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Lillith
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Berlin

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Insgesamt 67 Bewertungen
Bewertung vom 15.08.2025
Amrein, T. D.

Rentner Mikado


gut

Ein Verbrechen zieht das andere nach sich – der Krug geht aber solange zum Brunnen, bis...

Als auf einem Campingplatz bei Bauarbeiten menschliche Überreste gefunden werden, die offenbar schon längere Zeit dort lagen, wird Kommissar Krüger zu Rate gezogen. Offenbar leitet er eine ganz besondere Abteilung, die sich mit guter Aufklärungsquote und nicht immer ganz orthodoxen Mitteln solcher Fälle annimmt. Dies ist nur eine Vermutung von mir, denn, obwohl die Reihe bislang bereits 12 Fälle umfasst, war ich das erste Mal mit Krüger und seiner Entourage unterwegs.

Man kann das Buch ohne Vorkenntnisse lesen, einige private Details der Ermittler sind jedoch wahrscheinlich besser zu verstehen, wenn man auch die Vorgänger gelesen hat.

Worum geht es? Die gefundenen Knochen gehören, wie sich herausstellt, zu einem älteren Ehepaar, welches seinen Lebensabend im Wohnmobil verbrachte. Aber wie kann dies sein? Dieses Ehepaar war doch – jedenfalls offenbar – mitsamt seinem Wohnmobil in den Niederlanden verbrannt??

Wir begleiten Kommissar Krüger bei den Ermittlungen, die sich als etwas zäh herausstellen, denn immer, wenn ein Rätsel gelöst scheint, tut sich ein neues auf. Krüger wird bei seinen Recherchen durch die Intuition seiner Lebensgefährtin, die gute Vernetzung einer neuen Kollegin sowie einen (offenbar schon des Öfteren für das BKA tätig gewordenen) Privatdetektiv unterstützt.

In einem Parallelstrang lernen wir Johny kennen, der sein Leben als „Campingplatzgigolo“ fristet. Offenbar ist es nicht allzu schwer, im Dauercamper-Milieu ältere Leute kennen zu lernen, die man erst ausnehmen – und, falls nichts mehr zu holen ist, notfalls auch beseitigen kann. Von Anfang an ist klar – er ist „der Böse“. Johny geht absolut kaltblütig vor und es scheint ihm alles zu gelingen, bis... aber das kann ich jetzt nicht verraten!

Während sich Krüger und Kollegen weiter durch den Dschungel der stets abbrechenden Spuren in ganz Europa kämpfen schauen wir immer wieder etwas fassungslos Johny bei seinen Plänen zu. Dieser Strang wird dann ziemlich schräg, mit etwas makabrem Humor gewürzt, und es gelingt dem Autor auch, mich zweimal zu verblüffen.

Der Schreibstil ist recht sachlich, ein wenig wie bei einer Doku-Soap über ein reales Verbrechen. Ich empfand diesen Stil als gut lesbar und bisweilen auch amüsant.

Der Titel ist gut gewählt – denn wie bei einem Mikado-Spiel scheint es tatsächlich lange nicht aufzufallen, wenn man ein Stäbchen, hier etwas makaber einen (alten) Menschen, „entfernt“. Und wie bei einem Mikado-Spiel ist aber irgendwann auch Schluss...

Das Ende des Buchs ist für mich dann doch ziemlich abrupt gekommen, irgendwie war ich nicht ganz zufrieden, dachte immer noch, es käme noch ein abschließender Clou.

Insgesamt ein ganz nett zu lesender Zeitvertreib, durchaus auch spannend nach dem „howcatchem“-Prinzip, denn der Täter ist dem Leser ja von Beginn an bekannt.

Da ich den Plot recht originell fand bekommt das Buch von mir 3,5*, mathematisch aufgerundet auf 4.

Bewertung vom 11.08.2025
Flores;Santana

Lava und Lügen auf Lanzarote


sehr gut

Ein Urlaubsroman für Lanzarote-Liebhaber und solche, die es werden wollen
- Reiseführer und leichter Urlaubskrimi zugleich.

Als langjährige Lanzarote-Urlauberin war dieser Krimi natürlich ein „Muss“ für mich. Ich kannte die Kanaren-Reihe der beiden Autoren nur vom Hören/Sagen und darum habe ich mich sehr gefreut, dieses Buch im Rahmen einer Leserunde lesen zu dürfen.

Auch wenn ich die Protagonisten – die Buchhändlerin Naira und den Journalisten Ben, beide auf La Palma ansässig – noch nicht kannte, so hatte ich nicht das Gefühl, dass mir Vorkenntnisse aus den Vorgängerbänden fehlen würden. Dennoch wuchsen sie mir nicht wirklich ans Herz. Meine Empfindungen blieben an der Oberfläche, denn es wurde zwar ausführlich über die Kleidung der beiden berichtet, jedoch wenig über ihre Persönlichkeiten bekannt.

Hier verschlägt es die beiden nach Lanzarote, wo Ben für ein Gourmet- und Lifestyle-Magazin einen Artikel schreiben soll. Naira dagegen will ihrer Freundin Valeria beistehen, die vor kurzem Witwe geworden ist. Der angebliche Unfall, bei dem ihr Mann zu Tode gekommen ist, wirft Fragen auf.

Eine große Rolle spielen sowohl plötzlich aufgetauchte, bislang unbekannte Gemälde des großen Inselkünstlers César Manrique als auch die Machenschaften eines „Weinbarons“.

Mehr soll hier nicht verraten werden. Es passiert auch eigentlich nicht wirklich viel, aber der literarische Aufenthalt auf Lanzarote macht trotzdem Spaß. Man merkt, dass die Autoren die Insel kennen und ins Herz geschlossen haben, denn die detaillierten Beschreibungen von Landschaften und Restaurants lassen nichts zu wünschen übrig, man fühlt sich wirklich dorthin versetzt.

Der Schreibstil ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, kommt oft etwas hölzern daher, insbesondere bei den Dialogen zwischen Naira und Ben. Dafür sind die beschreibenden Szenen umso besser gelungen und sehr atmosphärisch.

Die Aufklärung des Todesfalls und das ganze Drumherum bargen für mich nicht wirklich viele Überraschungen, ich hatte eigentlich alles von Anfang an so angenommen, wie es sich nachher auch herausstellte.

Wegen der für mich fehlenden Spannung und Voraussehbarkeit vergebe ich 3,5, aufgerundet auf 4*.
Es ist ein netter, leicht zu lesender Urlaubsroman, den ich gerne weiterempfehle. Ein schönes Buch für alle, die Lanzarote lieben oder kennen lernen wollen.

Bewertung vom 30.07.2025
Sauer, Hardy

Gaditanos


ausgezeichnet

Temporeicher und sehr spannender Krimi aus Andalusien - diesen Autor sollte man unbedingt im Auge behalten!

Kaum zu glauben, dass es sich bei diesem Buch um Hardy Sauers Erstlingswerk handelt.
Ich weiß gar nicht, wo ich mit dem Lob einsetzen soll.
Bei der Erzählweise? Der Sprache? Der Handlung? Den Protagonisten?

Das Buch spielt, wie der Titel ahnen lässt, in Cadiz. Kann man das wirklich erahnen? Der Titel ist so einer der wenigen Schwachpunkte, denn ich würde diesem Roman viele viele Leser wünschen. Doch ob sich alle unter dem Titel „Gaditanos“, also Bewohner von Cadiz, sofort etwas vorzustellen vermögen sei dahingestellt. Auch das Cover macht nicht wirklich neugierig, obwohl es, das ist wieder positiv, sich vom Einheitsbrei der sogenannten „Urlaubskrimis“ natürlich angenehm abhebt. Hardy Sauer beweist mit den Schilderungen sehr viel Ortskenntnis. Der Stadtplan auf den ersten Seiten des Romans ist jedoch für uns, die wir Cadiz nicht so gut kennen, leider nutzlos, da man absolut nichts darauf erkennen kann – und nicht jeder mag einen QR-Code scannen, um mehr zu erfahren. Aber das war es auch schon mit der Kritik.

Fand ich zunächst das beständige namentliche Erwähnen der befahrenen Straßenzüge etwas zu viel, so hatte ich mich bald daran gewöhnt und fuhr gedanklich mit, auch ohne die Wege zu kennen.

Fangen wir mit dem Inhalt an, ohne zu viel zu verraten:

In Cadiz wird die Kripo zu einem vermeintlichen Verkehrsunfall mit Todesfolge gerufen, weil etwas nicht zu stimmen scheint. Daneben geraten kleine Gauner durch Zufall in ein viel größeres Verbrechen und die ermittelnde Kommissarin muss über ihren Schatten springen. Klingt das eher immer noch undurchsichtig? Nun, mehr kann man nicht schreiben, ohne zu viel vorweg zu nehmen.

Hardy Sauer schafft es, ein unglaubliches Tempo in die Handlung zu bringen, ohne dabei je oberflächlich zu werden. Dies geschieht zum Teil auch durch die Erzählweise – es wird abwechselnd aus der Perspektive von drei völlig unterschiedlichen Protagonisten geschrieben. Die Zusammenhänge zwischen diesen werden erst nach und nach offenbart.

Dieser Roman hat absolut keine Durchhänger, keine Stellen, an denen die Handlung nur so dahinplätschert. Als gewiefter Krimileser sah ich den einen oder anderen Kniff zwar gaaaanz kurz vor den Ermittlern kommen, aber es gelang dem Autor dennoch, mich des Öfteren zu verblüffen.

Gut und Böse werden hier ebenfalls tüchtig durcheinander gewirbelt, so dass die Sympathien des Lesers mitunter auch mal auf der dunklen Seite landen.

Die kettenrauchende Ermittlerin Yolanda ist tough und sensibel gleichermaßen.
Gern würde ich ihr in einem weiteren Buch folgen und hoffen, dass es ihr gelingt, etwas mehr im gaditanischen Sumpf aufzuräumen. Da das angedeutete Netz der Kriminalität dort - und nicht nur dort - jedoch bis zu einflussreichen Persönlichkeiten reicht, würde das wohl einem Kampf gegen Windmühlen gleichen...

Dem Autor gebührt ein großes Lob für die angenehme Sprache, das gut beschriebene Setting und die von ihm erdachte Story. Ich hatte beständig einen Film vor Augen, konnte mir viele Szenen bildlich vorstellen, und konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen.

Von mir gibt es ohne zu Zögern 5* und eine Leseempfehlung!
Chapeau für diesen rasanten Erstlingsroman! Bitte weiterschreiben!

Bewertung vom 04.11.2024
Albich, Mina

Tod am Nussdorfer Wehr


ausgezeichnet

Spannender Wienkrimi mit Atmosphäre und Schmäh! Sympathische Charaktere und raffinierte Story! Ein Highlight !!

Ein ehemaliger Musikstar/DJ und Womanizer liegt nach einer turbulenten Party tot vor seinem Haus, offensichtlich über die Balkonbrüstung gestürzt. Oder gestürzt worden.

Suizid oder Mord, das ist die Frage. Das sympathische Team bestehend aus Kommissar Felix Grohsman, seiner forschen aber sehr cleveren jungen Polizeikollegin Joe, sowie dem dieses Mal auch sehr aktiv zur Lösung beitragenden Kollegen Gregor, ergänzt durch die Kriminalpsychologin Nicky, müssen viele Spuren verfolgen, welche nicht alle unbedingt zielführend sind.

Dann legt ein Patient von Nicky ein überraschendes Geständnis ab – er habe den Mord begangen! Und Nicky unterliegt einer strengen Schweigepflicht.

Der Plot ist erneut raffiniert konstruiert. Es gibt zahlreiche Verdächtige, und selbst für den versierten Krimileser ist es nicht möglich, die Identität der "Täterperson" (wie Mina Albich es nennt, ohne sonst viel auf Genderneutralität zu achten) zu entlarven.

Die Messlatte lag hoch nach bereits zwei gelungenen Büchern der Wien-Reihe - und doch ist es Mina wieder gelungen, das Niveau zu halten, wenn nicht gar zu übertreffen. Das Buch sprüht nur so vor Wiener Lokalkolorit, ohne in einen flachen Regionalkrimi abzudriften. Wir stoßen auf sehr gut gezeichnete Charaktere, bis hin zu den Nebenfiguren, treffen auf alte Bekannte wie Felix' mathematikbegabtem Neffen, dieses Mal ergänzt durch eine pfiffige Freundin – es macht einfach Spaß! Man glaubt mittlerweile, die Personen könnten in jedem Wiener Café geradezu hereinspazieren und man würde sie erkennen, und sei es durch die unverkennbare Hundedame Sally, die Grohsman auch hier wieder fast auf Schritt und Tritt begleitet.

Nebenbei habe ich auch einiges gelernt, denn Mina wird nie Ermittlungsansätze oder psychologische Phänomene beschreiben, über die sie nicht gründlich recherchiert hat. Dies tut sie so nebenbei, ohne jemals belehrend zu wirken.

„Wohlfühlkrimi“ klingt für mich immer etwas langweilig – aber das ist hier keineswegs der Fall. Ganz im Gegenteil, man ist ständig am Mitraten, springt von einer Vermutung zur nächsten und die Spannung hält bis zum Ende an!

Und doch – natürlich fühlt man sich wohl mit den so liebevoll und detailreich geschilderten Protagonisten...

Ich war richtig traurig, als das Buch schon wieder zu Ende war und freue mich bereits jetzt, dass Mina Albich eine Fortsetzung der Reihe angekündigt hat!

Von mir gibt es volle 5* und eine Leseempfehlung für alle, deren Augenmerk eher auf einer spannenden Handlung denn auf blutigen Schockmomenten liegt.

Bewertung vom 03.11.2024
Shepherd, Catherine

Der Nachtschattenmann: Thriller


ausgezeichnet

Die deutsche Queen of Suspense hat wieder zugeschlagen!

Eine tote Frau wird in Tanzpose vor einer Tanzschule aufgefunden. In der Hand einen kleinen Ballettschuh, der nur einem Kind passen könnte. Die Füße zerschunden von zu kleinen Schuhen, den Kopf mit einer Plastiktüte verdeckt. Offenbar wurde sie vor ihrer Ermordung nicht nur gezwungen, in zu kleinen Schuhen zu tanzen, sondern man hatte ihr Gesicht durch chirurgische Eingriffe so verfremdet, dass ihre eigene Mutter sie nicht erkennt...

Bald wird eine zweite Frauenleiche gefunden, mit den gleichen Merkmalen.
Und eine weitere junge Frau, Johanna, wird vermisst...

Was hat es mit den zu kleinen Schuhen auf sich und was mit den Kinderballettschuhen, die alle Opfer der Hand halten?
Gibt es einen Zusammenhang mit der Tanzschule oder mit der Disco, in der die Opfer verkehrten?

Rechtsmedizinerin Julia und Kollegin Lenja ermitteln wieder einmal beinahe mehr als Florian und das restliche Kripoteam...die Zeit läuft ihnen davon, denn sie wollen auf jeden Fall die vermisste Johanna finden, bevor es zu spät ist.

In bewährter Manier führt uns die Autorin mit Bravour durch die Handlung, lässt uns sowohl dem Täter als auch seinen Opfern „über die Schulter blicken“, legt jede Menge Spuren, führt Verdächtige ein, entkräftet wiederum andere Verdachtsmomente, baut eine maßlose Spannung auf – bis sich erst ganz am Ende wiederum alle Fäden auflösen und der Täter samt Motiv präsentiert wird.

Wahnsinn. Das ist großes handwerkliches Können, was Catherine Shepherd hier von Buch zu Buch ihrer Leserschaft offeriert.
Man kann einfach nicht enttäuscht werden.
Darum ganz schnörkellos: 5* und Leseempfehlung für alle Thrillerfans

Bewertung vom 24.09.2024
Thorogood, Robert

Mrs Potts' Mordclub und der tote Bürgermeister / Mord ist Potts' Hobby Bd.3


ausgezeichnet

Vergnüglich, cosy - und very british

Schon das Cover hat mich abgeholt und den Autor kenne ich von zwei TV-Serien, die ich sehr liebe. Darum wollte ich die Reihe gern kennen lernen und ich wurde nicht enttäuscht. Wer z.B. die TV-Serie Inspector Barnaby mag, wird sich auch in Marlow wie zu Hause fühlen. Exzentrische Charaktere, Geheimnisse allerorten, alles mit einem leisen Humor erzählt...

Es ist Band drei einer Reihe, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass mir Hintergrundwissen fehlt, ich kam sofort mit den Protagonistinnen und dem Setting klar. Dennoch werde ich mir sicher die ersten beiden Bände noch besorgen, weil es einfach so ein Vergnügen war, den Damen beim Ermitteln zu folgen! Sie sind pfiffig und gehen mit einer zielstrebigen Dreistigkeit vor, die ihnen immer einen kleinen Vorsprung vor der Polizei verschafft. Dieses Mal sind sie sogar offiziell zum Ermitteln aufgerufen worden, als „Berater“ der örtlichen Polizei. Vermutlich versucht die dort frischgebackene Leiterin, Detective Inspector Tanika sie so besser im Auge zu behalten, aber das bleibt ein frommer Wunsch...

Ich frage mich immer, warum ich mit britischen Cosy Crimes wesentlich besser zurecht komme als mit deutschen – ich weiß es nicht! Der Hauch Skurrilität vielleicht, der subtile Humor...

Doch auch die Spannung kommt nicht zu kurz. Auch wenn einem irgendwann fast egal ist, wer den titelgebenden toten Bürgermeister nun auf dem Gewissen hat, so ist man beim Raten und Deuten der Indizien doch mit Freude dabei.

Das Ende kommt unerwartet, ist so nicht voraussehbar gewesen. Judith kommt durch konzentriertes Denken und einen plötzlichen Geistesblitz zur Lösung des Falls – ähnlich wie Hercule Poirot bei Agatha Christie oder Humphrey in Death in Paradise.

Mir hat das Lesen dieses Buchs außerordentlich viel Freude bereitet, ein Buch, was man eingekuschelt auf dem Sofa mit einer Tasse Tee und ein paar Keksen (ach, hätte Suzie doch auch bei mir welche versteckt!) genießen kann.

Ich vergebe darum sehr gern 5* und eine Leseempfehlung für Liebhaber von Cosy Crime – Geschichten mit britischem Charme.

Bewertung vom 24.09.2024
Kalpenstein, Friedrich

Salute - Der letzte Espresso


ausgezeichnet

Ein Krimi – leicht und fluffig wie der Schaum auf einem Cappuccino

Nachdem ich mit der „Brunngries-Reihe“ des Autors nicht so ganz warm geworden bin wollte ich sehr gern die neue Serie von Herrn Kalpenstein kennen lernen, und siehe da, hier fühlte ich mich sofort wohl.

Der Krimi spielt in Bardolino am Gardasee. Hauptprotagonist ist Paul, ehemals bei der Münchner Kripo – heute mit Leib und Seele Barista in seinem eigenen Café. Seine mangelnden Italienischkenntnisse fallen nicht weiter ins Gewicht, er ist im Ort und bei seinen Geschäftsnachbarn wohlgelitten.

Eine Leiche in der Herrentoilette seines Cafés stört die Idylle und bringt Paul (einmal Bulle, immer Bulle) dazu, Nachforschungen anzustellen, nicht zuletzt, weil er beim ermittelnden Commissario selbst auf der Liste der Verdächtigen steht. Zur Seite steht ihm eine attraktive Journalistin, die eine Kollegin des Ermordeten war.

Der Autor stellt das Ambiente eines italienischen Urlaubsortes meisterhaft dar; beim Lesen fühlt man sich, als wäre man selbst dort – es ist nur bedauerlich, dass die Delikatessen des Konditors unerreichbar bleiben.

Das Buch liest sich flüssig. Es enthält zahlreiche humorvolle Passagen, die man sich so gut vorstellen kann, dass man beim Lesen ein breites Schmunzeln im Gesicht hat. An einigen Stellen kommt auch eine gewisse Spannung auf, aber im großen und ganzen ist es eher ein Wohlfühlkrimi mit viel Dolce Vita und ein paar Klischees, die jedoch nicht störend wirken.

Man ist fast ein wenig traurig, wenn das Buch beendet ist, möchte sich subito von Paul einen Cappuccino mit etwas von dem köstlichen Gebäck servieren lassen, die Sonnenbrille gerade rücken – und auf den nächsten Band warten.

Solide 4* und Leseempfehlung für italophile Cosy Crime Fans.

Bewertung vom 12.09.2024
Goyke, Frank

Nachsaison (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Fontane in Nöten in Napoli
Dieser Krimi spiel nicht in der gewohnten Umgebung unseres bekannten Dichters Theodor Fontane, nämlich der Mark Brandenburg, sondern in Neapel, wohin sich Theodor und seine Frau Emilie Ende des 19. Jahrhunderts tatsächlich begeben haben.

Ziemlich zu Beginn gerät Herr Fontane in große Bedrängnis, wird ihm doch zunächst das Portefeuille gestohlen und wenig später der Dieb desselben tot aus dem Hafenbecken gefischt. Ein Zimmermädchen findet im Zimmer Fontanes die Tatwaffe und Theodor wird verhaftet.

So muss dieses Mal Emilie ermitteln, was mir sehr gut gefallen hat, denn die Gattin Fontanes, charmant und intelligent, blieb bislang in den anderen Bänden viel zu sehr im Hintergrund. Es trifft sich jedoch gut, dass Aschinger, Kriminalkommissar aus Berlin, mit dem Fontanes freundschaftlich verkehren, just zur gleichen Zeit ebenfalls in Neapel weilt. Denn so ganz allein wäre es für Emilie sicher recht gefährlich und degoutant, sich in die Niederungen der neapolitanischen Unterschicht zu begeben, um nach dem wahren Täter und den Zusammenhängen zu forschen.

Einmal mehr hat mich Herr Goyke mit einer wunderbar erdachten Geschichte begeistert. Er bedient sich einer Sprache, die unbedingt das Flair des ausgehenden 19. Jahrhunderts widerspiegelt, jedoch nicht sperrig ist. Einige antiquierte Bezeichnungen fließen wie selbstverständlich ein und in diesem Buch ebenfalls viele italienische und neapolitanische Begriffe. Auf der Suche nach dem Mörder folgen wir Emilie und Aschinger durch Neapel. Dies wird sehr anschaulich beschrieben, auch die Wohnverhältnisse der Unterschicht, die einen herben Unterschied zu den Unterkünften der "Herrschaften" in Hotels mit durchaus hohem Standard darstellen.

Der gesamte Roman ist, wie bei Frank Goyke und dieser Reihe üblich, von feinem Humor durchzogen, und es gelingt ihm ebenfalls, an den entscheidenden Stellen Spannung aufzubauen. Ein wenig mühsam ist es, den italienischen Namen jeweils die richtigen Personen zuzuordnen, hier wäre ein Personenregister nützlich gewesen.

Zu guter Letzt wird alles aufgeklärt, im Hintergrund tut sich eine veritable Verschwörung auf - und auch eine Art "Pate" der Camorra wird auf überzeugende Art und Weise "eingearbeitet".

Für mich war es der vierte und somit leider, leider letzte Band dieser charmanten Fontane-Krimi-Reihe, die zu meinem Kummer nicht fortgesetzt wurde. Es lohnt sich allemal, hier das Genre historische Krimis auszuprobieren.
Von mir darum überzeugte 5 * und natürlich eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 26.08.2024
Edelmann-Amrhein, Ruth

Theodora und die Macht des Bösen


ausgezeichnet

Theodora und Eisele - der dritte Band aus dem Schwabenland
Saure Kutteln oder Tarotkarten – unter Stress braucht halt jeder was anderes

Was habe ich mich auf den dritten Band dieser Reihe aus der Feder von Ruth Edelmann-Armrhein gefreut, und ich wurde absolut nicht enttäuscht.
Der Schreibstil der Autorin hat mir von Anfang an gefallen, aber diesen dritten Band fand ich besonders schön zu lesen. Personen und Umfeld werden sehr anschaulich beschrieben, so das man quasi bei ihnen und vor Ort ist. Die eingeschobenen Dialoge im Dialekt lassen uns nie vergessen, wo die Reihe spielt, sind aber nicht zuviel, um sie auch als Nordlicht problemlos zu verstehen.

Worum geht es dieses Mal?

Ein junges Mädchen wird tot im Wald gefunden.

Theodora und Eisele sowie ihr Vorgesetzter Hummel bekommen ordentlich Druck vom neuen Staatsanwalt Preuß, welcher aalglatt und sehr unsympathisch ist. Nicht nur darum setzen sie alles daran, den Mord schnellstmöglich aufzuklären. Rasch findet sich auch eine Spur und ein Verdächtiger – aber ist es wirklich so einfach?

Unsere so unterschiedlichen Ermittler haben beide ihre Zweifel und unabhängig voneinander kommen sie etwas Ungeheurem auf die Spur...

Obwohl man bald erahnen kann, wohin die Geschichte führt, bleibt der Krimi durchweg spannend und ist sehr vergnüglich zu lesen. Neben dem zu lösenden Mordfall sind es vor allem die Charaktere, die mit ihren persönlichen Problemen und Schicksalsschlägen das Geschehen prägen. Die beiden Protagonisten haben sich seit dem ersten Band glaubhaft weiterentwickelt. Theodora ist zugänglicher und weicher geworden, obwohl sie oft noch sehr entschieden handelt. Doch nun gibt es in ihrem Leben vermehrt Anlass zur Freude...

Eisele hingegen krankt immer noch an seiner verkorksten Mutterbeziehung, kann dieses Mal nicht mal zu seiner „Chantal“ in den roten Kakadu ausweichen, um dort seine geliebten sauren Kutteln zu essen, weil diese dabei ist, andere Pläne zu verwirklichen.

Besonders die Szenen mit Mutter Eisele, die sich dieses Mal in den Kopf gesetzt hat eine Alten-WG zu gründen, sind oftmals urkomisch. Sie verursachen bei mir ständig Kopfkino, weil ich mir alles so gut vorstellen kann und wie einen Film vor Augen habe. Eisele hat dieses Mal durchaus einige starke Momente, wo er selbst über sein Durchsetzungsvermögen erstaunt ist.
Ich denke, das ist noch ausbaufähig, und irgendwann...

Hunmmel bleibt dieses Mal ziemlich im Hintergrund, Aylin und Murat spielen wieder mit – es ist wie ein Wiedersehen mit alten Bekannten.
Mir hat das Buch sowohl vergnügliche als auch spannende Lesemomente beschert. Ich vergebe von Herzen gern 5* und eine Leseempfehlung für diesen Regionalkrimi, der sich in keine Schublade stecken lässt. Ein bisschen cosy, ein bisschen schräg, oft ziemlich spannend, manchmal tragikomisch. Das alles zusammen in einer sehr gelungenen Mischung!

Ich würde mich sehr über ein Wiedersehen ähh Wiederlesen mit Theodora und Eisele freuen!

Bewertung vom 17.08.2024
Rosenbauer, Dagmar

Rübentod


ausgezeichnet

Perfekter Regionalkrimi – tolles Romandebüt

Detailreiche Beschreibungen und gut ausgearbeitete Charaktere machen das Buch aus

Dieser Roman von Dagmar Rosenbauer hat mich interessiert, weil ich die Prignitz recht gut kenne – fast alle genannten Orte habe ich bereits einmal besucht. Umso mehr habe ich die detailreichen Schilderungen genossen, man springt wirklich in die Gegend hinein beim Lesen! Ebenso ging es mir mit den beiden Protagonisten Marley und Richard Said. Im Laufe des Buches erfuhr man immer mehr aus ihrem Leben, so dass man schließlich meinte, zu wissen, wie sie ticken, wie sie jetzt handeln würden.
Worum geht es?
Beim Abräumen einer Rübenmiete in einem kleinen brandenburgischen Dorf wird der teilweise verweste Leichnam einer jungen Frau gefunden.
Marley Leonhardt, neue Polizeichefin in Neuruppin, muss sich Respekt und Anerkennung erst erarbeiten, denn sie ist von außerhalb dorthin gekommen, hatte vorher eher einen „Schreibtischjob“ und wird zunächst einmal kritisch beäugt. Ihr Selbstbewusstsein ist zudem durch einige Kilos zu viel nicht das allerbeste und so möchte sie den Mordfall „Rübenmiete“ unbedingt lösen. Doch mit Ermittlungsarbeit hat sie bisher nicht viel zu tun gehabt...
Da trifft es sich gut, dass ihr am Tatort Richard Said Wagner, beurlaubter Polizeibeamter mit iranischen Wurzeln, über den Weg läuft. Dieser war Polizeisprecher bei der Berliner Polizei, ist aber aus mysteriösen, öffentlich nicht bekannten, Gründen abgetaucht – in die Prignitz, wo sich Clara, eine wohlhabende Investorin, die dabei ist, ein Schloss zu renovieren nicht nur um seine verwundete Seele kümmert. Das Verhältnis dieser beiden Personen (Clara und Richard) zueinander ist mir ein wenig suspekt.

Richard kennt alle Dorfbewohner, was Fluch und Segen zugleich bedeutet. Marley schlägt vor, gemeinsam den Fall zu lösen – aber Richard, der noch immer stark traumatisiert ist, fühlt sich eigentlich noch nicht bereit dazu. Seine direkte Vorgesetzte Verena, die auch eine Freundin von Marley ist, und Marley selbst schaffen es jedoch, ihn zu überreden, es zu wagen.
Marley und Richard sind zwar sehr verschieden, aber beide gelten als „Außenseiter“. Richard begegnet oft Skepsis aufgrund seines Aussehens und seiner Herkunft. Das Zusammenspiel der beiden ist interessant mitzuerleben.
Die Ermittlungsarbeit ist minutiös und realitätsgetreu dargestellt, dabei jedoch keineswegs langweilig; es werden Vermutungen und Spuren verfolgt, und dennoch enthüllt sich das wahre Motiv des Mordfalls erst spät. Obwohl ich einige Zusammenhänge vorab erkennen konnte, sind es die zahlreichen fein ausgearbeiteten Details, die schlussendlich die Aufklärung ermöglichen.
Dazwischen gibt es auch sehr private Momente der beiden Ermittler, wobei Marley bei mir im letzten Drittel einige Sympathiepunkte einbüßte. Aber beide Protagonisten sind „aus Fleisch und Blut“, sehr nahbar und menschlich!
Das Buch hat mir von Anfang bis Ende gut gefallen. Gut lesbar, trotz der teilweise langen Kapitel und des etwas dichten Textes mit zu wenigen Absätzen. Es erforderte eine gewisse Eingewöhnung, da es hauptsächlich beschreibend war, abwechselnd aus der Perspektive von Marley und Richard sowie anderen Charakteren, mit relativ wenigen Dialogen. Dies beeinträchtigte gelegentlich die Dynamik und ließ es manchmal eher wie einen Bericht erscheinen
So habe ich auch das Buch weniger als spannenden Pageturner denn als unterhaltsame Geschichte um einen tragischen Todesfall in der Prignitz empfunden. Es war so realitätsnah, dass es mich manchmal eher an eine TrueCrime Dokumentation erinnert hat.
Da mir die Ermittler sehr ans Herz gewachsen sind und das Ende des Buchs auch vermuten lässt, dass es weitergeht, hoffe ich sehr auf einen weiteren Fall in der Prignitz!
Ich vergebe 4,5 Sterne (ein kleiner Abzug wegen mangelnder Spannung), runde jedoch gerne auf 5 Sterne auf und empfehle das Buch allen, die Regionalkrimis mögen, die nicht brutal sind oder zum „Schmunzelkrimi“ oder Cosy Crime zählen, sondern einen Kriminalfall logisch und nachvollziehbar darstellen und lösen.