Und alle so still

ausgezeichnet

Für mich ist Mareike Fallwickl DIE Autorin, wenn es um starke, kraftvolle, mutige feministische Romane geht. Und so auch ihr neues Werk, denn hier streiken die Frauen. Oder liegen. Sie legen sich einfach hin und haben keinen Bock mehr. Ohne Forderungen, still und gemeinschaftlich bringen sie nach und nach die Gesellschaft ins Wanken - denn ohne Frauen, die einen Großteil der Carearbeit für umme machen, läuft es eben nicht.

Was für ein Buch! Es war so spannend und stark geschrieben, ich konnte und wollte es nicht aus der Hand legen. Besonders gefallen hat mir der Fokus auf unser medizinisches System, in dem so viele Pfleger*innen und Ärzt*innen sich unter fatalen Bedingungen abstrampeln.

„Und alle so still“ ist kein Roman den man liest und dann denkt „oh ja das ist ein sehr realistisches Szenario“. Dafür sind die Charaktere vielleicht auch zu überzeichnet. Es ist viel mehr ein Extrem, eine starke „was wäre wenn“ Geschichte, die nachhallt und emotional aufwühlt. Von mir gibt es eine klare Empfehlung!

Das Chaos eines Augenblicks

ausgezeichnet

Becky Hunter ist mit ihrem Werk "Das Chaos eines Augenblicks" eine wahrlich schöne, tiefgründige und äußerst emotionale Geschichte gelungen. Ehrlich gesagt, hatte ich oft Tränen in den Augen und es hat mich total zum Nachdenken gebracht.

Die Handlung dreht sich um Scarlett und Evie, genauer gesagt um den Geist von Scarlett und die lebendige Evie, die einst unzertrennliche beste Freundinnen waren, bis Scarletts plötzlicher Unfalltod sie voneinander riss. Im Verlauf des Buches begleiten wir Evie, die sich auf ihre eigene Weise durch den Schmerz kämpft. Dabei wird nicht nur ihre persönliche Trauer beleuchtet, sondern auch die wundervolle Freundschaft, die sie mit Scarlett verband. Es verdeutlicht, wie bedeutsam und tiefgreifend Freundschaften in unserem Leben sind.

Mir persönlich hat "Das Chaos eines Augenblicks" außerordentlich gefallen, da es sich stark von meinen üblichen Lektüren unterschied. Ruhiger, aber gleichzeitig so intensiv. Ich konnte mich total in die Gefühlswelt der Charaktere einfühlen und die Geschichte hat mich echt bewegt.

Wenn du auf der Suche nach einer emotionalen Story bist, die dich packt, ohne dass du ständig grübeln musst, dann kann ich dir dieses Buch nur ans Herz legen. Ein wirklich schönes Buch!

Morgen, morgen und wieder morgen

ausgezeichnet

Morgen, morgen und wieder morgen nimmt uns mit in das Leben von Sadie und Sam, die sich im Krankenhaus beim Videospiele spielen kennenlernen und sofort eine besondere Verbindung haben. Diese Verbindung reißt über die Jahre immer wieder ab, verändert sich, wird inniger und wächst. Als junge Erwachsene gründen beide schließlich zusammen eine Gaming-Firma, mit der sie sehr schnell sehr erfolgreich werden und das Leben nimmt so seinen Lauf...

Was für ein schönes Buch über Freundschaft, über Außenseiter, über ehrliche Gefühle. Zevin ist ein wahnsinnig feines und kluges Buch gelungen, mit vielseitigen Charakteren und einem ganz besonderen Vibe. Obwohl ich nicht mal weiß, wie ein Controller zu bedienen ist und außer Sims in meinem Leben noch nie etwas gezockt habe, war ich ganz verzaubert von Zevins Gaming Welt.

Ein wirklich schöner Roman, der mir zum Schluss einige Tränchen abverlangt hat.

Unsre verschwundenen Herzen

ausgezeichnet

Bei diesem Buch muss ich echt sagen, dass das Cover und der Titel trügt. Beides hat für mich etwas nichtssagend gewirkt oder bestenfalls nach einer ganz netten Story, aber da habe ich mich deutlich geirrt!

Unsere verschwundenen Herzen von Celeste Ng ist eine erschreckende Dystopie, die doch teilweise gar nicht so unrealistisch scheint. Wir leben in einer amerikanischen Parallelwelt, nach einer starken Wirtschaftskrise und damit einhergehender Hoffnungslosigkeit im Volk bestimmt das PACT Gesetz das Leben in Amerika. Diese Gesetz diskiminiert alle asiatisch-aussehenden Menschen systematisch. Jeder der nicht gehorcht und als "mustergültiger Amerikaner" gilt, hat Repressionen zu befürchten. Im schlimmsten Fall werden die eigenen Kinder weg genommen.

An Hand von dem 12-jährigen Bird zeigt uns Ng auf, wie leicht ein Alltag voller Diskiminierung und Unterdrückung gestaltet werden, wie grausam real diese Gesellschaft skizziert werden kann.

Mir hat das neuste Werk von Ng sehr gut gefallen, immer wieder war ich komplett gefesselt und konnte es nicht aus den Händen legen. Sie beschreibt die Welt unter dem PACT-Gesetz so eindringlich und grausam, surreal aber eben doch sehr realistisch. Beim Lesen hat sich die von Ng geschaffene Welt immer wieder echt angefühlt. Auch ihr Nachwort, in dem sie Brücken in die reale Welt schlägt, hat mich sehr ergriffen.

Alles in allem stark erzählt, eine runde Geschichte. Etwas Abzug gibt es von mir nur, weil in meinen Augen die Geschichte sogar noch länger hätte sein dürfen bzw. noch mehr in die Tiefe gehen können. Aber nichtsdestotrotz ein Buch mit Tiefgang, packend und zeitkritisch. Somit gibt es von mir eine Leseempfehlung.

Die Stimme meiner Schwester

sehr gut

Itamar Vieira Junior schafft mit "Die Stimme meiner Schwester" ein außergewöhnliches Buch, das uns mitnimmt in die Natur Brasiliens in eine Schwarze Gemeinde. Wir verfolgen die Schwestern Bibiana und Belonísia, die durch einen Unfall in der Kindheit für immer miteinander verbunden sind. Und dennoch gehen beide ihren eigenen Weg, finden ihr eigenes Schicksal mit Höhen und Tiefen, Herausforderungen und Hürden, die sie überwinden müssen.

In kurzen Rückblicken wird darüber hinaus das Schicksal von anderen Familienmitgliedern, wie der Oma oder dem Vater erzählt.

Ein Buch, das mich in eine ganz andere Welt mitgenommen hat. Ich habe mich zuvor noch nie mit dem Leben der Nachkommen von Sklav*innen in Brasilien auseinandergesetzt und finde, Vieira Junior schafft es mit diesem Buch, Lesende auf feinfühlige und kluge Art mit in diese Welt zu nehmen.

Ein Buch, das nachklingt, das die Natur regelrecht magisch darstellt, das auch in gewisser Weise anspruchsvoll ist, da es viele ähnliche Namen und verschachtelte Sätze gibt. Mir hat es gut gefallen, auch wenn ich das Buch durchaus sehr speziell finde.

Auf See

sehr gut

Dieses Buch lässt mich etwas ambivalent zurück. Ambivalent darum, weil der Anfang, bzw. die gesamte erste Hälfte, einfach so stark war, so spannend, drückend, anders, lehrreich. Ich konnte es kaum aus der Hand legen, war begeistert vom Erzählstil und den Zwischenkapiteln, die sich mit echten Alternativrealitäten beschäftigt haben und so einem wahnsinnig viel Wissen in kurzer Zeit vermitteln konnten.

Doch dann kam die zweite Hälfte, die Zusammenführung der Geschichte. Und ich muss sagen, dort hat mich das Buch etwas verloren, der Schreibstil blieb weiterhin wahnsinnig gut, das Erzähltempo schnell und spannend. Und dennoch war ich etwas verwirrt von der Entwicklung der Handlung, hätte mir mehr Aufklärung des ersten Teils gewünscht und etwas mehr Detail.

Alles in allem ein spannendes Buch. Vor allem ein Buch, das ich so noch nicht gelesen habe, das einfach anders ist, andere Blickwinkel zeigt, wunderbar starke Protagonistinnen hat. Aber leider dennoch kein Buch, das mich zu 100% überzeugen konnte.