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Moma
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Forchheim

Bewertungen

Insgesamt 78 Bewertungen
Bewertung vom 05.09.2025
Biedermann, Nelio

Lázár


sehr gut

330 Seiten, 60 Kapitel - keine Seite, kein Kapitel zu viel. Diese Erzählung über Lajos von Lázár, die durch die eigene Familiengeschichte des Autors inspiriert ist, hallt nach wie ein Donnerschlag. Sie erzählt von einem dominanten Vater, der elendiglich krepiert, einer Mutter, die eigentlich keine sein sollte und lieber Suizid begeht, einem Bruder, der seine Bruderliebe verweigert und lieber als Verwalter fungiert und einer Schwester, die vor dem Geschehen flieht.
Alles beginnt, sogar das Ende - aus einstiger Hitlerbewunderung wird im Laufe der Zeit Verachtung und Lajos entwickelt sich mit den Jahren. Er tritt in den 20er-Jahren sein Erbe an. Heirat und Kinder erweitern die Erzählung - jetzt geben Pista und Eva als nächste Generation den Ton an und dominieren in der immer schlimmer werdenden Zeit.
Mir gefallen die Recherchen samt dem geschichtlichen Hintergrund. Alles in einem flüssigen, berührenden und eingehenden Schreibstil gehalten.
Fazit: Unbedingt lesenswert, weil grausam, berührend und fesselnd zugleich - ein erstaunliches Erstlingswerk eines extrem jungen Autors.

Bewertung vom 02.09.2025
Volks, Sybil

Café Finito


sehr gut

Es sind gut 300 Seiten, in denen mich die Autorin Sybil Volks mit in die kleine Gemeinschaft der Abschiedsgruppe ins Café Finito einlädt. Obwohl es in diesem Roman um Tod, Abschied, Trauer und deren Bewältigung geht, ist er nicht traurig be- und geschrieben. Nein, er macht Mut. Dies beweisen die Protagonisten in ihren Geschichten, die hier wunderbar und gefühlvoll charakterisiert werden. Da ist zum Beispiel Lizzie, die trotz ihrer 90 Jahre und dem Tod des langjährigen Ehemanns wieder Mut und Lebensfreude zeigt. Oder Mira, die alleinerziehende Ärztin, die um ihre kranke Freundin kämpft. Der Tod seiner Geliebten schmeißt Matthias aus seiner normalen Lebensbahn und noch einige andere kämpfen mit den Folgen des erlittenen Verlustes. Dies alles meistert der Friedhofswärter Kristof, der selbst sein Päckchen zu tragen hat, mit Bravour, viel Liebe und Mitgefühl und ordentlichen Kuchenportionen in seinem Café Finito. Er ist die gute Seele des Friedhofs. Trotzdem sitzen hier des Öfteren Tragik und Komik im selben Boot. Es ist der leise und feine Humor, der einem beim Lesen ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert und man versteht den einen oder anderen Trauernden auf einmal sehr gut. Kennt seine geschilderte Situation vielleicht selbst oder aus dem Freundes- und Bekanntenkreis. Ein Aha-Effekt entsteht und ganz schnell fängt man an sich über das Geschriebene eigene Gedanken zu machen.

Der eingehende und flüssige Schreibstil gefällt mir und besonders gelungen finde ich anfangs "Die Mitwirkenden im Kosmos Doro". Hier werden die einzelnen Figuren kurz beschrieben und es entsteht eine gewisse Ordnung für Lesende.

Fazit: Lesenswert weil früher oder später jeder einmal der Trauer begegnen wird oder bereits begegnet ist. Von mir deshalb gerne eine Leseempfehlung und 4,2 Sterne für eine Thematik, die nicht unbedingt im alltägliche Lesealltag ihren Platz findet.

Bewertung vom 20.08.2025
Flitner, Bettina

Meine Mutter


gut

Warum wurde ich mit diesem Buch mit seinen über 300 Seiten einfach nicht so richtig warm? Die Leseprobe hat mit gut gefallen, denn Geheimnisse in Familien aufzudecken und historische Hintergründe dazu gefallen mir immer sehr gut. Auch der Anfang des Romans mit dem ersten Satz "Sie hat nie etwas getaugt", verführt sofort zum Weiterlesen. Doch dann wurde ich überschwemmt mit gefühlt 1000 Namen von Familie, Verwandtschaft, Freunden, Nachbarn usw. Hier habe ich den Überblick leider verloren und die Geschichte wurde für mich immer unübersichtlicher. Das letzte Drittel des Romans gab wieder Halt in der Geschichte und haben die Fragen nach dem Unglück in der Familie und hier ganz besonders dem Leben der Mutter besser beleuchtet und beschrieben. Der Sprach- sowie der Schreibstil haben mir gefallen. Was mir gefehlt hat war ein Personenverzeichnis oder ein Stammbaum.
Fazit: Obwohl die Geschichte historisch und persönlich geprägt ist, trug sie nicht zu meinem Lesevergnügen bei. Für mich ein Lowlight mit 2,7 Sternen.

Bewertung vom 17.08.2025
Maaß, Laura

Was du siehst


sehr gut

Kann man sich in einem Buch heimelig fühlen? Ja, man kann. Gleich nach ein paar gelesenen Seiten kam bei mir eine behagliche, gemütliche, wohlige Atmosphäre auf. Wahrscheinlich lag es am flüssigen und eingehenden Schreibstil, vielleicht auch an den Protagonisten oder an der Beschreibung der Landschaft, der Menschen und der Situationen. Hut ab vor diesem wunderbaren gefühlvollen Erstlingswerk, bei dem schon das Cover herausragend und sehr passend gestaltet ist. Mir gefällt die Idee, dass jedes Kapitel seine "eigene Farbe trägt", bzw. als Überschrift hat. Schon nach einigen Kapiteln fange ich an die Farbe im Text zu suchen, so wie Jule Ihren Vater sucht. Es sind gleich mehrere Liebesgeschichten die sich hier verflechten und nach Ordnung suchen. Das dazugehörige Gefühlschaos ist vorprogrammiert und geschickt in der Lektüre verpackt. Als es aufs Ende zuging, dachte ich: Aha, ein Happy End ... aber dann ...
Fazit: Diese warme gefühlvolle Geschichte ist unbedingt lesenswert, weil so ehrlich, so nachvollziehbar - egal ob Ost- oder Westdeutschland. Von mir 4,3 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 01.08.2025
Kuhn, Yuko

Onigiri


gut

Eines vorweg: Noch nie habe ich für 200 Seiten so lange zum Lesen gebraucht. Das lag teils an dem sehr ungewöhnlichen Schreibstil und teils an der Sprunghaftigkeit in der dieser Roman geschrieben ist. Keine Autorin hat es bisher geschafft in einem Absatz drei verschiedene Zeiten zu unterschiedlichen Personen zu beschreiben - auch das ist Schreibkunst.
Die Geschichte selbst ist berührend und sehr menschlich. Kurz zum Inhalt: Akis Großmutter ist gestorben - allerdings schon länger. Doch bis diese Nachricht die Familie in Deutschland erreicht wird es noch dauern. Aki (sie erzählt in Ich-Form) will Abschied von ihrer Großmutter nehmen und fliegt mit ihrer an Demenz erkrankten Mutter zu ihrer Familie nach Japan...
Vieles wird von der Autorin rund um Aki in diesen 200 Seiten aufgearbeitet. Ihre Kindheit, ihre Ehe, ihre KInder, ihre Erinnerungen und ihr Leben mit der Mutter. Wobei die Japanreise sich im Hintergrund abspielt. Es ist eine zum Teil traurige und sehr berührende Geschichte. Was mich aber immer wieder störte, waren die extrem vielen Zeitsprünge. Dadurch war oft nicht gleich erkennbar in welcher Zeit bzw. in welcher Familie man sich gerade befand.
Fazit: Schwierig und teils schleppend zu lesen. Die Geschichte selbst - sehr berührend. Das beigefügte Glossar unbedingt notwendig um die vielen japanischen Begriffe zuordnen zu können.

Bewertung vom 28.07.2025
Gestern, Hélène

Rückkehr nach St. Malo


gut

Der 500 Seiten starke Familienroman entführt mich an einen wunderschönen Schauplatz: Die Bretagne. Er beinhaltet sehr schöne Szenen, was die Landschafts- und Meeresbeschreibung betrifft. Außerdem gefällt mir die langsame Annäherung an Yanns verstorbenen Vater, der zu Lebzeiten nicht als solcher von ihm erkannt wurde - womit wir schon mitten in der Geschichte sind. Yann erzählt in Ich-Form. Dieser Stil verstärkt die Wahrnehmung für mich als Leserin zusätzlich. Er betreibt nach dem Tod des Vaters eine ganz besondere Ahnenforschung. Mehr und mehr arbeitet er sich in die Familiengeschichte ein und entdeckt, einem Puzzle gleich, die Vergangenheit. Yann versucht auf diese Weise Frieden mit sich und seiner Familie zu schließen.
Fazit: Oft etwas lang geratene Passagen, die meiner Meinung nach zu sehr ins Detail gehen, werden von bildhaften Landschaftsbeschreibungen wieder eingeholt. Der flüssige Schreibstil verleiht der Geschichte eine leichte Verständlichkeit. Ergänzend zum Roman gibt es am Ende eine Bibliografie sowie den Stammbaum der zwei Familien, was bei der Vielzahl der Personen auch dringend notwendig war. Alles in allem eine Hommage ans Leben.

Bewertung vom 26.07.2025
Kelly, Julia R.

Das Geschenk des Meeres


ausgezeichnet

350 Seiten, die mich nicht mehr losgelassen haben. Einmal angefangen, legt man den Roman nur ungern aus der Hand. Überzeugt haben mich nicht nur Schreibstil und die auf zwei Zeitebenen stattfindende Handlung (hier wird immer deutlich unterschieden zwischen DAMALS und JETZT). Es ist die Art und Weise, wie die Autorin mich mit der Geschichte von einem an den Strand angeschwemmten Jungen fest- und unterhält. Mit gewaltiger Sprach- und Ausdruckskraft schildert Julia R. Kelly in ihrem Debütroman das teils karge und einfache Leben in einem schottischen Fischerdorf um 1900 samt Bewohnern. Die ganz unterschiedlichen Charaktere dieser Dorfgemeinschaft werden so eindringlich beschrieben, dass das Kopfkino sofort anspringt und Bilder entstehen, die nicht mehr loslassen. Die teils detailliert beschriebenen Landschaftsszenen vervollständigen diesen Roman und lassen ihn zu einem wahren Lesegenuß werden. Bis zum Ende fügen sich die einzelnen Teile sinnvoll und nachvollziehbar (wie in einem Mosaik) zusammen. Es ist eine zeitlose Erzählung über Missverständnisse, Lebensumwege, Verluste und Leidenschaften - wunderbar übersetzt von Claudia Feldmann. Der Roman beinhaltet sehr viele Wahrheiten, die immer Bestand haben werden und die bleiben. Es ist ein leises Buch, das gewaltig tönt.

Fazit - unbedingt lesenswert weil: Gewaltig in der Handlung, der Auflösung der offenen Fragen, den Gefühlen und den Ereignissen. Hier gebe ich gerne eine Leseempfehlung und volle 5 Sterne, in der Hoffnung mehr von dieser Autorin zu lesen.

Bewertung vom 21.07.2025
Hauff, Kristina

Schattengrünes Tal


weniger gut

Knapp 300 Seiten entführen mich in ein wunderschönes Tal mitten im Schwarzwald. Doch die Idylle täuscht, ebenso das familiengeführte Hotel, das seine besten Jahre hinter sich hat. Aufgrund der Beschreibung des Hotels und der umliegenden Landschaft kann ich mich leicht ins Buch einlesen. Anders geht es mir allerdings bei den beschriebenen (bzw. unzureichend beschriebenen) Charakteren. Irgendwie komme ich an keinen der Protagonisten ran. Sie sind für mich von Anfang an farblos. Einzig die Spannung, die sich im ersten Buchdrittel aufbaut gibt mir den Schwung dieses weiter zu lesen. Versprochen wird in der Inhaltsangabe von einer trügerischen Freundschaft, der Macht der Manipulation und von der Angst der eigenen Wahrnehmung. Mir fehlt hier leider das gewisse Etwas. Das Ende ist mir viel zu glatt und weit von der Wirklichkeit entfernt.
Fazit: Trotz des gelungenen Schreibstils bleibt der Roman für mich farblos. Aufgrund einer Leserunde bin ich bis zum Ende dran geblieben. Eine Leseempfehlung möchte ich nicht aussprechen, deshalb nur 2,6 Sterne von mir.

Bewertung vom 06.07.2025
Slocombe, Penelope

Sunbirds


ausgezeichnet

Schnell erschließt sich mir der Titel "Sunbirds" des über 400 Seiten starken Romans. Er ist gut gewählt und passt hervorragend zum Inhalt. Ebenso das farblich gut gewählte Cover.
Kurz zum Inhalt: Anne sucht nach vielen Jahren in den Weiten des Himalayas ihren verschwundenen Sohn. Sie gibt dazu alles auf, von der Ehe bis zur Heimat Schottland - doch vor allem sich selbst.
Ein Thema, das bestimmt schon des Öfteren in Romanen abgehandelt wurde. Hier aber sind es die unterschiedlichen Sichtweisen, die diesen Roman immer wieder spannend und abwechslungsreich werden lassen. Alle Charaktere sind ansprechend und einfallsreich sowie rundum stimmig beschrieben. Die Situationen für mich immer nachvollziehbar und schlüssig. Anne, eine Mutter die von sich weiss Fehler gemacht zu haben, sucht, will finden und erhält Antworten.
Dazu oft detailgenaue bildhafte Landschaftsbeschreibungen, die das Kopfkino anspringen lassen.
Obwohl der Roman sich leicht wegliest - bei diesem flüssigen und eingehenden Schreibstil kein Wunder - hat er genügend Tiefgang und lässt immer wieder zum Nachdenken Platz.
Fazit: Unbedingt lesenswert, weil nachvollziehbar und die Suche nach Verlust und Vergebung eindrucksvoll beschrieben wird.

Bewertung vom 29.06.2025
Johnston, Bret Anthony

We Burn Daylight


ausgezeichnet

Was für ein Roman! Vier Kapitel und ein Epilog der es in sich hat. Aber eins nach dem anderen. In knapp 500 Seiten katapultiert mich der Autor warmherzig wie schonungslos in eine zwar fiktive Geschichte, die sich 1993 allerdings wirklich ereignet hat. Ältere erinnern sich vielleicht an David Koresh ( amerik. Sektenführer und selbsternannter Prophet der Branch Davidians). Die Geschichte nimmt ihren Anfang mit Jaye und deren Mutter, die ihr beschauliches Leben hinter sich lässt und sich, wie viele andere gestrandete Seelen auf den Weg nach Waco, Texas, macht um sich den Anführer Lamb anzuschließen. Hier lernen sich die Teenager Roy (Sohn des Sheriffs von Waco) und Jaye kennen. Eine zarte Liebesgeschichte beginnt. Beide Figuren werden in Ich-Form geschrieben, was einen besonderen Reiz hat. Zwischen den beiden Geschichten ergänzen immer wieder Podcasts, die 30 Jahre nach den Geschehnissen aufgenommen wurden die Fortgänge und erklären nach und nach Hintergründe dazu.
Der ausgezeichnete Schreibstil - nicht Effekthascherei - passt zu den brillanten und eindrucksvollen Schilderungen. Immer wieder stellt sich mir die Frage: Ist es bedingungsloser Glauben oder handelt es sich um gewollte freie Zugehörigkeit?
Fazit: Unbedingt lesenswert, weil bewegend ge- und beschrieben, mit einem ungeahnten Ende - also Spannung bis zum Schluss.