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blei
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V.

Bewertungen

Insgesamt 12 Bewertungen
12
Bewertung vom 19.04.2024
Wo die Asche blüht
Que Mai, Nguyen, Phan

Wo die Asche blüht


ausgezeichnet

Berührende Zeitgeschichte
Wie verstörend und nachhaltig negativ lebensbeeinflussend Kriegsschrecken auf alle Beteiligten - Zivilbevölkerung und Militärangehörige - auch viele Jahre später wirken können, wird in diesem Buch allen Außenstehenden eindrücklich und berührend vor Augen geführt. Dabei gelingt es hervorragend, persönliche, aktuelle Schicksale mit vergangenen Zeitgeschehnissen zu verbinden, sodass klar wird, dass sich alles gegenseitig bedingt und das Vergangene nicht einfach "ad acta" gelegt werden kann.
Die beiden Hauptpersonen Dan und Phong entstammen zwar unterschiedlichen Kulturkreisen und Generationen, leiden aber beide - jede auf ihre Art - an den Folgen eines vergangenen Krieges, der intensiv und unablässig ihr Leben bestimmt. Beide suchen nach "der Erlösung" von ihren Leiden und ihrer Last, die sie permanent mit sich herumtragen. Durch diese eindrucksvolle Schilderung fühlt sich der Leser beiden verbunden und kann verständnisvoll und emphatisch mitfühlen. Im Lesevollzug keimt immer wieder die Hoffnung, dass alle irgendwie am Ende ihren Frieden finden.
Die Geschichte endet versöhnlich, leider im Ganzen betrachtet doch ein wenig zu harmonisch und "dick aufgetragen" - aber letztendlich der einzige Kritikpunkt an diesem lesenswerten Buch, das berührt und die Sinnhaftigkeit von Krieg und all seinen Folgen implizit und unterschwellig im gesamten Verlauf in Frage stellt.

Bewertung vom 26.03.2024
Der Nachtläufer
Fossum, Karin

Der Nachtläufer


gut

Krimi, dem die Spannung fehlt
Ein Krimi im herkömmlichen Sinn ist "Der Nachtläufer" in keiner Weise, fehlen ihm doch die erwarteten Mordfälle, "wirklichen" Opfer und ein Gesamtszenarium, das danach drängt aufgelöst zu werden. Stattdessen blickt das Buch über weite Strecken und immer wieder auf das psychopathische Leben des halbwüchsigen Meidel Jonsson, der - allein gelassen von seinen Eltern und "der Welt" - versucht, mit sich und der Welt zurecht zu kommen. Etliche Passagen widmen sich seinem trostlosen, abwechslungsbescheidenen und entwicklungsarmen Lebenswandel, dem er über Pseudotaten mit einer Art russischem Roulette einen Sinn zu verleihen versucht, um dadurch seinem bedeutungslosen Ego und seinen Minderwertigkeitsgefühlen Abhilfe zu schaffen. Insgesamt wirkt er doch wie ein bemitleidenswerter, abgedrehter und harmloser Typ.
Glanz verleiht diesem Krimi die Person des Ermittlers Eddie Feber, der mit seiner überraschenden Verhörfragetechnik und seinem wunderlichen und eher befremdlichen Umgang mit seinen acht Kindern für Vergnügen und Unterhaltung sorgt.
Wenn dieses Buch, dann nur seinetwegen!

Bewertung vom 16.03.2024
Issa
Mahn, Mirrianne

Issa


sehr gut

Starke Frauen
"Du musst in die Vergangenheit schauen, um die Gegenwart zu verstehen, damit du deine Zukunft gestalten kannst." Ein weiser Spruch, den die junge Issa bei ihrem Aufenthalt in ihrer ursprünglichen Heimat Kamerun von ihrer Urgroßmutter als Lebensgestaltungsprinzip zu hören bekommt. Hin und her gerissen zwischen den Welten und Kulturen wird das eindrucksvolle Bild einer schwangeren Frau gezeichnet, die sich - obwohl weltoffen und modern - alten Traditionen verpflichtet fühlt, die sie dennoch als überholt und aus der Zeit gefallen mit Skepsis betrachtet. Zum besseren Verständnis in die Eingebundenheit in die kulturellen Riten und Denkweisen wird Issas Geschichte eng mit den Lebenswegen ihrer weiblichen und - sofern notwendig - männlichen Vorfahren verwoben und verdeutlicht dadurch beeindruckend, wie kulturelle Verpflichtungen über Generationen hinweg weiter gegeben werden.
Ein Buch über starke Frauen, die - jede zu ihrer Zeit - das Ziel zu einem selbst bestimmten Leben nicht aus den Augen verlieren.

Bewertung vom 14.03.2024
Die Halbwertszeit von Glück
Pelt, Louise

Die Halbwertszeit von Glück


ausgezeichnet

Frauenschicksale über Raum und Zeit
Drei Frauen - ihr Leben läuft an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten ab. Welche Gemeinsamkeit verbindet sie, welcher Zusammenhang besteht zwischen ihnen?

Von Beginn an kann sich der Leser nicht dem fesselnden Sog entziehen, mehr über die Drei zu erfahren. Nacheinander erhält er vermehrt und einfühlsam Einblick in ihre Lebenssituationen, die unterschiedlicher nicht sein können und gleichzeitig eine Vorstellung vermitteln über das jeweilige Lebensgefühl ihrer Zeit. Auch wenn es augenscheinlich keine Berührungspunkte zwischen ihnen zu geben scheint, so weiß oder zumindest vermutet man, dass Zusammenhänge innerhalb ihrer Biografien vorhanden sein müssen, die man mit fortschreitendem Lesen unbedingt aufdecken und herausfinden möchte. Eine gespannte und ungeduldige Erwartungshaltung fiebert dem Ende entgegen, das Licht ins Dunkel bringt und den Leser versöhnlich zurück lässt.

Ein Buch, das spannend und berührend zugleich ist.

Bewertung vom 14.03.2024
Wir werden jung sein
Leo, Maxim

Wir werden jung sein


ausgezeichnet

Forever young - Fluch oder Segen?
Vier Personen wie sie unterschiedlicher nicht sein können (was in der Gesamtbetrachtung des Buches für Abwechslung sorgt) werden zu unfreiwilligen Probanden bei einem neuartigen, (noch) nicht zugelassenen Medikament - alle leiden an einer Herzmuskelerkrankung - , was als unvorhergesehene Nebenwirkung zu einer Körperverjüngung führt. Sie als Leser in ihren Wahrnehmungen, Reaktionen, Erkenntnissen und Einstellungen bei diesem nicht selbst gewählten Phänomen zu beobachten, ist interessant und erkenntnisreich und erzeugt daneben die Frage nach einer eigenen Positionierung bei diesem heiklen Thema des "Ewig-Jungseins".
Auch die ethisch-moralische, politische, finanzielle und gesellschaftliche Dimension, die bei dieser Thematik unabdingbar sind, kommen zu Wort, bremsen den Schwung der Gesamtentwicklung jedoch ein wenig aus, da sie zu komplex und breit angelegt sind.
Am Ende findet jede Person ihren persönlichen Umgang mit der Verjüngung -
von skurril bis fragwürdig - so wie das Hauptthema an sich.

Bewertung vom 15.11.2023
Das Nachthaus
Nesbø, Jo

Das Nachthaus


weniger gut

Krimi erwartet - leider Fantasy bekommen
Wer Jo Nesbø als versierten Krimiautor kennen und schätzen gelernt hat, ist mit "Das Nachthaus" schlecht beraten, zumal im Klappentext an keiner Stelle deutlich wird, auf was man sich bei diesem Buch tatsächlich einlässt. Schade!

Die Anfangskapitel des ersten Buchteils entführen in eine Welt des Surrealen und der Absurditäten, sodass mit vermehrten Lesen die Frage aufkommt, wann denn der eigentliche Kriminalfall beginnt, bis festgestellt werden muss - NIE!!! Der Autor bedient die Fantasywelt von Beginn an in vollen Zügen und lässt den Leser, der anderes erwartet hat, damit verstört, fragend und Kopf schüttelnd zurück.
Der zweite Teil bietet eine Art Lösung der Abstrusitäten, indem er bereits bekannte Personen, Szenen, Episoden und Handlungen in ein anderes Handlungsumfeld verlagert, was durch die Wiederholungen allerdings auch einen Effekt der Langeweile und Langatmigkeit erzeugt.
Der letzte Teil beleuchtet alles noch einmal in ganz neuem Licht. Auch hier muss natürlich auf Bekanntes zurück gegriffen werden, sodass manches nun zum dritten Mal "durchgekaut" wird. Das Ende präsentiert eine vermeintlich nachvollziehbare Lösung und erzeugt damit zumindest einen halbwegs zufriedenen und erlösten Blick auf das Gesamtgeschehen.
Wer Fantasy mag, ist hier sicherlich an der richtigen Stelle, alle anderen sollten einen Bogen um das Buch machen.

Bewertung vom 10.11.2023
Der Mentor
Diel, Svenja

Der Mentor


ausgezeichnet

Der Mentor - Ein zerstörerischer Verführer?
Das beklemmende Eingangsszenarium des Buches wirkt auf den ersten Blick grotesk und verstörend, hinterlässt es doch beim Lesen den Eindruck, es stände mit den darauffolgenden Seiten in keinerlei Zusammenhang. Die Auflösung findet sich - wie nicht selten - im Prozess der Geschehnisse und hinterlässt nichtsdestotrotz einen erstaunten Leser.
Die spektakulären und absonderlichen Mordfälle und deren Aufklärung, die im Mittelpunkt des Buches stehen, geben zunächst erhebliche Rätsel auf und fordern den vier Hauptermittlern jede Menge Kombinationsgabe und Spürsinn ab; dabei ergänzen sie sich in ihren ganz speziellen Recherchemethoden außerordentlich gut, was aber auch nicht immer ganz reibungslos und beziehungsfrei gelingt. Die Spannung, die sich dabei während ihrer Ermittlungstätigkeit durch unerwartete Wendungen und neue Erkenntnisse immer weiter steigert, zieht den Leser in seinen Bann und drängt förmlich nach einer Klärung und Auflösung. Was für ein Ende, mit dem nicht unbedingt zu rechnen ist!!!

Bewertung vom 31.10.2023
Taubenschlag / Teit und Lehmann ermitteln Bd.2
Jürgensen, Dennis

Taubenschlag / Teit und Lehmann ermitteln Bd.2


ausgezeichnet

Spannend bis zum letzten Moment
Drei Leichen, unerwartet gefunden bei einer Bunkervermessung in Berlin - ein ebenso grausamer wie Fragen aufwerfender Einstieg in einen Kriminalfall, der zunehmend immer mehr an Spannung und wendungsreicher Dramatik gewinnt. Eine Mordserie an verschiedenen Orten in Norddeutschland läuft scheinbar unabhängig vom Eingangsszenarium ab und sorgt zusehends für steigende Verwirrung, ist doch offensichtlich kein Zusammenhang erkennbar, was beim fortschreitenden Lesen geradezu nach einer verständlichen und nachvollziehbaren Auflösung drängt.
Die Handlung profitiert nicht zuletzt von den beiden Ermittlern Lykke und Rudi, die unterschiedlicher nicht sein könnten, doch gerade in ihrer Ungleichheit ergänzen sie sich bei der Klärung der Mordserie hervorragend und lassen bei aller Ernsthaftigkeit keine Möglichkeit für einen Wortwitz aus.
Insgesamt also ein absolut empfehlenswerter Krimi!!

Bewertung vom 31.10.2023
Helle Tage, dunkle Schuld
Völler, Eva

Helle Tage, dunkle Schuld


sehr gut

Wer ohne Schuld ist, ...
Das Ruhrgebiet in der Nachkriegszeit: alles liegt in Schutt und Asche, die Menschen suchen nach Möglichkeiten, sich und ihre Angehörigen - auch unter größten Gefahren - durch diese schweren Zeiten zu bringen, viel Mitmenschliches bleibt z.T. auf der Strecke. Und bei all dem stellt sich an vielen Stellen heraus, dass alte, üble Seilschaften weiterhin Bestand haben und sich die „Täter“ aus Kriegszeiten ohne Skrupel decken und unterstützen. Aber auch die Westen der vermeintlich „Guten“ sind nicht immer weiß, wie der Kriminalbeamte Carl bei sich selbst und seinem Umfeld feststellen muss. Das führt nicht selten zu Konflikten zwischen seinem Berufsethos und den Beziehungen zu ihm lieb gewonnenen Personen. Immer wieder steht er vor einem neuen Dilemma, das eine Lösung erforderlich macht.
Die Nachkriegszeit in einem historischen Krimi wieder aufleben zu lassen, erweist sich als originell und geglückt. Dabei offenbart der Verlauf des Buches so manche unerwartete, überraschende Wendung, mit der nicht zu rechnen ist, wenngleich die eine oder andere Idee leicht überzogen erscheint. Auch die Beziehung zwischen Carl und Anne kommt an manchen Stellen ausführlich und umständlich daher, was das Tempo des Buches als Kriminalroman stellenweise ausbremst. Das alles kann jedoch die Verwunderung über die ungeahnte Auflösung am Ende des Buches nicht schmälern - allen vorausgehenden, möglichen Spekulationen zum Trotz.

Bewertung vom 11.06.2023
Greta Garbo / Ikonen ihrer Zeit Bd.10
Lüding, Kristina

Greta Garbo / Ikonen ihrer Zeit Bd.10


sehr gut

Das einsame Leben eines Stars

Der große Leinwandstar Greta Garbo durchlebt Höhen und Tiefen, trotz ihrer Popularität, die ihr nie angenehm ist, bleibt sie Zeit ihres Lebens einsam mit unerfüllten Sehnsüchten nach Familie und Geborgenheit und immer durchdrungen von Selbstzweifeln und dem Getriebensein nach schauspielerischer Vollkommenheit. Ihren Ängsten und Hoffnungen ist ein Großteil des Buches gewidmet, die wenigen Menschen, zu denen sie im Laufe ihres Lebens eine innigere, intensivere Beziehung aufbauen kann, kann sie nicht halten und verschwinden zunehmend aus den unterschiedlichsten Gründen aus ihrem Radius.
Ein Buch, dass die Schattenseiten des doch angeblich so glamourösen Prominentseins ungeschminkt und schonungslos verdeutlicht: ein Star zu sein kostet seinen Preis, im persönlichen und privaten Bereich, ja sogar auf der beruflichen Ebene, die dem Menschen mehr abverlangt als dieser eigentlich zu geben bereit ist. Die Einsamkeit der Garbo durchzieht das ganze Buch und stellt den Wert der Publicity auch hier wieder einmal in Frage.

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