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Wolfgang Schiffner
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34466 Wolfhagen

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Bewertung vom 06.02.2011
Gottlose Menschenfresser oder gute Wilde - Das Indiobild in den Amerikaberichten des 15. und 16. Jahrhunderts
Schulz, Katja

Gottlose Menschenfresser oder gute Wilde - Das Indiobild in den Amerikaberichten des 15. und 16. Jahrhunderts


schlecht

Es ist sicher eine interessante Aufgabe zu erläutern, welche Informationen über die Indianer in Südamerika die deutschen Leser im 16. Jahrhundert erreichten. Die Einführung lässt eine Untersuchung im Rahmen der wissenschaftlichen Diskussion erwarten. Die Autorin zitiert, beurteilt und vergleicht bei sechs Autoren anhand von vier Paradigmen die Stellen, die Aussagen über deren Indiobild erlauben. Um die Qualität der Arbeit zu bewerten, wurden diese Paradigmen am Beispiel der Behandlung der Warhaftigen Historia von Hans Staden überprüft. Leider kennt die Autorin die kritische Ausgabe des Textes von 2007 nicht, die mir, der sich viele Jahre mit diesem Reisebericht aus dem 16. Jahrhundert beschäftigt hat, als Grundlage für jede wissenschaftliche Arbeit gilt.

1. Äußeres Erscheinungsbild:
Hier wird Staden unterstellt (Seite 10), er beschreibe die Indianer nach „dem gleichen Schema, wie schon Kolumbus und Vespucci vor ihm.“ Muss der Autor, der jahrelang Kontakt mit Indianern hatte, auf ein „Schema“ zurückgreifen? Wer die Textstellen im Anhang liest, kann Übereinstimmungen und Unterschiede erkennen, aber kein Schema.

2. Charakterliche Eigenschaften:
Man ist verblüfft, dass Staden dazu gar nichts geäußert haben sollte. Auch im Textanhang steht nichts. In Stadens Werk werden aber sehr oft und differenziert das Verhalten und der Charakter der Tupinamba (positiv wie negativ) dargestellt. Man kann das nachlesen beim „Verhör“ (Kapitel 24 – 25), der Begegnung mit Cunhambebe, dem Verhalten seines „Herren“, der Frauen und an vielen anderen Stellen. Warum fehlt das?

3. Essgewohnheiten/Kannibalismus:
Bei Staden wird nur mit einigen Zitaten der Kannibalismus angeführt und anschließend behauptet, dass er dann noch „einige Erläuterungen zu der Herstellung der Getränke und der Trinkgelage der Indios“ (Seite 14/15) gebe. Es wird leider nicht zitiert oder berichtet, wie die Indianer jagen, fischen, Maniok anbauen und zubereiten, nur einen Salzersatz gebrauchen und die Speisen zubereiten (2. Teil, Kapitel 8,11-13). Das wird recht ausführlich und genau beschrieben.

4. Sexualverhalten/Ehe:
Auf Seite 17 steht: „So haben die meisten Männer, insbesondere die Könige, nicht nur haufenweise Frauen …. Das stimmt leider nicht, wie ein Blick auf den Quellenanhang deutlich macht, wo Staden formulierte: „Es hat der meyste Hauff vnter jnen / einer eyn weib / etliche auch mehr.“ (Kapitel 19). Verschwiegen wird, dass Staden nach der Darstellung zur Verlobung und Ehe feststellt: „ Man und Weib halten sich auch gebürlich / machen jre sachen heimlich.“

Im Quellenanhang steht zum Thema „Monstra“ ein Text, der gar nicht von Staden ist. Er stammt aus dem Werk von Schmidel.

Abschießend ist festzustellen, dass diese partielle Überprüfung so viele Schwächen bei dieser Arbeit erkennen lässt, dass ich nicht verstehe, wie sie mir der Note 1,3 bewertet wurde und für so ausgereift gehalten wurde, dass eine Veröffentlichung erfolgte.