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Renas Wortwelt

Bewertungen

Insgesamt 175 Bewertungen
Bewertung vom 28.04.2025
Magritte und Georgette
Monfils, Nadine

Magritte und Georgette


gut

An diesen Roman bin ich mit recht großen Erwartungen herangegangen. Das liest man schließlich nicht oft, einen Kriminalroman mit einer historischen Person als Hobbyermittler. Doch so recht konnte mich die Geschichte um eine Mordserie an jungen Frauen nicht fesseln.
Was nicht am Plot lag, sondern daran, dass sich meiner Meinung nach die Autorin nicht recht entscheiden konnte, ob sie nun einen Krimi oder eine Romanbiografie schreiben möchte. So enthält der Roman viele interessante Informationen über den bekannten belgischen Maler, über seine Ehe mit der innig geliebten Georgette, die er seit Kindertagen kannte, über seine Malerei, seine Freunde, seine Art zu leben.
Dabei gerät die Kriminalhandlung fast in den Hintergrund. Darin geht es um eine Mordserie an jungen Frauen. Alle erhalten anonyme Schreiben, in welchen ihnen geschmeichelt wird, Komplimente gemacht werden und man sie schließlich um ein Treffen bittet. Alles ganz geheim, selbstverständlich. Doch für die Frauen, meist sind es einsame oder unglücklich verheiratete junge Frauen, enden diese klandestinen Treffen tödlich.
Magritte, befreundet auch mit einem der zuständigen Polizeiermittler, sucht Kontakt zu den Angehörigen der Ermordeten, schleicht sich auch schon mal heimlich in ihre Häuser. Vor allem aber beschäftigt ihn die merkwürdige Übereinstimmung zwischen seinen Gemälden und den ermordeten Frauen. Immer wieder ertappt er sich, dass er diese Frauen auf seinen Bildern wieder zu erkennen glaubt.
Seine Frau Georgette unterstützt, ja animiert ihn bei seinen Nachforschungen, sucht auch selbst nach Informationen, die dienlich sein können. Doch zwischen all diese an sich durchaus spannenden Episoden sind lange Abschnitte eingefügt über das Leben Magrittes, seine Kindheit, seine Malerei, die natürlich durchaus interessant sind, aber in einem Kriminalroman doch, wenn sie zu viel Raum einnehmen, eher stören. Erst gegen Ende nimmt das Ganze etwas mehr Fahrt auf, entsteht mehr Spannung.
Dazu kam für mich ein zusätzliches Manko, nämlich, dass nie erwähnt wird, wann sich die Handlung zuträgt. Einziger Anhaltspunkt sind die Fernseher, vor denen viele der Figuren ständig sitzen. Das verweist auf mindestens die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts. Wenn man bedenkt, dass Magritte 1898 geboren wurde, wäre er zur Zeit der Handlung also bereits in seinen Sechzigern. Dennoch klettert er an Regenrohren herunter, überspringt Gartenzäune. Das erschien mir etwas unglaubwürdig. Hier hätte eine zeitliche Einordnung gutgetan, wie auch eine etwas stärkere Konzentration auf die Krimihandlung.
Insgesamt ein nicht uninteressantes Buch, wenn auch etwas zäh erzählt.
Nadine Monfils - Magritte und Georgette
aus dem Französischen von Sabine Schwenk
Eisele, März 2025
Taschenbuch, 304 Seiten, 18,00 €

Bewertung vom 23.04.2025
Der Tod segelt mit
Schnabel, Andreas

Der Tod segelt mit


ausgezeichnet

Zugegeben, die Handlung ist ziemlich weit hergeholt, die vielen Beteiligten machen den Roman etwas verwirrend und auch der Humor, der schon sehr gut unterhält, ist manchmal etwas unpassend, aber insgesamt bietet dieser Krimi, der schon fast ein Thriller ist, rasante Unterhaltung mit einem abwechslungsreichen Personal und etlichen überraschenden Twists.
Es beginnt damit, dass zwei dubiose Herren ein Schulungs-Segelschiff mieten, den immens hohen Betrag dafür in bar bezahlen und die Truppe, die schließlich mit Skipper Bert Buske in See sticht, eher ungewöhnlich für einen Schulungstörn ist. Bald stellt sich heraus, dass es sich bei der anzulernenden Besatzung, die sich durchaus als fähig herausstellt, um diverse Militärangehörige, Sicherheitsbeamte und Geheimdienstmitarbeiter handelt. Dazu gehören noch zwei Teenager, Cousin und Cousine, die es zu beschützen gilt.
Wovor bzw. vor wem, das klingt dann zwar etwas hanebüchen und eher unrealistisch, wird aber mit solch einem Tempo, sehr viel Witz und netten Pointen, mit wilden Verfolgungsjagden, verwirrenden Identitäten und heftigen Schießereien erzählt. Es gibt zahlreiche Opfer, immer wieder tauchen neue Agenten oder neue Bedrohungen auf. Dazu entwickelt sich eine zarte, mit viel verständnisvollem Humor beschriebene Liebesgeschichte. Oder vielmehr sind es sogar zwei solcher Herzensangelegenheiten.
Dazu kommen mit ausreichend Profil beschriebene Figuren, auch wenn ihnen ein wenig der Tiefgang, die jeweiligen Hintergrundgeschichten fehlen. Sie existieren nur im Hier und Jetzt, was aber der Handlung eher nicht schadet, die sich wirklich auf das Vordergründige konzentriert, durch keine Nebensächlichkeiten ablenkt und so eine erhebliche Spannung, ja geradezu einen Sog entwickelt.
Abgesehen von einigen Szenen abseits des Segelschiffs spielt sich das meiste an Bord ab. Die Erzählperspektiven sind nicht immer klar und eindeutig, nicht immer ganz fehlerfrei. Die Figuren sind zahlreich, viele bleiben eher schemenhaft, kommen an Bord und verschwinden wieder, so dass man sich immer mal ein wenig verwirrt fragt, wer war der denn jetzt.
Insgesamt aber ein sehr unterhaltsamer Roman, ein bisschen oberflächlich, ein bisschen blutig, ein bisschen humorig, aber Spaß macht die Lektüre auf jeden Fall. Gerne begegnet man dem Skipper Bert Buske einmal wieder, vielleicht geht er ja mal wieder auf einen so spannenden Törn.
Andreas Schnabel - Der Tod segelt mit
emons, Juni 2024
Taschenbuch, 287 Seiten, 14,00 €

Bewertung vom 21.04.2025
Schräge Vögel - SOKO Neuntöter (eBook, ePUB)
Täuber, Anna

Schräge Vögel - SOKO Neuntöter (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein echtes Highlight unter der Schwemme an Kriminalromanen, zumal an den sogenannten Cosy Crimes. Voller sehr sympathischer, ja liebenswerter Charaktere, mit Ecken und Kanten und genau deswegen so lebensecht.
Zu Beginn der Handlung kennen sie sich noch gar nicht so genau, die bislang 5 Menschen, die sich, ohne feste Verabredung aber dennoch regelmäßig sonntags am frühen Morgen zur Vogelbeobachtung auf dem dafür vorhandenen Turm einfinden. Doch dann fehlt an einem Sonntag einer von ihnen. Sie finden ihn nicht fern von ihrem Beobachtungsturm tot unter einem Baum. Auf diesem Baum ein Nest, weshalb die herbeigerufene Polizei schnell und endgültig entscheidet: Der Mann wollte an das Nest, Absturz, Tod durch Unfall.
Die übrig gebliebenen Vogelbeobachter, Harald, Katja, Thilo und Sabine, glauben jedoch nicht daran, sind vielmehr der Überzeugung, dass es sich um Mord handelt. Viel trägt dazu bei, dass Harald ein pensionierter Forensiker ist, der meint, die entsprechenden Anhaltspunkte zu erkennen. Dass der Tote Staatsanwalt war, erhöht den Verdacht, dass er nicht einem Unfall erlegen ist.
Da die Polizei nicht auf die Vier hören will, beginnen sie selbst zu ermitteln, mit mehr oder weniger erfolgreichen Tricks, Verkleidungen und Methoden. Katja, Altphilologin, die auf ihrer Stelle bei der Volkshochschule totunglücklich und stets zusammen mit ihrem Amrock-Huhn Roberta unterwegs ist, ist für die Recherche und die Akribie zuständig. Thilo, Student und deswegen in der Meinung der anderen automatisch IT-Spezialist, heftet sich auf die Spuren einiger Verdächtiger. Sabine, eigentlich ausreichend eingebunden durch ihre kranke Mutter und den pubertierenden Sohn, ist eher der mütterliche Typ und versorgt die anderen stets pünktlich mit Croissants. Sabine ist dank ihres Berufs in der Telefonakquise prädestiniert für das freundliche, aber konsequente Ausfragen der Zeugen und Verdächtigen. Harald, bislang eher ein Miesepeter und Kauz, taut im Laufe der Ereignisse immer mehr auf.
Dass das Ganze nicht ungefährlich ist, dass die zuständigen Kommissare nicht erfreut sind über die Einmischung der Laien und dass alle Vier jeweils ein eigenes, ausreichend schweres Päckchen zu tragen haben, ist klar. Aber die Geschichte ist so wunderbar leichtfüßig erzählt, ohne oberflächlich zu sein, so humorvoll ohne in Klamauk zu verfallen, entwickelt dabei aber immer auch genug Tiefgang in der Schilderung der Leben dieser vier so unterschiedlichen Menschen. Die im Laufe des Geschehens sich immer näher kommen und trotz ihres Altersunterschieds, ihrer so verschiedenen Lebensgeschichten schließlich zu Freunden werden.
Dass man trotz durchaus gut aufgebauter Spannung recht früh ahnt, was dahinter steckt, wer warum den Staatsanwalt tötete, dass am Ende sich – wie so oft in diesem Genre – alles recht schnell und unter Zuhilfenahme so manchen Zufalls auflöst, geschenkt. Dafür macht der Roman einfach viel zu viel Spaß, sind die Figuren viel zu liebenswert. Weshalb ich ungeduldig auf die für nächstes Jahr angekündigte Fortsetzung warte, die ich selbstverständlich unbedingt lesen werde.
Übrigens kommen auch die Vögel nicht zu kurz in diesem lesenswerten Roman, denn die beiden Autorinnen, die sich hinter dem Pseudonym verbergen, hegen selbst eine Vorliebe für die gefiederten Freunde. Wie der Klappentext verrät, arbeitet Dorothea Böhme im Naturschutz und Regine Bott hat immer ihre Vogelbestimmungsapp dabei, wenn sie durch den Wald wandert.
Anna Täuber - Schräge Vögel SOKO Neuntöter
Scherz, März 2025
Taschenbuch, 365 Seiten ,17,00 €

Bewertung vom 16.04.2025
Wenn Russland gewinnt
Masala, Carlo

Wenn Russland gewinnt


ausgezeichnet

„Wir haben uns daran gewöhnt, dass am Ende alles gut ausgeht“ (Klappentext)
Es ist der 27. März 2028 – Russische Truppen erobern die estnische Kleinstadt Narwa und die Insel Hilumaa in der Ostsee. Der Angriff auf das Baltikum hat begonnen. Das ist die Ausgangslage des Szenarios, welches der Militärexperte Carlo Masala in seinem Buch „Wenn Russland gewinnt“ entwickelt. Ein Szenario, das, wie der Autor schreibt, im Bereich des Möglichen liegt.
Aber es beginnt drei Jahre zuvor. Wir schreiben das Jahr 2025. In Genf kommen Delegationen der „Freien Ukraine“ und der Russischen Föderation zusammen, um den Vertrag über eine Teilkapitulation der Ukraine zu unterzeichnen, genauer, über den Verlust von zwanzig Prozent des Staatsgebiets.
Was bedeutet das für die Ukraine, was für Europa? „Im Westen gibt es nur wenige Stimmen, die in der ukrainischen Niederlage eine schwere Bedrohung für die europäische Sicherheitsordnung sehen. Die allgemeine Stimmung ist eine andere. Manche äußern sich offen, manche hinter vorgehaltener Hand. Aber es ist überall zu spüren, die Erleichterung, dass dieser Krieg nunmehr vorbei ist.“ (S. 17)
Die Politiker in den europäischen Hauptstädten können sich also erleichtert zurücklehnen, umso mehr noch, als Putin überraschend zurücktritt. Sein Nachfolger verbreitet eine Vielzahl von Vorschlägen zur Entspannung zwischen Ost und West. Bricht nun eine neue Zeit an?
Weit gefehlt – es gibt einen Plan: Eine kleine Gruppe hochrangiger Militärs und enger Vertrauter von Putin trifft sich, um über die zukünftige russische Sicherheitsstrategie zu beraten. „Ihre Aufgabe, so formulierte es der (neue) Präsident auf ihrer ersten Sitzung, sei es, nach Wegen und Möglichkeiten zu suchen, die Politik Wladimir Putins weiterzuverfolgen. Zwar könne man es sich nicht leisten, noch einmal drei Jahre oder länger in einer Kriegswirtschaft zu verharren, aber es sei unumgänglich, dass Russland seinen Einfluss in seinem unmittelbaren Vorfeld ausweite, um seinen Anspruch auf Augenhöhe mit den USA, aber auch mit China, zu untermauern.“ (S. 34)
Mit dieser Leitlinie macht sich die Gruppe an die Arbeit und entwickelt eine umsetzbare Strategie. In der Zwischenzeit ruht die europäische Politik, die Aufrüstungsbemühungen rücken in den Hintergrund und die Amerikaner reduzieren ihre Präsenz in Europa. Bis am 27. März 2028 russische Truppen in Narwa einmarschieren.
Wie sollen die Europäer reagieren? Der Artikel 5 der Nato müsste eigentlich greifen, schließlich handelt es sich um einen Angriff auf ein NATO-Mitglied. Bei der Abstimmung über den Antrag des estnischen Premierministers über die Anwendung des Artikels 5 wird keine Einstimmigkeit erzielt und der estnische Premierminister wird gebeten, den Antrag zurückzuziehen. Es gibt also keine militärische Reaktion der NATO. Man setzt auf weitere Gespräche ….
Das Buch beschreibt anschaulich und spannend, wie sich Konflikte entwickeln und wohin die Naivität der Politiker in Bezug auf die langfristigen Ziele Russlands (und Chinas) führt.
Das letzte Kapitel des Buchs heißt „Moskau/Peking, 30. März 2028: Ein neues Zentrum“. „ … Xi fühlt sich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Sein Plan und der seiner Vorgänger scheint aufzugehen. Das Ziel ist vor Augen. Die Macht des USA gebrochen und die chinesische Vorherrschaft über die Welt zum Greifen nahe.“(S. 100).
Ein sehr empfehlenswertes Buch, flüssig und sehr gut lesbar geschrieben, wenn auch der Inhalt durchaus verschreckend wirken kann.
Carlo Masala - Wenn Russland gewinnt: Ein Szenario
C.H.Beck März 2025
Klappenbroschur, 116 Seiten, 15,00 €

Bewertung vom 14.04.2025
Über Stock und Mörderstein
Capellmann, Carla

Über Stock und Mörderstein


gut

Es ist schon eine Herausforderung, mehrere Tage durch die Eifel zu wandern - nicht nur in körperlicher Hinsicht - wenn man in einer Gruppe von Menschen unterwegs ist, zwischen denen nicht nur Freundschaft herrscht. Diese Erfahrung macht Privatdetektivin Ellen Engels, die im Auftrag einer Goldschmiedin deren Ehemann beobachten soll.
Denn dieser hat eine Affäre, wie sich herausgestellt hat und nun soll Ellen herausfinden, wer die Betreffende ist. Zu diesem Zweck schließt sie sich einer Wandergruppe an, zu der auch besagter Ehemann gehört. Es handelt sich um einen Verein, der diese Wanderung durchführt, um darüber einen Führer zu schreiben und auch weitere Bücher des Vereins sind geplant. Ellen gibt vor, eine Fotografin zu sein, die für den Verein Fotos für diese Bücher machen soll.
Dass zu den kurz vorher aus dem Laden der betrogenen Ehefrau gestohlenen sehr wertvollen Diamanten eine Verbindung besteht und dass viele der Geschehnisse und des merkwürdigen Verhaltens einiger Wanderer damit zu tun haben, ist schnell klar. Denn sehr subtil wird die ganze Geschichte nicht erzählt, dafür aber ziemlich verwirrend.
Denn es gibt viele Figuren, viele Verwicklungen, zahlreiche Hintergrundgeschichten. Dazu kämpft Ellen ständig mit Wechseljahresproblemen, ist sich über ihre aktuelle Beziehung zu Max, einem Kriminalkommissar, nicht wirklich schlüssig und muss dazu noch aufpassen, nicht enttarnt zu werden.
Ellen ist stets gut ausgerüstet, hat zig Abhörgeräte, Webcams, Tracker und andere Gerätschaften im Rucksack, findet ständig Gelegenheit, in den Rucksäcken der anderen Leute zu wühlen und so weiter. Das heißt, so nett und unterhaltsam der Krimi erzählt ist, mit viel Gespür für die Absurditäten der Menschen, so unrealistisch sind die vielen Zufälle, die es braucht, damit die Handlung voranschreitet und Ellen ihren Fall lösen kann.
Die Figuren sind durchaus sympathisch und auch lebensnah beschrieben, aber mir gleichzeitig auch zu überfrachtet. Dazu die ständigen Klagen Ellens über ihre Hitzewallungen und Schlafstörungen, für die man ja Verständnis aufbringt, die aber ein wenig zu viel Raum im Roman einnehmen. Dafür ihre dann wieder etwas unlogische Unverwüstlichkeit, die es ihr erlaubt, nach einer 20 Kilometer-Wanderung noch des nachts durch die Gegend zu schleichen.
Schließlich ist alles so verwirrend erzählt, mit ständig wechselnden Perspektiven und ständig wechselnden Verdächtigen, sowie am Ende einer Auflösung, die ausführlich erklärt werden muss, damit sie sich erschließt, was dazu führt, dass man zwar einerseits recht gut unterhalten wird von dieser munteren, wenn auch nicht besonders spannenden Geschichte, sie andererseits aber nicht völlig überzeugen kann.
Ein weiteres Manko sind die vielen Verweise auf das Privatleben Ellens und ihre diversen Beziehungen, die dazu führen, dass man ständig das Gefühl hat, den x-ten Band einer Reihe zu lesen und nicht den (vermutlich) ersten. Hier fehlt dann der nötige Hintergrund, die Aufklärung, wenn das schon erwähnt wird, ansonsten wäre es besser gewesen, dies ganz wegzulassen.
Insgesamt wie gesagt ein netter Krimi „für zwischendurch“ (ein Ausdruck, den ich eigentlich nicht mag, würdigt er die Arbeit einer Autorin doch nicht genug), der jedoch eher keinen länger bleibenden Eindruck hinterlässt.
Carla Capellmann - Über Stock und Mörderstein
emons, März 2025
Taschenbuch, 269 Seiten, 14,00 €

Bewertung vom 09.04.2025
Männer, die die Welt verbrennen
Stöcker, Christian

Männer, die die Welt verbrennen


sehr gut

„Zu Beginn eine Warnung: Für Leserinnen und Leser, die sich mit der Klimakrise und ihren Ursachen noch nicht allzu intensiv beschäftigt haben, klingen Teile dieses Buchs womöglich wie frei erfundene Verschwörungstheorien. Das ist aber ein falscher Eindruck. Es handelt sich bei allem, was auf den folgenden Seiten berichtet wird, um belegbare Fakten.“ (S.9)
Diese Triggerwarnung gleich am Anfang des Buches macht Sinn: Christian Stöcker deckt auf, mit welchen Methoden Interessengruppen und einflussreiche Personen versuchen, jegliche Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels offen oder subtil zu verhindern oder gar die Existenz des Klimawandels zu leugnen.
In neun Kapiteln beschäftigt er sich unter anderem mit den weltweit agierenden Netzwerken der Klimaleugner („Die globale Allianz der Verbrenner“), widmet sich den Profiteuren der Klimakrise („Die Profiteure der Katastrophe“) und im Kapitel „Murdochs Reich“ legt er dar, mit welchen Strategien die Narrative kommuniziert werden, um die breite Bevölkerung vom Nutzen der fossilen Energie, also dem „Zeugverbrennen“, wie es Stöcker nennt, zu überzeugen. Standen bis dahin die global handelnden Akteure im Fokus seiner Recherchen, so beleuchtet Stöcker im Kapitel „Die deutschen Verzögerer und ihre Methoden“ die Situation bei uns in Deutschland. Welche Verflechtungen es gibt zwischen der Industrie, der Politik, den Medien und den Interessenverbänden sowie die intensive Lobbyarbeit, die nicht nur national, sondern auch europaweit effektiv wirkt.
Doch es reicht nicht, nur die Schuldigen zu benennen und deren Machenschaften offen zu legen – was können, was müssen wir tun, um den Klimakollaps zu verhindern? Im letzten Kapitel „Das Zeitalter des Lichts hat begonnen, das des Feuers muss enden“ appelliert Stöcker an uns alle: „Wir alle haben lange von der Energie profitiert, die fossile Brennstoffe geliefert haben. Sie haben die Menschheit reicher, mächtiger und sogar gesünder gemacht. Längst wissen wir aber, dass diese Form der Energiegewinnung sehr schädlich für uns Menschen ist. Und wir wissen auch, dass wir ohne sie auskommen können. Längst profitieren nur noch die Hersteller fossiler Brennstoffe. Wir alle bezahlen dafür, mit unseren Steuern und unserer Zukunft. Es wird höchste Zeit, die Männer, die die Welt verbrennen, in ihre Schranken zu weisen.“ (S. 247)
Christian Stöcker ist einer der profiliertesten Wissenschafts- und Klimajournalisten. Sachkundig und tiefgehend recherchiert (63 Seiten mit Quellenangaben und ergänzenden Erläuterungen) liest sich das Buch durch seinen lockeren journalistischen, aber dennoch seriösen Schreibstil gut in einem Rutsch. Es sei allen Lesenden und Interessierten empfohlen, um die tägliche Informationsflut zum Thema Klimakrise besser einordnen zu können.
Christian Stöcker – Männer, die die Weltverbrennen
Ullstein, 2024
Gebundene Ausgabe, 332 Seiten, 22,99 €

Bewertung vom 04.04.2025
Tot überm Weidezaun
Anders, Hedda

Tot überm Weidezaun


gut

So nett und sympathisch das Personal dieses Kriminalromans ist, so gelingt es ihm doch nicht, zu fesseln. Dafür fehlt es an Tempo und Spannung, an Verwicklungen und Geheimnissen. Dafür ist deutlich zu erkennen, dass hier eine neue Krimireihe gestartet werden soll.
Deren Protagonistin die ehemalige Kommissarin Wencke Dierksen ist. Sie hat einen Hof mit mehreren Alpakas geerbt, den Dienst quittiert und lebt nun, mit nur noch einem dieser Tiere namens Christopher, auf dem platten Land, in einem Dorf, in dem jeder jeden kennt und alle alles über alle wissen. Denkt man zumindest.
So ist auch bekannt, dass Dackel Bootsmann immer gerne Handys klaut. Diesmal hat das von ihm geraubte Mobiltelefon offensichtlich einen Mord gefilmt, dessen Zeuge der Hund wurde. Nur gibt es keine Leiche, somit kein Motiv, keinen Täter, keinen Verdacht. Noch nicht mal sicher ist, ob es überhaupt einen Mord gab.
Wenckes ehemaliger Kollege Theo bittet sie um Hilfe, er steht ziemlich unter Druck, aufgrund irgendeines Vorfalls, an dem wohl auch Wencke nicht ganz unbeteiligt war. Die tieferen Hintergründe bleiben verborgen, sind für die aktuelle Handlung aber auch nicht von Belang.
Auch Wenckes noch nicht oder doch bald Lebensgefährte Hosse, der im Dorf eine Kneipe betreibt, mischt sich immer wieder ungefragt in die Ermittlungen ein. Diese erfreuen jedoch Theos Vorgesetzten wenig, zumal erst ziemlich viel oder fast alles schiefläuft.
Das Ganze ist nett und fröhlich erzählt, entbehrt aber wie gesagt jedwedem Tempo. Viel dreht sich um das Alpaka Christopher, mit dem Wencke gerne längere Gespräche führt und das bei ihr aus und ein geht. Die Gespräche mit den Dorfbewohnern verlaufen im passenden Dialekt, den Wencke für Kollegen Theo – und somit dankenswerterweise auch für die Leserin – übersetzen muss.
Recht früh ahnt man bei der Lektüre, wo der Hase bzw. der Dackel langläuft, der gegen Ende dann auch noch einmal eine heldenhafte Rolle spielen darf. So macht der Roman zwar einerseits schon Spaß, ist andererseits aber einfach zu seicht, zu simpel. Auch der Schreibstil ist nicht wirklich herausfordernd, dafür aber leichtfüßig und so wird die Geschichte trotz allem nciht langweilig.
Insgesamt ein ganz netter, unterhaltsamer Krimi, eine Fortsetzung brauche ich davon aber eher nicht.
Hedda Anders - Tot überm Weidezaun
rororo, März 2025
Taschenbuch, 254 Seiten, 13,00 €

Bewertung vom 02.04.2025
Freitags im Mondlicht (eBook, ePUB)
Cooper, Natalie

Freitags im Mondlicht (eBook, ePUB)


sehr gut

Elliott ist fort, verschwunden, weg, seit ein paar Jahren nun schon. Und seither verbringt Iris ihre Freitagabende auf einer Parkbank, denkt an ihn und nagt vor allem an ihren Schuldgefühlen. Da passt es ihr überhaupt nicht, dass sich doch tatsächlich ein Fremder ganz unverfroren neben sie auf "ihre" Bank setzt. Und sie dann auch noch in ein Gespräch verwickelt.
Natürlich ahnt man, worauf das hinauslaufen wird. Zumal sich sehr schnell herausstellt, dass besagter Fremder der neue Unternehmensberater ist, der in der Firma, für die Iris als Ingenieurin arbeitet, Mängel aufdecken soll und – so die Befürchtung – auch sicher einige Stellen kürzen will. Was selbstredend bedeutet, dass man diesen Mann so gar nicht mögen kann und darf.
Doch wie erwartet kommt es, wie es kommen muss. Der Mann, Hunter ist sein Name, ist ausgesprochen sympathisch, sieht unglaublich gut aus – wovon sich Iris in der Herrendusche in der Firma überzeugen kann – und hilft ihr dann auch noch aus so mancher Patsche. Dabei will sich Iris auf keinen Fall verlieben, denn sie vergräbt sich lieber in ihrer Traurigkeit, ihrer Einsamkeit, ihrer angeblichen Schuld. So passt es ihr natürlich auch überhaupt nicht, dass ausgerechnet am Jahrestag von Elliotts Verschwinden Hunter mit ihr auf eine Geschäftsreise gehen will.
Auch hier weiß man sehr schnell, was geschehen wird und was natürlich auch geschieht. Genauso wie vorhersehbar ist, dass das (erste) Glück nicht von Dauer sein kann, weil erwartungsgemäß irgendetwas geschieht, was die Beiden (vorerst) auseinandertreibt. Was sich selbstverständlich irgendwann, gerne mit Hilfe gutmeinender Freund:innen, aufklärt und somit steht dem Happy End nichts mehr im Weg.
Das Ganze ist zwar wie gesagt absolut vorhersehbar, aber so nett und unterhaltsam erzählt, dass der Roman wirklich Freude macht. Auch wenn das Drama um Iris' Verlust mir etwas überstrapaziert wird, auch wenn die Fettnäpfchen, in welche Iris mit hoher Zuverlässigkeit stapft, ein bisschen arg zahlreich sind und auch wenn die Wandlung vom absolut selbstsicheren Heroen zum demütigen Zauderer, die Hunter gegen Ende durchläuft, etwas unglaubwürdig ist, so hat die Geschichte doch Tempo, Witz und die Figuren sind durchweg sympathisch, trotz des leider wieder bemühten Klischees des ach so gut aussehenden Helden.
Der Twist bezüglich Elliotts Verschwinden ist dann wirklich überraschend, der Rest der Aufklärung des Dramas mir dann aber etwas sehr konstruiert, ist ein bisschen zu viel Zufall eingebaut. Insgesamt aber ein liebenswerter Roman, der für wenige Stunden, in welchen ich ihn verschlungen habe, gut unterhielt und in eine schöne heile Welt entführte.
Natalie Cooper - Freitags im Mondlicht
aus dem Englischen von Laura Lang
rororo, März 2025
Taschenbuch, 398 Seiten, 14,00 €

Bewertung vom 26.03.2025
Der Herr Wälti
Huwyler, Marcel

Der Herr Wälti


ausgezeichnet

Nicht immer funktioniert es, wenn Autoren aus ihren bisherigen Erfolgen eine Nebenfigur zum Protagonisten einer neuen Reihe machen. Dass es diesem Autor, dessen großer Fan ich bin, gelingen würde, ist hingegen keine Überraschung.
Er macht aus dem Taxifahrer Wälti, der in der Reihe um die Privatermittlerin Eliza Roth-Schild diese zu ihren Einsätzen fuhr und ihr auch stets zur Seite stand, hier nun die Hauptfigur. Wälti, der aus seinem Vornamen ein großes Geheimnis macht – was für einen witzigen running gag sorgt – trauert Eliza hinterher, die zu ihrem Lebensgefährten nach New York zieht (sich eine Rückkehr in die Schweiz aber zum Glück offen hält).
Aus dieser Traurigkeit heraus, auch aus dem Gefühl des Verlustes an Bedeutung vermutlich, dient er sich dem Sicherheitschef eines großen Hotels, in welchem gerade diverse wichtige politische Konferenzen und Verhandlungen stattfinden, als Privatdetektiv an. Sein erster Fall: Den Diebstahl von Unmengen goldgerändertem Toilettenpapier aufklären.
Nun ist das eine eher weniger spektakuläre Aufgabe, dennoch sieht sich Wälti recht bald erheblichen Schwierigkeiten gegenüber. Schwierigkeiten technischer Art, bei denen ihm jedoch schnell Hilfe zuteilwird, in Gestalt seiner neuen Kollegin in der Taxizentrale, Evita Mosimann.
Das ist eine wirklich genial gezeichnete Figur, mit vielen Ecken und Kanten, mit dramatischer Vergangenheit – die man erst im Laufe des Romans kennenlernt und begreift – und mit einer herrlich witzigen und Wälti immer wieder aus der Fassung bringenden frechen Sprache.
Beide zusammen finden recht bald heraus, dass es um wesentlich mehr geht als gestohlenes Toilettenpapier. Nach und nach entwirren sich die Fäden, während sowohl Wältis besonnene, immer besorgte Art, seine in Evitas Augen altertümliche Auffassung vom Umgang miteinander wie auch Evitas forsches Auftreten, ihre immensen Kenntnisse von Computern und ihre Unverfrorenheit dazu beitragen, dass sie natürlich am Ende alles erfolgreich aufklären.
Dabei wird es durchaus gefährlich, für andere und auch für die Beiden. Wozu auch Evitas Vergangenheit beiträgt. Worum es dabei geht, kann ich in einer Rezension nicht erzählen, sonst wäre der eigentliche Clou des Romans verdorben. Aber dass es geradezu genial konstruiert ist von Marcel Huwyler, so dass man bei der Lektüre lange keinerlei Ahnung hat, worauf das hinaus läuft, allein das macht diesen Roman zu etwas ganz besonderem.
Dazu die gelungen gestalteten Figuren, die geschickt gelegten falschen und richtigen Spuren, die genial konstruierte Handlung, die sich perfekt nach und nach steigernde Spannung und nicht zuletzt die herrlich witzigen, manchmal absurden, manchmal unterschwellig berührenden Dialoge. Und natürlich, wie stets in Huwylers Romanen, dieser außergewöhnliche Wortwitz, seine Wortspiele, seine Wortschöpfungen. All das zusammen ergibt diesen wunderbaren Roman, der hoffentlich noch viele Fortsetzungen nach sich zieht.
Ohne allerdings, dass wir auf Fortsetzungen der Violetta Morgenstern Reihe verzichten müssen. Hier hoffe ich auf baldige neue Folgen.
Marcel Huwyler - Der Herr Wälti
Atlantis, Februar 2025
Taschenbuch, 254 Seiten, 19,90 €

Bewertung vom 24.03.2025
Aufräumen
waldis, angelika

Aufräumen


sehr gut

Bei diesem Roman bin ich völlig hin und her gerissen. Und das nicht nur, weil wieder einmal der Klappentext absolut in die Irre führt, gaukelt er doch, wenn auch vielleicht unbeabsichtigt, vor, es handele sich um einen leichtfüßigen, humorvollen Roman. Ein Roman, in dem eine Frau nach jahrzehntelanger Ehe plant, ihren Gatten zu ermorden.
Neben diesem leichten Ärger über den falsche Erwartungen weckenden Klappentext ärgerte ich mich während der Lektüre auch permanent über die Protagonistin. Diese ist auf der Reise nach Genua zu ihrem Ehemann, um diesen aus der Welt zu räumen.
Luisa, inzwischen über 70, hat beschlossen, ihr Leben aufzuräumen. Nach all diesen Jahren, in denen sie alles klaglos ertrug, quasi ihr Leben, ihren Mann und ihr Schicksal einfach geschehen ließ, will sie nun plötzlich die Initiative ergreifen. Und sich sozusagen für all das Ungemach, das Ehemann Alfred ihr in diesen vielen Ehejahren zufügte, rächen. Am liebsten auch gleich noch an weiteren Männern aus ihrem Leben, wie ihren Schwiegersohn, der ihrer Tochter so gar nicht guttut und dem Arzt, der eine Operation verpfuschte und so das Leben ihrer anderen Tochter vollends zerstörte.
Nun sitzt sie also im Zug nach Italien, während ihre Tochter und andere glauben, sie sei in Wien. Möglichst nicht auffallen, so dass sich später niemand an sie erinnert, so plant sie den Mord an ihrem Mann. Mittels eines Menüs, das er liebt und dem sie eine ganz besondere, eine tödliche Zutat beizufügen plant.
Auf dieser Reise blickt sie auf ihr Leben zurück, auf Alfred, den Künstler, der sich stets verdrückte, wenn das Leben schwierig wurde, der immer irgendwo eine andere Frau hatte, der nie genug Geld besaß und sich daher ständig von Luisa aushalten ließ.
Sie, die als Hauswirtschaftslehrerin arbeitete, hetzte dafür umso mehr durch ihr Leben, Kinderbetreuung, Haushalt, Beruf, später noch die unheilbar kranke, behinderte Tochter wegen eines ärztlichen Kunstfehlers, all das hielt sie diese ganzen Jahre durch, ohne sich zu beklagen. Nur die Hilfe ihrer ungewöhnlichen Mutter hatte sie in dieser Zeit, während Alfred irgendwann gar nicht mehr auftauchte.
Im Zug lernt sie einen Mann kennen, der sich merkwürdig verhält. Zuerst misstraut sie ihm, dann schließen sie sich zusammen und reisen gemeinsam weiter, werden ungestüm, Luisa tut Dinge, die sie nie für möglich gehalten hätte und genießt das. Dann schließlich kommt sie in Genua an.
Mich hat einerseits die gewaltige Art des Erzählens von Angelika Waldis beeindruckt, ihr Stil ist mal ergreifend, mal sanft ironisch, nie verurteilend, immer leicht distanziert. Manchmal schweift sie ein wenig zu sehr vom aktuellen Handlungspfad ab, verliert sich in ihren eigenen schwungvollen Formulierungen, Metaphern und Beschreibungen.
Andererseits wurde ich, je weiter ich las, umso wütender auf Luisa, auf diese Hauptfigur, die sich alles gefallen ließ, die ihrem Alfred selbst dann noch Tausende Euro überweist, nachdem er sie mit all den Sorgen und Nöten allein gelassen hatte. Die einen Kollegen anhimmelt, sich in ihn verliebt, dies aber nie ausspricht, nun, viele Jahre nach dessen Tod aber immer noch von ihm träumt. Mir ist diese Protagonistin zu defensiv, zu weich, um nicht zu sagen schwach. Trotz all dessen, was sie ausgehalten hat, hat sie sich nie gewehrt, und nun plötzlich, mit über 70 soll sie den Mut und den Antrieb haben, ihren Mann zu ermorden. Das schien mir etwas unglaubwürdig, nicht recht plausibel.
Daher diese Zwiespältigkeit, mit der ich den Roman sehe, weswegen er mich auch nicht zu 100 Prozent überzeugen konnte. So perfekt und gelungen er stilistisch sein mag.
Angelika Waldis – Aufräumen
atlantis, Februar 2025
Taschenbuch, 191 Seiten, 18,90 €