Deportation aus Batschka ins Arbeitslager und zum Schluss ins Außenlager Dörnhau. In meinen Augen kommt hier sein Beruf als Journalist zum Tragen. Alles von außen betrachten und akribisch beschreiben. Er bedient sich einer sehr bildhaften Sprache. So beschreibt er beispielsweise die hasserfüllten Blicke der Deutschen mit „dunklen Blicken abgeduscht“. Das ist nicht nur sehr eindringlich, das geht unter die Haut.
Jòzsef sieht sich nicht unbedingt im Mittelpunkt seiner Schilderung des Grauens, sondern als Beobachter und Berichterstatter. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass er überlebt hat. Denn Häftling ist nicht gleich Häftling. Die Machtstrukturen im Lager zu kennen, kann überlebenswichtig sein. Mit kleiner Macht ausgestattete Inhaftierte (Lagerälteste, Kapos) werden zu Gegnern, mitunter noch grausamer, unmenschlicher gegenüber ihren Leidgenossen als die Deutschen. Alles nur, um den eigenen Status zu sichern und eigene Vorteile daraus zu ziehen. Jeder gegen jeden, das ist im Lager das Motto. Keinem kannst du trauen. Jòzsef beobachtet sehr genau die Machtstrukturen, sind sie doch überlebenswichtig. Es hat mich regelrecht aufgewühlt, wie viele der Häftlinge mit welch krassen Mitteln vorgegangen sind. Mitunter härter als die eigentlichen Bewacher der SS.
So ist es nicht verwunderlich, dass der Autor in diesen beiden letzten Kriegsmonaten kaum Menschen im Lager trifft, die ihre Menschlichkeit bewahrt haben. Der Titel des Buchs ist so treffend wie erschütternd. Dieses Buch kann man nicht hintereinander lesen. Ich musste mir Pausen gönnen, um das Grauen zu verarbeiten. Von mir gibt’s 5 Lese-Sterne.

Bewertung vom 10.11.2024
Rohn, Lena

Das Kind mit den stummen Augen


sehr gut

In Emden gibt es das Teehaus Drees bereits seit vielen Generationen. Zurzeit führen es Mutter Inga, Tante Martha und Ingas Tochter Theresa. Leider wenig erfolgreich. Es fehlt an neuer Kundschaft und darum hat Theresa nicht nur einen Onlineverkauf ins Leben gerufen, nun will sie auch noch durch einen Zeitungsartikel weitere Kundschaft auf sich aufmerksam machen. Eine Entscheidung hinter der die die beiden Schwestern Inga und Martha nicht stehen. Haben beide doch ein lang gehütetes Geheimnis.
Die Autorin mach es dem Leser leicht in die Geschichte der Familie Drees und deren Sorgen um den Teeladen einzusteigen. Recht schnell lernt man die einschneidenden Erlebnisse der beiden Schwestern aus der Kinderkurverschickung 1964 kennen. Die sind so gravierend für das weitere Leben der beiden damals 9 und 6jährigen Mädchen gewesen, dass sie bis heute nie darüber gesprochen haben. Inga, die Ältere der beiden, hat noch heute nachts Alpträume und Schuldgefühle. Martha hat sich dagegen einen Panzer zugelegt und lässt niemanden so richtig an sie heran. Nach Außen eloquent, ist sie im Inneren jedoch noch immer zutiefst verletzt. Die Schilderungen zu den Abläufen und Maßnahmen im Kinderkurheim waren für mich erschütternd. Ja, eigentlich kaum vorstellbar, hier jedoch so lebendig geschildert, dass man es einfach glauben musste.
Als Theresa wegen des Zeitungsartikels in alten Unterlagen auf Ungereimtheiten in alten Fotos stößt ist ihre Neugier geweckt und gemeinsam mit dem Journalisten Jonas van Bergen deckt sie nicht nur ein sehr dunkles Geheimnis in der Familiengeschichte der Drees, sondern auch der deutschen Geschichte, auf. Ihre Recherchen haben mich sehr kurzweilig unterhalten, haben aber auch Entsetzen bei mir ausgelöst. Ich fand es auch interessant zu lesen, dass erst 1998 jegliche Misshandlung in Schulen verboten wurde und von schwarzer Pädagogik hatte ich bisher noch nie gehört. Es ist ein Buch, das noch einige Zeit in mir nachgewirkt hat. Insgesamt gebe ich 4 Lese-Sterne.