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Lalarun

Bewertungen

Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 10.05.2024
Emrald (eBook, ePUB)
Wellenbrink, T.; Riou, Lc

Emrald (eBook, ePUB)


weniger gut

"Emrald: Besser als die Wirklichkeit" ist ein alleinstehender Science-Fiction-Roman von T Wellenbrink und LC Riou über eine nahe Zukunft, in der das Metaverse "Emrald" das tägliche Leben von Milliarden Menschen beherrscht.

Der Schreibstil ist für mich an sich gut zu lesen. Teilweise kam er mir allerdings etwas abgehackt vor, was vielleicht auch an einer für mich gewöhnungsbedürftigen und gehäuften Nutzung von Gedankenstrichen liegen könnte. Außerdem war die Formatierung bei der Abgrenzung der wörtlichen Rede verschiedener Charaktere in Gesprächen manchmal etwas unglücklich, so dass ich an manchen Stellen mehrmals drüber lesen musste.
Schließlich enthält das Buch ziemlich viele das/dass- und Sie/sie-Fehler sowie einige fehlerhafte Bindestriche innerhalb der Zeilen. Das hat den Lesefluss in Kombination ebenfalls gestört.

Die Welt mit dem Metaverse und seinen vielfältigen Möglichkeiten einerseits und den aus der (exzessiven) Nutzung teilweise resultierenden Problemen und Folgen andererseits wird gut beschrieben.
Besonders gut fand ich, wie auf die potentiellen Gefahren und insbesondere die Suchtgefahr bei der intensiven Nutzung von Emrald eingegangen wird und dass hier auch mögliche regulative Vorgaben, z. B. bezüglich Gesundheitschecks, betrachtet werden. Dabei wird auch mit bedacht, wie diese Regeln wiederum umgangen bzw. missbraucht werden könnten.
Das war interessant und regt auch zum weiteren Nachdenken über diese Dinge an.

Mit den Charakteren wurde ich leider größtenteils nicht so richtig warm. Ich konnte mich auch nicht so gut in sie reinversetzen. Es war eher ein Begleiten und Draufschauen statt Mitfühlen. Ich denke, dass das teilweise auch an dem meistens für mich eher nüchternen und neutralen Schreibstil lag, der die Emotionen der Figuren nicht zu mir transportieren konnte.
Außerdem sind die Personen für meinen Geschmack oft zu sex-fokussiert bzw. dadurch auch in eigentlich anderen Kontexten (teil-)motiviert. Auch bei der theoretisch neutralen reinen Beschreibung von (insbesondere Frauen-)Körpern außerhalb von sexuellen Kontexten und dazu passenden Szenen nimmt das manchmal solche Ausmaße an, dass es sich für mich beim Lesen echt unangenehm angefühlt hat.
Es gibt auch ein paar Sex-Szenen, die aber nicht allzu sehr im Detail ausgeführt werden. Problematisch fand ich hier allerdings besonders, dass es da ein paar Dinge gibt, die Consent-mäßig aus meiner Sicht ziemlich fragwürdig sind, aber innerhalb der Handlung nur rudimentär aufgearbeitet und dann schnell übergangen werden, als ob es doch kein so großes Ding war. Damit hatte ich nicht gerechnet und es gibt auch keinerlei entsprechende Inhaltswarnungen o. Ä. vorab.

Die Handlung innerhalb der verschiedenen Handlungsstränge war für mich größtenteils klar und es gab einen nachvollziehbaren roten Faden für die verschiedenen Gruppen.
Im Detail war ich allerdings zwischendurch mit den verschiedenen Leveln an potentiellen Täuschungsmanövern, Intrigen und Manipulationen insbesondere durch verschiedene Parteien innerhalb des Emerald-Konzerns und ihrer verschiedenen Interessen etwas überfordert. Ich habe hier zwischendurch eher abgeschaltet und die Dinge hingenommen anstatt interessiert mitzudenken und meine eigenen Gedanken und Theorien zu entwickeln. Auch hier ist wahrscheinlich der Schreibstil, der mich nicht wirklich hat mitfiebern lassen, mit an dieser Einstellung beteiligt.
Der Spannungsbogen wird aber innerhalb der Abschnitte aus den verschiedenen Handlungssträngen und auch übergreifend über die gesamte Handlung hinweg stetig aufrechterhalten.
Das Ende ist aus meiner Sicht aber in Bezug auf manche der Stränge ziemlich unbefriedigend.
Ich habe nichts gegen offene Enden und ich muss sagen, dass ich gerade das relativ offene Ende von Julians Handlungsstrang super finde, da man hier der Fantasie für den weiteren Verlauf freien Lauf lassen kann. Andere Stränge enden aber nicht nur offen, sondern irgendwie mittendrin, als könnte es da einfach nicht mehr weitergehen, weil jetzt leider keine Buchseiten mehr da sind. Vielleicht soll das in einer Fortsetzung noch aufgeklärt werden, aber das wird irgendwie auch nicht klar. So wirkt das für mich etwas unfertig und es gibt entsprechend auch noch einige offene Fragen.

Insgesamt bietet der Roman eine größtenteils unterhaltsame Handlung mit einem Einblick in eine interessante Zukunftsvision der Welt, die teilweise auch zum Nachdenken anregt.
Im Detail gibt es aus meiner Sicht aber noch Luft nach oben, was den Schreibstil sowie die Ausarbeitung der Charaktere und ihrer Motivationen und insbesondere ihrer Emotionen angeht.
Durch eine erneute Prüfung und ein entsprechendes Korrektorat könnten außerdem die von mir genannten Fehler relativ unkompliziert für zukünftige Auflagen behoben und somit der Lesefluss deutlich verbessert werden. Gegebenenfalls kann bei dieser Gelegenheit auch eine Inhaltswarnung am Anfang eingefügt werden.

Bewertung vom 08.01.2024
Etomi. Erwachen
Rosenberg, Jol

Etomi. Erwachen


ausgezeichnet

"Etomi. Erwachen" ist ein Roman über eine vordergründig perfekte Welt in einer durch eine Kuppel abgeschirmten Stadt. Je mehr im Verlauf jedoch an der Oberfläche dieser scheinbar perfektionierten Welt gekratzt wird, desto mehr werden auch die dystopischen Hintergründe und der Preis für dieses Leben deutlich.

Der Geschichte vorangestellt ist noch eine Seite mit Inhaltshinweisen.
Außerdem gibt es am Ende des Buchs ein Glossar mit Erklärungen zu verschiedenen Begriffen aus der im Roman entworfenen Welt. Weiterhin werden in dem Glossar die im Roman genutzten Neopronomen sowie diverse Geschlechtsidentitäten im nichtbinären Spektrum erläutert. Das ist hilfreich, um sich auch bei unbekannten Begriffen zurechtzufinden und mehr darüber zu erfahren.

Der Schreibstil ist für mich angenehm und gut zu lesen.

Die Geschichte beginnt direkt mit einigen zunächst kryptisch wirkenden Statuseinträgen, die auch immer wieder zwischendurch eingeflochten werden. Sie bieten eine zeitliche Einordnung der Geschehnisse. Der Hintergrund dieser Meldungen wird dann im Verlauf der Handlung klarer.

Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt.

Zunächst stehen hier Lea als Bewohnerin der Kuppelstadt Eos und Josa, die als Technikerin an den Systemen außerhalb der Kuppelstadt arbeitet und die einen Einblick in die Technik hinter den Kulissen gibt, im Fokus.

Später kommen noch Abschnitte aus der Sicht von Nori, einem Klon, hinzu. Diese Abschnitte fand ich besonders interessant, weil sie einen gut dargestellten Einblick in seine von den anderen Perspektiven nochmal deutlich abweichende Denkweise geben.

Die Welt mit der KI-gesteuerten zunächst perfekt erscheinenden Kuppelstadt einerseits und den maroden Zuständen hinter den Kulissen in Aranus andererseits wird gut beschrieben. Je mehr darüber bekannt wurde, desto neugieriger wurde ich darauf, noch mehr über diese Welt zu erfahren, da die Antworten oft auch weitergehende Fragen zur Folge hatten.

Eine große Stärke des Buches ist aus meiner Sicht die Darstellung der verschiedenen Charaktere sowie ihrer Entwicklung und die Beziehungen der Personen untereinander. Dabei liegt der Fokus auch auf den verschiedenen Hintergründen und der Herkunft der einzelnen Figuren und die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Perspektiven und Konflikte.

Lea wirkte für mich anhand ihres Verhaltens und ihrer Denkweise zum Beispiel zu Beginn deutlich jünger als die angegebenen 44 Jahre. Das zeigt aber auch, wie die Gesellschaft, in der sie lebt, ihre Entwicklung und ihr Verhalten beeinflusst. Durch die ständige Überwachung und Beeinflussung durch KI-Module und das in dieser Gesellschaft etablierte Statuspunkte-System ist Lea sehr auf Oberflächlichkeiten bedacht und teilweise hilflos bei der Aussicht, auf sich selbst gestellt zu sein. Umso interessanter war es dann, sie nach ihrer Flucht aus Eos außerhalb ihrer gewohnten Umgebung agieren zu sehen, wo sie durch den Kulturschock und die Auseinandersetzung mit den Personen in Aranus gezwungenermaßen eine ziemliche Entwicklung im Schnelldurchlauf nachholt.

Über das Thema der Unterschiede und Beziehungen zwischen den verschiedenen Menschengruppen (Menschen aus Eos bzw. Aranus sowie Klone) wird auch die Frage vom Klappentext aufgegriffen, was es bedeutet, menschlich zu sein.
Diese Frage wird u. a. anhand von "philosophischeren" Gesprächen - zum Beispiel über Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Klonen und Eos-Menschen - zwischen Lea, die aus Eos kommt, und Nelson als Außenstehenden, der zusätzlich noch Wissen über einige der Hintergründe hat, aus den unterschiedlichen Perspektiven näher beleuchtet.
Ich mochte diese Gespräche, auch weil sie mich zusätzlich dazu anregen, mir selbst weiter zu diesen Fragen Gedanken zu machen.

Der Fokus auf die Charaktere und ihre Beziehungen sowie die angesprochenen tiefergründigen philosophischen Exkurse gehen jedoch nicht auf Kosten der Handlung. Die übergeordnete Handlung war klar und es gab einen nachvollziehbaren roten Faden.
Der Spannungsbogen wird innerhalb der Abschnitte aus den verschiedenen, zunächst unabhängigen Handlungssträngen und auch übergreifend über die gesamte Handlung hinweg stetig aufrechterhalten.
Ich finde es gut, wie im Verlauf die verschiedenen Handlungsstränge zusammengeführt werden und sich das Puzzle immer mehr zusammensetzt.
Das Ende ist schließlich ein ziemlicher Cliffhanger.

Insgesamt handelt es sich um einen Roman, der einerseits eine spannende und unterhaltsame Handlung bietet, aber andererseits auch zum Nachdenken anregt und einen Einblick in eine interessante Welt gibt, über die ich im zweiten Band gerne noch mehr erfahren möchte. Es gibt noch einige offene Fragen und Aspekte, die bisher nur angedeutet wurden.

Ich bin auf jeden Fall gespannt auf die Fortsetzung!