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thriller.eule
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Hamburg

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Insgesamt 12 Bewertungen
Bewertung vom 01.12.2025
Bestgen, Sarah

Safe Space


gut

Nachdem mich Happy End von Sarah Bestgen vollständig begeistert hatte, bin ich mit großer Vorfreude in das neue Buch „Safe Space“ gestartet. Schade nur, dass das Buch selbst meine hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen konnte.
Der Einstieg in die Geschichte verläuft eher verhalten. Ich hatte mir bereits zu Beginn mehr Spannung erhofft, mehr unerwartete Wendungen und falsche Fährten, die mich mitreißen und überraschen. Stattdessen war für mich schon früh absehbar, in welche Richtung sich die Handlung entwickeln würde und wer als Täter infrage kommt. Diese Vorhersehbarkeit nahm dem Thriller leider einen großen Teil seines möglichen Sogs. Erst ab etwa 2/3 des Buches, wenn erste Namen fallen, rätselhafte Verbindungen auftauchen und Anna immer tiefer in Vorgänge im Hochsicherheitsgefängnis hineingezogen wird, kommt endlich jene Atmosphäre auf, die ich mir von Beginn an gewünscht hätte.
Ein weiterer Aspekt, der mich etwas enttäuscht hat, betrifft die Perspektive auf den Täter. Ich persönlich brauche gar nicht so viel Täterpsychologie. Mir gefällt es besser, wenn die Spannung aus dem Ungewissen entsteht und man mit den Figuren durch die Handlung jagt, begleitet von wenigen kurzen Einblicken in die Gedankenwelt des Täters, statt immer wieder dieselben Hintergrundgeschichten serviert zu bekommen. In vielen Thrillern wiederholen sich ähnliche Muster: schwierige Kindheit, frühe Gewalt, ein entstehender Kreislauf aus Trauma und Täterschaft. Auch hier nimmt diese Ebene wieder relativ viel Raum ein, was für meinen Geschmack nicht nötig gewesen wäre.
Besonders am Ende gibt es zudem einen kleinen zusätzlichen Twist rund um eine Nebenfigur, der für einen kurzen Überraschungsmoment sorgt. Auch wenn es kein großer Knall war, war es dennoch ein gelungenes Detail. Auch Annas abschließende Reflexionen über das Erlebte fand ich stimmig und emotional nachvollziehbar.
Positiv hervorheben möchte ich jedoch den angenehmen, flüssigen Schreibstil. Die Autorin schafft es, eine subtile Grundspannung aufzubauen. Diese sorgt dafür, dass man trotz mancher Längen gut durch die Kapitel kommt.

Insgesamt hinterlässt "Safe Space" bei mir einen gemischten Eindruck. Der Roman hat starke Momente und interessante Ansätze, nutzt sein Potenzial aber nicht immer vollständig aus. Zu viele Entwicklungen waren zu früh absehbar und der Nervenkitzel, den ich mir von einem Psychothriller erhoffe, stellte sich erst spät ein. Deshalb würde ich das Buch mit etwa drei bis dreieinhalb Sternen bewerten. Eine solide Geschichte, aber sie reicht für mich nicht an die Wucht und Intensität von Happy End heran.

Bewertung vom 23.11.2025
Borrmann, Mechtild

Lebensbande


ausgezeichnet

In den letzten Tagen habe ich Lebensbande gelesen und selten hat mich ein Buch so überrascht. Eigentlich greife ich nur ungern zu Romanen, die während der Kriegs- oder Nachkriegszeit spielen. Oft empfinde ich diese Geschichten als belastend und ich habe das Gefühl, schon so vieles darüber gelesen zu haben. Doch weil ich viel Gutes über Mechthild Borrmann gehört habe und mich eine Lesung zu Lebensbande interessiert hat, wollte ich diesem Buch eine Chance geben. Und ich bin sehr froh darüber.
Schon nach wenigen Seiten war ich tief in der Geschichte verankert. Die Figuren haben mich sofort erreicht - ihr Schmerz, ihre Wut und ihre Unsicherheit. Besonders beeindruckt hat mich, wie spürbar und echt all diese Emotionen waren. Ich konnte mitfühlen, manchmal sogar mitleiden. Die Handlung selbst ist dabei erstaunlich kurzweilig. Trotz der Schwere des Themas bin ich regelrecht durch die Seiten geflogen.
Was mich besonders fasziniert hat, ist die Art, wie Borrmann die Identitätsfrage aufgreift und verschiedene Lebenswege miteinander verwebt. Die Geschichten der drei Frauen und die des kleinen Leo, die allesamt auf wahren Begebenheiten beruhen. Das hat mich sehr berührt und zum Nachdenken gebracht. Zumal ich zu dieser Thematik noch kein Buch gelesen habe und es etwas Neues für mich war. Die Zeitsprünge wurden großartig miteinander verwoben, wodurch die Dramatik dieser Geschichten gut abgebildet werden konnten.
Des Weiteren macht es mich auch nachdenklich, wie wenig Zeitzeugen es inzwischen noch gibt, die von dieser Epoche aus erster Hand erzählen können.
Auch Mechthild Borrmanns Schreibstil hat mich überzeugt, so klar, authentisch und niemals überladen. Alles wirkt wahrhaftig und geerdet, sodass ich den Figuren ganz nah gekommen bin. Lebensbande hat mich so bewegt, dass ich mir direkt ein weiteres Buch der Autorin gekauft habe.
Für mich ist Lebensbande ein eindringlicher, berührender Roman, der lange nachhallt. Eine klare Fünf-Sterne-Empfehlung.

Bewertung vom 05.10.2025
Henn, Carsten Sebastian

Sonnenaufgang Nr. 5


ausgezeichnet

Carsten Henn gehört für mich zu den Autoren, deren Bücher man erlebt. Er hat eine besondere Art, Geschichten mit Wärme, Lebensweisheit und feinem Humor zu erzählen. Auch in "Sonnenaufgang Nr. 5" beweist er erneut, wie sensibel er Menschen und Stimmungen einzufangen vermag.
Dementsprechend ist auch Carsten Henns Sprache ruhig und feinfühlig. Hiermit malt er Bilder, die Lesenden wirklich Nahe gehen können und teilweise sehr real erscheinen. Genau das finden wir bereits auf dem Cover. Es spiegelt die Atmosphäre des Romans perfekt wider - ruhig, nachdenklich und zugleich hoffnungsvoll.
Wer den „Buchspazierer“ unter anderem aufgrund seiner Buch-Thematik geliebt hat, wird auch hier auf seine Kosten kommen. Denn Bücher und das Schreiben sind das Herzstück der Geschichte und dienen als Spiegel für das Erinnern und das Verstehen des eigenen Lebens. Es geht um Abschiede, Anfänge und einem Gemälde namens „Sonnenaufgang Nr. 5“, deren Bedeutung sich erst im Laufe des Buches erschließt.
Die beiden Protagonist:innen Jonas und Stella könnten unterschiedlicher nicht sein und dennoch haben sie Gemeinsamkeiten. Jonas findet als Ghostwriter von Stella Begegnungen, Erinnerungen und vor allem sich selbst.
Stella hingegen wirkt sehr exzentrisch und eigenwillig. Teilweise sogar etwas unsympathisch. Doch in ihren Gesprächen mit Jonas wird ihre Verletzlichkeit deutlich und damit all ihre verpassten Chance und die Kraft der Erinnerung.
Trotz allem muss ich gestehen, dass mir der Roman in der Mitte der Handlung stellenweise etwas konstruiert erschien und die Melancholie der Handlung unauthentisch wirkte. Dennoch hat mich „Sonnenaufgang Nr. 5“ begeistern können, da es ein Gefühl von Wärme hinterlässt und das Glück, Teil einer Geschichte gewesen zu sein, die einem etwas über das Leben erzählt.

Ein Buch das berührt, nachklingt und sich leise ins Herz schleicht. Trotz kleiner Schwächen erneut ein Highlight für mich aus der Feder von Carsten Henn. Wieder mal ein Zeichen, dass einem Literatur so viel vermitteln und geben kann. Ein Küstenroman, der nach Meer duftet und nach Leben klingt.

Bewertung vom 18.09.2025
Schmitt, Caroline

Monstergott


ausgezeichnet

Caroline Schmitt legt mit „Monstergott" einen eindringlichen Roman vor, der sich mit den Mechanismen einer streng religiösen Gemeinschaft und deren Auswirkungen auf das Leben junger Menschen auseinandersetzt. Dabei stehen die Geschwister Esther und Ben im Mittelpunkt, die beide auf ihre Weise versuchen, mit den rigiden Glaubensstrukturen aufzuwachsen.
Für mich war besonders Esthers Perspektive der stärkere Teil der Erzählung. Ihre Gefühle, ihr innerer Konflikt und die Suche nach Selbstbestimmung waren nachvollziehbar und berührend. Mir hat gefallen, dass sie sich für Belange der Frauen einsetzt. Bei Ben hingegen empfand ich manche Handlungen als sehr heftig und schwer nachzuvollziehen, was meinen Zugang zu seiner Figur erschwert hat.
Immer wieder stellte ich mir die Frage, ob es sich bei der dargestellten Freikirche um „konfliktträchtige“ Gruppierungen spricht oder wo man hier die Grenze zwischen einer Freikirche und einer konfliktträchtigen Gruppierung zieht. Der Roman zeichnet gut nach, wie subtil und zugleich massiv solche Strukturen auf Einzelne wirken können. Dennoch hätte ich mir an einigen Stellen mehr Hintergrundwissen gewünscht, insbesondere zu den Eltern. Wie sehr sind sie selbst in diese Glaubensgemeinschaft eingebunden? Waren sie schon von Geburt an Teil davon? Welchen Druck haben sie – bewusst oder unbewusst – an ihre Kinder weitergegeben? Diese Leerstellen haben für mich Fragen offen gelassen, die den Roman noch stärker hätten machen können.
Hervorheben möchte ich allerdings den Schreibstil von Caroline Schmitt. Dieser ist klar, verständlich und flüssig. Ihre Sätze tragen den Text mit Leichtigkeit, sodass man sehr gut folgen kann und beinahe durch die Seiten fliegt. Dieses Leseerlebnis habe ich sehr geschätzt.
Insgesamt ist es ein packender, gut geschriebener Roman, der wichtige Themen anspricht, mich aber nicht in allen Figuren und in manchen offenen Fragen vollständig überzeugen konnte.

Bewertung vom 02.08.2025
Collins, Tessa

Die Nelkentochter / Die Blumentöchter Bd.3


ausgezeichnet

„Die Nelkentochter“ von Tessa Collins ist der dritte Band der atmosphärischen Familien-Saga. Auch wenn sich die Hintergründe der Figuren vertrauter anfühlen, wenn man Teil 1 und 2 bereits gelesen hat, lässt es sich dennoch auch unabhängig hiervor lesen. Für mich persönlich war allein der Handlungsort Grund genug, sofort zu diesem Teil zu greifen. Diesmal führt uns die Autorin nach Sri Lanka, wo Lali, unsere Protagonistin, ihre Mutter aufsuchen möchte.
Das ganze wird durch zwei Zeitebenen geschildert und zu einem Geflecht aus Familiengeheimnissen und Selbstfindung verwoben.
Besonders berührend ist, wie Lali ihrer Mutter begegnet, an die sie kaum Erinnerungen hat, und wie sich die beiden einander langsam annähern. Diese Beziehungsgeschichte in der Gegenwart ist bereits bewegend. Gleichzeitig erfährt man durch eine weitere Perspektive in der Vergangenheit auch etwas über die Geschichte Sri Lankas. Der Bürgerkrieg wird mit all seinen Folgen thematisiert und sind dezent in die Handlung eingebunden und dadurch so schön gelungen. Des Weiteren erfahren wird auch etwas über die Kultur des Inselstaates wie z. B. die Begegnungen mit der religiösen Vielfalt, wodurch die Geschichte noch lebendiger wird. All das wird getragen von Tessa Collins atmosphärischem, bildhaftem Schreibstil, der einen förmlich in die Teeplantagen, an die Strände und in die Dörfer Sri Lankas versetzt.
Sehr schön fand ich außerdem, dass die Liebe in diesem Band nicht zu kurz kommt. Die romantischen Elemente werden sympathisch, authentisch und lebendig in die Geschichte eingebunden. Lali ist mir ganz besonders ans Herz gewachsen, da sie so eine toll Entwicklung durchlebt und von einer zurückhaltenden jungen Frau zu mehr Selbstvertrauen findet.
Die Mischung aus Familiengeschichte, exotischer Atmosphäre und kulturellen Einblicken macht dieses Buch zu etwas ganz Besonderem. Es passt für mich in jede Jahreszeit, weil es sowohl Geborgenheit als auch Fernweh schenkt. Eine wunderbare Wohlfühlgeschichte!
„Die Nelkentochter“ ist für mich eine gelungene Fortsetzung, die mich mit einem wohlig-warmen Gefühl zurückgelassen hat. Tessa Collins versteht es, authentische Figuren, emotionale Themen und atmosphärische Schauplätze miteinander zu verbinden. Ich vergebe daher fünf Sterne und empfehle dieses Buch von Herzen weiter. Schon jetzt freue ich mich riesig auf den nächsten Band, der uns nach Neuseeland führen wird – ein weiteres Abenteuer, auf das ich mich sehr freue.

Bewertung vom 18.07.2025
Reid, Taylor Jenkins

Atmosphere


sehr gut

Ich hab dieses Buch geschenkt bekommen und hätte es mir wohl niemals selber gekauft, was ausschließlich auf die Thematik zurückzuführen ist. Allerdings hat mich „Atmosphere" von Beginn an gefesselt. Die Tatsache, dass man sofort weiß, dass es auf eine Katastrophe hinausläuft, schafft eine ganz eigene Spannung, die sich durch das gesamte Buch zieht. Ich liebe es, wenn mich eine Geschichte sofort mitten ins Geschehen wirft, genau das ist hier gelungen.
Die Erzählweise auf zwei Zeitebenen war für mich ein zweischneidiges Schwert. Während mich der eine Handlungsstrang vollkommen in seinen Bann gezogen hat, empfand ich den anderen zeitweise als etwas zäh. Ich habe mich öfter dabei ertappt, dass ich auf den nächsten Wechsel hingefiebert habe. Dennoch bringt diese Struktur eine gewisse Dynamik in die Erzählung, auch wenn sie mich emotional nicht immer gleichermaßen erreicht hat.
Joan Goodwin als Hauptfigur hat mich beeindruckt. Ihre Leidenschaft für die Raumfahrt, ihr Pflichtgefühl gegenüber ihrer Familie – besonders ihrer Nichte Frances – und ihre emotionale Entwicklung machen sie zu einer komplexen und authentischen Protagonistin. Ich mochte ihre Mischung aus Stärke, Verletzlichkeit und Hingabe sehr. Die Liebesgeschichte, die sich im Laufe des Romans entwickelt, hat mich berührt, vor allem da dies Liebe geheim gehalten werden muss, um die Karriere nicht zu gefährden. Dies zeigt, wie präsent strukturelle Ungleichheiten selbst in vermeintlich „fortschrittlichen“ Umfeldern wie der Raumfahrt noch immer sind.
Die wissenschaftlichen und technischen Aspekte waren spannend, aber manchmal auch herausfordernd. Ich musste mich an manchen Stellen ein wenig durchbeißen – aber das war es wert. Besonders stark fand ich, wie Reid es schafft, diese eher trockenen Themen mit persönlichen Schicksalen und emotionaler Tiefe zu verweben.
Der Schluss war für mich ein echtes Highlight – emotional, bewegend und dennoch nicht zu kitschig. Ein schöner Abschluss, der zum Nachdenken anregt und einige Fragen bewusst offenlässt.

Alles in allem ist „Atmosphere" ein kluger, berührender Roman mit Tiefgang und hat sich trotz der Thematik für mich absolut gelohnt! Lesenswert, tiefgründig und atmosphärisch.

Bewertung vom 19.10.2024
Mustard, Jenny

Okaye Tage


gut

Okaye Tage von Jenny Mustard begleitet die beiden Protagonisten Sam und Luc in einem Countdown, der durch das Buch führt. Die Idee, dass Tage heruntergezählt werden und die Lesenden sich fragen, was am Ende dieser Zeit passiert, verspricht zunächst Spannung. Doch leider konnte mich die Umsetzung dieser Idee nicht ganz überzeugen.

Während der erste Teil des Buches noch ein gewisses Maß an Spannung aufbaut, bleiben die erwarteten Wendungen oft flach und wenig emotional. Der erste größere Plottwist hat zwar Potenzial, hätte jedoch mehr Tiefe und Detailreichtum vertragen können, um wirklich fesselnd zu wirken. Insgesamt fehlte mir die packende Spannung, die ein solcher Countdown hätte bieten können.

Ein weiterer Aspekt, der mich enttäuscht hat, war die Beziehung zwischen Sam und Luke. Obwohl es sich bei Okaye Tage um einen Roman für junge Erwachsene handelt, konnte ich mich nicht mit den Charakteren identifizieren. Ihre Liebesgeschichte wirkte auf mich eher oberflächlich und es fehlte das gewisse Etwas, das mich in ihren Bann gezogen hätte. Im Vergleich zu anderen Young Adult Romanen, die ich gelesen habe, blieb diese Liebesgeschichte blass und wenig eindringlich. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich persönlich aus dem Genre herausgewachsen bin, doch selbst für eine jüngere Zielgruppe hätte ich mir mehr Tiefgang und emotionales Engagement gewünscht.

Der Schreibstil von Jenny Mustard war zwar angenehm und leicht lesbar, doch auch hier hätte ich mir mehr Farbigkeit und Tiefgründigkeit gewünscht. Die Sprache bleibt oft an der Oberfläche, ohne die Charaktere oder Situationen wirklich lebendig wirken zu lassen.

Insgesamt bleibt Okaye Tage für mich ein Buch, das einige interessante Ansätze bietet, diese jedoch nicht vollständig ausnutzt. Die fehlende emotionale Tiefe und die eher flache Handlung sorgten dafür, dass es mich nicht vollends fesseln konnte. Deshalb vergebe ich 3 Sterne.

Bewertung vom 06.09.2024
Jackson, Jenny

Pineapple Street


gut

Mit hohen Erwartungen habe ich Pineapple Street von Jenny Jackson begonnen, vor allem, weil das Buch als modernes Pendant zu Jane Austens Werken beworben wurde. Der Vergleich mit Austen suggeriert, dass uns hier eine ebenso scharfsinnige Gesellschaftsanalyse, liebenswerte, wenn auch fehlerhafte Charaktere und eine gewisse emotionale Tiefe erwarten – Eigenschaften, für die Austen bekannt ist. Doch leider wurden diese Erwartungen nicht erfüllt.
Der Roman begleitet drei Protagonistinnen – Sascha, Georgiana und Darley – durch ihre Leben im wohlhabenden Umfeld von Brooklyn Heights. Jackson nutzt einen interessanten stilistischen Kniff, indem sie die Geschichte aus drei unterschiedlichen Perspektiven erzählt, was dem Buch durchaus narrative Tiefe verleiht. Diese multiperspektivische Erzählweise ist auch einer der stärksten Aspekte des Romans, da sie die verschiedenen Welten und Probleme der Figuren beleuchtet und die Dynamik innerhalb der Familie greifbar macht.
Trotz dieser Struktur gelingt es Jackson jedoch nicht, eine emotionale Verbindung zu ihren Protagonistinnen aufzubauen. Sascha, Georgiana und Darley bleiben durchweg distanziert und unsympathisch. Zwar hat jede ihre Fehler, was sie menschlich machen sollte, doch fehlt es ihnen an jener charmanten Unvollkommenheit, die Austens Figuren so liebenswert macht. Stattdessen wirken sie flach und kaum weiterentwickelt, was es schwer macht, sich mit ihnen zu identifizieren oder gar mit ihnen mitzufühlen.
Was mich persönlich am meisten enttäuscht hat, war die fehlende Spannung und Tiefe in der Handlung. Ich habe die ganze Zeit nach einer zentralen Botschaft gesucht, nach einem roten Faden, der das Buch zusammenhält und ihm Bedeutung verleiht. Doch diese Suche blieb erfolglos. Das Buch plätschert eher vor sich hin, ohne echten Höhepunkt oder emotionalen Tiefgang. Die Ereignisse haben wenig Nachhall, und das Gefühl, dass das Buch auch nach dem Lesen noch lange im Gedächtnis bleibt, bleibt leider aus.
Obwohl der Schreibstil von Jackson durchaus angenehm ist und die flüssige Erzählweise das Lesen leicht macht, hat das nicht ausgereicht, um die fehlende emotionale Bindung zu den Charakteren und die blassen Handlungsstränge auszugleichen. Anders als erhofft, ist Pineapple Street kein Wohlfühl-Roman, der tief berührt oder gar ein Gefühl von Wärme hinterlässt, wie es etwa die Werke von Gabriele Engelmann oder Tabea Bach oft tun.

Insgesamt ist Pineapple Street für mich ein durchschnittlicher Roman, der zwar gut geschrieben ist, aber weder emotionale Tiefe noch Spannung bietet. Die Figuren sind schwer zugänglich, und es fehlt an einem packenden Plot, der mich als Leserin wirklich mitgerissen hätte. Aus diesen Gründen kann ich dem Buch leider nur drei Sterne geben. Ein solider Roman mit guten Ansätzen, aber leider ohne bleibenden Eindruck.

Bewertung vom 23.08.2024
Zischke, Vera

Ava liebt noch


ausgezeichnet

Vera Zischkes Debütroman "Ava liebt noch" ist weit mehr als nur ein Liebesroman – er ist eine tiefgründige, gesellschaftskritische Erzählung, die sich mutig mit Themen auseinandersetzt, die oft tabuisiert oder mit Vorurteilen behaftet sind. Obwohl der Roman eine vergleichsweise geringe Seitenzahl hat, schafft es die Autorin, ihre Leser:innen auf eine intensive Reise mitzunehmen, die sowohl emotional berührt als auch zum Nachdenken anregt und ebenso einfühlsam wie authentisch ist.
Im Mittelpunkt steht die Protagonistin Ava, Mitte 40, die in einem Alltag, der von Routinen, ihrem Ehemann, den Kindern und dem Haushalt geprägt ist, gefangen ist. Zischke beschreibt Avas Leben mit so viel Feingefühl und Authentizität, dass man sich als Leser:in sofort in ihre Lage hineinversetzen kann. Ihre Begegnung mit dem deutlich jüngeren Kieran bringt eine unerwartete Wendung in ihr Leben. Was zunächst wie eine flüchtige Affäre erscheint, entwickelt sich zu einer tiefen, bedeutungsvollen Beziehung. Dabei greift der Roman subtil gesellschaftliche Tabus auf, wie etwa die Beziehung zwischen einer älteren Frau und einem jüngeren Mann, die immer noch von kritischen Stimmen und seltsamen Blicken begleitet wird.
Die subtile Spannung zwischen Ava und Kieran, ihre gegenseitige Zuneigung und die Art, wie sie miteinander umgehen, sind meisterhaft dargestellt. Beide Charaktere sind sympathisch und liebevoll gezeichnet, und man fiebert mit ihnen mit, während sie sich durch die Höhen und Tiefen ihrer Beziehung bewegen. Besonders beeindruckend ist, wie Zischke die Perspektiven von Ava und Kieran miteinander verwebt, was der Geschichte zusätzliche Tiefe verleiht und das Leseerlebnis noch intensiver macht.
Doch der Roman bleibt nicht nur bei der Liebesgeschichte stehen. Zischke zeigt auch, wie wichtig es ist, als Familie den Alltagstrott zu durchbrechen, die Liebe zu bewahren und sich selbst nicht zu verlieren. Es ist eine Botschaft, die in unserer schnelllebigen Zeit von großer Bedeutung ist: Die Notwendigkeit, sich gegenseitig zu spüren und bewusst an der Beziehung zu arbeiten, anstatt sich von den Herausforderungen des Alltags überwältigen zu lassen.
Der Schreibstil der Autorin ist dabei ein besonderes Highlight. Vera Zischke schreibt mit einer solchen Klarheit und Sensibilität, dass man Avas emotionale Reise hautnah miterlebt. Dabei schreckt Zischke nicht davor zurück, auch die Fehler und Unvollkommenheiten ihrer Figuren zu zeigen – ein Aspekt, der die Geschichte umso realistischer und menschlicher macht.
"Ava liebt noch" ist ein Roman, der aufgrund aktueller Themen wie die Selbstverwirklichung und das Aufbrechen aus eingefahrenen Strukturen sicherlich polarisieren wird. Doch gerade diese Reibung macht ihn so interessant und relevant. Mich hat das Buch tief beeindruckt, nicht nur wegen der einfühlsamen und lebensnahen Erzählweise, sondern auch wegen der mutigen Themen, die es anspricht. Es ist ein literarisches Highlight, das fünf Sterne absolut verdient und dessen Botschaft lange nachklingt.

Bewertung vom 16.08.2024
Lombardo, Claire

Genau so, wie es immer war


gut

Claire Lombardos "Genauso wie es immer war" ist ein vielschichtiger Familienroman, der versucht, die komplexen Beziehungen und Herausforderungen des Lebens einer Frau im mittleren Alter darzustellen. Das für mich erste Buch der Autorin konnte mich dennoch nicht vollständig überzeugen.
Einer der Hauptgründe für meine eher verhaltene Begeisterung ist die Schwierigkeit, in die Geschichte hineinzufinden. Bereits der Einstieg ins Buch fiel mir schwer, da die ständigen Zeitsprünge und die Vielzahl an Charakteren mich mehr verwirrten als in die Geschichte zogen. Besonders problematisch empfand ich die fehlenden Überschriften oder Hinweise, die dem Leser helfen könnten, sich in den verschiedenen Zeitebenen zurechtzufinden. Diese Unklarheit, in welcher Zeit man sich gerade befindet, hat den Lesefluss erheblich beeinträchtigt.
Ein weiteres Problem war für mich die Einführung zahlreicher Charaktere und ihrer Spitznamen, ohne dass sofort ersichtlich war, wer wer ist. Es dauerte, bis ich verstand, dass Alma und Ollie ein und dieselbe Person sind. Solche Unklarheiten hätten durch eine klarere Einführung der Charaktere und weniger verwirrende Namen vermieden werden können.
Auch die Erzählweise des Buches hinterließ bei mir gemischte Gefühle. Die Figur Helen Russo wurde im Verlauf der Geschichte immer wieder thematisiert, was bei mir die Erwartung weckte, dass sie eine zentrale Rolle spielt oder ein großes Geheimnis enthüllt wird - der große Knall der am Ende noch kommt. Doch als dies schließlich aufgelöst wurde, blieb ich enttäuscht zurück, da der Grund für die Bedeutung dieser Figur und die damit verbundenen Handlungen für mich nicht schlüssig genug waren. Insbesondere die Frage, warum die Familie umgezogen ist und dann später zurückkehrte, blieb für mich unklar und unbefriedigend.
Die Charaktere des Romans, insbesondere die Protagonistin Julia, konnten mich leider ebenfalls nicht überzeugen. Während ich den Gedanken hinter ihrer Geschichte – eine Frau, die durch ihre Vergangenheit geprägt ist und dadurch im Hier und Jetzt Probleme hat – durchaus nachvollziehen konnte, empfand ich Julia als äußerst unsympathisch. Auch die anderen Charaktere waren entweder schwach gezeichnet, wie Ben, oder ebenfalls unsympathisch. Einzig Julias Ehemann Mark brachte für mich etwas Sympathie in die Geschichte ein, doch das reichte nicht aus, um die Gesamterzählung zu tragen.
Positiv hervorzuheben ist der Schreibstil von Claire Lombardo, den ich als flüssig und gut lesbar empfand. Trotz der verwirrenden Struktur gelang es der Autorin, einen Stil zu pflegen, der den Leser durchaus fesseln kann – sofern man sich in der Geschichte zurechtfindet.

Abschließend lässt sich sagen, dass "Genauso wie es immer war" ein Buch ist, das zwar Potenzial hat, dieses jedoch nicht vollständig ausschöpft. Die verwirrende Struktur, die schwer zugänglichen Charaktere und die unbefriedigende Auflösung machen es mir schwer, eine höhere Bewertung zu geben. Für Leser, die sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lassen und sich gerne auf komplexe Familiengeschichten einlassen, mag das Buch dennoch interessant sein. Für mich persönlich blieb es jedoch hinter den Erwartungen zurück. Mit insgesamt drei Sternen bewerte ich das Buch als durchschnittlich, mit einigen positiven Aspekten, aber auch deutlichen Schwächen.