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Petra Sch.
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Gablitz

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Insgesamt 564 Bewertungen
Bewertung vom 14.07.2025
Bullatschek, Sybille

Sie haben Ihr Toupet ins Glücksrad geschmissen


ausgezeichnet

Die Senioren aus Haus Sonnenuntergang quizzen im Fernsehen

4,5 Sterne

Sybille Bullatschek arbeitet als Pflägekraft (ja mit Ä, denn sie ist Schwäbin und erzählt uns die Geschichte in ich-Form mit kleinen schwäbischen Einwürfen) im Seniorenheim "Haus Sonnenuntergang", und man kann sich durch die flotte und lebendige Schreibweise wunderbar in alles hineinversetzen und hat das Ambiente mit den manchmal schwierigen Senioren (und deren Angehörigen) direkt vor Augen.

Und jetzt ist was ganz Aufregendes möglich! Es gibt eine neue Fernsehshow, bei der nur Senioren und Seniorinnen, die älter als 80 sind und in einem Pflegeheim wohnen, mitspielen! Jeweils drei Personen plus ein/e Pfleger/in. Klar, dass Sybille "ihre" Senioren/innen da anmeldet (natürlich heimlich, denn der Chef hätte das nicht genehmigt). Es gibt nämlich Geld zu gewinnen, und das kann man im Haus Sonnenuntergang gut gebrauchen.
Das Toupet aus dem Titel hat natürlich auch einen wichtigen Auftritt! ;)

Es ist witzig, aufregend und turbulent zu verfolgen, wie sich die alten Leute selbst übertrumpfen wollen, denn natürlich gibt es einige, die unbedingt mitfahren wollen!
Und Sybille tritt wieder in einige Fettnäpfchen und verursacht Chaos, das sie aber auf ihre charmante Art lösen kann.
Ich verrate natürlich nicht, wie die Ü-80-Show für die Bewohner von Haus Sonnenuntergang ausgeht! ;)
Es ist einfach sehr lustig zu lesen, auch wenn einiges dann doch etwas überzogen rüberkommt. Manchmal könnte man Sybille einfach nur schütteln bzw. kann ihr Handeln nicht immer nachvollziehen.

Die Geschichte betont, wie wichtig der Pflegeberuf ist und dass es viel zu wenige gibt, die diesen nicht gerade leichten, manchmal auch undankbaren und unterbezahlten Job ausüben. Doch Sybille und ihre Kolleginnen zeigen, dass Menschlichkeit am Wichtigsten ist. Die Senioren und Senioras (so eine süße Bezeichnung für die weiblichen Seniorinnen) sind eigenständige Persönlichkeiten, und auch jene, die nicht mehr mobil sind, müssen wertgeschätzt werden.


Fazit:
Humorvolle, manchmal etwas überzogene Unterhaltung aus dem Seniorenheim mit einer crazy Protagonistin und einem spannenden Fernsehquiz für die Senioren und Senioras! (und der eindrücklichen Message, wie wichtig der Pflegeberuf ist!)

Bewertung vom 12.07.2025
Rose, Jeneva

Feeling Safe


weniger gut

wird erst gegen Schluss ein Thriller

Die New Yorkerin Grace sucht sich ihre Urlaubsorte, um zu entspannen, nach dem Fingerprinzip auf der Landkarte aus und landet diesmal im ruhigen und beschaulichen Wyoming, wo sie über Airbnb ein Zimmer auf der Ranch von Calvin mietet. Leider ist diese Ranch auch total abgekapselt von jeglichem Handynetz oder WLAN.
Irgendwann erfährt Grace vom Sheriff, dass eine junge Frau vermisst wird, die angeblich zuvor Gast auf der Ranch war - aber Calvin behauptet, diese sei nie angekommen.

Leider war es seeehr lange kein Thriller; mehr als die Hälfte des Buches denkt man, man liest eine New Adult Romanze.
Auch das ständige Erwähnen der Angst von Grace macht es nicht zum Thriller, denn diese Angst ist absolut nicht nachvollziehbar. (ja, am Schluss kann man es dann etwas verstehen), denn Calvin verhält sich in keinster Weise so, dass man sich vor ihm fürchten müsste - im Gegenteil, er ist charmant und zuvorkommend.
Einzig der mit einem Vorhängeschloss versperrte Keller bringt einen ins Grübeln.

Es wird abwechselnd aus Sicht von Grace und Calvin, jeweils in ich-Form, erzählt; dies soll wohl mehr Einblick in deren jeweilige Gedanken- und Gefühlswelt geben, was aber nicht gelungen ist. Die Story geht über 10 Tage, denn so lange verbringt Grace ihren Urlaub dort. WAS sie eigentlich genau vorhatte, erschließt sich mir nicht. Sie hat zwar Bücher mit - aber will sie SO zehn Tage lang ausspannen? Gut, sie ist dann an die Ranch gekettet, weil ihr Auto kaputt ist (wobei ich an ihrer Stelle auch schon längst eine fähige Werkstatt gesucht hätte, anstatt den Bruder von Calvin tagelang dran rumschrauben zu lassen, wo nichts weitergeht).
Auch die ständige Wiederholung von Calvin, dass Grace doch soo tolle "blaue, blaue Augen" hat, nervt einen mit der Zeit gewaltig.

Erst später wundert man sich über Grace' Verhalten, denn da beginnt sich Calvin unverständlich zu verhalten. Wie wenn die beiden schon eine Beziehung hätten. Das hätte ich an Grace' Stelle doch sofort klargestellt! Klar, wenn man sich anziehend findet, kann man schon mal im Urlaub eine Affäre haben, aber es war doch von Anfang an klar, dass Grace nach ihrem Urlaub wieder nach Hause fährt.

Auch die Geschichte um die junge verschwundene Frau, die bei Calvin zu Gast hätte sein sollen aber angeblich nie angekommen ist, ist aus ermittlungstechnischer Sicht nicht gut ausgearbeitet. Denn es gibt keine Hinweise - und warum kommt die Polizei dann immer wieder auf den Hof? Aber macht keine ordentlichen Befragungen bzw. sucht nicht.

Erst gegen Ende wird es thrillig. Doch auch absurd und unglaubwürdig.
Lobend erwähnen kann ich den mitreißenden Schreibstil, man möchte trotzdem wissen, wo bzw. was genau jetzt die Bedrohung ist.


Fazit:
Diese Geschichte war leider seeehr lange kein Thriller, sondern eher eine New Adult Romanze. Und das Verhalten der Protagonisten ist oft oft nicht nachvollziehbar und die Auflösung absurd und unglaubwürdig.

Bewertung vom 10.07.2025
Sampson, Freya

Ms Darling und ihre Nachbarn


ausgezeichnet

emotionale Geschichte um die Bewohner des Shelley House

4,5 Sterne

Die 77jährige Dorothy Darling lebt seit vielen Jahrzehnten im wundervollen Shelley House in Chalcot, am längsten von allen sechs Mietparteien. Sie wohnt im Erdgeschoß, hat alles im Blick und macht regelmäßig Kontrollgänge, um alle Probleme und Fehler an die Hausverwaltung zu melden.
Doch dann zieht gegenüber die 25jährige Kat Bennett (mit pinken Haaren!) beim alleinstehenden und ihr verhassten Joseph Chambers und dessen Terrier Reggie als Untermieterin ein (das ist auch verboten!)
Bis eine schreckliche Nachricht alle Mieter erschüttert: sie sollen delogiert werden. Dorothy nimmt dieses Schreiben nicht ernst, bis die Wahrheit ans Licht kommt: Das geschichtsträchtige Shelley House soll abgerissen werden und die Bewohner zwangsgeräumt.

Die Geschichte wird abwechselnd aus Sicht von Dorothy und Kat in einem lebendigen Schreibstil erzählt. Man fühlt sich mittendrin in den Geschehnissen des Shelly House.
Sehr gut haben mir die Entwicklungen der Charaktere gefallen - nicht nur von Kat und Dorothy, sondern von allen Bewohnern.
Aber ganz besonders natürlich Dorothy, die auf den ersten Blick total unsympathisch erscheint, kalt und abweisend und wie ein Blockwart im Haus regiert und alle Nachbarn überwacht. Doch Kat schafft es, hinter die Fassade zu blicken und dann kann man Dorothys Verhalten verstehen. Es ist einfach alles sooo emotional.
Und der Krimianteil mit dem Immobilienhai ist spannend und bestimmt aktueller denn je.
Ich glaube, ich kann verraten, dass es ein Happy-End gibt, wenn auch anders als gehofft.


Fazit:
Ein wundervoller Roman, der eine große Bandbreite an Emotionen bietet: Liebe, Freude, Humor, Trauer, Wut, Hilfsbereitschaft, Zusammenhalt, Familie, Freundschaft und Nachbarschaft - und es kommt auch ein Krimi darin vor.

Bewertung vom 27.06.2025
McFadden, Freida

Die Kollegin – Wer hat sie so sehr gehasst, dass sie sterben musste? (MP3-Download)


ausgezeichnet

jetzt mag ich Schildkröten nicht mehr ganz so gern wie zuvor ;)

4,5 Sterne

Natalie Farrell arbeitet erfolgreich im Vertrieb der Firma Vixed; direkt in der Bürozelle neben ihr sitzt Dawn Schiff von der Buchhaltung, die seit ca. einem dreiviertel Jahr im Unternehmen tätig ist.
Dawn hat autistische Züge, sie ist äußerst unbeholfen im sozialen Umgang; dafür ist sie verlässlich. Sie ist jeden Tag zur selben Zeit an ihrem Schreibtisch, isst zur selben Zeit zu Mittag und geht zur selben Zeit nach Hause. Und sie liebt Schildkröten über alles. Das häufige Vorkommen derselbigen hat manchmal etwas genervt - und ich mag diese lieben Tierchen jetzt nicht mehr ganz so gerne wie früher ;)
Natalie ist das ganze Gegenteil von Dawn: sie ist hübsch, selbstbewusst, dadurch erfolgreich im Verkauf und denkt, alle müssen sie lieben.

Als Dawn eines Tages nicht um 8.45 Uhr an ihrem Platz sitzt, macht sich Natalie Sorgen. Als dann auch noch Dawns Telefon läutet und eine leise Stimme um Hilfe bittet, in der Natalie eindeutig Dawn erkennt, macht sie sich auf den Weg zu Dawns Wohnung, findet dort jedoch nur eine große Blutlache und reitet sich immer tiefer in Probleme rein.

Freida McFadden hat es wieder geschafft, mich mit dem Verhalten der Protagonistin beim Verhör und auch danach, als sie versucht, ihre Unschuld zu beweisen, in den Wahnsinn zu treiben.
Wie in ihrer vorigen Housemaid-Reihe verteidigt sich die Protagonistin - hier Natalie - nicht bzw. stellt falsche Verdächtigungen nicht richtig. Überhaupt sagt sie nicht klipp und klar, wie es war, sondern erfindet ein Alibi usw., das sie natürlich NOCH verdächtiger erscheinen lässt. Da könnte ich sie einfach nur packen und schütteln.
Doch Natalies Verhalten bessert sich im Laufe der Geschichte, es wird nachvollziehbarer und sie tut einem wirklich leid - der Polizist hat es von Anfang an auf sie abgesehen, egal was sie noch vorbringt. Und man fragt sich, ebenso wie Natalie: wer hat Dawn so sehr gehasst, um sie umzubringen? Bzw. wo ist die Leiche?

Toll waren auch die beiden unterschiedlichen Sprecherinnen für Natalie und Dawn, sodass man jedes mal mit der jeweiligen Protagonistin mitfühlt, um beim Wechsel auf die andere Protagonistin die vorherige plötzlich total unsympathisch zu finden. Das ist richtig gut gelungen!
Auch decken sich im Verlauf immer mehr Puzzleteilchen auf, sodass sich am Ende ein überraschendes, aber stimmiges Ergebnis präsentiert.

Die Autorin punktet wieder mit einer fesselnden Erzählweise, einem spannenden Verlauf und einer (bzw. mehreren) überraschenden Wendung(en) am Schluss, die man nicht kommen sieht.


Fazit:
Psychothrill vom Feinsten - Freida McFadden punktet wieder mit mit einer fesselnden Erzählweise, einem spannenden Verlauf und einer überraschenden Wendung am Schluss.

Bewertung vom 24.06.2025
Werrelmann, Lioba

Tödlicher Winter / Paul Schwartzmüller ermittelt Bd.2


sehr gut

Winterlicher 2. Fall für Paul Schwartzmüller

Ein halbes Jahr nach seiner Rückkehr nach Köln reist Paul Schwartzmüller in sein altes Heimatdorf nach Rumänien zurück, um Maia, die ihm nicht aus dem Kopf geht, endlich wieder zu sehen. Doch seine Enttäuschung ist riesengroß, denn Maia ist mit Petre verheiratet, der neu im Dorf ist.
Als dieser dann kurz darauf tot im Wald aufgefunden wird, steht Paul natürlich sofort unter Verdacht.

Man hat total mit Paul mitgelitten, als plötzlich ein Fremder Mann in Maias Haus aufgetaucht ist. Noch dazu sind die beiden verheiratet. Und das, wo er ja noch gar nicht so lange weg ist. Erst im Laufe der Geschichte versteht man, warum Maia so gehandelt hat.
Aber man kann natürlich nachvollziehen, warum die schreckliche Polizistin Hatmanu Paul als Täter verdächtigt.
Wobei Petre nicht der einzige Tote bleibt.
Und warum sieht Paul immer wieder Menschen im Wald herumschleichen? Auch sein Jugendfreund Sorin verhält sich geheimnisvoll. Alles wird jedoch am Ende gut und authentisch aufgelöst.
Die Einschübe aus Sicht der jungen Roma Pušomori, die in Kursivschrift verfasst ist, peppt die Geschichte auf und haben mir sehr gut gefallen. Diese junge Frau ist trotz ihrer kleinen Größe taff, selbstbewusst und weiß über alles Bescheid, was rundherum passiert. Manchmal hat mich nur geärgert, dass sie (teilweise unverständliche) Hinweise gibt, anstatt klar zu kommunizieren.

Das eiskalte Setting im Siebenbürgener Winter kommt lebendig rüber, man zittert beim Lesen genauso wie Paul, der eine viel zu dünne Winterjacke mitgenommen hat.
Auch die Gegend um das Dorf und der dichte Wald wird anschaulich beschrieben, sodass man die Schauplätze genau vor Augen hat.
Ein bisschen Gruselfeeling kommt mit der Legende über die Sântoaderi (Pferde mit Menschenkörpern) auf. Nur dass Paul daran glaubt, hat mich überrascht ;) Ebenso ein ungutes Gefühl lässt einem die eingeschworene, wortkarge Einwohnerschaft aufkommen.
Interessant fand ich die Legende um das Eheverlies in der Kirchenburg (was ich sofort recherchieren musste), wo vor langer Zeit Ehepaare, die sich trennen wollten, eingesperrt wurden, um wieder zueinander zu finden (was auch in den meisten Fällen geglückt ist).


Fazit:
Gelungene, aber nicht ganz so fesselnde Fortsetzung um den Siebenbürger Sachsen Paul Schwartzmüller mit tollem Lokalkolorit und eiskaltem Setting.

Bewertung vom 18.06.2025
Kvensler, Ulf

Die Insel - einer kennt die ganze Wahrheit


gut

düsterer Schweden Thriller mit Psychospielchen und Mystery-Elementen

3,5 Sterne

Nachdem Isak mit 6 Jahren seine Mutter und seine kleine Schwester bei einem Brand verloren hat, lebt er bei seinen Großeltern, weil sein Vater sich nicht mehr um ihn kümmern kann.
Nach knapp 20 Jahren meldet sich sein Vater wieder bei ihm und bittet ihn, mit seiner Freundin zu ihm auf die kleine Insel Fårö zu kommen, da er bald sterben wird.

Die Geschichte beginnt sehr langsam, man lernt Isak kennen, seine Freundin Madde, und erfährt einiges über seine Vergangenheit, jedoch lange Zeit nicht, wie genau er seine Mutter und Schwester verloren hat. Auch den tatsächlichen Grund dafür, dass er keinen Kontakt mehr zu seinem Vater Fredrik nach dem Brandunglück hatte, wird nicht wirklich aufgelöst. Die Begründung fand ich fadenscheinig.

Erst später kommt etwas Spannung auf, als Isak und Madde seinen Vater auf der Insel Fårö besuchen - aber es ist unterschwelliger, mystery Grusel: die Götterfiguren seines Vaters, die Masken an der Wand, und vor allem die richtig gruselige Haushälterin namens Barbro.
Das Haus und die Umgebung sind detailliert und lebendig beschrieben, man hat das Gefühl, vor Ort zu sein.
Auch in Bezug auf Madde hat man Fragezeichen, aber man kann es nicht benennen, es ist unterschwellig. Denn Madde ist freundlich und höflich und richtig verliebt in Isak. Manchmal hinterfragt man jedoch ihr Verhalten: Ist sie auf das Geld von Isaks Vater aus? Denn Geld hat dieser zuhauf und das zeigt er auch gerne.

Später wird es dann seltsam, denn Isaks Vater will, dass er betrunken mit dem Lamborghini nach Hause fährt, denn dann schenkt er ihm das Auto. Überhaupt wird ständig viel zu viel Alkohol getrunken; und auch Drogen werden verharmlost.
Und das ist nicht das einzige Psychospielchen des Vaters - erst gegen Schluss erfährt man alles über das Verhalten von Fredrik.
Leider konnte mich diese Begründung nicht überzeugen; auch weitere Dinge, besonders was den Brand betrifft, waren mir von Anfang an klar. Nur ein Detail konnte mich am Schluss wirklich überraschen. Dennoch konnte mich das Buch mit den Mystery-Elementen und der Auflösung nicht so ganz überzeugen.


Fazit:
Dunkler Psychothriller aus Schweden mit Mystery-Elementen; die Spannung kommt erst sehr spät und die Auflösung konnte mich leider nicht ganz überzeugen.

Bewertung vom 09.06.2025
Maly, Beate

Zeit der Hoffnung / Die Trümmerschule Bd.1


ausgezeichnet

Auftakt der Reihe um eine taffe jüdische Lehrerin in der Nachkriegszeit in Wien

Stella Herzig kehrt im Jahr 1946 wieder in ihr Wien zurück - auch wenn sie sich in London ein gutes Leben führt, trägt sie Wien immer noch im Herzen und will helfen, die Stadt wieder aufzubauen - vor allem auch pädagogisch, denn die moderne Zukunft, auf die Wien vor dem Krieg zugesteuert ist, wurde zunichte gemacht und alte, beengte Grundwerte sind immer noch an der Tagesordnung.
Und sie will auch zeigen, dass sie als Jüdin das Recht hat, wieder in Wien zu sein. Doch das wird ihr nicht leicht gemacht, denn viele haben noch braunes Gedankengut im Kopf, und viele Lehrer am Lindengymnasium, das nach dem Krieg noch teilweise in Trümmern liegt, sehen sie als Jüdin, aber auch als Frau, nicht vollwertig und nicht geeignet an, um Kinder zu unterrichten. Doch die Kinder tauen bei ihr auf und bestätigen ihre Unterrichtsmethoden.

Die Autorin hat so einen lebendigen, mitreißenden Schreibstil, dass man glaubt, man ist direkt im Geschehen dabei. Und man fühlt mit den Figuren mit, besonders eben mit Stella. Aber auch mit ihrer besten Freundin Feli, deren Verlobter in Gefangenschaft geraten ist. Und ohne Menschen wie Feli und ihre Eltern hätte es damals noch mehr schreckliche Schicksale gegeben, ich bin beeindruckt von so viel Mut.
Aber man bekommt auch die schlimme Seite der damaligen Zeit vor Augen geführt, dass viele die Parteizugehörigkeit abstreiten, aber immer noch genau so denken - das ist einfach schrecklich!! Und Stella hat so jemanden auch kurzzeitig als Direktor vor die Nase gesetzt bekommen. Rückständisch denkende Menschen, die das Trauma der Kinder noch mehr verschlimmern.

Zum Glück gab es taffe Frauen wie Stella, die Mut hatten, sich durchzusetzen und an die Gerechtigkeit glauben.
Schön und passend fand ich auch auch den romantischen Teil und ich konnte nachvollziehen, warum sich Stella in den Tischler Leopold verliebt hat.

Jetzt bin ich schon sehr neugierig auf die Fortsetzung und ob Stella es schaffen kann, die erste jüdische (und weibliche) Direktorin des Lindengymnasiums zu werden!


Fazit:
Eine emotionale und lebendige Geschichte einer taffen Jüdin im Wien der Nachkriegszeit; nach einem wahren Vorbild.

Bewertung vom 30.05.2025
Johnsrud, Ingar

Echokammer / Ein Fall für Benjamin & Tong Bd.1


sehr gut

norwegischer Polit-Thriller

3,5 Sterne

Während des Wahlkampfs zum norwegischen Parlament erschüttert eine Terrorwarnung die Polizei: eine Gruppe rechtssradikaler Extremisten hat eine große Menge Rizin im Besitz. Doch was haben die Terroristen damit vor?

Man verfolgt die Geschichte einerseits aus Sicht von Jens Meidell, der als Kriminalpolitischer Berater die stellvertretende Vorsitzende der Arbeiterpartei, Christina Nielsen, im Wahlkampf unterstützt, und aus den Sichtweisen von Liselott Benjamin und Martin Tong, die bei der Terrorabwehr der Polizei arbeiten und mögliche Anschläge zu verhindern versuchen.

Jens ist ein typischer Politiker; seine Mutter war bereits Vorsitzende der Arbeiterpartei und er ist mit Leib und Seele dabei, denn er will das Land in eine gute Zukunft führen. Doch ein Geheimnis in seiner Vergangenheit wird ihm fast zum Verhängnis. Man hat soo mit ihm mitgefiebert!
Liselott schließt man sofort in sein Herz, sie ist taff und vif und hat eine schnelle Auffassungsgabe.
Martin Tong hingegen ist der typisch abgestürzte Bulle, der säuft. Ein Klischee, doch auch Martin mag man mit der Zeit, denn er entwickelt sich und will Norwegen vor einem schrecklichen Chaos bewahren.

Aktuelle und wichtige Themen werden in dem Buch angesprochen, denn nicht nur in Norwegen sind Extremisten und Terroristen am Werk.
Ebenso war es spannend zu verfolgen, mit welchen manipulativen und abgründigen (und teilweise fragwürdigen) Machenschaften so ein Wahlkampf betrieben wird.
Auch wenn es für meinen Geschmack etwas zu viel Politik war (ich hätte gehofft, dass die Jagd nach den Terroristen im Vordergrund steht), war es spannend zu verfolgen, denn die kurzen Kapitel, der "Countdown" (beginnend 35 Tage vor der Parlamentswahl) und die wechselnden Sichtweisen peitschen einen durchs Geschehen.


Fazit:
Ein rasanter und komplexer Polit-Thriller, der aus verschiedenen Blickwinkeln die Themen Wahlkampf und Terrorabwehr beleuchtet.

Bewertung vom 30.05.2025
Whyte, Nicola

Marchfield Square


ausgezeichnet

Sind deine Nachbarn Mörder? Lustiger, unterhaltsamer Cosy Crime


4,5 Sterne

Im vornehmen Marchfield Square leben Celeste und ihr "Butler" Dixon, und von ihrer Wohnung aus beobachtet sie all ihre Mieter.
Bis sie eines Tages Richard Glead tot in der Küche liegen sieht.
Die Polizei nimmt natürlich dessen Ehefrau Linda ins Visier; doch als die Polizei nach deren Tod auf Mord und Selbstmord fixiert ist, schickt Celeste kurzerhand ihre Putzfrau Audrey und den introvertierten Schriftsteller Lewis, die beide auch im Marchfield Square leben, auf Spurensuche, denn sie traut der Polizei und deren Ermittlungen nicht.

Kurze Kapitel, die abwechselnd aus Sicht von Celeste, Audrey und Lewis geschrieben sind, lassen einen aus der jeweiligen Sicht gemeinsam die Puzzleteilchen aufdecken.
Audrey schließt man sofort in sein Herz, sie ist eine wirklich taffe und vife Person mit einer guten Kombinationsgabe, die ebenso wie Celeste Lindas Unschuld beweisen will - dass Richard den Tod verdient hat, da sind sich alle Mieter einig, denn er war Linda gewalttätig gegenüber und hatte viele krumme Geschäfte am Laufen.
Zu Lewis hingegen konnte ich lange Zeit keine Verbindung aufbauen; er hat bisher nichts von den anderen Bewohnern mitbekommen, denn er lebte zurückgezogen und hat sich in seiner Schreibblockade gesuhlt. Er ist auch unbeholfen, hat ev. autistische Züge, denn im sozialen Umgang mit anderen tritt er öfter ins Fettnäpfchen.
Es war wundervoll zu sehen, wie die beiden, die sich anfangs nicht leiden konnten, dann doch zusammengewachsen sind und sich eine Freundschaft gebildet hat. Und v.a. Lewis hat sich sozial wegen Audrey toll und glaubwürdig entwickelt! Außerdem hat das Ermitteln seine Schreibblockade beendet und des nächtens tippt er sich die Finger wund.

Es war spannend mitzuverfolgen, wie von allen Mietern (es gibt übrigens insgesamt 10 Wohnungen, inklusive derer von Celeste) kleine und größere Geheimnisse aufgedeckt werden, sodass man immer jemand anderen als Täter im Visier hat - ebenso wie Audrey und Lewis!
In der Buchklappe gibt es übrigens ein hilfreiches Verzeichnis der Wohnungen samt Bewohner des Marchfield Squares.

Der Krimi entwickelt sich in einem guten Tempo, das Drumherum ist interessant und witzig und nimmt aber nicht zu viel Platz ein, und die Autorin hat es geschafft, mich mehrmals auf eine falsche Spur zu locken.
Mit der Auflösung (bzw. sind es ja mehrere Auflösungen, denn es gibt insgesamt drei Tote), hätte ich nie gerechnet. Allerdings bin ich damit nicht 100% zufrieden, denn ich fand es nicht so ganz schlüssig bzw. glaubwürdig, daher ziehe ich einen halben Stern ab.
Aber ansonsten hat mich die Geschichte und der lebendige Schreibstil, die detailliert gezeichneten, teilweise skurrilen Charaktere und der doch komplexe Fall selbst begeistert! Man fühlt sich einfach wohl im Marchfield Square und der Schluss lässt eine Fortsetzung offen - ich würde mich freuen, Audrey und Lewis bei einem weiteren Abenteuer begleiten zu dürfen!


Fazit:
Lebendige, skurrile Charaktere, ein gelungenes Setting, subtiler Humor, ein komplexer Fall und eine überraschende Auflösung (die mich jedoch nicht 100% überzeugt hat) bieten beste britische Cosy Crime Unterhaltung.

Bewertung vom 25.05.2025
Wynne, Sarah

Tod im Samtmantel


ausgezeichnet

spannender und komplexer Jugend-Krimi mit historischen Details und Mystery

4,5 Sterne

Die 13-jährige Grace kauft sich in einem Second Hand Shop einen alten, grünen Samtmantel. Doch als sie diesen trägt, hat sie plötzlich eine Vision aus Sicht eines blonden Mädchens, dem dieser Mantel gehört hat. Und sie sieht, wie diese getötet wird.
Grace muss nun unbedingt diesen Mord aufklären!

Die Geschichte ist mitreißend geschrieben; zu Beginn eher kindlich, was sich aber nach ein paar Kapiteln legt.
Die Visionen von Grace heben sich in Kursivschrift vom Rest der Geschichte, der in der Gegenwart spielt, ab.

Es ist spannend zu verfolgen, wie Grace nach und nach erkennt, dass die Visionen in der Vergangenheit spielen und echte Geschehnisse zeigen.
Sie kennt die Vornamen des Mädchens und ihres Mörders und macht sich auf die Suche. Es ist gar nicht so einfach, an detaillierte Informationen von vor über 50 Jahren zu kommen. Vor allem, wenn ihr niemand glaubt.
Zum Glück hat sie eine treue und wiffe Freundin Suzy, die ihr hilft und überall beisteht! Diese Freundschaft ist wunderbar gezeichnet!
Im Gegenteil zur Beziehung zu ihrer Mutter. Ja, Eltern können sehr beschäftigt sein - aber gefühlt hatte Grace' Mutter keinerlei Interesse an ihrer Tochter. Und unglaubwürdig war auch, dass sie sich nicht einmal einen neuen Mantel für ihre Tochter leisten kann! Das hätte es nicht gebraucht, das war nicht plausibel; Grace hätte ja auch einfach so im Second Hand Shop den Mantel kaufen können.
Es gab noch ein paar weitere Kleinigkeiten, die mich gestört haben bzw. die nicht ganz logisch waren; auch hat sich einiges zu perfekt gefügt, aber für ein Kinder-/Jugendbuch ok.
Schön war die Entwicklung von Grace, die selbstbewusster wird und dadurch ihr Auftreten ändert. Zu Beginn scheint sie noch ein kleines Mädchen zu sein, aber am Ende ist sie eine junge Frau.
Der Schluss könnte Stoff für eine neue Geschichte hergeben; eine Fortsetzung würde mir gut gefallen.

Ausnahmsweise muss ich auch das wundervolle Cover erwähnen, das nicht nur vom Motiv und der Farbgebung her schon ein Hingucker ist, sondern dessen Genialität sich erst nach dem Lesen der Geschichte vollends erschließt!


Fazit:
Ein spannender und komplexer Jugend-Krimi mit einer Protagonistin, die eine wundervolle Entwicklung durchmacht, und der auf zwei Zeitebenen spielt und Mystery-Elemente beinhaltet.