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Laranka

Bewertungen

Bewertung vom 13.07.2009
Submarino
Bengtsson, Jonas T.

Submarino


sehr gut

Submarino ist eines sicher nicht: Ein Buch, dass man nach dem Lesen sofort vergessen kann. Der Autor entführt uns in eine Welt, die den meisten von uns fremd ist. Eine Welt, die man lieber nicht sehen möchte. Bengtsson beschreibt diese Welt zwischen Tod, Abhängigkeit und Gewalt mit einer solchen Ehrlichkeit, dass man manchmal wegschauen möchte. Gerade dies ist für mich ein gewaltiger Pluspunkt: Diese Welt, die wir in der Realität gerne verdrängen, gibt es und sie kann auch nicht beschönigt werden.

Der erste Teil des Buches handelt von Nick. Er saß bereits im Gefängnis, ist alkoholabhängig und oft in Schlägereien verwickelt. Sein Leben spielt sich zwischen seiner Wohnung in einem Wohn-Asyl und einem Fitnesscenter ab. Er ist niemand, dem man im wirklichen Leben gerne begegnen möchte. Mir gefällt an "Submarino" besonders gut, dass nach und nach Erlebnisse aus Nicks Kindheit offenbart werden und der Leser dadurch die Möglichkeit hat, Nick in einem ganz anderen Licht zu sehen. Hier habe ich mich beim Lesen teilweise gefragt, wie er überhaupt überleben konnte. Nick ist nicht nur der Schläger, dem man gerne einen angewiderten Blick zuwerfen möchte. Der Blick hinter die Kulisse zeigt, welche Umstände ihn zu dem gemacht haben, was er ist. Sicher entschuldigt dies sein Verhalten nicht, doch wird klar, dass Nick als Kind für sich kaum eine andere Möglichkeit finden konnte, als sich über Gewalt zu behaupten. Solche Kindheiten haben wohl selten ein Happy End. Bei Nick haben mich besonders die Situationen berührt, die im ersten Moment kaum zu ihm passen: wie er dem Bruder seiner Ex hilft (an unterschiedlichen Stellen) oder wie er sich um seine Nachbarin kümmert, als dieser ihr Kind weggenommen wird.

Sein Bruder ist wohl rein äußerlich fast das Gegenteil von Nick. Er ist drogenabhängig und seine Gedanken drehen sich größtenteils um den nächsten Schuss. Aber dann ist da noch Martin, sein Sohn. Er versucht für Martin ein guter Vater zu sein, doch natürlich steht ihm seine Sucht dabei ständig im Wege. Hat er einmal Geld, versucht er zumindest darüber Martin seine Zuneigung zu zeigen. Am Leben von Nicks Bruder hat mich besonders berührt, dass er es einmal zeitweise geschafft hatte: Er hatte eine Freundin, Martin und war clean. Doch dann stirbt seine Freundin und er fällt zurück in die Sucht, ständig mit der Angst im Nacken, dass er Martin verlieren könnte. Und ich denke auch das ist leider Realität: Das Glück, irgendwann ein "normales" Leben ohne Drogen zu führen, haben leider die wenigsten Drogenabhängigen. Der Gedanke, was wohl aus Martin wird, ob er überhaupt eine Chance hat, hat mich auch nach dem Lesen noch beschäftigt.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Es war bedrückend, aber gnadenlos ehrlich. Was mich etwas gewundert hat, war der Klappentext. Hier wird geschrieben "Als ihre Mutter stirbt, begegnen die beiden sich nach langer Zeit wieder und beschließen einen Neuanfang". Dies gibt meiner Meinung nach den Buchinhalt nicht sehr gut wieder, da auf der Begnung der beiden nicht der Schwerpunkt liegt. Der Schreibstil des Buches kam mir anfangs gewöhnungsbedürftig vor, aber noch kurzer Zeit ließ es sich flüssig lesen und man wurde direkt in diese dunkle Welt gezogen. Mir gefallen die kurzen Kapitel und die Rückblenden besonders gut. Ich bin gespannt auf den Film, auch wenn ich manche Szenen wohl lieber nicht als bewegte Bilder sehen möchte.

Mein Fazit: So fesselnd, dass es einem die Luft abschnürt und dabei so ehrlich, dass man wegschauen möchte.