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Dreamworx
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Berlin

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Insgesamt 1380 Bewertungen
Bewertung vom 25.12.2025
Hilderbrand, Elin

Das Hotel Nantucket


sehr gut

Jeder sieht, was du scheinst. Nur wenige fühlen, wie du bist. - Niccolò Machiavelli
Zusammen mit ihrem langjährigen Freund führt Lizbet Keaton ein Nobelrestaurant auf Nantucket. Doch als sie herausfindet, dass er sie schon lange nach Strich und Faden betrügt, kündigt sie nicht nur die Beziehung, sondern auch ihren Job. Ein Neuanfang muss her, der sich schon bald anbietet als Geschäftsführerin in dem altehrwürdigen Luxushotel Nantucket, welches von dem geheimnisumwobenen Geschäftsmann Xavier Darling nach dem Kauf aufwendig renoviert und nun neu eröffnet wurde. Bedingung für Liz' bei Einstellung ist, das Hotel zur Nummer 1 auf der Insel zu machen und zudem auf einem bekannten Hotelblog 5 Schlüssel als Bewertung zu bekommen. Bisher hat diese Bewertung noch kein einziges Hotel auf der Welt erhalten. Liz hat alle Hände voll zu tun, anständiges Personal einzustellen und ihren Gästen jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Dabei konmt sie manchem Geheimnis auf die Spur. Gleichzeitig wabert der Geist von Grace Hadley durchs Hotel, die in den 20er Jahren als Zimmermädchen bei einem Brand ums Leben kam. Wird es Liz gelingen, die 5 Schlüssel-Bewertung zu erreichen?

Elin Hildebrand hat mit „Das Hotel Nantucket“ einen sehr unterhaltsamen, leichten Sommerroman vorgelegt, der den Leser in Urlaubsstimmung bringt, die Sonne auf der Haut spüren lässt und ihm einige skurrile Charaktere präsentiert, die einen zweiten Blick lohnen, während man hinter die Kulissen des Hotelbetriebs schaut. Der flüssige, bildhafte Erzählstil saugt den Leser schnell in die Handlung hinein. An der Seite der unterschiedlichsten Protagonisten darf er nicht nur einige Geheimnisse entdecken, sondern erfährt auch einiges über ihre Wünsche und Träume. Liz war jahrelang mit ihrem Freund in einem gepachteten Restaurant erfolgreich, der Betrug ist für sie gleichzeitig ein Tritt in den Hintern, sich noch einmal auf die Karriereleiter zu wagen und neu durchzustarten. Ihre neue Wirkungsstätte erstrahlt zwar in noblem Glanz, birgt jedoch einen uralten Skandal, zudem sind ihre neuen Angestellten alles andere als offene Bücher. Sie haben so manches Geheimnis, einige sind moralisch fragwürdig, andere einfach nur verständlich. Aber auch die angereisten Gäste mit ihren Marotten und Ansprüchen lassen den Leser ab und an den Kopf schütteln. Der Autorin gelingt es wunderbar, jeden ihrer Charaktere mit menschlichen Eigenschaften zu versehen, so dass der Leser diese regelrecht vor dem inneren Auge sehen kann. Aber auch das Hotel sowie die Insel Nantucket selbst sind sehr farbenfroh und realistisch beschrieben, der Leser fühlt sich sofort dorthin versetzt. Die Handlung selbst ist tiefgründig und beschert dem Leser so manchen Überraschungsmoment durch unvorhergesehene Wendungen.

Die Charaktere wirken lebendig, menschlich und überzeugen den Leser mit ihren Eigenarten sofort. Liz ist kompetent, pragmatisch und geschäftstüchtig. Sie steht unter enormem Druck, das Hotel zu einem Erfolg zu machen. Dabei ist sie auf ihre Angestellten angewiesen, denen sie vertrauen muss. Einige von ihnen führen etwas im Schilde und sind sehr geschickt darin, andere hinters Licht zu führen. Andere sind leise, zuvorkommend und sehr tüchtig, wirken aber manchmal auch verunsichert oder eingeschüchtert. Jeder ist ein Rädchen im großen Hotelgetriebe, die ineinander greifen müssen, um zu funktionieren. Besonders hervorzuheben sind Magda, Zeke, Adam, Chad und Alessandra. Der Leser kann seine Sympathien gut verteilen und fühlt sich unter ihnen wohl.

„Das Hotel Nantucket“ beamt den Leser auf die Insel in Massachusetts und lässt ihn einen Sommer lang eine tiefgründige Geschichte mit vielen Facetten erleben, die am Ende sogar noch eine große Überraschung birgt. Verdiente Leseempfehlung für diese sommerliche Lektüre!

Bewertung vom 25.12.2025
Young, Samantha

Only You / Die Adairs Bd.5


ausgezeichnet

Nichts ist leichter als Selbstbetrug, denn was ein Mensch wahr haben möchte, hält er auch für wahr. - Demosthenes

Als junger Mann floh Brodan Adair vor 18 Jahren aus Schottland nach Hollywood und wurde dort ein berühmter Actionstar, aber seine Heimat und seine Vergangenheit konnte er in der Zeit nicht vergessen. Als er wegen Erschöpfung eine Auszeit nimmt, um diese bei seiner Familie im schottischen Ardnoch zu verbringen, trifft er dort zufällig auch auf seine ehemalige Jugendliebe Monroe Sinclair, was ihn mehr aufwühlt, als er sich selbst zugeben will. Monroe hat ihre enge Freundschaft einst verraten, seitdem herrscht von Brodans Seite aus Krieg, und er lässt Monroe dies bei jedem Aufeinandertreffen spüren. Monroe ihrerseits ist nur zurück in Ardnoch, um ihre Mutter zu pflegen und in der Primary School zu unterrichten. Die Begegnung mit Brodan lässt auch bei Monroe die Vergangenheit wieder lebendig werden. Wie soll sie diese Feindseligkeit nur aushalten, und gibt es gar keine Möglichkeit, ihre alte Verbundenheit wiederzubeleben?

Mit „Only You“ legt Samantha Young den fünften und gleichzeitig abschließenden Band ihrer „Adair“-Reihe vor, der den Vorgängerromanen an Spannung, Emotionen und Suchtpotential in nichts nachsteht. Der farbenfrohe, flüssige und emotionale Erzählstil stellt den Leser abwechselnd mal an Brodans, mal an Monroes Seite, wobei er nicht nur die Gedanken- und Gefühlswelt der beiden sehr gut kennenlernt, sondern auch nach und nach von dem Verrat erfährt, der zu dieser Feindseligkeit von Brodan geführt hat. Seine Flucht nach Hollywood sollte ihm eigentlich das ersehnte Vergessen bringen, doch selbst sein großer Erfolg konnte den Abstand nicht verkleinern. Ganz im Gegenteil bringt die Erinnerung Brodan immer wieder auf die Palme, und jede Begegnung mit Monroe lässt ihn wütend und ausfallend werden. Im Gegensatz zu Brodan, der ein recht privilegiertes Leben führen durfte, musste Monroe immer kämpfen: mit einer lieblosen Mutter, einer angstmachenden toxischen Beziehung und nun auch noch mit Brodans Rachegefühlen. Zwischen all diesen widerstreitenden Gefühlen der beiden Hauptprotagonisten erkennt der Leser aber auch die tiefen Verletzungen sowie die immer noch herrschende Anziehungskraft zwischen den beiden. Man kann gar nicht anders als darauf zu hoffen, dass Brodan und Monroe endlich die Karten auf den Tisch legen und sich endlich aussprechen, damit ihrem Glück nichts mehr im Wege steht. Denn das die beiden zusammengehören, hat ihr gesamtes Umfeld sofort gemerkt, nur die beiden nicht.

Die Charaktere sind sehr menschlich und lebendig in Szene gesetzt worden. Sie erobern das Leserherz im Sturm. Der Leser ist so gebannt, dass er ihnen nicht mehr von der Seite weicht. Brodan ist ein sehr impulsiver Mann mit Ehrgefühl, der seine Familie liebt und alle beschützen will, die ihm wichtig sind. Betrug kann er nicht ausstehen. Monroe eine zurückhaltende, einfühlsame Frau, die in ihrem Leben zu oft verletzt wurde. Ihre Selbstvertrauen liegt am Boden, es fällt ihr schwer, anderen zu vertrauen. Die Geschichte wird durch die Dynamik der Adair-Familienmitglieder immer wieder positiv beeinflusst, dafür sorgen Arran, Thane, Lachlan, Robyn, Regan, Mac und Arrochar, die Wärme und Geborgenheit vermitteln.

„Only You“ überzeugt mit einem fesselnden Erzählstil und vielschichtigen Charakteren, aber auch mit einer spannenden Handlung sowie einer unterhaltsamen Familiengeschichte, bei der Geheimnisse an der Tagesordnung sind. Schade, dass die Reihe beendet ist – der Abschied fällt schwer. Wunderbar großes Gefühlskino mit einer verdienten Leseempfehlung!

Bewertung vom 27.05.2025
Simon, Teresa

Zypressensommer


ausgezeichnet

Vergangenheit ist Geschichte, Zukunft ist Geheimnis und jeder Augenblick ein Geschenk. – Ina Deter
Die 28-jährige Hamburger Goldschmiedin Julia Matthiesen möchte das Vermächtnis ihres verstorbenen italienischen Großvaters Gianni Conti erkunden und reist dafür erstmals in das toskanische Dorf Lucignano in der Nähe von Siena. Gianni hat Zeit seines Lebens nie über seine Heimat und seine Familie gesprochen, nun möchte Julia anhand einer ihr hinterlassenen Liste Fragen beantwortet haben und mehr über ihre Familiengeschichte herausfinden, die auch ihrer Mutter Anna bisher unbekannt ist. Die zufällige Begegnung mit dem charmanten Matteo Conti sowie dessen Familie birgt nicht nur eine Namensgleichheit mit ihrem Nonno Gianni, Matteo unterstützt Julia auch bei ihren Nachforschungen und öffnet ihr so manche Tür, um die Geheimnisse Giannis nach und nach ans Tageslicht zu bringen. Dabei spielen die Verbrechen der Nazis ebenso eine große Rolle wie die italienische Resistanza, denen so viele Menschen zum Opfer fielen und bis heute in einen Mantel des Schweigens gehüllt werden...
Teresa Simon alias Brigitte Riebe hat mit „Zypressensommer“ einen wunderbar tiefgründigen Roman vorgelegt, der dem Leser nicht nur die historisch verbriefte Vergangenheit der 1940er Jahre lebendig vor Augen führt, sondern ihn durch eine verzweigte Familiengeschichte auch an Geheimnissen teilhaben lässt, die bisher viel zu wenig an die Oberfläche gelangten. Der flüssige, farbenprächtige und empathische Erzählstil macht es dem Leser sehr leicht, in die Handlung einzutauchen, wo er sich durch wechselnde Zeitebenen mal an der Seite von Julia in der Gegenwart des Jahres 1998, mal an der Seite von Gianni und Giulia in der Vergangenheit wiederfindet und sie bei ihren Erlebnissen begleitet. Julia, die kaum etwas über ihre italienischen Vorfahren weiß, möchte dies anhand der kryptischen Liste ihres Großvaters ändern. Schon bald stapft der Leser neben ihr durch den malerischen Ort Lucignano auf der Suche nach Entschlüsselung. Als sie auf Matteo Conti trifft, ist sie unbewusst nicht nur der Familie ihres Großvaters schon sehr nahe, sondern mittendrin in einem familiären Krimi, der sowohl durch den Zweiten Weltkrieg als auch durch politische oder persönliche Entscheidungen sowie Missverständnisse verursacht wurde. Das Schicksal von Großvater Gianni und dessen Bruder Vito verlief in unterschiedlichen Bahnen, der eine kommt in Kriegsgefangenschaft nach Deutschland, der andere verschreibt sich der Resistenza – diese Umstände sowie die Liebe zu Giulia entzweit die Brüder bis zu deren Tod. Während der Leser die toskanische Sonne und die italienische Lebensfreude mit Julia genießen möchte, sind es vor allem die schrecklichen Lebensumstände der Kriegsgefangenen bzw. der italienischen Bevölkerung unter der Naziherrschaft, die die Kälte über die Haut bis ins Herz kriechen lassen. Während die Autorin den Leser mit zauberhaften Landschaftsbeschreibungen den nächsten Urlaub herbeisehnen lässt, sind es gerade die sehr akribisch recherchierten historischen Gegebenheiten, die ihn durch eine Achterbahn der Gefühle jagen und atemlos die spannende Handlung verfolgen lassen.
Die Charaktere sind wundervoll lebendig ausgestaltet und nehmen den Leser sofort für sich ein, der ihnen bei ihren Lebensweg regelrecht hinterherjagt. Julia ist eine liebenswerte, offene und starke Frau, die sich den Dingen stellt und die Veränderungen in ihrem Leben annimmt. Gianni ist ein ehrlicher Mann, der sich um andere kümmert und Verantwortung übernimmt, während sein Bruder Vito ein Hitzkopf ist, der nur an sich denkt. Giulia beweist Mut und Stärke, indem sie im Verborgenen für ihre Heimat kämpft und gleichzeitig allen Unterstützung gewährt. Marieke ist eine kluge, aber auch integre Frau, die hart anpacken kann, sich aber auch ihr Lebensglück sichern will. Matteo erweckt im ersten Moment den Eindruck eines Frauenhelds, doch dahinter steckt ein lebenslustiger, verantwortungsbewusster Mann, der seine Familie beschützt und hart arbeitet.
„Zypressensommer“ vereint neben einer dramatischen, geheimnisvollen Familiengeschichte eine ausgezeichnete historische Recherche, starke Protagonistinnen, Zusammenhalt, Romantik, Liebe und italienische Lebensfreude. Absolute Leseempfehlung für eine Geschichte, die die Seiten nur so durch die Finger des Lesers fliegen lässt!!!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.05.2025
Mommsen, Janne

Das Licht in den Wellen


ausgezeichnet

Von einer, die auszog, die Welt für sich zu erobern
Inge Martensen steht kurz vor ihrem hundertjährigen Geburtstag, den die Familie und Freunde groß auf Föhr feiern wollen. Aber Inge hat da ganz anderes im Sinn. Zu gern möchte sie noch einmal nach New York, wo sie als junge Frau nach dem Krieg gearbeitet hat. Gemeinsam mit ihrer 20-jährigen Urenkelin Swantje geht sie heimlich an Bord eines Kreuzfahrtschiffes auf die Reise, wo Swantje so einiges über die Vergangenheit ihrer Urgroßmutter erfährt, die insgeheim hofft, damit ihrer Urenkelin deren Lebensmöglichkeiten aufzuzeigen. Aber auch für Inge soll diese Reise ein Abschluss zu alten Kapiteln sein...
Janne Mommsen hat mit „Das Licht in den Wellen“ einen sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt, der den Leser regelrecht in die Seiten hineinsaugt und mit den liebenswerten Protagonisten auf eine wunderschöne Zeitreise schickt. Der flüssige, farbenfrohe und warmherzige Erzählstil lässt den Leser schnell an Inges Seite gleiten, um ihr bei ihrer abenteuerlichen Reise über die Schulter zu sehen, während deren Gedanken- und Gefühlswelt offen vor ihm liegt. Inges mutiger Schritt, als junge Frau ohne Englischkenntnisse ganz allein die Überfahrt nach New York zu wagen und sich von ihrer Familie und ihrem gewohnten Umfeld auf Föhr von jetzt auf gleich zu verabschieden, ringt dem Leser jede Menge Respekt ab. New York selbst wird für Inge zu einem Überraschungsei, denn dort arbeitet sie in einem Deli, dass von Föhrern geführt wird. Die fremde Sprache sowie das hektische Leben in der Riesenstadt jagen ihr einige Angst ein, doch Inge kämpft sich durch und erarbeitet sich mit kulinarischen Eigenkreationen schon bald einen Namen sowie den Respekt aller um sie herum. Ein eigenes Lokal sowie einige Prominenz säumen ihren New Yorker Weg. Der Autor lässt den Leser sehr plastisch an Inges Leben teilhaben, während er gleichzeitig die damalige Zeit und das gesellschaftliche Leben sehr gut in Szene setzt. 30 Jahre bleibt Inge ihrer Heimatinsel Föhr fern, doch dann zieht es sie doch dorthin zurück, um hier ein glückliches Leben mit ihrer Familie zu führen. Nun hofft sie, dass Swantje ebenfalls ihren Weg findet als Modedesignerin und greift ihr deshalb etwas unter die Arme. Mommsen verbindet Vergangenheit und Gegenwart geschickt miteinander, dabei zeigt sich auch seine akribische Recherchearbeit in den vielen bisher wenig bekannten Informationen über die Föhrer Auswanderer, die die Handlung so greifbar, realistisch und lebensnah machen. Die Geschichte lässt den Leser ein wahres Gefühlsbarometer durchlaufen, während die Seiten nur so durch seine Finger rinnen und das Kopfkino nicht stillstehen lassen.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und wirken mit ihren menschlichen Ecken und Kanten wie alte Freunde, denen der Leser nicht von der Seite weichen möchte. Inge ist im Alter eine tatkräftige, mutige Frau mit eigenem Kopf. Sie ist warmherzig, liebenswert und wirkt geradezu furchtlos, während ihr jüngeres Ich Angst vor der eigenen Courage hat, jedoch eine Zähigkeit besitzt, das Beste aus den Gegebenheiten zu machen und sich durchzukämpfen. Swantje ist wie ein Abbild ihrer Urgroßmutter in jungen Jahren. Sie zweifelt an sich selbst, ist unsicher und traut sich nicht viel zu. Dabei besitzt sie viel Kreativität und hat ein Händchen für Mode.
„Das Licht in den Wellen“ hat alles für ein zauberhaftes Lesevergnügen: starke Protagonistinnen, generationenübergreifende Familiengeschichte nebst Geheimnis sowie tolle Beschreibungen von Föhr und New York. Eine spannende Handlung, die Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbindet und den Leser auf eine wunderbare Zeitreise schickt. Absolute Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.04.2025
Lacrosse, Marie

Licht und Schatten / Montmartre Bd.1


ausgezeichnet

Wer zu träumen wagt, dem öffnet das Leben neue Türen.
1866 Paris. Marianne muss als Hebamme an einem Sommertag gleich zweimal einem neuen Leben auf die Welt helfen. Erst steht sie der in ärmlichen Verhältnissen lebenden Jeanne Lambert bei, die sich ihren Lebensunterhalt als Wäscherin in Montmartre verdient, als deren Tochter Elise das Licht der Welt erblickt. Danach wird Marianne zur wohlhabenden Familie des Kunsthändlers Alphonse Dumas gerufen, um dessen Frau Amélie bei der Geburt ihrer Tochter Valérie zu unterstützen. Während Elise neben ihrem Schulbesuch mit harter Arbeit in einer Wäscherei zum Lebensunterhalt ihrer Familie beitragen muss, träumt sie vom Tanzen und hofft, eines Tages der Armut entfliehen zu können und als Tänzerin berühmt zu werden. Valérie dagegen wächst in Wohlstand auf und hat in ihrem Vater ihren größten Förderer, wenn es um ihr malerisches Talent geht. Er verhilft ihr zum Besuch der Kunstakademie, wo sie als einzige Frau ihr Studium beginnt. Doch sowohl Elise als auch Valérie müssen auf dem Weg zur Erfüllung ihrer Träume so manchen Stolperstein aus dem Weg räumen und sich einigen Herausforderungen stellen...
Marie Lacrosse alias Marita Spang hat mit „Licht und Schatten“ den ersten Band ihrer Montmartre-Reihe vor historischer Pariser Kulisse vorgelegt, der neben starken Frauencharakteren auch die damalige Zeit hervorragend widerspiegelt und dem Leser bei der Lektüre eine Reise in die vergangene Zeit des 19. Jahrhunderts spendiert, wobei er bestens unterhalten wird. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil sowie wechselnde Schauplätze lassen den Leser eintauchen ins alte Paris, wo er mal an der Seite von Elise, mal an der von Valérie deren jeweilige Lebensumstände hautnah miterleben darf, während ihre Gedanken- und Gefühlswelt wie ein offenes Buch vor ihm liegt. Elise lebt mit ihrer Familie unter den Ärmsten der Armen in der Butte, einem Teil von Montmartre, derweil Valérie im wohlhabenderen Teil in begüterten Verhältnissen aufwächst. Durch ihre Freundin Louise, die im Moulin Rouge als Tänzerin schnell Karriere macht, wird bei Elise der Traum vom Tanzen geweckt, den sie bald ernsthaft verfolgt. Doch bis sie am Ziel ist, muss sie viele Hindernisse überwinden. Valérie dagegen muss sich nicht groß anstrengen, um als Frau einen Platz an der Kunstakademie zu erhalten, denn ihr Vater ist in der Kunstszene einflussreich und öffnet ihr somit die Tür zum Studium. Aber auch sie muss sich vielen Herausforderungen stellen, um als Frau ernst genommen zu werden und sich durchzusetzen. Die Autorin lässt während ihrer Handlung das Who is who der damaligen Kunstszene am Leser vorbeiziehen, so dass dieser vor Neid erblasst. Gekonnt skizziert sie die damalige Gesellschaft und deren Konventionen, aber auch der Kampf der beiden Frauen, ihre eigene Position in dieser zu finden und welche Schwierigkeiten sie überwinden müssen, wird wunderbar dargestellt. Der historische Hintergrund ist hervorragend recherchiert und mit der Handlung verwoben. Die Seiten flattern nur so durch die Hände des Lesers, während er bei der Lektüre zeitgleich ein bildgewaltiges Kopfkino sowie eine Achterbahn der Gefühle erleben darf.
Die Charaktere sind lebensecht mit menschlichen Eigenschaften ausgestattet und in Szene gesetzt. Der Leser ist von Beginn an mitten im Geschehen und heftet sich abwechselnd an die Fersen von Elise und Valérie, um keinen Augenblick zu verpassen. Elise ist eine Kämpferin, die schon früh lernen muss, dass nur mit harter Arbeit ihr Leben gesichert ist. Ihre Neugier und ihr Ehrgeiz lassen sie an ihren Träumen festhalten und sich ihren Platz erstreiten. Valérie muss wegen ihrer Herkunft erst später feststellen, dass sie ihr Können und ihren ernsthaften Willen beweisen muss. Auch sie ist eine Frau mit Durchsetzungsvermögen und Kampfgeist. Sowohl Elise als auch Valérie müssen jeden Tag aufs Neue darum kämpfen, ihre Träume in Wirklichkeit zu verwandeln, sei es noch so schwierig. Aber beide Frauen lernen schnell und unaufhaltsam, wobei ihre Kraft deutlich heraussticht.
„Licht und Schatten“ ist nicht nur ein sehr unterhaltsamer und gut recherchierter Roman vor herrlicher Kulisse, sondern besticht vor allem mit starken Protagonistinnen und einem farbenfrohen Hintergrund, der von Beginn an zu faszinieren weiß und den Leser mit den ersten Zeilen in den Bann zieht. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner, der sich viel zu schnell liest und auch noch Kunst und Tanz ins sich vereint!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.04.2025
Winter, Claire

Die Erbin


ausgezeichnet

Wer die Wahrheit sucht, darf nicht erschrecken, wenn er sie findet. - Chinesisches Sprichwort
50er Jahre Köln. Mit der Herstellung von Batterien hat Wilhelm Liefenstein ein Industrieimperium gegründet, dass nicht nur vor, sondern auch nach dem Zeiten Weltkrieg weiterhin sehr erfolgreich ist. Nach einem Unfall möchte Enkelin Cosima eine Stiftung für bedürftige Frauen und Mütter ins Leben rufen, aber ihr Onkel Theodor, der das Vorhaben grundsätzlich unterstützt, zeigt Cosima ihre Grenzen auf. Die Begegnung mit dem Journalisten Leo Markgraf, der über den Tod des befreundeten Anwalts Walter Weber recherchiert, dessen öffentliche Anprangerung der Liefensteins für Unruhe sorgte, sowie ein Dachbodenfund alter Fotos lassen Cosima keine Ruhe. Gemeinsam mit Leo geht sie auf Spurensuche und recherchiert in ihrer eigenen Familiengeschichte. Schon bald sieht sich Cosima mit unschönen Wahrheiten konfrontiert. Ihre Recherche bleibt nicht verborgen, so dass sehr einflussreiche Menschen sie unbedingt davon abbringen wollen...
Claire Winter hat mit „Die Erbin“ einen sehr tiefgründigen und vielschichtigen historischen Roman vorgelegt, der dem Leser nicht nur deutlich macht, wie sehr Macht, Einfluss, Reichtum und Politik miteinander verwoben sind, sondern wie diese vor, während und nach dem Krieg immer noch miteinander verbunden sind und sowohl Politik als auch die Unternehmen voneinander profitiert haben. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil schleust den Leser mit den ersten Zeilen mitten hinein in die Handlung, die über zwei Zeitebenen stattfindet und ihn zum einen die Gegenwart in den 50er Jahren gemeinsam mit Cosima erleben, zum anderen die Vergangenheit der Liefensteins ab 1929 wieder lebendig werden lässt, in der auch die Nazis immer mehr an Einfluss gewannen. Die Einblicke von Cosimas Vater Edmund, ihrem Onkel Theodore und dem Kindermädchen Elisa Kopper liefern dem Leser den Rahmen für die in der Gegenwart angestellten Nachforschungen von Cosima. Der Autorin gelingt es hervorragend, die beiden Handlungsebenen miteinander zu verknüpfen. Der Roman gleicht einem Puzzle, dessen Steine nach und nach ein vollständiges Bild ergeben. Die Familiengeschichte der Liefensteins wird aus diversen Perspektiven wiedergegeben, wobei die Ansichten der einzelnen Protagonisten unterschiedlicher nicht sein könnten. Dabei greift Winter nicht nur Themen wie die Zwangsarbeit unter den Nazis auf, sondern spiegelt die Entwicklung der Industriellenfamilie, der Gesellschaft sowie den Kampf gegen damalige Konventionen auf herausragende Weise wider. Auch die unausgesprochenen dunklen Geheimnisse, das Schweigen und die unterschiedlichen Weltanschauungen finden ihren Platz in der Geschichte. Winter lässt den Leser tief in eine Familiengeschichte eintauchen, die genau so sicherlich in der Realität mehr als einmal stattgefunden hat. Die Autorin lässt den Leser das gesamte Gefühlsbarometer durchlaufen, während er an den Seiten klebt und dabei ein sagenhaft spannendes Kopfkino erlebt.
Die Charaktere wirken mit ihren menschlichen Ecken und Kanten sehr lebendig und vermitteln dem Leser das Gefühl, sich mitten unter ihnen zu tummeln und ihr Schicksal hautnah zu verfolgen. Cosima ist eine Frau, die ihren eigenen Kopf hat. Sie besitzt Durchsetzungsvermögen, Integrität, Sensibilität, aber auch Kraft genug, sich Widrigkeiten in den Weg zu stellen. Sie ist mutig und dabei innerlich auch ängstlich vor den Dingen, die sie wohl herausfinden wird. Leo ist ein ehrlicher Mann, der den Dingen auf den Grund geht und sich davon auch nicht abbringen lässt. Theodor ist ein Patriarch, wie er im Buche steht. Er will die Fäden in der Hand behalten, egal was es kostet. Edmund hat seine Prinzipien und seine Tochter ist ihm darin sehr ähnlich. Aber auch die Bekanntschaft mit Elisa ist ein besonderes Geschenk für den Leser.
„Die Erbin“ ist ein herausragender historischer Roman, der keine Leserwünsche offen lässt. Dunkle Geheimnisse einer Familie gepaart mit ausgezeichnet recherchiertem Hintergrund sowie einer starken Hauptprotagonistin, die den unter den Teppich gekehrten Dreck endlich ans Licht bringt, verzaubern den Leser von der ersten bis zur letzten Seite. Der Gedanke, dass all dies bestimmt mehrfach so in der Realität geschehen ist, macht die Handlung noch faszinierender. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner der Superlative – Chapeau!!!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.04.2025
Klassen, Julie

Ein Winter am Meer


ausgezeichnet

Es ist nicht schwer, Entscheidungen zu treffen, wenn du deine Werte kennst. – Roy Disney
1819 England. Aufruhr im Seebadeort Sidmouth, als der Herzog von Kent mit seiner Familie nebst Mitarbeitern anreist, um dort zu überwintern. Auch das Gästehaus der Summers beherbergt drei Angehörige der Dienerschaft und wirbeln bald ungewollt die Gefühle von Emily Summers durcheinander. Emily, die mit ihren Schwestern Georgina und Sarah das Gästehaus führt, möchte eigentlich lieber Schriftstellerin werden. Das Angebot, einen Reiseführer über Sidmouth zu schreiben, geht sie mit Unterstützung des Herzogs Privatsekretär James Thompson an. Gemeinsam erkunden sie die Umgebung und kommen sich langsam näher. Als ihre Jugendliebe Charles unverhofft wieder in Sidmouth auftaucht, bringt das Emilys Lebenspläne gehörig durcheinander...
Julie Klassen hat mit „Ein Winter am Meer“ den zweiten Teil ihrer historischen Seaview---Schwestern-Reihe vorgelegt, der nicht nur nahtlos an den ersten Band anschließt und den Leser zurück ins 19. Jahrhundert reisen lässt, sondern diesen durch eine gefühlvolle und tiefgründige Geschichte wunderbar unterhält. Der flüssige, bildintensive und empathische Erzählstil lädt den Leser erneut ein, sich bei den Summers in der Pension einzumieten, um dort als unsichtbarer Gast das Leben der Familie weiterzuverfolgen und deren illustre Gästeschar zu kennenzulernen. Hauptprotagonistin ist diesmal Emily, die endlich ihren Traum von einem eigenen Roman verwirklichen will. Doch unerwartete Begegnungen und Überraschungen bringen ihr Gefühlsleben völlig durcheinander. Sie muss weitreichende Entscheidungen für sich treffen. Die Autorin gewährt nicht nur einen wunderbaren Einblick in das Summersche Familienleben und deren Gäste, sondern vermittelt dem Leser mittels gekonnter atmosphärischer Beschreibungen der Örtlichkeiten das Gefühl, persönlich vor Ort zu sein und alles mit eigenen Augen zu sehen. Durch die Einbindung altbekannter Charaktere wird dem Leser zudem suggeriert, Teil des Ganzen zu sein. Überraschende Wendungen und romantische Entwicklungen ergeben einen wunderbaren Mix, der mit vielen persönlichen Entscheidungen angefüllt wird. Die zwischenmenschlichen Beziehungen der Protagonisten untereinander sind ebenso schön mitzuverfolgen wie die christlichen Botschaften von Nächstenliebe, Verantwortung und Hilfsbereitschaft. Der Leser kann das Buch kaum aus der Hand legen, während er bei einem herrlichen Kopfkino mit den Protagonisten mitfühlt und gespannt das Geschehen verfolgt.
Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und zeichnen sich durch glaubwürdige menschliche Eigenschaften aus. Der Leser findet sich sofort mitten unter ihnen wieder und darf sie bei wichtigen Schritten begleiten. Emily steht vor großen Entscheidungen, die ihr Leben verändern werden. Zu Beginn wirkt sie unsicher und eingefroren, doch mehr und mehr kommt sie aus sich heraus und gewinnt an Sicherheit. Sarah ist der Fels in der Brandung, während Georgie mit ihrem losen Mundwerk auf sich aufmerksam macht. James ist ein in sich ruhender Mann, der hinter die Fassaden blickt und einen guten Blick für Menschen hat. Aber auch ehemalige Gäste wie der illustre Mr. Gwilt bereichern das Setting der Handlung und machen sie sehr unterhaltsam.
„Ein Winter am Meer“ hat alles, was das Leserherz begehrt: wunderbare Örtlichkeiten vor historischem Hintergrund, Protagonisten, die einem ans Herz wachsen und wie ein Familienmitglied wirken, schicksalhafte Entscheidungen, die gefällt werden müssen und Romantik, die Wärme und Sehnsucht schürt. Der Roman beschwört nicht nur ein zauberhaftes Kopfkino herauf, sondern lässt den Leser auch eine Achterbahn der Gefühle durchlaufen. Dafür gibt es eine absolute Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.04.2025
Krönert, Rahel

Das Erwachen der Freiheit


ausgezeichnet

Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, bleibt zu Recht ein Sklave. - Aristoteles
1811 England. Rosalyn Mandelin stammt aus wohlhabendem adligen Hause und liebt es vor allem, auf dem Rücken ihres Hengstes durch die Gegend zu reiten. Doch ihr Leben ändert sich schlagartig, als ihre Eltern von ihr erwarten, den begehrtesten Junggesellen mit eigener erfolgreicher Pferdezucht zu heiraten und kurz darauf auch noch ihre geliebte Gouvernante Maggie ohne ein Wort des Abschieds in einer Nacht und Nebelaktion spurlos verschwindet. Auf ihre Nachfragen nach Maggies Verbleib bekommt sie keine Antworten, und der Verlobte in spe ist auch mehr an ihrem Hengst interessiert. So macht sich Rosalyn selbst an die Arbeit, Maggie wiederzufinden und macht dabei die Bekanntschaft von Mitgliedern einer Glaubensgemeinschaft, die dem Methodismus folgt. Als sie den jungen Prediger William kennenlernt, gerät ihre bisherige Weltansicht gefährlich ins Wanken....
Rahel Krönert hat mit ihrem historischen Roman „Das Erwachen der Freiheit“ ein fulminantes Debüt vorgelegt, dass den Leser nicht nur ins 19. Jahrhundert Englands entführt, sondern ihm auch mehr Einblick in die Glaubenslehre des Methodisten John Wesley gewährt. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil bringt den Leser direkt in die Vergangenheit, wo er sich als unsichtbarer Schatten an der Seite von Rosalyn wiederfindet und nicht nur ihre Gedanken- und Gefühlswelt aus erster Hand erfährt, sondern auch ihre momentane Lebenssituation sowie die Veränderungen in deren Leben hautnah miterlebt. Gewohnt, immer alles zu bekommen, lebt Rosalyn in ihrer Naivität zu Beginn sorglos in den Tag hinein. Doch dann verändert sich durch das plötzliche Fehlen ihrer engsten Vertrauten Maggie und die angekündigte Heiratsforderung ihrer Eltern ihr Leben von Grund auf. Rosalyn fühlt sich hintergangen und versucht, die Gründe für Maggies Verschwinden herausfinden. Dabei wird sie nicht nur von neuen Freunden unterstützt, sondern kommt auch zum ersten Mal mit dem ärmlichsten Teil der Bevölkerung in Berührung, was ihre eigene Suche nach dem Sinn des Lebens zusätzlich befeuert. Die Autorin stellt dem Leser nicht nur gesellschaftlichen Unterschiede zwischen dem Adel und der restlichen Bevölkerung deutlich vor Augen, sondern zeigt vor allem die Arroganz und Ignoranz der adligen Gesellschaft gegenüber der Not der ärmsten Bevölkerung. Die Bekanntschaft mit dem Prediger William, der in der Grafschaft mit seiner Predigt für Wirbel sorgt, öffnet Rosalyns Herz und macht ihr klar, was wirklich wichtig ist im Leben. Empathisch führt die Autorin die Leser an die Lehre von John Wesley heran, in dem die christlichen Tugenden wie Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft oberstes Gebot sind.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und mit glaubhaften menschlichen Ecken und Kanten versehen. Der Leser befindet sich sofort mitten unter ihnen und verfolgt mit großem Interesse die zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander. Rosalyn wirkt zu Beginn sehr naiv und verwöhnt, aber der Weggang von Maggie hilft ihr dabei, erwachsen zu werden. Sie stellt ihr Leben immer mehr in Frage und lernt durch andere, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen. Anne ist eine wunderbare Frau, die Rosalyn schnell eine gute Freundin wird, auch deren meist übellauniger Bruder taut in ihrer Gegenwart etwas auf. William ist ein Mann, der nichts von Konventionen hält, sondern frei von der Leber weg redet und damit bei Rosalyn einen Nerv trifft. Aber auch die übrigen Protagonisten geben der Handlung mit ihren Auftritten den besonderen Schliff.
„Das Erwachen der Freiheit“ überzeugt mit einer unterhaltsamen, tiefgründigen Geschichte vor historischem Hintergrund und einer guten Recherchearbeit. Auch die Spannung kommt nicht zu kurz. Absolute Leseempfehlung für einen Roman mit Botschaft!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.04.2025
Burton, Mary

Der Preis der Sünde


sehr gut

Erzähle mir die Vergangenheit, und ich werde die Zukunft erkennen. - Konfuzius
Virginia. Charlotte Wellington führt eine Kanzlei und arbeitet als erfolgreiche Staatsanwältin. Niemand käme auf den Gedanken, dass sie in einem Wanderzirkus aufgewachsen ist. Als eine nackte, misshandelte und mit dem Wort „Hexe“ tätowierte Frauenleiche in einer Jagdhütte gefunden wird und kurz darauf ihr Stiefvater bei ihr auftaucht, zu dem sie seit Ewigkeiten keinen Kontakt hatte, holt Charlotte ihre Vergangenheit schnell wieder ein. Ihre Schwester wurde damals ermordet und Charlotte bleiben die Parallelen zum neuen Leichenfund nicht verborgen. Als eine weitere Leiche aufgefunden wird und Detective Daniel Rokov den Fall bearbeitet, bleibt Charlotte nichts anderes übrig, sich ihrer Vergangenheit endlich zu stellen. Bringt es sie und Rokov auf die Spur des Täters?
Mary Burton hat mit „Der Preis der Sünde“ den fünften Band ihrer Virginia-Reihe vorgelegt, der an Spannung und Unterhaltungswert den Vorgängern in nichts nachsteht. Der flüssige, bildhafte und fesselnde Erzählstil stellt den Leser schnell an Charlottes Seite, wo er nicht nur ihre Gedanken- und Gefühlswelt kennenlernt, sondern nach und nach durch ihre eigenen Erinnerungen auch einiges aus ihrer bewegten Vergangenheit erfährt. Nachdem schon der Prolog in sehr plastischer Weise den Leser atemlos macht, geht es in der Handlung Schlag auf Schlag, wobei die sich anbahnende Beziehung zwischen Charlotte und Daniel immer für einige Augenblicke der Erholung sorgt. Charlottes Nichte Sooner zeigt mit ihrem Verhalten Parallelen zu ihrer ermordeten Schwester, schon allein deshalb möchte sie Sooner im Auge behalten. Doch schon bald offenbart sich auch dem Leser, dass der Täter wohl auch Charlotte auf seiner Opferliste hat und sie in Gefahr schwebt. Burton weiß ihre Leser geschickt durch die Handlung zu führen mit wechselnden Perspektiven und Rückblenden in die Vergangenheit. Die Mörderjagd wird zu einem Puzzle, dessen Teile erst nach und nach aufgedeckt werden, denn überraschende Wendungen lassen den Leser immer wieder Zweifel an den eigenen Rückschlüssen aufkommen. Der Spannungsbogen wird von Beginn an hoch angelegt und steigert sich immer mehr, so dass man das Buch kaum aus den Händen legen kann.
Die Charaktere sind mit menschlichen Eigenschaften versehen, die es dem Leser leicht machen, ihnen konstant auf den Fersen zu bleiben und gleichzeitig mit ihnen auf Spurensuche zu gehen. Charlotte ist eine eher reservierte, unterkühlte Frau, die niemanden zu nahe an sich heranlassen möchte. Deshalb geht sie auch keine engeren Beziehungen ein, obwohl ihr das bei Daniel Rokov immer schwerer fällt. Daniel ist ein Macher, der seine Ermittlungen nicht konstant voran treibt und alle Möglichkeiten abklopft. Sooner ist Charlotte gar nicht unähnlich, dabei ist sie unabhängig, störrisch und hat ihren eigenen Kopf.
„Der Preis der Sünde“ ist ein unterhaltsamer, spannungsgeladener Pageturner, der mit einigen Überraschungen aufwartet und den Leser bis zum finalen Schluss bei der Stange hält. Verdiente Empfehlung für fesselnde Lesestunden, die den Puls höher schlagen lassen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.03.2025
Fuchs, Katharina

Vor hundert Sommern


sehr gut

Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren, die wir hinterlassen, wenn wir gehen. – Albert Schweitzer
2024 Berlin. Lena hilft ihrer Mutter Anja dabei, die Wohnung ihrer 94-jährigen Großmutter Elisabeth auszuräumen, nachdem diese in ein Pflegeheim umgezogen ist. Bei den Ausräumarbeiten stoßen sie auf alte Erinnerungsstücke, die einmal Elisabeths Schwester Clara gehört haben, über die innerhalb der Familie kaum je gesprochen wurde. Lena ist ebenso neugierig wie ihre Mutter Anja, gemeinsam versuchen sie, Informationen von Elisabeth zu bekommen, die nur nach und nach ein gut gehütetes geheimes altes Familiengeheimnis offenlegt, das das Leben sowohl von Anja als auch von Lena nachhaltig verändern wird...
Katharina Fuchs hat mit „Vor hundert Sommern“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der inspiriert von der Familiengeschichte der Autorin den Leser einlädt, über zwei Zeitebenen ein altes Familiengeheimnis kennenzulernen. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil gibt dem Leser die Möglichkeit, die Hauptprotagonistinnen sowie deren Gedanken- und Gefühlswelt gut kennenzulernen und ihnen bei ihrer Recherche über die Schulter zu sehen. Dabei überwindet er die Zeitspanne von den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Elisabeth möchte sich eigentlich gar nicht an die alten Zeiten erinnern, denn sie sind einfach zu schmerzhaft. Sie und ihre Schwester Clara haben nicht nur die 20er Jahre, sondern auch die Nazizeit hautnah miterlebt. Clara führte damals einen Hundesalon, dessen Hinterzimmer sie für geheime Treffen zur Verfügung stellte, obwohl sie damit sich und die ganze Familie in Gefahr brachte. Der Autorin gelingt der Spagat zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart sowohl gesellschaftlich als auch politisch gut, auch die Parallelen bei den Vorkommnissen sind perfekt gewählt. Das Schweigen innerhalb der Familie, die Schuldgefühle und ebenso die gesellschaftlich auferlegten Zwänge ziehen sich durch das Leben der Protagonistinnen und haben auch Einfluss auf ihre jeweils nachkommende Generation. Die Handlung fesselt durchgängig, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Der Leser ist nicht nur aufgrund der damaligen Ereignisse berührt, sondern bekommt ebenfalls eine Gänsehaut wegen der aktuellen Bezüge.
Die Charaktere sind mit menschlichen Eigenschaften ausstaffiert und in Szene gesetzt, so dass der Leser sich gern an ihre Fersen heftet, um ihren Lebensweg mitzuverfolgen. Elisabeth ist am Ende ihres Lebens angekommen und will gewisse Ereignisse eigentlich nicht ans Tageslicht holen. Doch sind die Erinnerungen eine Befreiung für sie, die ihr Frieden bringen. Anja ist eine Frau ihrer Zeit, denn sie musste mit dem Schweigen umgehen und hat es praktisch in ihr Leben übernommen. Lena ist zurückhaltend, etwas naiv und unsicher, im Umgang mit anderen hat sie etwas Altkluges, was sie zur Einzelgängerin macht.
„Vor hundert Sommern“ ist nicht nur eine Familiengeschichte, die sich über 100 Jahre spannt, sondern angefüllt ist mit Geheimnissen, Liebe, Schweigen, Schuld und Scham, die sich in vielen Familien bis in die heutige Zeit wiederfinden und deren Aufarbeitung bis heute meist nicht vollzogen wurde. Verdiente Empfehlung für ein packendes Leseerlebnis!

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