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Rentier
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WIen

Bewertungen

Insgesamt 6 Bewertungen
Bewertung vom 03.04.2024
Das kleine Buch der großen Risiken
Thomä, Jakob

Das kleine Buch der großen Risiken


weniger gut

Jakob Thomä betont zu Beginn den technischen und technologischen Fortschritt und zugleich die Bedrohungen, die wir schaffen und gegen uns selbst richten. Der Mensch baut sich seine Gefahren selbst! Thoma macht Streifzüge durch die gesamte Palette der Risiken, vom Erdbeben bis zur KI. Er greift den Begriff der exponentiellen Risiken auf, … Aber er will auch Hoffnung geben, weil er Bedrohungen entzaubern, verständlich machen, sie durchschauen will.
Doch leider wird vieles nur klischehaft behandelt, oft stark eurozentristisch betrachtet, nirgendwie wirklich in die Tiefe gegangen. Es ist ein Herumschweifen ohne deutlichen roten Faden. Die vielen Klammerausdrücke beziehungsweise Erläuterungen machen das Werk auch mehr zu einer zufälligen Gedankensammlung als zu einer strukturierten Analyse von Gefahren mit Pro und Contras.
Ich hab mir mehr erwartet.

Bewertung vom 17.03.2024
Climate Action
Linker, Christian

Climate Action


ausgezeichnet

Die vergiftete Schönheit der Sonnenstrahlen
Climate Action ist das spannendste und raffinierteste Buch, das ich seit Jahren gelesen habe, eine Pflichtlektür für genervte Autofahrer*innen, für Kritiker, welche Klima“terrorosten“ im Gefängnis sehen wollen, genauso wie für Eltern, Entscheidungsträgern und jungen Aktivistinnen selbst. Geschickt führt der Autor zwei Protagonisten parallel. Die Schülerin Pauline gerät ungewollt tiefer und tiefer in den Aktionismus, ehrlcih, kritisch, ängstlich und mutig zugleich. Aber ihre Gechichte wird immer wieder unterbrochen von dem, der zufällig in dem Bus stand und der nun plötzlich alle Entscheidungmacht über junge Aktivist*innen in die Hand gelegt bekommt, besser gesagt in die Tsche geschoben bekam.
Geschickt verbindet Christian Linker die zwei Stränge und das Buch entfaltet eine Dynamik, die ein Weglegen (und Wegschauen) schier unmöglich machen.
Und dann wird das Buch zu einem Labyrinth. Der Leser wird gefordert, er / sie soll entscheiden, soll bekennen, wie er / sie denkt und dann die entsprechenden Seiten aufschlagen und dort weiterlesen.
Wirklich klever gemacht.
Eine Lektüre, die jede Minute des Lesens zu einem wahren Erlebnis macht, und jeder Perspektive auf die heutige Herausforderungen genügend Raum lässt.

Bewertung vom 02.02.2024
Das Philosophenschiff
Köhlmeier, Michael

Das Philosophenschiff


ausgezeichnet

Mythos oder Geschichte
Spannend wirkt gleich zu Beginn die Diskrepanz zwischen erfundener Geschichte und überliefertem Mythos.
Der Stil ist perfekt: Satz für Satz führt der Autor mit einer - scheinbaren - Unbedeutsamkeit zum nächsten Event. Erscheinen die einzelnen Ereignisse auch noch so willkürlich so sind sie wichtige Fundamente der nachfolgenden Zeilen. In riesigen und spannenden Sprüngen geht es von Hitzing nach St. Petersburg und fast Hundert Jahre zurück in der Geschichte Russlands. Der Leser erfährt viele Details und vor allem über das Leben von Intelektuellen, Künstler und Künstlerinnen am Ende der Zarenzeit. Die Angst, die sich breit macht, weil immer mehr über Tote und Erschiessungen bekannt wird und dann die Deportationen selbst. Die junge Anouk trifft es ebenfalls, aber sie kommt mit ihren Eltern auf einen Luxusdampfer. Lange ist ihr Schicksal ungewiss. Auf der einen Seite die starre Angst, auf der anderen die erfrischende und unverblümte Art der Vierzehnjährigen, die mit offenen Augen diese schwimmende Welt erkundet und dabei mit direkten Fragen verblüfft und ihr Gegenüber zum Reden bringt - und ihr Gegenüber ist ein Mythos in der Geschichte.
In jedem Fall ein toller Spannungsbogen und eine lesenswerte Lektüre!!

Bewertung vom 15.04.2023
Der Paria / Der stählerne Bund Bd.1
Ryan, Anthony

Der Paria / Der stählerne Bund Bd.1


sehr gut

Tiefe Einblicke.
Ich kannte noch nichts von Anthony Ryan, aber schon der erste Absatz fesselte. Ich mag die Sprache, in dem der gesamte Text geschrieben ist. Es begann mit Gewaltszenen, da musste ich durch, aber dann wurde der Text immer subtiler. Da war die Geschichte der Banden und Fehden und parallel die Gedanken und Gefühle des Protagonisten Alwyn, der jede seiner Handlungen bewusst setzt, sehr gewieft wirkt und vor allem seiner ausgesprochenen Beobachtungsgabe viel verdankt.
Er war in einem Hurenhaus geboren worden, offensichtlich ein „Arbeitsunfall“, er konnte von dort entkommen und durfte sich als Elfjähriger im Wald einer Bande anschließen und so war ihm das Überleben zunächst gesichert, mit vielen Höhen und Tiefen. Das Geheimnisumwobene blieb bis zur letzten Minute erhalten.
Was mir besonders gefallen hat, war die Einführung in die Welt einer Bande, die sich nach ganz andere Gesetzmäßigkeiten zu richten hat, um überleben und sich behaupten zu können. Die durchwegs starken Charaktere (neben Alywn vor allem Deckin, Lorine und weitere Frauengestalten) waren so unterschiedlich und jeweils geprägt von den eigenen Erfahrungen. Der Roman zeigt sehr genau, wie Umstände und spezifische Erlebnisse das weitere Leben prägt. Meine Hochachtung vor den „Gesetzlosen“ und deren Gesetze!

Bewertung vom 17.02.2023
Malvenflug
Wiegele, Ursula

Malvenflug


gut

Malvenflug beschreibt die Geschichte einer zerrissenen Familie, zerrissen durch die Getriebenheit des Vaters, zerrissen durch Kriegswirren.
Die Kinder sind in Familien gegen Kostgeld untergebracht. Die Perspektive wechselt laufend. Lotte das fürsorgliche Mädchen beschreibt die Welt mit ihren kindlichen Augen, noch versteht sie nicht viel von all den Gesprächen um sie herum, himmelt nur liebevoll die Mutter im fernen Davos an. Der Vater sieht sich als Mann von Welt, macht sich an eine junge vermögende Frau heran, zeugt eine zweite Familie.
So springt die Geschichte von einem zum anderen. Als zur Mitte hin auch der Erzählstil gewechselt wird, fehlt jede Identifikation mit einer oder einem Protagonisten. Immer wieder tauchen neue Personen auf mit ihren neuen Alltagsbanalitäten.
Das Buch ist ein Stück Zeitzeuge, davon abgesehen gleicht es Erzählungen wie an langgezogenen Familiennachmittagen.

Bewertung vom 08.02.2023
Northern Spy - Die Jagd
Berry, Flynn

Northern Spy - Die Jagd


ausgezeichnet

Folgenschwere Entscheidung

Angst und Terror gehören zum Alltag der Ich-Erzählerin Tessa, einer Journalistin und jungen Mutter, die in einem kleinen Ort an der Küste Nordirlands lebt. Durch Dick und Dünn ging sie mit Ihrer Schwester Marian, die sie in- und auswendig zu kennen glaubt.
Nichts kann ihre innige Beziehung stören. Doch plötzlich war alles anders …
Das Buch ist voll Spannung geschrieben, huscht von einer unerwartete Wende zur nächsten.
Tessa, die selbstbewusste Frau, weiß was sie will und was zu tun ist. Alles dreht sich um Finn, der Sechsmonatige ist Tessa’s Lebensmittelpunkt, er bestimmt ihren Tag, ihre Gefühlswelt. Für den Kleinen will sie da sein, alles tun, das Richtige tun. Nur für ihn fällt sie Entscheidungen.

Der Roman zeigt sehr anschaulich, wie Meinungen entstehen, wie äußere Bedingungen die eigene Überzeugungen übertreffen können, wie Missverständnisse und Vorurteile den Alltag in ein falsches Licht setzen.
Das Buch passt meines Erachtens sehr gut in die heutige Zeit, wo Vorurteile allzu oft regieren und Andersdenkende von vornherein ausgeschlossen bleiben.

Eine absolute Kaufempfehlung, Berry Flynn garantiert spannende Stunden.