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TochterAlice
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 1430 Bewertungen
Bewertung vom 19.05.2025
Beeren pflücken
Peters, Amanda

Beeren pflücken


sehr gut

Hier präsentiert uns Autorin Amanda Peters, selbst mit Mi'kmaq-Wurzeln, die dramatische Geschichte einer Familie aus den Kreisen der indigenen Bevölkerung Kanadas - eine Familie, die am unteren Ende der sozialen Pyramide und somit auch des Wohlstands, der für sie quasi nicht vorhanden ist, hängt. Im Sommer verdienen sie sich etwas dazu, indem sie in Maine Blaubeeren pflücken und zwar alle, auch die Kinder. Außer die vierjährige Ruthie, sie ist noch zu klein und läuft tagsüber quasi mit, weil weder Eltern noch Geschwister Zeit haben, sich um sie zu kümmern. Dann ist sie auf einmal weg und die Familie erfährt nicht die geringste Unterstützung, um das verlorene Kind wieder zu finden.

So ist dies eine Darstellung von Verlusten einerseits und dem Gefühl, nicht an der richtigen Stelle zu sein, andererseits: denn die Handlung wird aus zwei Perspektiven erzählt: aus der von Joe, dem zweitjüngsten Kind der indigenen Familie und aus der von Norma, die in Maine als Einzelkind aufwächst.

Ja, es ist durchgehend traurig-schön, vom Verschwinden der kleinen Ruthie zu lesen. Durch den empathischen Stil erlebt man förmlich mit, wie etwas innerhalb der Familie, in jedem einzelnen Mitglied zerbricht - oder eben auch zusammenfügt. Ein sehr stimmungsvolles und tragisches Buch, ein Roman der verpassten Gelegenheiten, der mich vor allem durch die besondere Art des Textes fasziniert. Gerne mehr davon!

Bewertung vom 15.05.2025
Der große Riss
Henríquez, Cristina

Der große Riss


gut

Oh, wie schön ist Panama!
Das ist ein Titel eines wunderbaren Bilderbuchs von Janosch, in dem Tiger und Bär nach Panama reisen wollen, dort aber nicht ankommen. In diesem Gesellschaftsroman geht es dagegen um Menschen, die dort etwa im Jahr 1900 ankommen: dort soll nämlich der große Kanal zur Verbindung zweier Weltmeere entstehen und da gibt es eine Menge Arbeit.

Auch für die junge Ada aus Barbados ist das der Grund ihrer Reise: ihre jüngere Schwester ist schwer erkrankt, eine teure Operation ist vonnöten, für die Ada dort Geld verdienen will. Wir treffen auch auf lokale Charaktere: so auf den Fischerjungen Omar, der seine Beziehung zum Vater aufs Spiel setzt, um sich als Bauerarbeiter zu verdingen und Ada erstmals in einer für ihn harten Situation begegnet sowie eine ganze Reihe von Menschen, die sich gegen den Kanalbau, dem ihr Wohnort zum Opfer fallen soll, stellen. Angereist ist u.a. ein Ärzteehepaar aus den Vereinigten Staaten, bei dem Ada Arbeit findet - dies nur, um ein paar der wichtigsten Charaktere zu benennen - die Autorin hat noch eine ganz Reihe weiterer Figuren eingebaut.

Immer wieder musste ich an den Turmbau zu Babel denken, wobei hier die Schwierigkeit nicht so sehr im Finden einer gemeinsamen Sprache, sondern vielmehr in der Unterschiedlichkeit der jeweiligen Interessen und Ziele liegt.

Ein ungewöhnlicher und sehr süffig geschriebener Roman, der meines Erachtens leider in Bezug auf die meisten Handlungsstränge leider an der Oberfläche verbleibt - da, wo es für mich erst interessant wird, hören die Ausführungen häufig schon auf!

Bewertung vom 13.05.2025
Die Akte Schneeweiß
Fuchs, Felicitas

Die Akte Schneeweiß


ausgezeichnet

Nach ihrer in der Hauptsache in Ostwestfalen angesiedelten Trilogie über drei Generationen von Frauen einer Familie beschäftigt sich Felicitas Fuchs wieder einmal mit Familiengeschichten der Region, diesmal vor allem in Bielefeld. Hier begegnen wir Katja, die Anfang der 1960er noch ein Teenager ist, aber schon genau weiß, dass sie einmal Medizin studieren will, was ihre Eltern - einfache Leute - als aus der Luft gegriffen ansehen. Ihr folgen wir über anderthalb Jahrzehte.

Parallel lesen wir über ihren Großvater Rudolf und seine jüngere Schwester Mathilde, die es in den Zeiten des Nationalsozialismus alles andere als einfach hatten. Doch darüber schweigt Rudolf gegenüber seiner Enkelin - und ist auf einmal weg. Niemand will Katja und ihrer jüngeren Schwester Heidi erzählen, was denn eigentlich los ist. Schlimmer noch, selbst seine Ehefrau weigert sich, über ihn zu sprechen: er wird einfach totgeschwiegen, obwohl er offenbar noch lebt.

Eine ausgesprochen dichte Familiengeschichte auf zwei Erzählebenen, die ihre Leser*innen fordert: man darf definitiv nicht zu schwach auf der Brust sein, um sich dieser Lektüre zu widmen. Gerade im Hinblick auf die Verbrechen des Nationalsozialismus nimmt die Autorin kein Blatt vor den Mund und widmet sich dabei Themen, über die bislang noch viel zu selten offen gesprochen wird.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.05.2025
Der dunkle Sommer
Buck, Vera

Der dunkle Sommer


ausgezeichnet

Für alle, die mehr wollen - nämlich mehr als atemberaubende Spannung, der kann aus meiner Sicht mit dem neuen Werk von Vera Buck nichts falsch machen. Denn neben vielen Geheimnissen und Verflechtungen, die von der Autorin wie immer geschickt aufgebracht werden, geht es hier um historische Entwicklungen auf der italienischen Insel Sardinien, die gar nicht so lange her sind , sie reichen nämlich - zumindest in diesem Buch - bis in die 1980er Jahre.

Die Halbitalienerin Tilda findet nach dem Tod ihres Vaters einen Artikel in seinen Unterlagen, der sie nicht loslässt. Dort geht es um ein längst verlassenes Dorf auf der genannten Insel, in dem die dort stehenden Häuser für einen symbolischen Wert von einem Euro verkauft werden mit der Auflage, diese zu restaurieren und wieder bewohnbar zu machen. Kein Problem für die Architektin Tilda, die sich nur wundert, wie ihr Vater, der doch aus der Toskana stammt, auf Sizilien kommt,

Sie selbst ist nach einem zerstörenden Erlebnis mehr als bereit, ihr Leben zu ändern und nimmt diese Herausforderung nur zu gerne an. Allerdings zeigt sich bald, dass hier einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. Was also ist in diesem Dorf tatsächlich geschehen, bevor es 1982 zu einem Geisterdorf wurde.

Dieses Wek ist nicht nur ein Thriller, sondern auch - oder mehr noch - eine dramatische Familiengeschichte, die mir vor allem deswegen so gefallen hat, weil vieles darin auf wahren Begebenheiten beruht - wie immer erstklassig von Vera Buck recherchiert und umgesetzt!

Bewertung vom 27.04.2025
Cleopatra und Frankenstein
Mellors, Coco

Cleopatra und Frankenstein


sehr gut

Eine Amour Fou und deren Entwicklung wird hier auf ungewöhnliche Weise beschrieben: die Autorin konnte mich nicht durchgehend für sich und ihre Protagonist*innen gewinnen, bekam aber immer und immer wieder die Kurve - bis ganz zum Schluss! Interessant ist, ist dass die einzige Ich-Erzählerin weder Cleopatra noch Frankenstein ist und auch erst ab etwa der Mitte des Buches auftaucht.

Der Autorin gelingt es, eine ganze Reihe unterschiedlicher Charaktere einzufangen und mit- oder auch gegeneinander (am häufigsten aber ist beides der Fall) agieren zu lassen.

Wie so oft, war für mich zu viel Sex in dem Buch, wenngleich ich die ehrliche und immer wieder flapsige Art der Beschreibung doch einigermaßen genießen konnte. Dennoch - es kam mir vor, als ob New Yorker an nichts anderes denken! Mir haben die "Blue Sisters" eine ganze Ecke besser gefallen, aber auch dieser Roman ist definitiv die Lektüre wert!

Bewertung vom 27.04.2025
In den letzten Stunden der Dunkelheit
Klisa, Peter

In den letzten Stunden der Dunkelheit


weniger gut

Eigentlich ein spannendes Thema

Es geht nämlich um die Aktivitäten der unterschiedlichen Kriegsteilnehmer im umkämpften Berlin der letzten Kriegstage. Längst geht es nicht mehr nur um Sieg und Niederlage, denn nun steht das Ergebnis - das Berlin zu einem großen Teil in die Hände der Russen fällt - bereits fest und die Alliierten kümmern sich jeweils nur noch um die Wahrung der eigenen Interessen.

Wir stehen hier auf Seiten der Amerikaner, die einen führenden Atomwissenschaftler aus Berlin entführen möchten, bevor die Russen ihn sich schnappen. Denn es ist bekannt, dass auch in Deutschland schon so einige Pläne recht weit gediehen waren in Kriegszeiten.

Dafür haben sie ihrerseits den amerikanischen Physiker Frederic Carvis, inzwischen als Übersetzer bei der Armee tätig, entführt, der vor dem Krieg bei dem Wissenschaftler Paul Bergmann, dem Objekt amerikanischer Begierde, studierte. Er soll gewährleisten, dass der Professor mitkommt...

Das alles hat eine mehr oder weniger interessante, aber nicht sonderlich tiefgehende Vorgeschichte aus dem Jahr 1937, bei der leider nicht alle Erzählstränge zu Ende geführt werden. Insgesamt mündet das alles in einem fürchterlichen Wirrwarr mit einem sowohl absehbaren als auch recht reizlosen Ende.

Auch wenn hier eine Menge Wissen recherchiert und gebündelt wurde, konnte mich dieser Thriller leider gar nicht begeistern!

Bewertung vom 26.04.2025
Du bist viel mehr als deine Gefühle
Mik, Jeannine

Du bist viel mehr als deine Gefühle


gut

Sehr viele Informationen und Übungen enthält dieses Buch, dazu viele Fachbegriffe, von denen ich so manchen, obwohl in dem Thema seit Jahren beheimatet, noch nicht kenne. Bei einigen wenigen hat sich mir sogar die Frage gestellt, ob diese nicht von der Autorin selbst, einer Kommunikationstrainerin, selbst erfunden wurden. Aber wie auch immer, um richtig gut mit dem Buch arbeiten zu können - arbeiten an sich selbst, versteht sich - wäre ein Anhang mit Glossar notwendig. Einem Glossar, in dem jeder einzelne dieser Begriffe genau dargelegt und erläutert wird.

Es gibt auch jede Menge Übungen, mit denen man dem Problem überbordender Gefühle entgegenwirken soll - vor allem in dem Moment, in dem dies dem jeweilen Leser widerfährt. Viele sind hilfreich, wenn auch deutlich zu abgehoben beschrieben, wie ich finde. Daher fällt es mir schwer, Zugang dazu zu gewinnen, auch wenn ich die Erkenntnisse der Autorin durchaus zu würdigen vermag.

Bewertung vom 25.04.2025
Maikäferjahre
Höflich, Sarah

Maikäferjahre


ausgezeichnet

Anni und Tristan, Zwillinge aus einer Dresdner Musikerfamilie, werden im Krieg auseinandergerissen - sie bleibt bei den Eltern und überlebt die Bombennacht von Dresden, ist danach mit ihrer kleinen Tochter, deren Vater an der Ostfront "gestrandet" ist, auf sich allein gestellt. Aber nicht ganz: Adam, ein jüdischer Ausnahmegeiger, den ihr Vater vor dem KZ bewahrt hat, ist an ihrer Seite - zusammen machen sie sich auf eine zunächst ziellose Reise durch das noch im Krieg befindliche Deutschland.

Tristan war Kampfpilot und ist in Gefangenschaft der britischen Armee geraten, wird dort allseits angefeindet - außer von der Krankenschwester Rosalie, die in ihm etwas ganz anderes sieht.

Ein Roman um Übergänge - vom Krieg in den Frieden, der alles andere als friedlich ist, vom privilegierten städtischen Leben ins Tiroler Dorfleben, um das als unmöglich scheinende (Ein)Leben in England.

Ich habe das Buch nicht aus der Hand legen können, so haben mich Anni und Tristan bewegt! Als die letzte Seite ausgelesen war, war ich richtig traurig. Eine sehr gefühlvolle Geschichte, dennoch keine Schmonzette, da Autorin Sarah Höflich an keiner Stelle den historischen Kontext außer Acht lässt. Außerdem geht es nicht nur um Liebe, sondern mehr noch um Vergebung, um den so notwendigen Blick in die Zukunft.

Gleichwohl gab es einige Kleinigkeiten, die mich störten und die möglicherweise vor allem dem Lektorat zuzuschreiben sind - Wiederholungen vor allem - auf ihrer Flucht übergibt sich Anni gefühlt auf jeder zweiten Seite. So hätte sie es nie von Dresden nach Tirol schaffen können!

Insgesamt jedoch ein Roman, den ich von Herzen weiterempfehle!

Bewertung vom 22.04.2025
Der Duft des Wals
Ruban, Paul

Der Duft des Wals


gut

Dieser am Strand eines Ferienortes, gleich neben einem Luxushotel gestrandete Wal schwimmt nicht mehr. Nein, er stinkt, weil er dabei ist, zu verwesen - in diesem Wal ist nicht mehr der Hauch von Leben.

Was das mit den Menschen dort, den Touristen und auch denen, die dort arbeiten, macht, davon erzählt dieser Roman und zwar aus der persönlichen Sicht der jeweiligen Charaktere.

Das klingt spannend, habe ich mir gedacht und mich an die Lektüre gewagt in der Hoffnung, nein, eigentlich sogar der Überzeugung, dass das ein richtig ungewöhnlicher, besonderer und unterhaltsamer Roman sein wird. Ist es jedoch leider nicht, jedenfalls nicht in meinen Augen. Er ist nicht einmal schlecht geschrieben, die Inhalte erreichen mich ganz einfach nicht. Was witzig sein soll, ist einfach nur belanglos. Leider kein Buch, das ich weiter empfehlen kann!

Bewertung vom 14.04.2025
Die Erbin
Winter, Claire

Die Erbin


ausgezeichnet

Köln/Bonn 1957: Der Nationalsozialismus hat das ehemalige Deutsche Reich, jetzt die Bundesrepublik Deutschland, von unten nach oben gekehrt. Wer sich mit Handwerk oder Handel über Wasser halten konnte, wurde ausgebombt und ist oft genug ganz und gar verarmt. Die Flüchtlinge aus dem Osten haben sowieso nichts, egal was sie früher einmal waren und Juden gibt es nicht mehr. Nur viele Reiche sind immer reicher geworden und ihre Seilschaften aus der Nazizeit funktionieren immer noch. Nur aufpassen müssen sie, dass nichts davon auffliegt und ihr schönes System offenlegt!

Familie Liefenstein ist gehört schon lange dazu zu den Reichen und daran hat weder Anfang noch Ende des Nationalsozialismus etwas geändert. Sie haben einfach den Wohnsitz gewechselt und sind aus Berlin ins Rheinland gezogen, wo sie ebenfalls eine Niederlassung besitzen.

Cosima, deren Vater verstorben ist, hat eine starke soziale Ader und möchte für die Frauen, die nun allein ihre Kinder durchbringen müssen, eine Stiftung einrichten. Das findet auch ihr Onkel Theodor, seit einigen Jahren das Familienoberhaupt, ganz toll - nur müssen bestimmte Grenzen unbedingt gewahrt werden.

Zudem passieren einige geheimnisvolle Dinge, denen Cosima auf den Grund gehen möchte. Dabei lernt sie neue Menschen kennen, die anfänglich kaum einzuschätzen sind. Die Leser*innen sind ihr immer einen Schritt voraus, da ein Teil der Handlung in der Vergangenheit liegt und wir dadurch miterleben, was ihr zunächst verborgen bleibt. Ein spannendes und sehr gut recherchiertes Buch, das ich jedem empfehle, der Freude an zeithistorischen Romanen hat!