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Benutzername: 
Hans Keller
Wohnort: 
München

Bewertungen

Bewertung vom 01.02.2013
Der große historische Atlas der Eisenbahn
Westwood, John

Der große historische Atlas der Eisenbahn


schlecht

Der Titel ist reine Bauernfängerei. Atlas verspricht ein Kartenwerk, aber dies ist das Buch nicht. Zwar sind zwischen dem Text viele Karten verstreut, jedoch alle sehr klein und oft nur ungenau; bei manchen Eisenbahnlinien sind nicht einmal die Endstationen eingezeichnet. Das Buch geht viel mehr in Richtung Enzyklopädie, wird aber auch diesem Anspruch nicht gerecht, denn vergleichende Übersichten fehlen ganz.

Der Text ist zwar spannend geschrieben, aber höchst unsorgfältig. So heisst es bei einer Metallbrücke, es handle sich um eine Steinbrücke, ein vor 10 Jahren altershalber verschrotteter Nahverkehrszug wird als «modern» bezeichnet oder von einer italienischen Tunnelstation berichtet, die sich mehrere hundert Kilometer unter der Erdoberfläche befände. Das ist Faktor 1000 zuviel.

Auch wenn sowohl die deutsche als auch die Originalausgabe erst 2009 erschienen sind, tauchen auf den Karten Ländernamen auf, die es damals schon lange nicht mehr gab, wie Zaire oder UdSSR. Andernorts wird Preussen mit Deutschland verwechselt und Fachbegriffe sind völlig falsch übersetzt. Bei all' diesen Ungenauigkeiten weiss man am Schluss gar nicht mehr, was denn überhaupt stimmt oder ob auch die nicht oder nur schwer überprüfbaren Fakten falsch sind.

Schade auch, dass das Buch dem historischen Aspekt nicht gerecht wird. Zwar werden verschiedene historischen Züge vorgestellt, detailiert erzählt, wann sie in Betrieb genommen worden sind – aber das Ende schlicht ausgeblendet. Bei den Karten ist es mal so, mal anders. Einige wenige sind historische Karten, die allermeisten geben jedoch das heutige Schienennetz wieder. Von einem «historischen Atlas» wäre aber zu erwarten, dass z.B. in einer anderen Farbe die stillgelegten Linien zumindest gezeigt werden.

Wenn es im Untertitel heisst «rund um die Welt» ist dies korrekt, denn einige Länder fehlen. Die Fotos sind schön, die Bildlegenden genügen aber nur einem 08/15-Leser. Ein so grossformatiges und dickes Werk richtet sich jedoch eher an den angefressenen Eisenbahnliebhaber, für welchen die Angaben dann aber doch zu schmalbrüstig sind.