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Benutzername: 
Marcin Lupa
Wohnort: 
Grafing

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Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 31.10.2022
Das Rätsel der Schamanin
Meller, Harald;Michel, Kai

Das Rätsel der Schamanin


ausgezeichnet

Die beiden Autoren Harald Meller und Kai Michel sind mir schon seit ihrem gemeinsamen Werk „Griff nach den Sternen“, einem Buch über die Entdeckung und mögliche Geschichte/Bedeutung der Himmelsscheibe von Nebra, das ich mit großem Interesse gelesen habe, bekannt.
Daher war es ein Leichtes für mich zu „Das Rätsel der Schamanin“ zu greifen. Überrascht hat es mich dennoch. Und zwar äußerst positiv.

Als Cold Case aus der Vorgeschichte angekündigt, im investigativen Stil verfasst, deckt es einerseits den Fall Schamanin von Bad Dürrenberg minutiös auf, bis zuletzt ein möglicher Plot entsteht; gleichzeitig ist es eine wissenschaftliche Abhandlung, die sich um zentrale Begriffe, wie Schamanismus und animistisches Denken/Wahrnehmen bewegt.
Dabei wird viel von der Geschichte dieser Begriffe und der mit ihnen hantierenden Personen erzählt.
Einige besprochene Autoren und Werke sind mir aus meiner früheren Beschäftigung mit derartiger Esoterik bekannt. Hier zeigen Harald Meller und Kai Michel ein profundes Wissen der jeweiligen Szenen, Überzeugungen, Anschauungen. Für mich ist es beeindruckend. Gerade das macht das Buch spannend. Nicht zuletzt wegen einer Kritik an den Vorstellungen der im Buch erwähnten Personen. Und das ohne überheblich mit dem wissenschaftlichen erhobenen Finger darauf hin zu deuten. Vielmehr verhalten und subtil decken die beiden Autoren die Fehler in den Annahmen zu dem Begriff Schamanismus auf. Sie führen eine andere wohl eher zutreffende Bezeichnung an, besagte Schamanin von Bad Dürrenberg sei eine „spirituelle Expertin“ gewesen. Ich will nicht zu viel verraten. Man lese selbst, es lohnt sich gewiss.

Im Verlauf der Erzählung wird auch die Geschichte anderer praktizierender spiritueller Experten geschildert, die in ihrer Kultur angesehene Persönlichkeiten gewesen sind, jedoch von den Großmächten, wie dem russischen Zarenreich und auch der daraus hervorkommenden Sowjetunion rigoros zurückgedrängt, kriminalisiert, bis hin zu vernichtet wurden.
Die Wiedererweckung des Schamanismus zum Neo-Schamanismus betrachte ich spätestens seit dem Lesen dieses Buches, das einige meiner eigenen Gedanken zu diesem Thema durchaus bestätigt, letztendlich als naiv. Stattdessen sei der Schamane eine Berufung und seit dem Mesolithikum wohl auch ein Beruf.

Auch die Rückbesinnung auf die Rezeption der Schamanin von Bad Dürrenbach durch die Nationalsozialisten trifft gänzlich mein Interesse. Teile meiner Familie kamen in ihren Konzentrationslagern um. Und so ist es für mich sehr bewegend und zugleich beruhigend von den Autoren zu erfahren, dass unter den Nazis in Bezug auf die Schamanin von Bad Dürrenberg wenig Konsens herrschte und diese fehlende Konsensfähigkeit mit der Grund dafür war, weswegen ganze Manuskripte der Täuschung (über 400 Seiten lang), nicht zur Druckfassung gelangten und so weiterhin in Bezug auf die Schamanin aus dem Mesolithikum weitere Fälschungen (zu Propagandazwecken durch Himmler etwa) und Verbrechen an der Anthropologie, sowie Archäologie nicht zustande kamen. Alle anderen, die doch erfolgten, decken die beiden hier gewissenhaft auf.

So liest sich das Rätsel der Schamanin als kleines Geschichtsbuch bei dem zahlreiche Wissenschaften wie die Archäogenetik, allem voran aber die Archäologie (besagter Cold Case) und Anthropologie, wie auch Ethnologie zu Worte kommen.
Aber auch als eine Art Kriminalfall aus dem Mesolithikum. Der auch ein beruhigendes Ende findet.

Alles in allem ein durchweg interessantes, sogar begeisterndes Buch, für mich voller mich persönlich betreffender Fakten, und daher eine ganz klare Leseempfehlung.

Ich danke vielmehr den Autoren herzlich, dieses Buch geschrieben zu haben, denn es wird den Wanderern auf dem Pfad des spirituellen Wissens, und irgendwo sind wir das doch alle, ein gutes und brauchbares Licht sein. Dem einen oder anderen sogar ein Fanal.

Bewertung vom 25.10.2021
Mittendrin im Draußen
Glatzer, Norman;Braun, Vanessa

Mittendrin im Draußen


ausgezeichnet

Gewiss gibt es vielerlei Probleme auch in der eigenen Redaktion und schlichtweg überall dort, wo es Hierarchien gibt. Und gänzlich frei davon, sind die ausgeglichenen Wenigsten. Vielleicht erreichen manche von uns diese hohe Entwicklungsstufe und der Rest wird immer wetteifern müssen, was Diskriminierung impliziert, denn der Bessere möchte dem Schlechteren immer klar machen, dass er ihm überlegen ist. Interessanter wird es da, wo es keine eindeutige Überlegenheit mehr gibt. Wenn z.B. ein kleiner Buchhändler seine Vorgesetzten alle aussticht, indem er selber ein Buch schreibt und es bei einem renommierten Verlag publizieren läßt. So geschehen im Fall von Norman Glatzer, der ein Buchhändler war und immer sehr gerne in die Natur hinausging. Also so ähnlich wie wie viele von uns. Nur lebt Norman in Berlin und ist noch keine 30 Jahre alt. Un dennoch weist er ein bestechendes Naturwissen auf. Und er kennt die Sachverhalte sehr profund, denn was tun Buchhändler? - Sie lesen gern. Und Norman hat sich alles mögliche angelesen, darüber hinaus denkt er recht präzise und humorvoll und hat einen schönen Schreibstil. Zusammen mit seiner Freundin, Vanessa Braun, ebenso Berliner Buchhändlerin und jetzt wohl schon so etwas wie eine Naturexpertin haben sie ein Buch über die Reisen von Naturfreunden, darunter nicht selten Freaks, in die Natur geschrieben.

Zuvor haben Sie 2019 einen YouTube Kanal ins Leben gerufen, der diese Art von Lebensweise propagiert: Bushfunkistan. Dazu muss ich sagen, dass die Einnahme von natürlichen Drogen, gerne auch euphemistisch mit "Entheogene“ begriffen, nicht zwingend erforderlich ist, um sich für die Natur zu öffnen, feinfühlig zu werden und sich für sie zu begeistern. Entheogene helfen dabei die Natur sehr stark wahrzunehmen, sie sind aber nur Vehikel, wie auch der Wein des Bachus bei den dionysischen Gelagen im Antiken Griechenland oft mit Indolalkaloiden aus den Getreideehren befallenden Mutterkörnern versetzt wurde, die starke Visionen brachten. Manchmal sogar den vorzeitigen Tod, da hohe Dosierungen das Nervensystem auch erschöpfen und den Organismus vergiften können. Die Natur spielt mit unserem Leben, mal streichelt sie uns sanft, mal zerstört sie unsere Nieren. Es kommt auf den Pilz an, den wir konsumieren und oft sind die tödlichsten Pilze auf der Pfanne unerkennbar und besonders lecker. Alles schon vorgekommen, doch darüber informieren Norman und Vanessa in ihren Videos und nun in ihrem Buch ebenso.

Wenn es einen Gott gäbe, der das Spiel des Schicksals perfekt beherrscht und uns Menschen lenkt und leitet, uns den Anfang und das Ende unserer Reise diktiert, dann wäre er nicht in den durchaus sehr kulturvollen kirchlichen Bauten und Tempeln zu finden, sondern in den Heinen und den Wäldern der Natur. Er wäre im Geiste eines uralten Eichenbaums zu suchen oder im grimmigen Knurren eines Tigers, der nur wenige Meter von uns entfernt auf der Lauer liegen kann, vorausgesetzt wir besuchen Gebiete, in denen er endemisch ist.

Norman und Vanessa begeistern uns für die Reste an Natur vor unserer Haustier, in den deutschen Mittelgebirgen und in Regionen in Brandenburg. Vor allem aber in Gebieten rund um Berlin. Diese Gebiete kann jeder von uns aber auch bei sich finden, vor seiner Haustür. So sehe ich sie täglich auf dem Weg zur Arbeit, manchmal am Wochenende, wenn ich in die Alpen schreite oder den Wald durchwandere. Ich muss aber gestehen, dass Norman und Vanessa, auch wenn sie filmisch nicht sonderlich firm sind, ein viel größeres und gesichertes Wissen über die einheimische Natur haben, als ich, der zwar wie sie, ein Naturbursche war, lange Zeit meines Lebens, der aber nicht so viele Studien gewälzt hat. Und sie haben für ihr witziges Buch sehr gut recherchiert.

Wer der Nachhaltigkeitsdebatte auf eine andere sehr praktische Art und Weise begegnen möchte, und darüber hinaus keinen allzu großen Fußabdruck hinterlassen will, der kaufe sich einen Camper und fahre mal quer durch Europa, vielleicht auch mi

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