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hannahramone

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 22.09.2023
Nichts in den Pflanzen
Haddada, Nora

Nichts in den Pflanzen


gut

Die Berliner Kunstszene, eine verzweifelte Protagonistin und ein fesselnder Schreibstil. Bei "Nichts in den Pflanzen" geht es um die unzuverlässige Erzählerin ("unreliable narrator") Leila, die ihren ersten Vertrag für ein Drehbuch unterschrieben hat - ein durchwachsener Roman, bei dem ich mir bis zum Ende nicht sicher war, ob er mir gefällt oder nicht.

Im Zentrum steht die Protagonistin Leila, die Einblicke in ihr Innerstes gewährt: der Druck, ihr Drehbuch zu beenden, ihre von Alkohol gepräften Exzesse, die Unwahrheiten, die sie erzählt. Ich mochte Leila nicht und ich denke, man sollte sie nicht mögen. So was funktioniert aber nur bis zu einem gewissen Grad, denke ich. Mir gefällt, dass Frauenfiguren nicht mehr perfekt und liebenswert sein müssen, aber ein gewisser Grad der Sympathie schadet nicht beim Lesen (siehe bspw. Fleabag, wo die Protagonistin eine Katastrophe ist, aber auch liebenswerte Eigenschaften hat und man so mitfühlt).

Der Schreibstil hat mir ausgesprochen gut gefallen, aber die Erzählstruktur und der Plot haben mich unzufrieden zurückgelassen. Es gibt keinen roten Faden und damit keine Befriedigung für die Leser:innen. Das ist etwas schade.

Bewertung vom 21.02.2023
Männer sterben bei uns nicht
Reich, Annika

Männer sterben bei uns nicht


gut

Ich war hin und weg von der Leseprobe, dem Cover und dem Titel. Alles zauberte beinahe schon eine Atmosphäre wie aus einem gotischen Roman. Die fragmentierte Erzählweise und die Mysterien, die das Anwesen der Familie umgaben, sorgten dafür dass ich unbedingt weiterlesen wollte.

Leider blieb der Roman genau das: Bruchstückhaft. Erzählungen aus der Kindheit der Protagonistin und von der Beerdigung ihrer herrischen Großmutter kommen die Frauen aus der Familie zusammen, wobei deren schwierige Beziehung offensichtlich wird. Im Grunde ist das sehr interessant, aber es sorgt auch dafür, dass wir keinerlei Charakterentwicklungen haben. Eine Geschichte muss nicht linear aufgebaut sein, aber was sie dennoch braucht, ist ein Höhepunkt und eine Auflösung. Beides blieb der Roman den Leser:innen schuldig. Dass die Vergangenheit der Großmutter und des Vermögens im Dunkeln bleiben, passt wohl gut, aber dass auch alles andere niemals aufgelöst wird, lässt einen leer zurück. Wirklich schade.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.02.2023
Sibir
Janesch, Sabrina

Sibir


ausgezeichnet

"Sibir" von Sabrina Janesch ist ein faszinierender historischer Roman, der auf einer wahren Geschichte basiert und die Reise einer Gruppe deutscher Auswanderer in die unwirtliche Wildnis Sibiriens während der Stalin-Ära erzählt. Janesch hat offensichtlich intensiv recherchiert, um die historischen Ereignisse und Umstände dieser Zeit genau darzustellen, und sie schafft es, die Leser:innen mit der Geschichte und dem Schicksal ihrer Charaktere zu fesseln.

Besonders beeindruckend ist die Sprache, die Janesch benutzt. Sie ist poetisch, aber dennoch klar und präzise, und sie verleiht den Beschreibungen der Landschaft und der Charaktere eine außergewöhnliche Tiefe und Schönheit. Die Leser:innen werden mit in die eisige Wildnis genommen und können die harten Lebensbedingungen der Auswanderer hautnah miterleben. Doch auch die zwischenmenschlichen, zarten Seiten werden subtil beleuchtet.

Insgesamt ist "Sibir" ein bewegendes Buch, das nicht nur historisch genau ist, sondern auch eine berührende Geschichte erzählt. Janesch versteht es, historische Ereignisse mit fiktiven Charakteren zu verweben, um ein mitreißendes Werk zu schaffen, das den Leser:innen noch lange im Gedächtnis bleibt.

Bewertung vom 21.02.2022
Vegetarianer
Kucher, Felix

Vegetarianer


gut

Interessant, mitreißend, aber etwas merkwürdig. Das hatte ich mir schon bei der Leseprobe gedacht und doch hat die Geschichte mich in seinen Bann gezogen. Manchmal las sich das Buch wie ein verlängerter Wikipediaartikel - in jedem Fall spricht das dafür, wie extrem gut das Buch recherchiert zu sein scheint. Ich habe viel gelernt und man stellt fest, wie gewisse Trends - Vegetarismus, eine Abneigung gegen das Impfen - in bestimmten Gruppen immer wieder auftaucht. Diefenbach war wohl eine faszinierende Persönlichkeit, keinesfalls aber eine sympathische, was manchmal etwas anstrengend war. Und trotzdem habe ich "Vegetarianer" an einem Tag gelesen. Vermutlich ist literarische, biografische Fiktion ein nicht so leichtes Genre für sich, vielleicht auch einfach nur nicht ganz das richtige für mich. Leider war auch das Ende nur noch eine kurze Zusammenfassung des restlichen Lebenswegs Diefenbachs, was mich zu der Frage bringt, ob vielleicht eine ausgearbeitete Biografie ein passenderes Format gewesen wäre im Gegensatz zu einem literarischen Roman. Alles in allem jedoch ein sehr interessantes Buch mit einem wirklich schönen Cover.

Bewertung vom 15.02.2022
Sei stärker als die Angst
Fleisch, Sabrina

Sei stärker als die Angst


sehr gut

Zuerst einmal: ich hatte ein Heftchen erwartet und war sehr überrascht, als ich plötzlich ein Buch in der Hand hatte haha. Aber das Cover ist einfach wunderschön und nicht zu Selbsthilfe-mäßig, was mich sofort abschrecken würde. Stattdessen ist es ein Buch, das man auch in der Öffentlichkeit lesen könnte, ohne sich zu schämen.

Das Thema ist wirklich schön aufgearbeitet. Man hat das Gefühl, dass die Autorin, die auch ausgebildete Angst- und Stressbewältigungstrainerin ist, sich auskennt und echte Expertise mitbringt, auch weil sie von ihren persönlichen Erfahrungen erzählt - aber nicht zu viel und das ist gut so. Sie gibt nicht das Gefühl, dass es ein Buch über sie ist, sondern wirklich, dass es um die Leser:innen geht.

Die Aufgaben sind unterschiedlich schwer. Bei manchen fühlt es sich fast schon zu leicht an, bei anderen dafür wirklich schwer, zu reflektieren. Ich bin noch nicht ganz durch, denn ich möchte mir dafür wirklich Zeit nehmen. Das ist vielleicht der einzige Knackpunkt: es gibt wirklich so viele Aufgaben, dass man lang dafür braucht. Aber anders kann man vermutlich keine echte Veränderung bewirken.