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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Lara89
Wohnort: 
Münster
Über mich: 
Geschichten sind das Größte

Bewertungen

Insgesamt 112 Bewertungen
Bewertung vom 04.06.2025
Very Bad Widows
Hincenbergs, Sue

Very Bad Widows


ausgezeichnet

Schräg und spaßig
Es geht um vier wohlhabende Paare in ihren Sechzigern. Einer der Männer verstirbt bei einem Unfall. Oder war es Mord? Es wurde viel Geld unterschlagen, und die Ehefrauen, die sich um ihre Alterssicherung betrogen sehen, schmieden ein Komplott. Doch das ist erst der Anfang.
Die Geschichte ist voller Überraschungen und unerwarteter Wendungen. Und sie ist witzig: Es sind im Grunde ganz normale Menschen, die plötzlich mit monströsen Vorwürfen und Überlegungen konfrontiert sind. Dabei wollen sie eigentlich nur ein gutes Leben haben, am liebsten mit einander. Das Geschehen verändert die Menschen nicht, sie bleiben ebenso bieder und bürgerlich wie zu Beginn. Aber ihre Partnerschaften erleben eine neue Wertschätzung.
Die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven dargestellt, teilweise wird dieselbe Szene von den verschiedenen Beteiligten nacheinander geschildert, und sie ist jedes Mal ganz anders. Das wird spannend, wenn es darum geht, wer was weiß und wer eventuell einen (weiteren) Mord plant.
Ich hatte einen Krimi erwartet, vielleicht einen Thriller. Aber nicht so viele schräge Ideen und Verrücktheiten. Das hat Spaß gemacht! Wer Geschichten voller Überraschungen jenseits von Genres mag, ist hier richtig.

Bewertung vom 28.05.2025
Himmlischer Frieden
Wen, Lai

Himmlischer Frieden


ausgezeichnet

Großartig
Lai wächst in einem Arbeiterviertel in Peking auf. Als Erwachsene studiert sie Literatur und nimmt an den Protesten auf dem Platz des Himmlischen Friedens teil. Hier erzählt sie, wie es dazu kam. Der Roman basiert auf ihren eigenen Erfahrungen und auf den bekannten Tatsachen.
Es ist eine ruhig und fast poetisch erzählte Geschichte um eine schüchterne Protagonistin, die in Ich-Form von ihrer Kindheit, ihrer Schulzeit und ihrem Studium berichtet. Das liest sich authentisch und bewegend. Sie schildert ihre Familie und ihre Schulfreunde nuanciert und voller Wärme. Die Unterdrückung der Menschen in China durch die kommunistische Führung wird immer wieder an Einzelpersonen deutlich, beginnend mit ihrem Vater.
Die historischen Ereignisse gipfeln im Tiananmen-Massaker auf dem Platz den Himmlischen Friedens, mitten in Peking, im Juni 1989.
Ich freue mich sehr, aus dieser unbekannten Welt so eine angenehm zu lesende Geschichte ganz normaler Menschen genießen zu dürfen. Es ist großartige Literatur. Ein Highlight!

Bewertung vom 23.05.2025
Entromantisiert euch!
Frasl, Beatrice

Entromantisiert euch!


ausgezeichnet

Erschreckend
Stück für Stück zerlegt die Autorin das, was wir als Zweierbeziehung „romantischer Art“ so kennen und betreiben. Und manches ist ganz schön erschreckend. Das meiste davon ist längst allgemein bekannt. Es sind aktuelle Forschungsergebnisse aus Studien und Veröffentlichungen zum Thema. Im Namen der Liebe lassen Frauen sich weiterhin ausbeuten, benutzen und vergewaltigen.
Wichtig: Der Autorin geht es nicht um Liebe im Allgemeinen. Wir lieben schließlich nicht nur den Einen, Richtigen. Wir lieben unsere Freundinnen, unsere Kinder, unsere Familie, wir lieben Dinge, die wir tun und noch viel mehr. Aber für den Einen, Richtigen geben wir alles auf. Und das wird auch gesellschaftlich erwartet.
Ohne die romantische Liebe müssten die Männer ja selber ihre Wohnungen putzen, ihr Essen kochen und sich um ihre Gesundheit und um ihre Kinder kümmern. Ohne die romantische Liebe gäbe es vermutlich kaum Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern, auch nicht im Alter.
Romantische Liebe dient der Unterdrückung der Frau. Sie hat fundamentale Bedeutung in der hiesigen patriarchalen Gesellschaft. Hier wird mal ordentlich und fachlich fundiert darüber gezetert. Das ist erhellend.

Bewertung vom 21.05.2025
Für immer (eBook, ePUB)
Lunde, Maja

Für immer (eBook, ePUB)


gut

Schwer vorstellbar
Schräge Geschichte mit tiefgründigen Fragen
Eines Tages bleibt die Zeit stehen. Die Menschen machen weiter wie bisher, aber es gibt keine Veränderung mehr, niemand wird geboren und niemand stirbt. Die Kinder wachsen nicht mehr, die Haare auch nicht. Wer verunglückt, überlebt verletzt, stirbt aber nicht. Wer Krebs hat, lebt weiter.
Mir diesem Setting konfrontiert die Autorin verschiedene Personen. Es sind ganz normale Menschen, glaubwürdig und sympathisch geschildert. Sie erhalten durch dieses Erlebnis einen neuen Blick auf ihr Leben. Im Zentrum steht Jenny, eine Fotografin und Mutter, die eine Krebsdiagnose bekommen hat. Ihre Fotografien halten in gewisser Weise die Zeit an, indem sie Augenblicke konservieren. Was passiert wirklich, wenn die Zeit angehalten wird? Das ist die Fragestellung, um die es der Autorin geht.
Aber als Geschichte funktioniert das nicht. Schon das Setting ist seltsam und teilweise unlogisch, die Auflösung noch viel mehr. Unbefriedigend.

Bewertung vom 18.05.2025
Stars
Kullmann, Katja

Stars


sehr gut

Unterhaltsam und witzig
Carla Mittmann ist als Akademikerin gescheitert und verdient ihr Geld mit einem Bürojob. Nebenbei betreibt sie ein kleines Internetportal für Horoskope. Da bekommt sie plötzlich 10000 Dollar geschenkt. Sie nutzt das Geld, um sich mit Horoskopen selbständig zu machen.
Es liest sich ein bisschen wie ein Abenteuer, das Sterne-Startup von Carla. Wie in akademischen Kreisen üblich, hält sie die Astrologie eigentlich für esoterischen Unsinn. So wirken die Beschreibungen der Horoskope wie witziger Blödsinn. Doch die Menschen glauben ihr, und mehr noch: sie glauben, dass das alles wirklich etwas mit ihrem Leben zu tun hat. Der Rat, der aus den Konstellationen am Himmel folgt, wird angenommen. Und bezahlt.
Die Protagonistin ist eine etwas schräge Person, von der man nicht immer versteht, warum sie tut, was sie tut. Doch die Entwicklung, die sie durchmacht, ist begreiflich. Die Kundinnen und Kunden, die sie gewinnt und berät, werden eher oberflächlich beschrieben. Schließlich untersucht Carla ihr eigenes Horoskop.
Die Geschichte bietet einen Einblick in das, was Menschen heute glauben und gerne glauben würden. Können die Sterne mir sagen, was ich tun soll? Wissen sie, was richtig für mich ist? Was soll ich tun? Carla gibt Antworten. Bis zum Schluss.
Das ist interessant und unterhaltsam. Und manchmal ziemlich witzig.

Bewertung vom 10.05.2025
Das Echo der Sommer
Labba, Elin Anna

Das Echo der Sommer


ausgezeichnet

Steigende Wasser
Geschichte einer Vertreibung
Inga lebt mit Mutter und Tante nomadisch im Norden Schwedens. Sie gehören dem Volk der Samen (Lappen) an. Als sie eines Tages in ihr Sommerhaus zurückkehren wollen, ist das ganze Dorf überflutet: Man hat einen Staudamm zur Stromgewinnung gebaut und das Tal geflutet, ohne die Menschen vorher auch nur zu informieren. Und der Wasserspiegel steigt weiter. Vieles an der Geschichte und der geschilderten Lebensweise erinnert an die indigenen Völker Nordamerikas.
Die Frauen sind sehr lebensnah geschildert, sie sind emotional, naturverbunden und pragmatisch. Das Dorf ist eine lose Gemeinschaft, in der man einander hilft, und die Jahreszeiten geben den Rhythmus vor, zusammen mit den Rentieren. Das Leben ist hart und voller Herausforderungen. Ingas Mutter will etwas Dauerhaftes schaffen, für sich und ihre Familie. Doch das Tal, in dem sie leben, verschwindet im Stausee und mit ihm, nach und nach, auch die Lebensweise der Samen.
Was fehlt, ist ein Glossar. Es kommen zahlreiche samische Begriffe vor, die nicht erklärt werden und die man sich aus anderen Quellen erschließen muss. Es wird auch samisch gesprochen, ohne dass eine Übersetzung angegeben ist. Nur wenige Ausdrücke erschließen sich aus dem Zusammenhang.
Die Autorin hat mit einem Sachbuch zum Thema schon Preise gewonnen. Hier die fiktionale Bearbeitung der Vertreibung der Samen durch den Staudammbau im 20. Jahrhundert. Das ist sehr gelungen und mehr als lesenswert. Es ist großartige Literatur.

Bewertung vom 29.04.2025
Vorsehung
Moriarty, Liane

Vorsehung


ausgezeichnet

Aber was, wenn doch?
Auf einer Flugreise steht plötzlich eine alte Dame auf und sagt jedem Passagier voraus, wann und woran er sterben wird. Die Geschichte verfolgt die weiteren Lebenswege dieser Personen. Das ist eine spannende Idee. Die Autorin schreibt seit Jahren Bestseller und man merkt, dass sie das drauf hat.
Die Menschen sind plastisch und lebendig dargestellt. Man kann sie sich gut vorstellen, es sind ganz normale Leute. Niemand kann die Vorhersage wirklich ignorieren. Auch die Wahrsagerin selbst kommt zu Wort. Sie schildert in Ich-Form, wie sie wurde, was sie ist, und wie sie zu diesen Vorhersagen kommt. Das macht das Ganze rund. Stil und Sprache sind angenehm und flüssig zu lesen. Insgesamt ist das Buch äußerst unterhaltsam, obwohl das Thema abstrakt ist und die Menge an Protagonisten recht groß.
Die Geschichte nimmt zum Schluss noch Fahrt auf und es gibt eine Auflösung. Das ist beeindruckend. Hier werden existenzielle Fragen gestellt, mitten im normalen Leben. Gut geschrieben und wirklichkeitsnah.

Bewertung vom 16.04.2025
Dein ADHS-Wohlfühl-Guide
Vogel, Laura

Dein ADHS-Wohlfühl-Guide


ausgezeichnet

Neurodivers - anders im Kopf
Früher bekamen nur Kinder diese „Zappelphilipp“-Diagnose, heute sind es oft auch Erwachsene. Hier gibt es umfassende Informationen und Anleitungen zur Selbsthilfe. Die Autorin ist keine Medizinerin sondern hat selbst ADHS. Sie betreibt auch einen Instagramkanal.
Die Frau auf dem Cover hat die Augen geschlossen. „Nur keinen Stress!“ scheint sie zu sagen. Für Menschen, die Chaos im Kopf haben, ist das ein guter Start.
Dieses Buch selbst ist sehr ansprechend gestaltet. Die Ränder sind mit breiten Farbstreifen markiert, Piktogramme informieren auf einen Blick über das, worum es geht. Die Absätze sind kurz: Ein Gedanke oder zwei, dann folgt eine Leerzeile, danach ein neuer Gedanke. Das lässt sich gut lesen, auch wenn die Inhalte zum Teil durchaus anspruchsvoll sind. ADHS sei keine Erkrankung, so die Autorin. Das Gehirn arbeite anders als bei den meisten „normalen“ Menschen.
Nach einer fachkundigen Einführung in das Thema ADHS bei Erwachsenen geht es um die speziellen Bedürfnissen neurodiverser Menschen. Hier gibt es eine Menge Ideen, die man einmal ausprobieren kann. Vieles wird geschildert, was man von sich selbst kennt. Ein Selbsthilfe-Ratgeber eben. Hilfreich, aktuell und gut zu lesen.

Bewertung vom 11.04.2025
Die Garnett Girls
Moore, Georgina

Die Garnett Girls


weniger gut

Liebe und Suff
Margo hat drei erwachsene Töchter. Der Ehemann und Vater verließ sie, als die Mädchen noch klein waren. Das wirkt nach. Alle drei Mädchen sind unbefriedigende Beziehungen mit Männern eingegangen. Margo erscheint als die Matriarchin, die im Mittelpunkt der Familie steht.
Hier sind vier Lebensgeschichten, die eng und sehr unglücklich miteinander verflochten sind. Die Frauen lieben einander und arbeiten sich an einander ab, das ist schmerzlich mit anzusehen, aber oft auch einfach unverständlich. Die Personen wirkten auf mich unlogisch und wenig klar. Auffällig ist der unmäßige Alkoholkonsum. Getrunken wird ständig.
Das zentrale Ereignis der Familiengeschichte – der Weggang des Vaters – klärt sich zum Schluss, allerdings auf wenig befriedigende Weise. Immerhin gibt es eine Art positiven Abschluss.
Die Insel Whight ist nur ein Hintergrund. Die Geschichte könnte an jedem beliebigen Strand in Südengland spielen.
Wer sich gern auf eine Familiengeschichte über Mütter und Töchter einlassen möchte, ist hier richtig. Sehr gelungen fand ich diese aber nicht.

Bewertung vom 24.03.2025
Der Gott des Waldes (eBook, ePUB)
Moore, Liz

Der Gott des Waldes (eBook, ePUB)


sehr gut

Der Wald, das Kind und die Familie
Aus einem Feriencamp in einem Wildnisreservat verschwindet ein Mädchen. Barbara ist die Tochter der Familie, der das Land gehört. Vierzehn Jahre zuvor verschwand bereits ihr Bruder, er wurde bis heute nicht gefunden. Nun geht wieder eine Suche los.
An dieser Geschichte sind viele verschiedene Personen beteiligt, und jede hat eine eigene Sicht auf die Dinge, die zum Teil in früheren Zeiten wurzelt. Die Charaktere sind allesamt sehr ausführlich, mehrdimensional und glaubhaft dargestellt. Doch es sind viele, sehr viele Menschen mit komplexen Beziehungen untereinander, die auf unterschiedlichen Zeitebenen gezeigt werden. Auch die Handlung springt ein wenig hin und her. Gut dass über jedem Kapitel steht, wann genau es spielt. Nicht immer ist es leicht, dem Geschehen richtig zu folgen.
Es bleibt lange offen, worum es hier eigentlich geht. Wird wirklich ein Verbrechen aufgeklärt oder steckt etwas ganz anderes dahinter? Dieses Vage erzeugt eine ganz eigene Spannung. Man tappt im Dunkeln, hat keine Idee, wohin die Reise geht und befürchtet, dass jetzt etwas ganz Schlimmes passieren könnte. Das ist toll geschrieben und fesselnd aufgebaut. Zeitweise wird es richtig gruselig.
Insgesamt ist dies etwas für Lesende, die sich gerne eingehend mit menschlichen Beweggründen und Beziehungen beschäftigen.