Halloween auf dem Campingplatz Himmelreich – der einzige Gruselfaktor in diesem Cosy-Crime
Darum geht es
Der zweite Fall für den Ex-Schauspieler Björn Kupernikus beginnt mit einer Kathastrophe. Jedenfalls für Kupernikus, der weder Brötchen noch seinen ersten Kaffee bekommt. Auf der Suche nach dem Bäcker und seinem Wagen, der die tapferen Camper beliefert, die Ende Oktober noch auf dem Campingplatz Himmelreich ausharren, findet er nur einen verlassenen Wagen. Eine Entführung, Selbstmord oder gar Mord? Fragen, die es jetzt zu lösen gilt. Und das kann Kupernikus zusammen mit der Hundedame Pinguin und seiner »Partnerin in crime« Annabelle ja besonders gut.
Mein Eindruck
Ein zweiter Fall auf dem Campingplatz: ein verschwundener Bäcker erregt die Neugier von Hobbydetektiv Kupernikus, nur kurz nach dem Fund der Leiche und der Mordaufklärung. Auch wenn es Anspielungen auf das erste Buch »Mord im Himmelreich« gibt, verstand ich doch alles ganz wunderbar ohne dessen Lektüre.
Die Charaktere, sei es Kupernikus und Annabelle oder der Kommissar und die Rechtsmedizinerin oder der brasilianische Finne, alle haben ihre ganz speziellen Facetten, Ticks und Fähigkeiten. Auch die Interaktion zwischen den Figuren oder besser gesagt Parteien - hier Hobbydetektive, dort Kriminalpolizei - liest sich pointiert und auf den Punkt. Es gibt Kabbeleien, Frotzeleien und Spitzen zwischen den Akteuren, wie man es von einem Cosy-Crime erwarten darf.
Der Fall entwickelt sich, erweist sich als vielseitiger und tiefgründiger als am Anfang vorhersehbar. Es liest sich alles sehr angenehm, leicht in einem Rutsch.
Auch wenn manches sehr offensichtlich für mich war, aber Polizei und Kupernikus erst am Ende auf die Idee kamen, wo der Bäcker denn sein könnte (für mich nicht 100% glaubwürdig), so fand ich das Buch als leichte Urlaubslektüre doch unterhaltsam genug für 4 Sterne.
Fazit
Der liebenswürdige Hobbydetektiv ist wieder einmal der Polizei voraus und am Ende ist es alles gar nicht so schlimm. Kurzweiliger Cosy-Crime im Campingmileu mit Esoteriktouch – warum nicht einmal im Urlaub lesen.
Darum geht es:
Der Winter in Berlin 1946/47 ist hart, kalt und unbarmherzig. Auch mehr als ein Jahr nach Kriegsende liegt die Stadt noch in Trümmern, Lebensmittel sind rationiert und der eine Baum, der jedem zum Abholzen zugeteilt ist, schon längst verfeuert.
Die Fotografin Lou Faber läuft durch die Straßen auf der Suche nach einem Motiv, einem Bild, das sie evtl. an Magazine verkaufen kann. Dabei entdeckt sie in den Trümmern eines Hauses eine Frauenleiche mit vor dem Körper zusammengelegten Händen. Eine Haltung, die sie zu mehreren Fotos verleitet, ehe sie die Polizei ruft.
Kriminalkommissar Alfred König hat die letzten Kriegstage wegen Befehlsverweigerung im Gefängnis verbracht und sich so anscheinend das Vertrauen der Alliierten erworben, die »unbescholtene« Polizeibeamte für einen Neuanfang benötigen. Er ermittelt in diesem Fall und trifft auf die resolute Lou, die der Polizei nicht traut. Getrennt und doch gemeinsam folgen sie den Spuren, doch erst einige Leichen später kommt die ganze Tragödie ans Licht, die ihren Ursprung in den unsäglichen Taten der Nazizeit hat.
Mein Eindruck:
Trostlos, bitterkalt, verzweifelt mit einem Hauch Mut. So stellt sich mir Berlin am Ende des Jahres 1946 vor. Die Stadt und der Winter, das Misstrauen gegenüber den Mitmenschen und der Polizei, die »Überläufer«, die auf einmal nichts mehr mit dem Naziregime zu tun hatten. Die Zeiten nach dem Krieg werden eindrücklich und erfahrbar beschrieben. Lou und König haben sich beide klar gegen die Nazis gestellt und dafür gelitten und mit seelischen und körperlichen Schäden bezahlt. Trotzdem kämpfen sie sich durch die schweren Zeiten.
Die Krimihandlung ist solide erzählt, spannend bis zur Auflösung. Dennoch hat das Buch Längen, zum einen in einigen Kapiteln, die von einem Kriegsgefangenen im russischen Lager erzählen. Zum anderen bremsen die immer wieder ausführlich gezeigten schlimmen Verhältnisse, die Kälte, der Hunger beim Lesen aus. Irgendwann war es mir einfach zu viel. Ich hatte im ersten Teil des Buches schon ein gutes Bild von den schlimmen Lebensbedingungen. Da musste für mich nicht die x-te Beschreibung, wie kalt und unwirtlich die Situation war, auf einer ganzen Seite erzählt werden.
Fazit:
Ein Blick in das kalte Nachkriegsdeutschland in all seinen Widersprüchen. Zwei unterschiedliche Charaktere mit ihren eigenen Wunden aus der Kriegszeit, die sich wieder ins Leben kämpfen. Trotz einiger Längen ein gelungenes Buch und ein Auftakt, der neugierig macht auf mehr von Lou und König.
Eine berührende Lebensgeschichte über verpasste Chancen
Darum geht es
In einem kleinen Dorf an der schottischen Küste wird im Winter 1900 ein Junge aus den Fluten gerettet. Der Junge sieht dem Kind der Dorflehrerin Dorothy ähnlich wie ein Zwilling. Doch der ist vor Jahren bei einem Sturm im Meer verschwunden. Trotzdem nimmt Dorothy ihn bei sich auf, bietet ihm Wärme und Liebe, so dass er im wörtlichen und übertragenen Sinne auftaut. Mit der Zeit werden Erinnerungen wach, bei Dorothy und der Dorfgemeinschaft und manche ungeklärte Fragen werden endlich beantwortet.
Mein Eindruck
Eine eingeschworene Dorfgemeinschaft in einem Winter, getrennt von der Welt, aber mit vielen Geheimnissen, Sehnsüchten und unerfüllten Wünschen. In zwei Zeitebene erzählt Julia R. Kelly gelungen das Leben von Dorothy, die als junge Lehrerin von Edinburgh in diese Dorfgemeinschaft kommt und alles durcheinanderbringt. Es ist zugleich eine Geschichte über das Hoffen auf ein gutes Leben, die Enttäuschungen, die es mit sich bringt, über Missverständnisse und selbst auferlegtes Leiden.
Stück für Stück zeichnet sich mir ein Bild, welche Dramen sich in den vergangenen Jahren abspielten. In die erzählte Vergangenheit hinein gibt es immer wieder Kapitel in der Jetzt Zeit, der erzählten Zeit von 1900, die sich mit dem aufgetauchten Jungen beschäftigen und Dorothy zeigen, wie sie endlich mit dem Verlust ihres Kindes umzugehen lernt. So greifen beide Ebenen in einander und bilden ein spannungsgeladenes Gesamtwerk.
Fazit
Ein berührende Geschichte mit gewaltiger Bildkraft. Ruhig erzählt und doch geht sie unter die Haut. Denn so oft wünscht man sich, dass die Figuren über ihren Schatten springen und offen sagen, was Sache ist. Stattdessen reagieren sie auf Hörensagen und das ändert den Lauf nicht nur eines Lebens. Ich leide mit Dorothy und fiebere dem Ende entgegen. Für mich war das Hörbuch, gelesen von Astrid Kohrs, ein Genuss.
Mads Madsen ist Trauerredner und bereitet gerade die Beerdigung seines Vaters vor. Und Vorbereitung ist hier im wahrsten Sinne des Wortes gemeint, denn es ist ein Testlauf, eine Testrede (die dritte) und sein Vater noch nicht tot. Gestorben ist jedoch ein Jugendfreund bei einem Verkehrsunfall, der Mads Nachrichten schickt. Mads soll seine Trauerrede halten. Doch Mads und Patrick hatten sich schon seit Jahren aus den Augen verloren.
Also beginnt Mads Fragen zu stellen und damit fangen seine Probleme erst an. Er spannt seine Familie ein, stößt die Kommissarin vor den Kopf und kommt Verbrechern in die Quere.
Mein Eindruck:
Schon das Cover verrät den Ton dieses Krimis: ein kleiner weißer Hund hebt das Bein an einem Sarg. Hier geht es nicht todernst zu, sondern launisch, lustig und lebendig. Einige besonders gezeichnete Figuren säumen den Weg von Mads Madsen, der immerhin mit einer gewissen Beharrlichkeit versucht, die Umstände aufzuklären, unter denen sein Jugendfreund Patrick gestorben ist. Dabei stößt er immer wieder auf Widerstände, teils auch sehr bedrohliche, die ihn aber nicht abhalten. Denn er will den letzten Wunsch seines Freundes erfüllen und eine ihm angemessene Trauerrede halten.
Fazit:
Mord und Tod werden hier mit einem Augenzwinkern betrachtet. Die mit Tiefe entwickelten Figuren einschließlich der Malteserhündin Bobby machen dieses Buch zu einem kurzweiligen Leseabenteuer. Ich bin gespannt auf den zweiten Teil.
Der Totengräber und die Pratermorde von Oliver Pötzsch, Ullstein, 2025
Zauberei, Magie und Mord – wer treibt sein Unwesen am Prater?
Darum geht es:
Auch Wien will 1886 modern sein und gerade im Bereich der Zauberei gibt es den einen oder anderen aufsehenerregenden Trick. Doch leider wird die »zersägte Jungfrau« tatsächlich zersägt - ein verunglückter Trick oder ein Mordanschlag?
Und dann sind da noch die verschwundenen Mädchen am Prater und ein handfester Betrug der Wiener Bestattungsunternehmen.
Im vierten Band der Totengräber-Reihe haben der kratzbürstige Inspektor Leo von Herzfeldt, die Reporterin Julia Wolf und der Totengräber Augustin Rothmayer wieder einige Verbrechen aufzuklären. Dabei kommen ihre persönlichen Befindlichkeiten ihnen immer wieder in die Quere.
Mein Eindruck:
Julia und Leo haben sich getrennt, doch nun sehen sie sich bei dem ersten Mordfall im Theater wieder. Neben den persönlichen Entwicklungen, die sich durch jeden Band ziehen und gerade Leo, Julia und Augustin liebenswert und lesenswert machen, bleibt es nicht bei einem Todesfall. Wie schon gewohnt, verwickeln sich scheinbar unabhängige Erzählstränge zu einer spannenden Gesamtgeschichte, auch wenn ich am Anfang nicht ahnen kann, wie das Ganze zusammenhängt.
So macht das Miträtseln und Mitfiebern umso mehr Spaß. Wien hat sich weiterentwickelt, selbst bekannte Namen wie der große Houdini tauchen diesmal auf und bereichern die Geschichte.
Fazit:
Ein kurzweiliger und spannender Einblick in das Wien von 1886 und insbesondere den Prater. Solides historisches und schreiberisches Handwerk und sehr zu empfehlen (gerade, wenn es wieder früher dunkel wird ;) )
Ein Junge verschwindet in Mecklenburg, 1992 – eine Geschichte über Ängste, Neuanfänge und Verloren sein – und den Tod
Darum geht es:
In einer Stadt in Mecklenburg verschwindet ein 11-jähriger Junge. Kriminalhauptkommissar Groth, nach über 25 Jahren Dienst in Hamburg zurück in seine alte Heimat gekehrt, organisiert die Suche, zuerst noch mit ein wenig Hoffnung, den Jungen in der kalten Januarzeit lebend zu finden. Dann stößt er auf ein Verbrechen, das schon sechs Jahre zurückliegt, ungeklärt ist und vielleicht den Durchbruch bedeuten könnte. Gegen den Willen seiner Vorgesetzten beginnt Groth zu ermitteln.
Mein Eindruck:
Alle Figuren dieses Buches sind gebrochene Menschen, haben tragische Geschichten erlebt oder erleben sie gerade. Und doch wirkt dies nicht aufgesetzt, aufdringlich, zu viel, sondern zeigt Schicksale, wie sie waren.
Da ist die Taxifahrerin mit ihrem Sohn, die vor dem gewalttätigen Ehemann abtaucht, die Lehrerin, die nicht mehr vor ihre Schüler treten kann, die »Ossis«, die mit der Wende und den Änderungen zurechtkommen müssen oder eben nicht, und der »Wessi«-Hauptkommissar, der nach einem traumatischen Verlust in seiner Heimat einen Neuanfang wagt, wagen muss.
Ich komme diesen Menschen nahe in der Sprache und der Charakterisierung. Die in Präsenz geschriebene Geschichte entwickelt ihren eigenen Sog. So liest sich gerade der Anfang, die Suche nach dem vermissten Jungen, als würde es jetzt passieren, als würde ich alles live miterleben. Und bis zur Auflösung bin ich nah dran an dem Kommissar, aber auch an den anderen Personen.
Geschickt verwebt die Autorin die unterschiedlichen Erzählperspektiven zu einer dichten Geschichte über Ängste, Neuanfänge und Verloren sein.
Fazit:
Ein Wendezeitkrimi, der das Leben und die Gefühle der Menschen in Mecklenburg aufzeigt und mit einem schockierenden Fall verbindet. Für mich authentisch, lebensnahe und intensiv geschrieben. Das Buch öffnet einen Blick für damals und ist spannend zu lesen.
Wenn Essen zur Tatwaffe wird – durchaus spannend, aber das Ende wirkt konstruiert
Darum geht es:
Mitten in der Karnevals - Hochzeit von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch wird in Dresden nicht nur gefeiert, sondern insbesondere tauchen Leichen auf. Mit einfallsreichen Folterinstrumenten wie Fritteusenfett oder salzigem Fleisch sind sie zu Tode gefüttert worden. Der Kriminalbeamte Arne Stiller ermittelt und dank seinen kryptologischen Kenntnissen kann er die Spur aufnehmen, die der Täter mit einem speziellen Bildercode legt.
Mein Eindruck:
Teilweise brutal eklig und brutal in seinen Tötungsmethoden lässt Elias Haller den Lesenden mitleiden. Die Geschichte entwickelt sich aus den unterschiedlichen Perspektiven. Vorahnungen über das Motiv tauchen auf und aufgrund der Erzählweise rätselt der Lesende schnell mit, wer der Täter ist. Da scheinen dann manche Hinweise zu offensichtlich, dass ich denke, so platt kann die Lösung doch nicht sein. Alles nimmt seinen Lauf, die Toten mehren sich und wie es zu einem guten Thriller gehört, sind Ankündigungen, mehr Todesdrohungen, mehr Opfer im Spiel.
Der Grund, warum Stiller seine kryptologischen Fähigkeiten einsetzen muss, ist ein kniffliges Bilderrätsel, was mich begeistert hat.
Trotzdem überzeugt die Auflösung mich nicht, erscheint mir am Ende zu oft um die Ecke gedacht und vom Himmel gefallen, nur damit noch ein Twist in die Geschichte kommt. Dennoch hat der Krimi mich gut unterhalten, ist spannend geschrieben, die Charaktere solide gezeichnet.
Fazit:
Ein guter Plot, größtenteils ein solides Schreibhandwerk, eine interessante Handlung. Nur das Ende war dann etwas zu gewollt überraschend.
Von Müttern und Töchtern und über das Schweigen – welch eine ergreifende Geschichte, die den Bogen spannt zwischen 1943 und 2019
Darum geht es
Als Laura in den Papieren ihrer gestorbenen Großmutter Änne ein Bild und weitere Papiere findet, stellt sie schmerzlich fest, wie wenig sie von der jungen Änne weiß. Und weil sie keine Fragen mehr stellen kann, fährt sie nach Schlesien, zu dem Geburtshaus von Änne. In einer zweiten Ebene erzählt Miriam George, wie es damals gewesen war, in Schlesien, im Krieg, auf einem der ehemals reichen Gutshöfen. Änne ist gerade mal 17 Jahre alt, als sich alles ändert.
Mein Eindruck
Ein Buch, das ich schwer weglegen konnte. Laura wandelt auf den Spuren ihrer Großmutter und sucht Antworten, die ihr erklären, warum ihre Großmutter ist, wie sie war. Auch, um ihrer Mutter Ellen bei der Trauerarbeit zu helfen. Und während ich mit Laura über den fast verlassenen Gutshof laufe, kommt der geschickte Schnitte zu der jungen Änne und ihrer Lebensgeschichte, die sich 1943 so dramatisch ändert.
Beide Ebenen sind geschickt miteinander verwoben, voller Geheimnisse, die sich erst am Ende klären. Einem Ende, das sich logisch, aber doch überraschend entwickelt.
Fazit
Der Blick in die Kriegszeit in Schlesien hat mich beeindruckt. Das immer wieder unterschwellig angedeutete Schweigen über diese Zeit sind mir wohlvertraut. Es lohnt sich, zu Fragen, solange es noch Zeit ist.
Ein absolut lesenswertes Buch.
Eine Mutter-Tochter Geschichte zwischen Japan und Deutschland, Erinnerung und Vergessen
Darum geht es:
Eine letzte Reise nach Japan plant die Tochter Aki für ihre demente Mutter Keiko, denn ihre Großmutter, Keikos Mutter, ist gestorben. Vielleicht, so hofft sie, findet ihre Mutter Ruhe und die eine oder andere Erinnerung. In der Vorbereitung der Reise blickt sie auf das nicht einfache Leben ihrer Mutter zurück, zwischen japanischer Kultur und deutschen Schwiegereltern.
Mein Eindruck:
Die Geschichte entwickelt sich leise und langsam, wechselt von dem Jetzt, in dem Aki mit ihrer dementen Mutter Keiko die Reise nach Japan, in das Heimatland ihrer Mutter plant, zum Gestern, wo die Vergangenheit ihrer Mutter erst in Japan und dann in Deutschland beschrieben wird.
Die schwierige Tochter – Mutter Beziehung wird ebenso unaufgeregt erzählt wie die Erlebnisse und Begegnungen in Japan. Über allem schwingt die zunehmende Demenz und die tiefe Traurigkeit, die Keiko schon lange in sich trägt.
Das Leben von Keiko, das sie wohl immer mehr vergisst, entblättert sich so vor den Augen. In einer bildreichen, beeindruckenden Sprache zeigt Yuko Kuhn dieses nicht einfache Leben und insbesondere das Jetzt in der Demenz, wie es Aki beobachtet: »Ich frage mich, ob sich aus den Puzzleteilen, die sie entdeckt, zumindest für einen Moment eine Erinnerung zusammensetzt, bis sie sich etwas anderem zuwendet und ihre Geschichte wieder in alle Himmelsrichtungen auseinanderfliegt.«
Fazit:
Ein Einblick in die japanische Kultur und in eine fortschreitende Demenz, ruhig erzählt. Für mich eine interessante Lektüre, die mir das Land und die Kultur Japan näher brachte. Alles in allem für mich aber zu unaufgeregt erzählt, dennoch für Japan-Interessierte durchaus lesenswert und ein bemerkenswerter Einblick in das Thema Demenz.
Wenn das eigene Kind unerwartet stirbt; literarisch exzellent, aber nur mit starken Nerven und guter Laune ertragbar
Darum geht es
Familie Stenger ist nicht nur von außen betrachtet eine glückliche Familie. Die lebensfrohe Sofie, der hilfsbereite Vater, eine fürsorgliche Mutter. Bis Sofie bei einem Konzert durch einen Anschlag das Leben verliert. Wie damit umgehen in einer digitalen Welt, in einer Welt voller Ressentiments und Vorurteilen? Eine Zerreißprobe für die Eltern und die Gesellschaft.
Mein Eindruck
Ich habe geweint. Mindestens die Hälfte des Buches über. Jan Costin Wagner schafft es eindrücklich, diesen unfassbaren Verlust in Worte zu fassen, die Trauer, die Gedanken der Familie und der Freunde von Sofie werden so greifbar, fast nicht zu ertragen (für mich als Mutter).
Und dann dringen immer wieder die Meinungen der Gesellschaft in diese Trauer. Ein erschreckender, realer, sozialkritischer Blick, der sich in die Geschichte mischt. Teilweise übergriffig. Kann man der Familie des Täters so begegnen?
Fazit
Die Folgen einer unbegreiflichen Tat und die Hinterbliebenen gehen unterschiedlich mit ihrer Trauer um. Ein literarisches Kunstwerk, das mir tief unter die Haut ging. Am besten zu lesen, wenn man danach jemanden in den Arm nehmen kann. Aber zu 100% lesenswert.
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