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Benutzername: 
sandi
Wohnort: 
Salzburg

Bewertungen

Bewertung vom 05.02.2009
Wohin der Fluss uns trägt
Martin, Charles

Wohin der Fluss uns trägt


gut

Auf der einen Seite Abbie, wunderschöne Tochter eines Senators. Auf der anderen Seite der Künstler Chris, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und auch als Erwachsener alles andere als betucht. Trotz des Widerstandes von Abbies Eltern heiraten die beiden und führen zusammen ein wunderbares Leben (ganz großer Klischeealarm). Jahre später erk rankt Abbie an Krebs, jahrelang kämpft sie gegen ihn an. Und verliert schlußendlich den Kampf. Zuvor jedoch möchte sie sich mithilfe von Chris noch 10 Wünsche erfüllen. Einer davon ist eine Reise vom Beginn des St. Mary's River bis zu seinem Ende. Kurzerhand machen sich die zwei, trotz Abbies schwachem Zustand, auf die Reise ihres Lebens.

Wenn ich mich kurz fassen wollte, würde ich sagen Das Buch ist um zweihundert Seiten zu lang und wartet mit vielen Klischees auf.

Die Langfassung sieht folgendermassen aus: Das Buch teilt sich, kapitelweise abwechselnd, in zwei Handlungsstränge auf. Strang eins, die Reise auf dem St. Mary's in der Gegenwart. Strang zwei das Kennenlernen und die Heirat der beiden Protagonisten. Meine Kritik richtig sich ausschließlich auf ersteren. Wohl knapp die Hälfte der Seiten werden mit ausufernden Beschreibungen des Flusses und der Umgebung gefüllt. Nicht einmal in meinem Studium habe ich bislang soviel über einen einzigen Fluss und dessen Umgebung erfahren wie in diesem Buch. Das Problem, das sich mir stellte war nur folgendes: Es interessierte mich so überhaupt nicht. Etwa zur Hälfte des Buches war ich knapp daran, aufzugeben. Nach Beendigung des Buches kennt man jede einzelne Biegung des Flusses, weiß um die Wassertiefe auf der ganzen Länge bestens Bescheid. Dies mag zu manchen Büchern gut passen, zu diesem passt es ganz und gar nicht.

Zu Chris und vor allem Abbie hatte ich trotz dessen, was ich aus den Vergangenheitskapiteln über sie erfuhr, überhaupt keinen Draht. Auch die Ich-Perspektive aus Chris' Sicht brachte mir keinen wirklich näher. Die ganze Story hätte Potenzial einen ganz tief eintauchen zu lassen, aber man paddelt nur auf der Oberfläche herum. Chris' aufopfernde Pflege von Abbie mag zwar romantisch anmuten, wirkte auf mich aber überzogen. Auch haben weder Abbie noch Chris irgendwelche Ecken und Kanten. Alles was sie von sich geben scheint perfekt und weise zu sein, Schema F. Das Ende kommt dann ziemlich abrupt daher und das letzte Kapitel war mir zu sehr schöne heile Welt und wirkte auf mich wie ein Fremdkörper in diesem Buch.

Viele Klischees hätten weggelassen werden können, ebenso viele landschaftsökologische Beschreibungen. Dann hätte das Buch, das sich sonst sehr flüssig lesen lässt, eine höhere Bewertung bekommen. So aber war es für mich nur eines von vielen mittelmässigen Leseerlebnissen.