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Lillith
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Berlin

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Insgesamt 74 Bewertungen
Bewertung vom 15.11.2025
Albich, Mina

Wienerberg


ausgezeichnet

Theresia Kandl, geboren am 10. Juni 1785 in Atzgersdorf hatte ihren erst am 30. Oktober 1808 geehelichten] Mann mit einer Hacke erschlagen. Am 13. März 1809 wurde Theresia Kandl zum Tode verurteilt und am 16. März des gleichen Jahres am Neuen Wiener Galgen in der Nähe der Spinnerin am Kreuz als erste und letzte Frau in Wien durch Hängen hingerichtet.

Soweit die Geschichtsbücher.

Ganz in der Nähe entdeckt ein kleines Mädchen zufällig beim Graben in der Erde einen Knochen. Wegen seiner Größe vermutet sie, dass er menschlichen Ursprungs ist. Als sie den Knochen nach Hause bringt, ist die Mutter entsetzt und will ihn entsorgen. Doch das Mädchen bleibt hartnäckig und landet schließlich bei unserer Protagonistin, der Psychologin Nicky, da ihre Mutter sie für übermäßig fantasievoll und beinahe verrückt hält. Nicky nimmt Mara, die den Knochen äußerst präzise zeichnen kann, ernst – und schon sind wir mitten in der Geschichte und treffen unsere sympathischen Wiener Ermittler wieder.

Am Fundort des Knochens, der tatsächlich menschlich ist, wird die dazugehörige Leiche beziehungsweise das Skelett entdeckt. Welche Verbindung könnte die „schönste Mörderin Wiens“, Theresia Kandl, zu diesem Fund haben? All das liegt zwar Jahrhunderte zurück, doch so alt ist der Knochenfund dann doch nicht. Allerdings weist das gefundene Skelett ebenfalls Spuren eines gewaltsamen Todes auf. War der Ort also möglicherweise doch nicht zufällig gewählt?

Es ist zunächst schwer, den Toten zu identifizieren, doch sobald dies gelungen ist, offenbart sich eine Vielzahl an verdächtigen Spuren. Es gibt weit mehr als nur eine Person, die dem Verstorbenen den Tod gewünscht hätte oder ihn vielleicht selbst ins Jenseits befördert haben könnte. Verdächtige verschwinden, ein „Gespenst“ versucht, die kleine Mara einzuschüchtern und auch Kommissar Grohsmann und Nicky bekommen es mit merkwürdigen Vorfällen in ihrem privaten Umfeld zu tun.

Den Ermittlungen von Grohsman und seinem Team zu folgen ist für Freunde dieser Buchreihe wie ein Nachhausekommen, ein Zusammentreffen mit alten Bekannten. Man „kennt“ die Macken und Gewohnheiten der einzelnen Personen, fühlt und/oder leidet mit ihnen, und das ist ein Teil dessen, was diese Reihe so liebenswert macht.

Dieses Mal hat die Autorin noch einiges mehr an humorvollen Momenten mit eingeflochten, aber stets so dosiert, dass es nicht zu viel wird, sondern man einfach mit einem leichten Lächeln im Gesicht immer weiter lesen kann...

Mina Albich hat einen höchst komplizierten Plot aufgebaut, einige Finten eingebaut und es gelingt erst sehr spät, die wahren Täter zu identifizieren.

Doch was bis dahin passiert ist ein Feuerwerk an zwischenmenschlichen Wiener Beziehungen, es „menschelt“ überall und das macht einfach Spaß zu lesen. Ob es der Wiener Dialekt ist, der dieses Mal leider sehr sparsam einfließt, die Gedanken von Grohsman und Joe, die beide von Gefühlen geplagt werden, mit denen sie sonst weniger geübt im Umgang sind oder auch die sehr liebevoll und behutsam gezeichnete Mara, die ich als Figur sehr gelungen finde.

Mir purzelten dieses Mal beinahe ein paar Personen zu viel durch die Handlung, aber dadurch gelingen eben auch die Wendungen, die den Leser beim gedanklichen Mitermitteln durchaus aufs Glatteis zu führen vermögen.

Das Ende ist stimmig und lässt keine offenen Fragen – auch wenn einige Aspekte etwas konstruiert wirken, ohne zu spoilern, kann ich darauf jedoch nicht näher eingehen.

Obwohl ich in diesem Buch manches ein wenig „drüber“ empfand, sowohl von der Handlung her als auch von den sehr detailverliebten Schilderungen der getrunkenen Teesorten, etc., so ist es trotzdem wieder ein Buch, was sich einfach wunderbar lesen lässt. Mara war eine meiner Lieblinge, natürlich neben Sally, der unvergleichlichen Hundedame von Grohsman.

Ein Wohlfühlkrimi voller Charme, Wiener Flair und Spannung! Es fühlt sich an, als hätte Mina ihren Protagonisten so viel Leben eingehaucht, dass sie fast von selbst agieren. Ich bin gespannt, wie sich unsere Hauptfiguren weiterentwickeln. Auch dieses Mal gab es einige Veränderungen, die auf sehr nachvollziehbare Weise geschildert wurden.

Es ist erwähnenswert, dass dies bereits der vierte Wienkrimi in dieser Reihe ist. Man kann ihn ohne Vorkenntnisse lesen, aber um die Charaktere und ihre Entwicklung voll zu erleben, sollte man sich das Vergnügen gönnen, die Reihe von Anfang an zu genießen.

Ich bin sicher (und glücklich darüber), dass die Autorin die Reihe fortsetzen wird und für dieses Schmankerl der Regionalkrimis vergebe ich gern 5* und eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 12.11.2025
Kinkel, Tanja

Sieben Jahre


weniger gut

Der „Alte Fritz“ und seine Geschwister – eine interessante, völlig dysfunktionale Familie
Was hatte ich mich gefreut, als ich dieses Buch in die Hände bekam! Es ist wunderschön aufgemacht, sieht sehr wertig aus und hat einen prunkvollen Seitenschnitt. Über 800 Seiten schreckten mich nicht, im Gegenteil. Ich war darauf vorbereitet, in eine andere Welt abzutauchen, mit den Protagonisten mitzuzittern – und nebenbei vieles aus der realen Welt dieser Zeit, hier der des Siebenjährige Kriegs, zu erfahren. Doch meine Erwartung wurde leider nur teilweise erfüllt.

Ohne Frage, Tanja Kinkel hat ein bombastisches Werk vorgelegt, Hut ab vor der umfangreichen Recherche, die diesem Buch mit Sicherheit zu Grunde liegt!

Auch ihr Schreibstil ist angenehm zu lesen, sie bedient sich einer sehr schönen Sprache, der Zeit angemessen, in der das Buch spielt. Die Personen der königlichen Familie, zumindest die Wichtigsten, sind detailliert skizziert.

Aber... ja was aber? Ich kann es schwer in Worte fassen.

Meine Lieblingshistorienbücher haben einen fiktiven Helden – oder Heldin – an deren Seite ich die Epoche erlebe. Hier gibt es soweit ich es erkennen kann nur zwei fiktive Figuren, den schwarzen Pagen Hannibal und seine Freundin. Die Kapitel, in denen diese eine Rolle spielen, sind lebendig und spannend.

Ansonsten ist das Buch größtenteils aus der Sicht von Heinrich „Henri“ geschrieben, dem Bruder, mit dem Friedrich der Große eine offensichtlich toxische Beziehung verband, wie man das heute wohl nennen würde.

Friedrich und Heinrich hatten einiges gemeinsam – beide liebten Männer, mussten aber zum Wohle des preußischen Staates eine Vernunftehe eingehen. Es ist auch durchaus interessant, wie die Erziehung durch den gemeinsamen Vater, den strengen „Soldatenkönig“, die Geschwister prägte.

Aber...

Vermutlich liegt es am Thema selbst, der Krieg, seine Vorbereitung, Finten, Verträge, Planungen, Intrigen, Bündnisse, Feldzüge...alles wird sehr detailreich aufgeführt, als wäre die Autorin als Protokollantin dabei gewesen. Aber diese Lektüre ist sehr ermüdend und anstrengend.

Dazu kommt, dass es sich größtenteils um endlos lange Kapitel handelt, die mitunter locker 50 Seiten umfassen können. Auch dies trägt dazu bei, die Lektüre dieses Werks nicht sehr unterhaltsam sondern eher anstrengend werden zu lassen.

Ich habe mich durch das Buch gequält und nur selten Lust gehabt, weiter zu lesen. Es war eher ein Gefühl wie „Uff, wieder 100 Seiten geschafft.“

Sicher tue ich der Autorin mit diesen Aussagen Unrecht, aber ich erkenne ja ihre Arbeit an. Nur – mein Buch ist es nicht. Ich wollte gern ein Buch lesen, in dem Geschichte für mich lebendig wird, aber kein Geschichtsbuch. Dieses Werk ist aber – für mich – über weite Strecken eher das Zweite.

Nur wenige Passagen vermochten überhaupt, mich zu berühren, das waren die schon erwähnten Stellen mit Hannibal im Geschehen, manchmal die Nöte und Gedanken von Amalie, einer der Schwestern von Friedrich und Heinrich.

Ich habe nun zwar mehr über die Familie vom Alten Fritz und die Hintergründe des siebenjährigen Krieges erfahren, das war durchaus lehrreich. Aber ich habe keinerlei Lesevergnügen gehabt.

Darum reicht es bei mir leider nur für 3* und das auch nur, weil ich die Arbeit und Mühe der Autorin wertschätzen möchte. Leseempfehlung?? Nun, vielleicht für Leser, denen eine packende Geschichte weniger wichtig ist als Fakten im Romangewand, und die sich im Allgemeinen für die preußische Herrscherfamilie interessieren.

Bewertung vom 11.10.2025
Brandes, Richard

Gejagt durch Brandenburg


ausgezeichnet

Richard Brandes hat seinen vierten Brandenburg-Krimi veröffentlicht, der mich wie schon seine Vorgänger wieder einmal begeistert hat.
Mag der Titel auch etwas sehr reißerisch daherkommen, so weiß man, wenn man die Reihe um Hauptkommissarin Carla Stach und ihre Entourage kennt, dass hier gerade die ruhigeren Momente oft die eindringlichsten sind. Man kann das Buch übrigens ohne weitere Vorkenntnisse lesen – in meinen Augen sind jedoch auch alle drei Vorgängerbände absolut lesenswert!

Diesmal dreht sich alles um das zentrale Thema Vertrauen und Zweifel, in jeglichem Kontext. Ob Mutter-Kind-Beziehung, Partnerschaften oder Kollegen – es zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch.

Toni, Kathrins leiblicher Sohn und der Ziehsohn ihrer Ehefrau Carla, steht unter dringendem Verdacht, seine Freundin Annike getötet zu haben. Viele Hinweise deuten auf seine Schuld hin. Doch war er es tatsächlich? Geschockt darüber, neben seiner toten Freundin aufzuwachen, tritt er die titelgebende Flucht an und wird fortan gesucht.

Seine Mütter stoßen dabei an ihre Grenzen – nicht nur in Bezug auf ihr Vertrauen oder Misstrauen gegenüber der Schuld des Jungen, sondern auch ihre Beziehung wird stark auf die Probe gestellt. Carla wird natürlich aufgrund ihrer Befangenheit von den Ermittlungen suspendiert, während die Kollegen hinter vorgehaltener Hand tuscheln und die Kunden von Kathrin überlegen, ob sie weiterhin bei einer „Mördermutter“ einkaufen wollen. Das sind eben die Kollateralschäden, wenn man auf irgendeine Weise mit einem Tatverdächtigen in Verbindung steht.

Richard Brandes versteht es erneut, zwischenmenschliche Konflikte eindrucksvoll und einfühlsam darzustellen. Die Geschichte wird hauptsächlich aus Carlas Sicht, aber auch aus Tonis Perspektive erzählt, sodass der Leser mit beiden Figuren mitfühlen kann. War es vielleicht doch Toni? Diese Frage bleibt fast bis zum Ende des Buches offen und regt zum Nachdenken an.

Doch es geschehen noch viele andere Dinge, die vorwegzunehmen den Lesern die Spannung rauben würde – und spannend ist dieses Buch wirklich bis zur letzten Seite!

Einige Twists nehmen den Leser total mit, da sie völlig unvorhergesehen sind. Auch wenn ich den möglichen Tathergang bald erahnte, so ließ mich der Erzählstil doch lange im Unklaren darüber, ob ich mit meinen Vermutungen richtig liege. Und der Showdown am Ende ist noch einmal absoluter Spannungshöhepunkt.

Als Fan der Serie kenne ich die Charaktere sehr gut, und auch die Schauplätze sind mir vertraut, da ich in der Nähe wohne. Leider wird durch den Titel und die Einordnung der Serie bei Emons als Regionalkrimi nicht ausreichend gewürdigt, dass es sich um weit mehr als durchschnittliche Krimikost handelt. Hier werden auf einfühlsame Weise tiefgehende zwischenmenschliche Themen behandelt.

Wenn Julia und Carla beispielsweise mit ihren Partnerschaften hadern, ist das so nachvollziehbar beschrieben, dass man völlig mitfühlen kann.

Mir hat dieser Band außerordentlich gut – noch etwas besser als der letzte – gefallen.
Ich bin gespannt, wie es nach diesen einschneidenden Vorfällen mit Carla, Julia und Co. weitergehen wird und freue mich bereits jetzt auf den nächsten Band.

Von mir gibt es 5* plus und eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 07.10.2025
Huwyler, Marcel

Frau Morgenstern und die Offenbarung


ausgezeichnet

Vorweg: Dies ist der siebte Band der außergewöhnlichen Reihe um Violetta Morgenstern. Zwar kann man das Buch auch eigenständig lesen und Freude daran haben, aber ich würde erneut empfehlen, die vorherigen Teile zu kennen. Denn dieses Buch ist weit mehr als nur eine „Agentenparodie“, wie oft behauptet wird. Die Verwandlung der pensionierten Lehrerin zur Killerin mit polyamourösen Beziehungen zu zwei älteren Gentlemen sowie die Entwicklung des stahlharten Snipers Miguel Schlunegger zum liebevollen Vater von lebhaften Zwillingsmädchen lassen sich nicht einfach in Rückblenden zusammenfassen. Dennoch gelingt es recht gut, Neueinsteiger nicht völlig außen vor zu lassen.

Zum aktuellen Geschehen: Violetta „Omistern“ und Miguel wohnen mit ihren beiden Kindern in einer Art Mehrgenerationen-WG, was ziemlich gut funktioniert. Während Miguel seine Töchter nach Strich und Faden verwöhnt, greift die ehemalige Lehrerin regelmäßig mit pädagogisch sinnvollen und von zwei pfiffigen Fünfjährigen dennoch akzeptierten Gegenmaßnahmen ein.

Das Killergewerbe für die Geheimorganisation Tell betreiben die beiden nur noch halbtags, soll heißen, sie teilen sich eine Planstelle.

Dieses Mal gibt ein größerer Auftrag den Anlass, einen von Violettas beiden Liebhabern als Babysitter einzuspannen. Nach einer Ägyptenexpedition, bei der eine Entdeckung gemacht wurde, deren Bekanntwerden das Land ins Chaos stürzen könnte, soll Team Schlunstern alle elf Teilnehmer dieser Expedition unauffällig beseitigen. Doch jemand kommt ihnen zuvor, allerdings auf weitaus weniger subtile Weise. Wer hat sich das angemaßt, bzw. wer kennt noch das zu schützende Geheimnis?
Dies herauszufinden, ist nun die Aufgabe unseres bewährten Killerteams.

Nebenbei muss Violetta nicht nur mit der Eifersucht ihres zweiten Galans umgehen, der sie ständig nach Malta in sein luxuriöses Seniorenresort zurückholen möchte, sondern auch einen ganz privaten Sonderauftrag für die Mutter einer ehemaligen Schülerin erledigen.

Und Miguel, der seine leiblichen Töchter unter fragwürdigen Umständen zu sich geholt hat, steht vor den Anforderungen der staatlichen Familienfürsorge und fürchtet, das niemals offiziell ausgesprochene Sorgerecht zu verlieren...

Natürlich gelingt es unseren Tausendsassas mit ihren üblichen Methoden alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen – und wie das geschieht ist ein sprühendes Abenteuer voller Spannung und Aberwitz.

Einmal mehr versteht es der Autor, ein Feuerwerk an kreativen Wortschöpfungen zu entfachen, seine Beschreibungen sind pointiert, schwarzhumorig wie gewohnt und absolut witzig.

Wenn zum Schluss offenbart wird, worum es beim großen Killauftrag gegangen ist, bleibt kein Leserauge trocken.

Ich habe das Buch - wie bei der Reihe schon gewohnt - „inhaliert“ und es gab die eine oder andere Kichersalve. Auch die Spannung kam nicht zu kurz und es gelang sogar, mich ein oder zweimal mit unvorhersehbaren Twists zu überraschen.

Jedes Mal denke ich: Das war's, mehr kann nicht kommen. Doch wie ich Herrn Huwyler kenne, wird sich seine Li-La-Lady noch lange nicht zur Ruhe setzen. Ich bin gespannt, welche Abgründe ihm noch einfallen, und bedaure jetzt schon die morgensternlose Zeit bis zum 8. Band.

Ich vergebe 5* und eine Leseempfehlung für Freunde von aberwitzigen Sprachjonglagen, die mit skurrilen Gegebenheiten in Romanen kein Problem haben.

Bewertung vom 01.10.2025
Blunck, Timo

Ein kleines Lied über das Sterben


weniger gut

Was war das? Ein Krimi oder ein Fiebertraum?
Bei der Rezension dieses Buchs tue ich mich wirklich schwer, denn ich kann es leider nur als Ganzes bewerten, obwohl es bei mir äußerst zwiespältigen Eindruck hinterlassen hat.

Zunächst einmal versprach Handlungskurzfassung und Klappentext ein nicht alltägliches Buch, eine „grandiose Zumutung“ gar. Das trifft auch zu, aber auf eine Weise, die ich halt nicht vermutet habe.

Handlung: Abgewrackter, bisexueller koksender Ex-Bulle fängt Hund ein, bringt ihn zurück in eine seltsame Familie, in der das Hundeherrchen vermisst wird, und wird daraufhin - wie auch immer - involviert in ein seltsames Geschehen, worin eine betörende Frau eine große Rolle spielt und Tom in große Gefahr gerät. Klingt banal, oder?

Nun, das ist dieser Roman (Kriminalroman würde ich ihn nicht nennen, eher eine Groteske) mit Sicherheit nicht!

Er ist spannend, stellenweise voll unterschwelligem Humor und Sarkasmus, er bedient sich ungewöhnlicher Stilmittel, er liest sich theoretisch flott weg.

Theoretisch? Ja, wenn da nicht eine Sache wäre, die hier eine große Rolle spielt, die ich aber nicht benennen will, um den interessierten Lesern nicht den Spaß total zu verderben...

Ich bin nicht allzu zart besaitet, was Thriller an sich angeht, aber hier wird für mich persönlich eine Grenze überschritten und ich empfehle einfach, vor dem ganzen Buch die online verfügbare Leseprobe zu lesen. Wem das dann nicht zu viel ist, der wird wahrscheinlich ein großes Lesevergnügen haben.

Das Buch ist abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven, einschließlich der eines Hundes (sehr liebenswürdig gemacht!) geschrieben. Es gibt auch durchaus sympathische Protagonisten, allen voran der Hund. Schon früh kennt man als Leser die Täterin und ihre Machenschaften, aber wie alles zusammenhängt erschließt sich erst viel später, bis dahin fließt noch viel Blut...

Im allerletzten Kapitel (ja, ich habe trotz mehrmaligem Würgereiz bei einigen Passagen durchgehalten!) gelingt dem Autor auch noch einmal, mich bezüglich einer Tatperson zu überraschen, das war sehr gut gemacht!

Fazit: Mir gelang es leider nicht, soweit zu abstrahieren, um das Buch so zu nehmen, wie es gemeint ist – nämlich wahrscheinlich nicht als grausiger Splatterroman, sondern als ein fast comicartig anmutendes, überzeichnetes „Lied vom Tod“ - provozierend, gut geschrieben, aber für mich nicht geeignet!

Ohne das eine spezielle Thema hätte es von mir wahrscheinlich mindestens 4* gegeben, aber aus den erklärten Gründen sind es nur 2 geworden.

Und – wie gesagt: Wer nicht zartbesaitet ist und an der Leseprobe Spaß hat, der möge das Buch lesen! Ähnliches ist vermutlich selten bis noch nie geschrieben worden!

Bewertung vom 01.10.2025
Dorweiler, Ralf H.

Das Lied des Vogelhändlers


ausgezeichnet

Tanderadei – Minne, Kreuzzug und Intrigen z.Zt. des Thronstreits im Mittelalter / Farbenfroher Mittelalterroman zum darin Versinken – lehrreich und spannend zugleich !

Obwohl ich von jeher ein Fan von historischen Romanen bin konnte mich bisher nicht jeder gleichermaßen begeistern. Manchmal möchte ein Autor zu viel Wissen hineinpacken, ein anderes Mal gibt es keine Protagonisten, die sympathisch genug sind, um mit ihnen mitzuleiden oder zu fiebern.

Das Lied des Vogelhändlers jedoch vermochte mich von Beginn an zu fesseln.

Auf zwei Zeitschienen, die nur 10 Jahre auseinander liegen, erzählt der Autor parallel zunächst zwei getrennte Geschichten. Zum einen begleiten wir den Vogelhändler Wigbert, der am Hofe eines Herzogs während eines Turniers seine Ware feilbietet und Walther von der Vogelweide kennenlernt. Zehn Jahre zuvor muss sich die junge Waise Franziska während des 3.Kreuzzugs behaupten.

Beide Erzählstränge sind gleichermaßen mitreißend und man ist gespannt, wann sich die beiden Hauptpersonen unter welchen Umständen zum ersten Mal begegnen.

Als dies endlich geschieht beginnt der spannendste Teil des Buchs, denn gemeinsam mit Walther müssen sie – aber das sollte man unbedingt selbst lesen!! Hochspannung pur, ein Krimi im mittelalterlichen Gewand!

Ein Personenverzeichnis gleich zu Anfang erleichtert das Zurechtfinden bei doch recht vielen Personen.

Die Sprache des Autors ist angenehm und passt zur Zeit, in der die Geschichte spielt, ohne dabei bemüht antiquiert zu wirken. Alle Charaktere sind mit Liebe gestaltet, sodass sie lebendig und vorstellbar erscheinen.

Was gibt es noch hinzuzufügen? Dieses Buch muss man einfach lesen! Eine absolute Empfehlung für alle, die spannende Historiengeschichten lieben und dabei gedanklich wie in einem Krimi miträtseln möchten.

5* für dieses schöne Leseerlebnis – ich werde mir diesen Autor definitiv merken!

Bewertung vom 01.10.2025
Voosen, Roman;Danielsson, Kerstin Signe

Schwüre, die wir brechen / Svea Karhuu & Jon Nordh Bd.2


ausgezeichnet

Packender skandinavischer Krimi mit interessantem, ungewöhnlichen Plot und sympathischem Ermittlerteam!
In Malmö wird eine ungewöhnlich zugerichtete Leiche entdeckt – ohne Kopf, dafür mit einem angenähten Krokodilskopf.. Bald findet man eine weitere Leiche mit Tierkopf – und Hieroglyphen. Was für ein kranker Mörder ist da am Werk? Und wo ist der Bezug zu Ägypten? Dann wird auch noch ein junges Mädchen entführt und der Fall wird für die beiden Ermittler entgültig zu einem Albtraum.

Dies ist der zweite Fall des Autorenduos, in dem Jon Nordh und Svea Karhuu gemeinsam ermitteln, aber vom (sicher ebenso spannenden) ersten Band, den ich leider nicht gelesen habe, benötigt man keine Vorkenntnisse. Alles, was der Leser wissen muss, wird wohldosiert in die Handlung mit eingeflochten.

Jon und Svea sind das klassische gegensätzliche Ermittlerpaar – er, älter, erfahren und desillusioniert, zumal er den Tod seiner Frau noch nicht richtig verarbeitet hat und sie, jung, ehrgeizig und tough, aber auch sie hat schon ein Päckchen zu tragen. Beide gehen sehr angenehm miteinander um, tolerieren die gegenseitigen Macken und ergänzen sich bestens.

Überhaupt empfand ich es beim Lesen als sehr schön, dass es keine großen Animositäten zwischen den ermittelnden Personen gab. Geschrieben wurde in einem lockeren und modernen Stil, der einen auch schon mal schmunzeln lässt, mit angenehm kurzen Kapiteln und so spannend, dass man das Buch am liebsten gar nicht aus der Hand legen möchte.

Alle Charaktere, einschließlich der Nebenrollen, sind detailliert ausgearbeitet, und die Schauplätze lassen sich gut vorstellen.

Zwischen der Handlung in der Gegenwart tauchen immer wieder Rückblicke auf, die anfangs keine Verbindung zur Haupthandlung erkennen lassen. Nach und nach geben sie jedoch Hinweise auf die Identität des Mörders und beleuchten seine Entwicklung. Sie verraten dabei nicht zu viel, sodass man trotz oder gerade wegen dieser Hinweise weiter rätselt.

Das Geschehen wird abwechselnd aus der Perspektive der beiden Ermittler erzählt. Auch wenn die Morde recht grausam und blutig sind wird auf unnötige Horrorszenarien dankenswerterweise verzichtet.

Der Hauptfall des „Krokokillers“ wird spannend aufgelöst. Bis kurz vor dem Ende bleibt der Leser im Ungewissen, während sich die eigene Vermutung allmählich bestätigt.

Die beiden Nebenstränge – Jons Frau verunglückte tödlich mit dem Auto an der Seite seines Expartners und besten Freunds, Svea, hatte in ihrem letzten Job als verdeckte Ermittlerin einen korrupten Polizisten in Notwehr erschossen und wird seitdem anonym bedroht – werden weiterverfolgt, aber nicht final geklärt. Hier müssen wir auf den nächsten Band warten, den ich aber sowieso sehr gern lesen werde, denn was das Autorenduo hier abgeliefert hat, ist Scandic Noir at it's finest!

5* und Leseempfehlung für alle Freunde von nicht alltäglichen und spannenden Skandinavien-Thrillern

Bewertung vom 15.08.2025
Amrein, T. D.

Rentner Mikado


gut

Ein Verbrechen zieht das andere nach sich – der Krug geht aber solange zum Brunnen, bis...

Als auf einem Campingplatz bei Bauarbeiten menschliche Überreste gefunden werden, die offenbar schon längere Zeit dort lagen, wird Kommissar Krüger zu Rate gezogen. Offenbar leitet er eine ganz besondere Abteilung, die sich mit guter Aufklärungsquote und nicht immer ganz orthodoxen Mitteln solcher Fälle annimmt. Dies ist nur eine Vermutung von mir, denn, obwohl die Reihe bislang bereits 12 Fälle umfasst, war ich das erste Mal mit Krüger und seiner Entourage unterwegs.

Man kann das Buch ohne Vorkenntnisse lesen, einige private Details der Ermittler sind jedoch wahrscheinlich besser zu verstehen, wenn man auch die Vorgänger gelesen hat.

Worum geht es? Die gefundenen Knochen gehören, wie sich herausstellt, zu einem älteren Ehepaar, welches seinen Lebensabend im Wohnmobil verbrachte. Aber wie kann dies sein? Dieses Ehepaar war doch – jedenfalls offenbar – mitsamt seinem Wohnmobil in den Niederlanden verbrannt??

Wir begleiten Kommissar Krüger bei den Ermittlungen, die sich als etwas zäh herausstellen, denn immer, wenn ein Rätsel gelöst scheint, tut sich ein neues auf. Krüger wird bei seinen Recherchen durch die Intuition seiner Lebensgefährtin, die gute Vernetzung einer neuen Kollegin sowie einen (offenbar schon des Öfteren für das BKA tätig gewordenen) Privatdetektiv unterstützt.

In einem Parallelstrang lernen wir Johny kennen, der sein Leben als „Campingplatzgigolo“ fristet. Offenbar ist es nicht allzu schwer, im Dauercamper-Milieu ältere Leute kennen zu lernen, die man erst ausnehmen – und, falls nichts mehr zu holen ist, notfalls auch beseitigen kann. Von Anfang an ist klar – er ist „der Böse“. Johny geht absolut kaltblütig vor und es scheint ihm alles zu gelingen, bis... aber das kann ich jetzt nicht verraten!

Während sich Krüger und Kollegen weiter durch den Dschungel der stets abbrechenden Spuren in ganz Europa kämpfen schauen wir immer wieder etwas fassungslos Johny bei seinen Plänen zu. Dieser Strang wird dann ziemlich schräg, mit etwas makabrem Humor gewürzt, und es gelingt dem Autor auch, mich zweimal zu verblüffen.

Der Schreibstil ist recht sachlich, ein wenig wie bei einer Doku-Soap über ein reales Verbrechen. Ich empfand diesen Stil als gut lesbar und bisweilen auch amüsant.

Der Titel ist gut gewählt – denn wie bei einem Mikado-Spiel scheint es tatsächlich lange nicht aufzufallen, wenn man ein Stäbchen, hier etwas makaber einen (alten) Menschen, „entfernt“. Und wie bei einem Mikado-Spiel ist aber irgendwann auch Schluss...

Das Ende des Buchs ist für mich dann doch ziemlich abrupt gekommen, irgendwie war ich nicht ganz zufrieden, dachte immer noch, es käme noch ein abschließender Clou.

Insgesamt ein ganz nett zu lesender Zeitvertreib, durchaus auch spannend nach dem „howcatchem“-Prinzip, denn der Täter ist dem Leser ja von Beginn an bekannt.

Da ich den Plot recht originell fand bekommt das Buch von mir 3,5*, mathematisch aufgerundet auf 4.

Bewertung vom 11.08.2025
Flores;Santana

Lava und Lügen auf Lanzarote


sehr gut

Ein Urlaubsroman für Lanzarote-Liebhaber und solche, die es werden wollen
- Reiseführer und leichter Urlaubskrimi zugleich.

Als langjährige Lanzarote-Urlauberin war dieser Krimi natürlich ein „Muss“ für mich. Ich kannte die Kanaren-Reihe der beiden Autoren nur vom Hören/Sagen und darum habe ich mich sehr gefreut, dieses Buch im Rahmen einer Leserunde lesen zu dürfen.

Auch wenn ich die Protagonisten – die Buchhändlerin Naira und den Journalisten Ben, beide auf La Palma ansässig – noch nicht kannte, so hatte ich nicht das Gefühl, dass mir Vorkenntnisse aus den Vorgängerbänden fehlen würden. Dennoch wuchsen sie mir nicht wirklich ans Herz. Meine Empfindungen blieben an der Oberfläche, denn es wurde zwar ausführlich über die Kleidung der beiden berichtet, jedoch wenig über ihre Persönlichkeiten bekannt.

Hier verschlägt es die beiden nach Lanzarote, wo Ben für ein Gourmet- und Lifestyle-Magazin einen Artikel schreiben soll. Naira dagegen will ihrer Freundin Valeria beistehen, die vor kurzem Witwe geworden ist. Der angebliche Unfall, bei dem ihr Mann zu Tode gekommen ist, wirft Fragen auf.

Eine große Rolle spielen sowohl plötzlich aufgetauchte, bislang unbekannte Gemälde des großen Inselkünstlers César Manrique als auch die Machenschaften eines „Weinbarons“.

Mehr soll hier nicht verraten werden. Es passiert auch eigentlich nicht wirklich viel, aber der literarische Aufenthalt auf Lanzarote macht trotzdem Spaß. Man merkt, dass die Autoren die Insel kennen und ins Herz geschlossen haben, denn die detaillierten Beschreibungen von Landschaften und Restaurants lassen nichts zu wünschen übrig, man fühlt sich wirklich dorthin versetzt.

Der Schreibstil ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, kommt oft etwas hölzern daher, insbesondere bei den Dialogen zwischen Naira und Ben. Dafür sind die beschreibenden Szenen umso besser gelungen und sehr atmosphärisch.

Die Aufklärung des Todesfalls und das ganze Drumherum bargen für mich nicht wirklich viele Überraschungen, ich hatte eigentlich alles von Anfang an so angenommen, wie es sich nachher auch herausstellte.

Wegen der für mich fehlenden Spannung und Voraussehbarkeit vergebe ich 3,5, aufgerundet auf 4*.
Es ist ein netter, leicht zu lesender Urlaubsroman, den ich gerne weiterempfehle. Ein schönes Buch für alle, die Lanzarote lieben oder kennen lernen wollen.

Bewertung vom 30.07.2025
Sauer, Hardy

Gaditanos


ausgezeichnet

Temporeicher und sehr spannender Krimi aus Andalusien - diesen Autor sollte man unbedingt im Auge behalten!

Kaum zu glauben, dass es sich bei diesem Buch um Hardy Sauers Erstlingswerk handelt.
Ich weiß gar nicht, wo ich mit dem Lob einsetzen soll.
Bei der Erzählweise? Der Sprache? Der Handlung? Den Protagonisten?

Das Buch spielt, wie der Titel ahnen lässt, in Cadiz. Kann man das wirklich erahnen? Der Titel ist so einer der wenigen Schwachpunkte, denn ich würde diesem Roman viele viele Leser wünschen. Doch ob sich alle unter dem Titel „Gaditanos“, also Bewohner von Cadiz, sofort etwas vorzustellen vermögen sei dahingestellt. Auch das Cover macht nicht wirklich neugierig, obwohl es, das ist wieder positiv, sich vom Einheitsbrei der sogenannten „Urlaubskrimis“ natürlich angenehm abhebt. Hardy Sauer beweist mit den Schilderungen sehr viel Ortskenntnis. Der Stadtplan auf den ersten Seiten des Romans ist jedoch für uns, die wir Cadiz nicht so gut kennen, leider nutzlos, da man absolut nichts darauf erkennen kann – und nicht jeder mag einen QR-Code scannen, um mehr zu erfahren. Aber das war es auch schon mit der Kritik.

Fand ich zunächst das beständige namentliche Erwähnen der befahrenen Straßenzüge etwas zu viel, so hatte ich mich bald daran gewöhnt und fuhr gedanklich mit, auch ohne die Wege zu kennen.

Fangen wir mit dem Inhalt an, ohne zu viel zu verraten:

In Cadiz wird die Kripo zu einem vermeintlichen Verkehrsunfall mit Todesfolge gerufen, weil etwas nicht zu stimmen scheint. Daneben geraten kleine Gauner durch Zufall in ein viel größeres Verbrechen und die ermittelnde Kommissarin muss über ihren Schatten springen. Klingt das eher immer noch undurchsichtig? Nun, mehr kann man nicht schreiben, ohne zu viel vorweg zu nehmen.

Hardy Sauer schafft es, ein unglaubliches Tempo in die Handlung zu bringen, ohne dabei je oberflächlich zu werden. Dies geschieht zum Teil auch durch die Erzählweise – es wird abwechselnd aus der Perspektive von drei völlig unterschiedlichen Protagonisten geschrieben. Die Zusammenhänge zwischen diesen werden erst nach und nach offenbart.

Dieser Roman hat absolut keine Durchhänger, keine Stellen, an denen die Handlung nur so dahinplätschert. Als gewiefter Krimileser sah ich den einen oder anderen Kniff zwar gaaaanz kurz vor den Ermittlern kommen, aber es gelang dem Autor dennoch, mich des Öfteren zu verblüffen.

Gut und Böse werden hier ebenfalls tüchtig durcheinander gewirbelt, so dass die Sympathien des Lesers mitunter auch mal auf der dunklen Seite landen.

Die kettenrauchende Ermittlerin Yolanda ist tough und sensibel gleichermaßen.
Gern würde ich ihr in einem weiteren Buch folgen und hoffen, dass es ihr gelingt, etwas mehr im gaditanischen Sumpf aufzuräumen. Da das angedeutete Netz der Kriminalität dort - und nicht nur dort - jedoch bis zu einflussreichen Persönlichkeiten reicht, würde das wohl einem Kampf gegen Windmühlen gleichen...

Dem Autor gebührt ein großes Lob für die angenehme Sprache, das gut beschriebene Setting und die von ihm erdachte Story. Ich hatte beständig einen Film vor Augen, konnte mir viele Szenen bildlich vorstellen, und konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen.

Von mir gibt es ohne zu Zögern 5* und eine Leseempfehlung!
Chapeau für diesen rasanten Erstlingsroman! Bitte weiterschreiben!