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Benutzername: 
marius münster
Wohnort: 
Blindheim

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Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 23.12.2016
Abnehmen mit Torte (eBook, ePUB)
Graf Von Blickensdorf, Lo

Abnehmen mit Torte (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

"Ich stand am Ortsausgangsschild von Schwenkow und blutete aus der Nase. Mein Kopf dröhnte wie ein Vuvuzela-Konzert, und eisiger Wind pfiff mir durch die Rippen. Zum ersten Mal in meinem Leben verfluchte ich es, Graf geworden zu sein. Ich könnte jetzt schön in einer meiner gemütlichen Berliner Lieblings-Patisserien sitzen und mir ein Maracujatörtchen zu Gemüte führen, dachte ich. Aber nein, ich landunerfahrener Stadtmensch musste ja unbedingt in die "ruhige" Provinz."

Diese vielversprechende Einleitung ist der literarische Hechtsprung von Lo Graf von Blickensdorf in eine eskapatenreiche Mutprobe, erzählt auf über 300 Seiten seines neuen Paperbacks "ABNEHMEN MIT TORTE - Abenteuer eines Selfmadeadligen".
Der gebürtiger Münsteraner ist seit 1983 Wahlberliner und wollte sich auf dem Land einfach nur in Ruhe dem Schreiben an seinem neuen Buch widmen. Aber, was das Multitalent dort erlebte, geriet zu einer Geschichte, wie sie sich selbst der fantasiereiche Baron Münchhausen nicht hätte ausdenken können.
Ein buckelnder Bürgermeister ist noch der Harmloseste einer Galerie von skurrilen Dorfbewohnern, die plötzlich vor dem kleinen Landhaus in Schwenkow nicht nur sprichwörtlich aufmarschieren. Die einen, um dem "Grafen" zu huldigen, die anderen- so echte kernige, aufgeklärte Wutbürger - um ihn (nicht nur) zu vertreiben.
Die Geschichte liest sich wie ein Gruselmärchen, ist aber- das beschwört der selbstgebackene Graf Tortenblogger- komplett authentisch und autobiographisch.
Dabei erzählt Lo seine Geschichte(n) Seite für Seite so voller überschäumender Selbstironie und beißendem Witz, dass man alle Bücherwürmer nur 'warnen' kann, "Abnehmen mit Torte" in der Öffentlichkeit zu lesen. Das permanente Dauergrinsen, verbunden mit unvermeidbarem schrillem Gekicher und Gejapse, könnte zu Ausschreitungen von notorischen Miesmachern führen, ähnlich wie im Roman beschrieben.
Auf schrullige Anekdoten mit liebgewonnenen Persönlichkeiten aus LOs erstem Buch "Werden Sie doch einfach Graf" wie ARON, dem ungekrönten KingLui vom Potsdamer Platz- dem der Graf unterstellt, sogar seine Blumen mit Champagner zu gießen- wie auch dem liebenswerten Lebenskünstler KUTTE braucht der "eingeweihte" Leser nicht zu verzichten.

MMs Tipp:
holen Sie sich "Abnehmen mit Torte" als eBook oder Taschenbuch ins Haus und/oder legen Sie diese Lektüre einem Menschen, mit dem Sie es gut meinen, auf den Gabentisch; denn es gibt derzeit kaum eine bessere Medizin gegen Winterdepressionen und Landflucht-Attitüden.

Bewertung vom 18.10.2013
Die Stadt der Wunder
Mendoza, Eduardo

Die Stadt der Wunder


ausgezeichnet

Ein Story wie ein Wirbelsturm über der Stadt, von der dieser Roman handelt - Barcelona! -
Wer die Stadt besser kennen lernen möchte und ein Faible hat für Geschichte mit "Schmackes" liest einen Roman, der die Geschichte der Entwicklung dieser Stadt erzählt, anhand des Lebens eines mittellosen 13-jährigen Jungen aus der spanischen Provinz, der sich in Barcelona zum gewieften Gauner, Manipulator von Menschen und der lokalen Wirtschaft mausert. Verbrechen und Morde, um die gewünschten Ziele zu erreichen (wie etwa Reichtum- als Überwindung des nicht vorhandenen gesellschaftlichen Status) sind ebenso Thema wie die Befindlichkeiten eines aus der Kindheit geworfenen Jugendlichen. Die Familie bedeutet ihm nichts mehr, da ihn sein großes "mystisches" Vorbild - der angeblich in Spaniens Kolonien wie Kuba erfolgreiche Vater- zu tiefst entäuscht hat. -
Der Autor Mendoza fügt ohne, dass man es unangenehm als Belehrung empfindet, historische Tatsachen der StadtGeschichte seit Mitte des 19. Jhd. ein.
Ein literarisches Erlebnis auch das.
Viele Namen der Protagonisten sind authentisch - viele bizarre Anekdoten hervorragend recherchiert - und somit verbürgt.
Es geht um die Protagonisten der ersten, noch stümperhaft organisierten Weltausstellung in Barcelona im Jahr 1888 genauso, wie um die Immobilien-Spekulationen in der katalanischen Hauptstadt um die damalige Jahrhunderwende - eine, laut Roman, irrsinnig vibrierende und von Gier und Verbrechen beherrschte Stadt auf dem Weg von einem kriminellen, korrupten und somit nicht zu kontrollierenden Armenhaus zur bedeutenden Metropole des Südens Spaniens- ständig im Widerstand gegen die Hauptstadt Madrid - hervorragend übersetzt und nicht in einem "Atemzug" zu lesen. Marius Münster