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Benutzername: 
TochterAlice
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Köln

Bewertungen

Insgesamt 1301 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2024
Der Sommer, in dem alles begann
Léost, Claire

Der Sommer, in dem alles begann


gut

Eher für Bretagne- als für Literaturfans
Beziehungsweise für solche des Unterhaltungsromans. Der Verlauf der Handlung greift tief hinein in das Wesen der Bretagne mit Druiden und Hinkelsteinen - aber ob das dort alles noch so vonstatten geht? Kann sein, ganz sicher bin ich mir aber nicht. Zudem scheint es mir ein wenig so, als wären nur ein paar bretagnetypische Phänomene herausgefischt und in den Roman eingebaut worden.

Sicher bin ich mir dagegen darin, dass die Geschichte um Hélène, Marguerite und Odette um einiges mehr an Räuberpistolen und verwegenen Wendungen enthält, als ihr gut tut.

Von dem in der Leseprobe als atmosphärischen Regionalroman mit literarischem Anspruch empfundenen Werk versprach ich mir ein ganz besonderes, eher zartes und empfindsames Lesevergnügen.

Wobei da schon klar war, dass dies ein ausgesprochen leicht zu lesender, stellenweise unterhaltsamer Roman ist - das zumindest hat sich bestätigt. Dagegen spürte ich weder die Zartheit noch die Sensibilität, ganz im Gegenteil. Die Seele der Bretagne ist mir dadurch nicht näher gerückt, ganz im Gegenteil. Ich habe das Buch sehr schnell gelesen und - davon bin ich überzeugt - nichts Wesentliches verpasst. Doch es ist kein Roman, der mein Herz erobern konnte - ich werde den Inhalt wahrscheinlich schon bald wieder vergessen haben. Hoffentlich auch die darin präsentierten Charaktere, von denen so mancher ziemlich eindimensional gezeichnet ist.

Bewertung vom 26.03.2024
Die Entflammten
Meier, Simone

Die Entflammten


gut

Eine starke Frau
Nämlich Jo van Gogh-Bonger, steht hier im Mittelpunkt. Sie hatte ihren Verehrer Theo van Gogh, den jüngeren Bruder des damals noch weitgehend unbekannten Vincent van Gogh, erst nach jahrelangem Werben erhört und dann aus Liebe geheiratet - um ihn nach rund einem Jahr an die Syphilis zu verlieren. Er hatte sich über die langen Jahre ohne sie zumindest körperlich getröstet, wofür er - wie nicht wenige damals - mit dem Leben bezahlen musste. Kurz davor hatte sich Vincent, lebenslang finanziell vollkommen abhängig von seinem Bruder, erschossen.

Jo bleibt zurück mit einem Säugling und mit so einigen Gemälden des Schwagers - ansonsten jedoch mittellos. Gelingt es ihr, ihn posthum bekannt zu machen - denn dass Vincent eine besondere Begabung hatte, war sowohl ihr als auch dem verstorbenen Gatten klar. Leider verliert sich ihre Geschichte in zahlreiche Nebenbaustellen, es kommen eine Reihe von - häufig historisch belegten - Charakteren vor, die auf mich eher verwirrend als bereichernd wirken.

Und schlimmer noch - es gibt einen zweiten Erzählstrang, der in der Gegenwart spielt und mit dem ich so gar nichts anfangen kann. Das alles in einem schmalen Band vereint, wirkt insgesamt auf mich überbordend, aber wenig aussagekräftig. Dennoch konnte die Autorin Simone Meier mein Interesse für Jo van Gogh-Bonger wecken - doch ich werde versuchen, mich dieser wenig bekannten Frau auf anderem Wege zu nähern - und sei es durch meine eigene Phantasie!

Bewertung vom 20.03.2024
Mein ziemlich seltsamer Freund Walter
Berg, Sibylle

Mein ziemlich seltsamer Freund Walter


sehr gut

Lisa ist einsam
Und sie fühlt sich ungeliebt. Mehr noch: gemobbt, wo sie geht und steht. Und als Leser dieser Graphic Novel kann man ihr auch nur recht geben, denn die Autorin/der Zeichner geben uns die Gelegenheit, mit ihr einen gesamten Tag zu erleben. Wahnsinn, sogar ihre Lehrerin hat nur spitze Bemerkungen für sie übrig, die Rapper und ihre Schulkameraden sind da noch um einiges brutaler.

Das ändert sich erst, als ihr beim abendlichen Waldspaziergang ein UFO über den Weg fliegt - und hält. Nicht ihretwegen, sondern um seine Passagiere, menschenähnliche Wesen mit Schwänzen, heraus zu lassen ... und wieder einzusammeln. Wobei einer übrig bleibt - nämlich Walter. Der hat eigentlich einen sehr komplizierten Namen, den Lisa aber vereinfacht - und er ist bereit, ein wenig Zeit mit ihr auf Erden zu verbringen.

Was soll man sagen - Walter räumt auf in Lisas Leben und zwar so, dass es ihr auch ohne ihn gut geht. Mehr möchte ich nicht verraten, aber es geht mir alles ein bisschen zu glatt, auch wenn die Geschichte - und ihre zeichnerische Umsetzung - durchaus liebenswert gestaltet ist.

Vom Alter her ist die Leseempfehlung m.E. etwas tief angesetzt - es ist eher was für die Schüler weiterführender Schulen als für Grundschüler!

Bewertung vom 17.03.2024
Issa
Mahn, Mirrianne

Issa


ausgezeichnet

Issa kehrt zurück
Nämlich nach Kamerun, dem Land ihrer Ahnen. Und zwar in einem sehr besonderen Moment - sie ist zum ersten Mal schwanger und das Kind soll durch die dortigen Rituale eine sichere Ankunft auf der Erde und einen guten Start ins Leben haben.

Issa war seit Ewigkeiten, seit zehn Jahren, nicht mehr dort bei ihren Omas, wo sie doch einige Jahre gelebt hat. Zunächst kommt ihr das alles sehr fremd vor, sie kann sich kaum identifizieren, sehnt sich nach Deutschland zurück.

Doch mehr und mehr fühlt sie sich im Land angekommen, distanziert sich emotional von Deutschland, auch vom Vater des Kindes.

In einer Parallelhandlung, die für mich das eigentliche Highlight des Romans ist, geht es um die Geschichte der Frauen in Issas Familie, genauer gesagt um ihre Ahninnen, die es vom Anfang des 20. Jahrhunderts an bis in die Gegenwart nicht gerade leicht hatten. Im Kolonialstaat Kamerun, der unter anderem auch mal zu Deutschland gehörte, hatten Frauen nichts zu lachen. Aber, um ehrlich zu sein, auch unter der eigenen Regierung nicht. Aber dennoch sind die Frauen in Issas Familie stark und haben ihren eigenen Willen.

Auch wenn für meinen Geschmack zeitweise viel zu viele Lücken in der Handlung sind, ist dies ein eindringlicher, sehr besonderer Roman, der den Blick des Lesers auf die Themen Kamerun, Frauen, Migration ordentlich weitet.

Etwas für Leser:innen, die danach gieren, mal über den Tellerrand hinaus zu blicken.

Bewertung vom 15.03.2024
Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1
Nore, Aslak

Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1


gut

Durchaus breit aufgestellt
ist die hier im Mittelpunkt stehende Familie Falck, von der gleich Vertreter mehrerer Generationen eine große Rolle in der Handlung dieses Buches spielen, denn die ausgesprochen komplexe Familiengeschichte bestimmt die Handlung des Buches von der ersten bis zur letzten Seite.

Diese gestaltet sich stellenweise ausgesprochen geheimnisvoll bzw. pflastern Geheimnisse den Lebensweg gleich mehrerer Protagonisten - natürlich ist alles ineinander verschachtelt, denn es hängt alles zusammen - auch wenn gleich mehrere Familienmitglieder schon lange nicht mehr miteinander reden.

Für meinen Geschmack ist das alles etwas zu komplex, zu umfangreich und dazu viel zu verzweigt. Und dadurch so langatmig, dass ich mehrmals den Faden verlor und wieder zurückblättern musste, mehr oder weniger weit.

Insgesamt ein ungewöhnlicher, stellenweise spannender (soweit man durchgehend am Ball bleibt) und historisch interessanter Roman für wache Leser!

Bewertung vom 09.03.2024
Der ehrliche Finder
Spit, Lize

Der ehrliche Finder


sehr gut

Nach langen Jahren der Einsamkeit und weiteren Sorgen in jüngerer Vergangenheit hat Jimmy endlich einen Freund gefunden. Der heißt Tristan und ist etwas älter - dennoch sitzt er in der Schule direkt neben Jimmy. Tristan ist zusammen mit seiner ganzen großen Familie aus dem Kosovo geflohen, die wohnen jetzt in dem kleinen belgischen Dorf, in dem auch Jimmy zu Hause ist.

Er hat von seiner Lehrerin die ehrenvolle Aufgabe erhalten, Jimmy - und ein wenig auch den großen Rest der Familie - bei den Hausaufgaben zu helfen, ihn aber auch in die Besonderheiten des Lebens in Belgien einzuführen. Im Tausch dagegen bekommt er eine Familie - zu Hause ist es gerade nämlich nicht sehr gemütlich.

Bis eines Tages Tristan und dessen Schwester ein Anliegen haben - Jimmy soll ihnen helfen, aber zunächst wird ihm kaum etwas verraten. Dennoch will er seine neuen Freunde natürlich nicht in Stich lassen, zumal sie diese Hilfe dringend nötig haben.

Ein Roman über eine Kinder- bzw. Jugendfreundschaft, bei der es um Leben und Tod geht. Und um einen sehr besonderen kleinen Jungen, der gerade ziemlich unter Druck steht.

Lize Spit hat sich bereits in ihren beiden früheren Romanen als Autorin der Extreme gezeigt. Hier tut sie es auf eine vollkommen andere Art, die mich zutiefst berührt hat in ihrem Verständnis sowohl für einsame Kinder als auch für Flüchtlinge.

Bewertung vom 03.03.2024
Yellowface
Kuang, R. F.

Yellowface


sehr gut

Weiß statt gelb
Kein "Yellowface", in diesem Falle: keine Chinesin zu sein - ist das tatsächlich June Haywards größtes Manko nach der Veröffentlichung ihres bejubelten Romans "Die letzte Front" über die weitgehend unbekannte Rolle der chinesischen Arbeiterfront im Ersten Weltkrieg?

Oder ist ihrem neuesten Werk tatsächlich anzumerken, wo es herkommt? Nämlich geradewegs vom Schreibtisch ihrer gerade verstorbenen ehemaligen Komillitonin Athena, einer gefeierten Bestsellerautorin. Wobei June, aus deren Sicht die gesamte Handlung geschildert wird, uns Leser:innen glauben machen will, dass sie diese nur als Impuls, sozusagen als Starter verwendete. Oder ist es tatsächlich so?

Autorin Rebecca F. Kuang ist Meisterin in der Darstellung unterschiedlicher Perspektiven, möglicher Optionen, Positionen und Einstellungen - eine überzeugender als die andere. Was sollen bzw. können wir Leser:innen glauben, wobei führt uns June auf einen Holzweg?

Zudem ist das Thema in dieser Art meines Wissens noch nie so eindringlich betrachtet worden, allerdings auch nicht so sehr dem Zeitgeist entsprechend. Und der geht an mir, die deutlich älter ist als Autorin und Hauptperson, dann doch ziemlich stark vorbei.

Außerdem setzt vieles auf die unterschiedliche Herkunft der beiden Autorinnen June und Aurora - also weiß und asiatisch. Aus meiner Sicht nicht die einzige, auch nicht unbedingt die vordergründigste Art der Betrachtung, auch wenn es ist der Tat überrascht, dass June, die bisher in ihrer Schriften noch nicht viel - genauer gesagt, gar nichts - mit China bzw. Asien generell zu tun hatte, ein so spezielles Thema wählt.

Ein Roman, der mich beschäftigt, aber nicht begeistert. Vielleicht, weil ich nicht zur mutmaßlichen Zielgruppe gehöre, vielleicht aber auch, weil das alles ein bisschen "too much" ist. Dennoch durchaus lesenswert.

Bewertung vom 02.03.2024
Annas Lied
Koppel, Benjamin

Annas Lied


sehr gut

Geschichte einer Frau, deren Träume ungelebt blieben
Denn Hannah Koppelmann, die Protagonistin dieses Romans, wächst in Kopenhagen in einer Familie von Ostjuden auf, die in die USA auswandern wollte, es aber nur bis Dänemark schaffte. Auf die jüdischen Traditionen und Bräuche wird größter Wert gelegt, nach dem Willen der Mutter - der Vater verdient mit seiner Schneiderei den Familienunterhalt und hat sonst nicht viel zu melden - sollen alle Kinder diese durch eine arrangierte Heirat in gleichen Kreisen weitertragen. Und - mit einer Ausnahme - Musiker werden, auch Hannah ist seit ihrer Kindheit eine begnadete Pianistin.

Nachdem alle vier Söhne hinsichtlich der Heirat enttäuscht haben und dänische Frauen ehelichten, liegt die Hoffnung der Mutter auf Hannah. Gerade sie, die sich schon früh in einen dänischen Sozialisten verliebt hat, die diese Gefühle aus ganzem Herzen erwidert.

Durch tragische Ereignisse wie Krieg, Vertreibung und erschwerten Wiederaufbau des Familienlebens danach sieht Hannah keine andere Möglichkeit, als den Vorgaben der Mutter zu folgen und in eine von den Eltern arrangierte Ehe einzuwilligen, durch die es sie nach Paris verschlägt.

Ein sehr emotionaler Roman, den der Autor, Jazzmusiker Benjamin Koppel, angelehnt an die Lebensgeschichte seiner Tante Anna Koppel verfasste - das Lied ihres Lebens, Annas Lied also. Koppel nähert sich seiner Familiengeschichte mit großer Achtung und Würde - es gibt für alles einen Grund, so sein Tenor, auch wenn dieser oft sehr subjektiv ist.

Ich empfinde diesen Roman als ausgesprochen lesenswert. Wenn jemand auf die Idee kommen würde, die Geschichte meines Lebens ohne Beschönigungen und Illusionen aufzuschreiben - dann wünschte ich, er würde dies mit ebenso viel Toleranz, aber auch Demut tun, wie es Benjamin Koppel für seine Großtante Anna getan hat!

Bewertung vom 01.03.2024
Töchter des Aufbruchs / Das Pensionat an der Mosel Bd.1
Pierre, Marie

Töchter des Aufbruchs / Das Pensionat an der Mosel Bd.1


ausgezeichnet

Gelungener historischer Roman über eher Unbekanntes
Wozu die - einst deutsche, dann wieder französische Moselregion Elsaß-Lothringen zählt: 1910 gehörte sie zum Reichsland und unterstand dem deutschen Kaiser. Was nur wenige Franzosen guthießen, auch wenn sie es nicht offen sagen durften.

So auch die junge Lehrerin Pauline Martin, gebürtig aus Metz, die das Pensionat für junge Mädchen von ihrer Tante im elsässischen Diedenhofen geerbt hat und dieses nach ihren eigenen Vorstellungen weiterführt. Zehn Mädchen hat sie in ihrer Obhut, aus allen Teilen des Reiches, auch aus entfernteren. Dazu eine junge Lehrerin aus dem protestantischen Teil Deutschlands, die beste Köchin der Stadt - und neuerdings auch einen etwas undurchsichtigen Gärtner.

Ach, es ist eine Freude, dieser ebenso spannenden wie lehrreichen Geschichte zu folgen: ich konnte das Buch bis zum Schluss nicht aus der Hand legen. Die kämpferische Pauline mit durchaus klaren Positionen ist eine wahre Sympathieträgerin, der man beim Lesen manchmal zurufen will: "Sei vorsichtig" oder "Lass es", auch wenn man sie nur zu gut versteht. Und letztendlich ist sie ja dann auch auf dem richtigen Weg, wenn auch nicht ohne fremde Hilfe

Ich kann diesen lebendigen Roman jedem/r Leser:in empfehlen, der/die auf unterhaltsame Weise mehr über diese einst zu Deutschland gehörenden französischen Provinzen erfahren möchte!

Bewertung vom 29.02.2024
Cacao Ritual
Glapa, Leni;Eidner, Felix

Cacao Ritual


weniger gut

Ein Buch über Kakao und dessen jahrhundertealte, nun überlieferte Bedeutung in Ritualen. Man erfährt einiges Interessante, sollte sich aber auch vor Augen halten, dass beide Autoren gemeinsame Inhaber einer Firma sind, die teuren Biokakao (nach ihren Ausführungen den einzig Wahren) und die hier beschriebenen Rituale vermarkten.

Ein Buch über spirituellen Umgang mit Kakao. Hört sich für Sie sehr merkwürdig an? Nun, für mich auch, zumal das hier als eine Sache dargestellt wird, die einen großen Teil vom Leben einnehmen sollte (außer in der Schwangerschaft). Also, mir kommt es so vor, als wäre dieses Buch mit seinen 12 beschriebenen Ritualen eine Vorstufe zur Nutzung der Dienste der Firma... nein, ich nenne den Namen jetzt nicht. Ich will ja schließlich nicht mit vermarkten!