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Calendula

Bewertungen

Insgesamt 93 Bewertungen
Bewertung vom 31.08.2024
Winterwölfe
Jones, Dan

Winterwölfe


ausgezeichnet

Vom ersten Band um die Essex-Dogs war ich unheimlich begeistert und habe mich sehr gefreut, dass es relativ schnell Nachschub geben wird. Und mir hat auch dieses Buch wirklich gut gefallen. Der Schwerpunkt ist ein anderer, als im ersten Band. Es gibt weniger rasante Action und Schlachten, ist aber nicht weniger spannend und durchaus auch brutal. Aber auf eine andere Art und Weise.
Der Fokus liegt auf der Belagerung von Calais. Dementsprechend geht es nicht immer rasant zu. Der Aufbau einer Belagerungsstadt nimmt viel Raum ein, ebenso zu Situation im Lager und viele Geplänkel unter den Befehlshabenden. Das ist im ersten Moment schon etwas zäh, weil man das Gefühl hat, es geht mit der Handlung so gar nicht voran. Erst im späteren Verlauf wird klar, dass noch andere Interessen im Spiel sind. Das lässt diesen erst so langweilig anmutenden Teil in anderem Licht erscheinen.
Trotz all des Taktierens ist es aber immer noch die Belagerung und das Aushungern einer Stadt. Einige beschriebenen Szenen beim Umgang mit den Einwohnern Calais' sind nicht unbedingt geeignet für zart besaitete Leser. Sie Szenen waren (zum Glück!) kurz, aber dennoch zeigen sie, was Menschen bereit sind anderen Menschen anzutun.

Das heißt jetzt aber nicht, dass es bei den Essex Dogs jetzt geruhsam zugeht. Im Gegenteil. Die Truppe muss sich weiterhin den Schicksalsschlägen des Krieges stellen und kommen auch persönlich immer mehr an ihre Grenzen. Mir sind diese raubeinigen Männer schon auch ein wenig ans Herz gewachsen und ihre Sorgen und Ängste haben mich sehr berührt.
Ich bin jetzt sehr gespannt auf den letzten Band und ob es die verbleibenden Dogs aus dem Krieg nach Hause schaffen.

Bewertung vom 12.08.2024
Letzte Lügen / Georgia Bd.12
Slaughter, Karin

Letzte Lügen / Georgia Bd.12


ausgezeichnet

Karin Slaughter hat es mal wieder geschafft und eine Geschichte aufs Papier gebracht, die mich absolut fesselt und am Ende sprachlos zurücklässt.
Das Buch ist großartig erzählt. Eine klassische Locked-Room-Geschichte, eingebettet in aktuelle Themen. Abstriche zwischen Spannung und Handlung gibt es für mich nicht. Jede Menge Verdächtige, so gut wie jeder ein hat einen plausiblen Grund für den Mord. Es lädt regelrecht dazu ein, ebenfalls zu ermitteln und eigene Überlegungen über den Mörder, das Motiv und den Ablauf anzustellen. Plottwists haben es extra spannend gemacht. Das Ende hat mich völlig überrascht, damit hatte ich nicht gerechnet. Im Nachhinein war mir tatsächlich auch ein wenig übel. Was aber ehrlicherweise mehr meinem regen Kopfkino geschuldet ist, denn einer expliziten Beschreibung. Aber ich liebe es, wenn ein Buch soweit geht und eine körperliche Reaktion bei mir auslöst.

Mich begeistert immer wieder, wie die Autorin eine ganze Geschichte um ein einzelnes, komplexes Thema, aufbauen kann. Das zentrale Thema ist familiäre Gewalt bzw. Missbrauch in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen. Mir ging das zeitweise unheimlich an die Nieren. Da wurde bei mir auf der ganzen Klaviatur an Gefühlen gespielt, ich war manchmal den Tränen nahe und dann wieder schockiert. So manches Mal musste ich das Buch zwischendurch weglegen und erst einmal tief durchatmen. Die vielen Details waren für mich unglaublich faszinierend. Wie sich aus so vielen kleinen Puzzlestücken ein furchtbares Gesamtbild ergibt, das einem wirklich die Luft wegbleiben lässt.

Bewertung vom 04.08.2024
Der Salon der kühnen Frauen
Pollard, Clare

Der Salon der kühnen Frauen


weniger gut

Die Grundidee des Buches finde ich gut erdacht. Eine aus dem Hintergrund agierende Erzählerin, die die Geschehnisse eines Damensalons der Pariser Adelsschicht kommentiert. Dieser Salon verschreibt sich der Erzählung von Märchen. Das Publikum ist erlaucht, die Ausstattung entsprechend luxuriös. Es wird heiter geplaudert, Geschichten und Klatsch ausgetauscht.

Leider muss ich gestehen, dass ich die Geschichte insgesamt ziemlich langweilig fand. Jedes einzelne Märchen ist zwar recht kurz gehalten und lässt sich schnell lesen, aber die Handlung empfand ich als zäh und so recht mochte kein Schwung reinkommen. Es plätschert einfach immer weiter so dahin. An einigen wenigen Stellen kommt zwar auch etwas Spannung auf, aber hier ist leider schnell die Luft raus.
Gut gefallen hat mir dafür die zum Teil sehr bissige Umschreibung des Lebens am Versailler Hof, das nicht für alle sehr komfortabel gewesen sein dürfte.
Alles in allem ein nette Geschichte, die bei mir leider keinen bleibenden Eindruck hinterlassen wird

Bewertung vom 27.07.2024
Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1
Georg, Miriam

Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Ich liebe historische Familiengeschichten, die in Hamburg angesiedelt sind. Hamburg ist für mich einfach die schönste Großstadt Deutschlands. Und mit ein wenig Ortskenntnissen macht es auch gleich doppelt so viel Spaß. Sich vorzustellen, wie bestimmte Orte und Straßen vor sehr langer Zeit einmal ausgesehen haben, finde ich immer wieder spannend. Und genau dieses Vorstellen macht Miriam Georg mit ihrem Stil unheimliche einfach. Klar und schnörkellos, dabei aber trotzdem sehr bildhaft erschafft sie schnelle eine Atmosphäre. Egal ob auf dem Hamburger Dom, in einer ärmlichen Arbeiterwohnung oder der vornehmen Villa. Schon allein dadurch hat mir das Buch großen Spaß gemacht.

Die Geschichte ist unheimlich mitreißend. Schon nach wenigen Seiten war ich abgetaucht. Zuweilen lies es mich auch sprachlos zurück, ob er Zustände und den gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten. Und dank des gefälligen Stils flogen die Seiten beim Lesen nur so dahin.
Die Figuren sind vielfältig und bieten Abwechslung. Gelegentlich fehlt es ihnen etwas an Tiefe, da bleiben die Dialoge und Handlung etwas oberflächlich und dann wird es auch etwas vorhersehbar. Weil für mich aber das Gesamtpaket stimmig ist, ich mich keine Sekunde lang gelangweilt habe und vollkommen mitgerissen war, hat mich das aber gar nicht so sehr gestört.

Bewertung vom 18.07.2024
Mein drittes Leben
Krien, Daniela

Mein drittes Leben


ausgezeichnet

Auf das neue Buch von Daniela Krien habe ich mich sehr gefreut. Da mir bisher alles von der Autorin ausgesprochen gut gefallen hat, muss ich gestehen, dass ich da schon gewisse Erwartungen hatte. Glücklicherweise wurde ich nicht enttäuscht. Ich habe es - wieder einmal - geliebt.

Die Geschichte ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil steht Lindas Trauer im Vordergrund. Wie sie sich selbst von Familie, Freunden und dem Rest der Welt abkapselt, sich in eine selbstgewählte Einsamkeit zurückzieht. Im zweiten Teil erkämpft sie sich eine eigene, neue Realität. Zwar holt die Trauen sie auch hier immer wieder ein, aber sie entwickelt Strategien, um mit diesen Phasen besser umgehen zu können. Zudem findet sie einen Zugang zu ihrer eigenen Vergangenheit.

Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Ich bin immer wieder hin und weg über den großartigen Stil der Autorin. Ich empfinde ihn als sehr gefühlvoll, einfühlsam und gleichzeitig sehr klar und filigran. Da fällt ein alltägliches Wort für "Hundescheiße" schon fast als unflätig auf. Sie schafft es, ein überaus trauriges und bedrückendes Thema so darzustellen, dass ich als Leserin jede Emotion nachvollziehen kann, ohne mich gleichzeitig von dem Geschehen bedrückt zu fühlen. Trotz all der Trauer, dem Verlust und durchaus auch Schwermütigkeit, hat der Text durchaus eine überraschende Leichtigkeit. Man fühlt wie Linda auf Distanz geht, ebenso wie sie Schritt für Schritt Veränderungen vornimmt, die langsame Öffnung, das Herantasten an das Leben und auch die Erkenntnis, dass manches nicht wieder aufgebaut werden kann oder gar nie so war, wie wahrgenommen.
Auch die Nebenfiguren fand ich sehr schön gestaltet. Sie haben der Hauptfigur in nichts nachgestanden, ich hatte auch hier das Gefühl an weiteren Leben teilzuhaben.

Dabei entstehen Sätze, die ich mehrfach lesen musste, weil ich sie als sehr stark und auch - für mich- wahr empfunden habe. Wie z.B. "All das Unerledigte, Unterlassene, Ungesagte in unserem Leben verschwindet nicht. Es sammelt sich in uns, gärt und brodelt, und manchmal bricht es heraus."
Sätze wie diese haben mich inne halten lassen und hallen auch nach dem lesen noch ziemlich intensiv in mir nach.

Für mich ein fantastisches Buch, dass mich sehr tief berührt und nachdenklich gemacht hat. Und es schürt auf jeden Fall meine Vorfreude auf das nächste Buch der Autorin.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.07.2024
Das Lied des Propheten
Lynch, Paul

Das Lied des Propheten


gut

Ich wollte dieses Buch so gerne mögen, weil es inhaltlich direkt am Puls der Zeit ist und aus meiner Sicht durchaus ein Augen öffnendes Buch hätte sein können. Aber ich tue mich unheimlich schwer damit, es nun richtig gut oder richtig schlecht zu finden. Keines von beidem ist der Fall, es pendelt irgendwo in der Mitte.

Lynch' Stil ist recht speziell und gewöhnungsbedürftig. Und er gönnt dem Leser quasi fast keine Atempause. Man wird direkt ab der ersten Seite mit dem Geschehen konfrontiert.
Ich bin kein Fan von Verzicht auf Absätze und direkte Rede und kann nur mutmaßen, warum der Autor dieses Stilmittel verwendet hat. Für mich war es mitunter schwierig Aussagen einzelnen Personen in einer Unterhaltung passend zuzuordnen. Hier ist es mir mehrfach passiert, dass ich Passagen nochmals lesen musste, um diese zu verstehen.
Es liest sich für mich einfach nicht flüssig. Dazu kommt, dass die Hintergründe für den immer wieder erwähnten „Nationalen Notstand“ eigentlich nie konkret benannt werden. Sie bleiben unsichtbar und abstrakt, man erfährt als Leser nur die Auswirkungen. Ich könnte mir vorstellen, dass es der Autor an dieser Stelle jedem Leser selbst überlässt, sich sein eigenes Horrorszenario auszumalen, dass zu solch drastischen Maßnahmen führt.
Im Grunde ist das ein geschickter Schachzug. Für mich hat es leider nicht funktioniert. Dieses Abstrakte hat bei mir dazu geführt, dass sich jede von Eilishs Handlungen aber auch ihre Emotionen sehr distanziert anfühlten. Ich konnte zwar grundsätzlich verstehen, was in ihr in den jeweiligen Momenten vorgeht; für mich war es nur nicht immer nachvollziehbar, hat mich kaum berührt. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt mich durch den oft gekünstelt wirkenden Schreibstil zu kämpfen.

Die Geschichte konzentriert sich auf Eilish, ihre Emotionen und die Auswirkungen auf ihre Familie nach der Verhaftung ihres Mannes. Diese sind erschreckend und man sollte sich wirklich vor Augen führen, ob diese staatlichen Handlungen so erstrebenswert sind, wie von manchen Zeitgenossen in den Äther geplärrt.
Mir ist das insgesamt aber ein wenig einseitig. Ich hätte mir hier gewünscht auch Reaktionen aus dem Ausland zu lesen oder aus den sozialen Medien, von Gegenbewegungen usw.

Mit einem ansprechenderen Stil hätte das Buch wirklich ein Pageturner werden können. Es bleibt für mich leider ein mittelmäßiger Versuch ein aktuelles Thema in Buchform zu bringen.

Bewertung vom 15.06.2024
Agatha Christie / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.21
Lieder, Susanne

Agatha Christie / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.21


sehr gut

Agatha Christie und ihre Krimis gehören zu meinen Lieblingsbüchern im Regal, Miss Marple und Hercule Poirot haben meinen Spaß am "leseermitteln" geweckt. Umso schöner daher zu lesen, wie Agatha Christie zu ihren Ideen gekommen ist und ihren Weg zu einer der erfolgreichsten Schriftstellerin der Welt gegangen ist.
Das Buch ist ein richtig schöner Schmöker. Der Schreibstil ist angenehm, es ist unterhaltsam, lässt keine Langeweile aufkommen und so fliegen die Seiten beim Lesen regelrecht dahin.

Erzählt wird die Lebensgeschichte der jungen Agatha Christie, die zuerst davon träumt Pianistin zu werden. Dann Sängerin. Dann überlegt, ob Krankenschwester nicht doch auch eine Möglichkeit wäre. Und dann wieder überlegt, wo eigentlich überhaupt ihre Talente liegen. Ihre Lebenslust, ihre Wissbegierde, ihre Energie und auch ihr Pragmatismus kamen bei mir als Leser auf jeden Fall an. Die Beziehung zu ihrer Mutter war sehr innig dargestellt, man merkt, dass diese ihr ein Leben lang eine wichtige Bezugsperson war.
Es wird ein wenig zwischen den Zeiten gesprungen, was gut zur Handlung passte. Die Beziehung zu ihrem Mann Archie hätte ich mir etwas weniger oberflächlich erzählt gewünscht. Hier war mir der Sprung zwischen eben noch glücklich verheiratet und die Scheidung ist eingerichtet etwas zu groß.
Gut gefallen hat mir dafür aber, dass Susanne Lieder den Punkt um Christies Verschwinden komplett ausgeblendet hat. Für meinen Geschmack wird dieser Punkt in vielen Büchern zu sehr in den Fokus gerückt. Hier wurde sich aber eher auf die menschlichen und emotionalen Aspekte konzentriert.

Es hat mir dafür aber viel Spaß gemacht zu verfolgen, wie Agatha zu ihren Ideen für ihren ersten Krimi gekommen ist. Die imaginären Gespräche mit Hercule Poirot konnte ich mir schon fast bildlich vorstellen und habe mich sehr darüber amüsiert, welche Wortgefechte sich Autorin und Buchfigur geliefert haben.
Ich hätte mir am Ende vielleicht noch ein Kapitel gewünscht, in dem die spätere Agatha einen Rückblick auf ihr Leben und Karriere wirft. Das hätte das ganze für mich noch etwas mehr abgerundet.

Bewertung vom 09.06.2024
Die Perserinnen
Mahloudji, Sanam

Die Perserinnen


schlecht

Ich hatte mir hier etwas völlig anderes erwartet.

Fünf Frauen aus unterschiedlichen Generationen, eine davon aus dem Jenseits, erzählen ihre Geschichte über ihr Leben im Iran, ihre Flucht, ihr Leben im Exil bzw. ihr Leben als Frau mit persischen Vorfahren. Die Geschichten fallen so unterschiedlich aus, wie die Frauen sehr unterschiedliche Persönlichkeiten haben. Die Frage und die Auseinandersetzung, wie jede von ihnen zu ihren Wurzeln steht, habe ich aber nur teilweise gesehen.

Die Geschichten von Bita und Niaz, den jüngsten Frauen der Runde, fand ich dabei noch am interessantesten. Sie sind Nachfahrinnen der geflüchteten Elterngeneration. Bita ist in den USA groß geworden, sie kennt die Heimat ihrer Eltern nur aus Erzählungen. Dementsprechend hat sie nur eine vage Vorstellung der politischen Lage vor Ort. Das wird deutlich, wenn Telefonate mit Niaz beschrieben werden, die den Iran nie verlassen hat. Hier prallen nicht nur unterschiedliche Vorstellungen aufeinander, sondern auch unterschiedliche Lebensentwürfe und Zukunftsträume. Niaz' Kapitel sind auch die, die dem Leser am ehesten ein Leben unter dem Mullah-Regime verdeutlichen und den Wandel in der iranischen Gesellschaft näher bringen. Bei beiden Frauen ist das Beharren auf den Namen und das Prestige, der damit einst einherging, wenig ausgeprägt.

Die Geschichten von Shirin und Elizabeth haben den Vogel in negativer Hinsicht für mich allerdings komplett abgeschossen. Von dem vielen Alkohol (immer ein Glas Champagner in der Nähe... das hat schon fast was von Claudia Obert) und dem Drogenexzess zu Beginn des Buches mal abgesehen - ich habe selten so unsympathische Hauptfiguren gelesen. Man lebt von einem einst im Iran bekannten Namen, aber von Eleganz war da nicht viel zu sehen. Völlig empathielos werden da Aussagen über Familienmitglieder in den Raum getätigt, die einfach sehr weit weg von liebevoller Ironie sind. Mir ging diese Figur schon nach kurzer Zeit furchtbar auf die Nerven. Empathie- und lieblos, beharrend auf totalem Dünkel und einer schon abstoßenden Dekadenz, in der das Geld regelrecht verschleudert wird.
Eigentlich schade, denn Simas Geschichte zeigt, dass die Autorin es auch besser kann. Dort werden Themen wie Ausgrenzung und Integration auf ganz andere Weise verarbeitet.

Auch wenn es sicherlich sehr schwer ist, seine Heimat aufgeben zu müssen um nicht Gefahr zu laufen, getötet werden, aber das hier Geschriebene ist mir einfach viel zu abgehoben und verdreht. Es gelang mir einfach nicht für eine der Figuren Mitgefühl oder Verständnis zu entwickeln. Die Geschichte hat mich diesen Frauen leider kein Stück nähergebracht und war für mein Empfinden auch häufig zu sehr in die Länge gezogen. Trotz eines insgesamt gut zu lesenden Stils, war es nicht ganz so einfach bei der Stange zu bleiben. Daran ändert auch ein eilig herbeigezaubertes (wenn auch früh absehbares) Familiengeheimnis leider nichts.

Bewertung vom 25.05.2024
Wir waren nur Mädchen
Jackson, Buzzy

Wir waren nur Mädchen


ausgezeichnet

Ich habe wirklich gedacht, ein solides Wissen über den 2. Weltkrieg und die Widerstandsbewegung in den einzelnen Ländern zu haben. Und jetzt muss ich feststellen, dass es da durchaus noch weiße Flecken auf meiner Wissens-Landkarte gibt, denn von Hannie Schaft habe ich bisher noch nie etwas gelesen. Und daher bin ich Buzzy Jackson unheimlich dankbar, dass sie die Geschichte dieser außergewöhnlichen Frau aufgeschrieben und für die Nachwelt erhalten hat.

Mich hat das Buch sehr aufgewühlt. Die Autorin hat es wirklich gut verstanden, die gegensätzlichen Gefühle in Hannie darzustellen. Die junge Frau im Studium, klug und zupackend, loyal, aber sozial ein wenig unbeholfen. Man hat manchmal den Eindruck, es bereite ihr Probleme ihren Platz in der Welt zu finden. Dagegen steht eine junge und entschlossene Frau, die sich dem bewaffneten Widerstand anschließt und nach einer kurzen Ausbildung mit noch mehr Entschlossenheit auftritt. Dem Wunsch, sich zu beweisen und mutig zu sein. Der Zusammenhalt und das gemeinsame Ziel mit den anderen Kämpfern spielt hier eine nicht unwesentliche Rolle. Man spürt förmlich, wie Hannie in dieser Zeit über sich hinaus wächst.
Die Ambivalenz ihrer Gefühle ist für mich absolut nachvollziehbar. Sie führt ein Leben im permanenten Ausnahmezustand. Einerseits ist da die permanente Angst entdeckt und verhaftet zu werden. Die Angst um die eigene Familie, die sie mit ihrer Arbeit in Gefahr bringt und das Wissen darum. Gleichzeitig hat sich so viel Hass auf die Besatzer angestaut. Ich kann den Gedanken nach Rache schon nachvollziehen.

Man könnte an dieser Stelle ggf. argumentieren, dass Hannie sich durch die Attentate auf die gleiche Stufe begibt wie die Nazis. Ein Leben für ein Leben. Ich finde diese Frage äußerst schwierig zu beantworten. Zumal ich, die über 70 Jahre nach Kriegsende in Deutschland Geborene, noch nie mit einer auch nur ansatzweise vergleichen Situation konfrontiert war. Und es hoffentlich auch nie sein werde. Es steht mir genau genommen gar nicht zu, an dieser Stelle ein Urteil darüber zu bilden. Und an dieser Stelle finde ich, hat die Autorin genug Raum für die eigenen Gedanken gelassen.

Die Geschichte wird nicht übertrieben reißerisch erzählt, sondern eher ruhig und sich langsam aufbauend. Mir hat das sehr gefallen, dadurch entwickelte die ganze Handlung einen unheimlichen Sog. Dadurch wirkten die Szenen, in denen wirkliche Gewalt beschrieben wurde, umso drastischer. Auch hier wieder ein respektvoller Umgang, dramatisch, aber nicht reißerisch.

Ein sehr berührendes, aufwühlendes, nachdenklich machendes und auch informatives Buch, dem ich ganz ganz viele Leser wünsche.

Bewertung vom 26.04.2024
Das verborgene Genie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.5
Benedict, Marie

Das verborgene Genie / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.5


ausgezeichnet

Ich lese die Bücher von Marie Benedict unheimlich gerne, sie schafft es immer wieder auch eher unbekannte Seiten ihrer Figuren zu zeigen. Und auch hier hat die Autorin mich nicht enttäuscht.
Rosalind Franklin ist eine unheimlich faszinierende Persönlichkeit. Ich habe bereits einiges über sie und ihre Arbeit gelesen, daher war ich auf dieses Buch besonders gespannt. Mir gefällt sehr, dass der Fokus auf ihrer persönlichen Seite liegt. Was hat sie bewegt, woran hat sie sich erfreut, womit konnte sie sich motivieren? Es wird ein abgerundetes Bild einer unglaublichen klugen, wissbegierigen und auch ehrgeizigen Frau gezeichnet. Die pflichtbewusst ist und zu ihren Freunden und engsten Mitarbeitern sehr loyal ist. Die einen guten Drink und ein gutes Essen genauso zu schätzen weiß wie eine wissenschaftliche Diskussion.
Es fiel mehr sehr leicht mich in sie hineinzuversetzen und obwohl ich im Grunde ja weiß, was passiert, habe ich so sehr über jeden Fortschritt in ihrer Arbeit mitgefiebert. Und egal wie oft ich ihre Geschichte lese - an dem Punkt, an dem sie um den Erfolg ihrer Arbeit gebracht wird, könnte ich vor lauter Ungerechtigkeit die Wände hochgehen!
Dieser persönliche Blick auf sie hat auch bei mir jede Menge Emotionen geweckt und man möchte ihre Geschichte einfach nur immer und immer wieder erzählen, um ihr posthum den Ruhm zukommen zu lassen, der ihr schon zu Lebzeiten zugestanden hätte.

Rosalinds Arbeit kommt ebenfalls nicht zu kurz. Sie ist ein sehr wichtiges Identifikationsmerkmal für sie und es ist undenkbar, nicht darüber zu schreiben. Ich fand es sehr bewundernswert, wie es Marie Benedict gelungen ist, die naturwissenschaftlichen Sachverhalte zusammenzufassen, damit sie auch für einen Laien verständlich sind und nicht wie langweilige Lückenfüller wirken. Dabei bleibt ihr Stil wie gewohnt leicht und gut zugänglich.
Hätte ich eine Zeitmaschine, nach der Lektüre des Buches wäre ich definitiv in der Zeit zurückgereist und hätte diese faszinierende Frau nur allzu gerne kennengelernt.