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Am liebsten lese ich Bücher auf meinem sonnigen Südbalkon und im Winter mit einer Tasse leckeren Tees in meiner Leseecke.

Bewertungen

Bewertung vom 08.11.2022
Der Pfirsichgarten
Fu, Melissa

Der Pfirsichgarten


sehr gut

Das Buch "Der Pfirsichgarten" von Melissa Fu handelt im wesentlichen vom Leben einer Mutter (Meilin) und ihres Sohnes (Renshu/Henry), sowie später deren Enkelin (Lily) in den Zeiten des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges bis in die Gegenwart. Als Leser erlebt man hautnah mit, unter welchen Umständen Mutter und Sohn immer wieder fliehen und sich ein neues Leben aufbauen müssen. Als dieses schließlich und dauerhaft gelingt, lebt die Mutter in Taiwan und der Sohn in den USA, wo dieser selbst Vater wird. Fortan richtet sich das Augenmerk im wesentlichen auf das Leben und die Schwierigkeiten der Enkelin als Halbchinesin in den USA aufzuwachsen, während ihr Vater über seine Herkunft schweigt und die Enkelin doch immer wieder versucht ist, ihre Wurzeln väterlicherseits zu finden. Allen Lebensabschnitten und Lebensgeschichten gemein ist die Geschichte bzw. das Motiv vom Pfirsichblütenquell. Mal erzählt die Mutter dem Sohn die Geschichte auf der Flucht, mal entdeckt der Sohn sie in einem Museum und schließlich endet die Geschichte mit Gedanken zum Pfirsichblütenquell.

Wenngleich ich mir zu Beginn des Buches, aufgrund der vielen ungewohnten Lebensumstände, Namen und Orte unglaublich schwer tat, in die Geschichte zu finden, so zog sie mich nach knapp einem Fünftel komplett in ihren Bann. Ich las und begann gleichzeitig Orte und Geschehnisse im Geschichtslexikon nachzuschlagen, wodurch die Handlungen bis zur Ankunft Renshus (der fortan Henry heißt) in den USA verständlicher wurden. Mit Ankunft in den USA trat die Historie für mich in den Hintergrund und die eigentlichen Probleme in Henrys und später Lilys Leben in den Vordergrund. Während Herny seine Herkunft größtenteils verschweigt macht sich seine Tochter Lily auf die Suche nach ihren Wurzeln väterlicherseits, schließlich sieht man ihr an, dass sie zumindest Halbchinesin ist, wenngleich ihr Sprache und Sitten größtenteils fremd sind.

Alles in allem ist die Handlung durchweg nachvollziehbar, die Figuren einfühlsam beschrieben und die historischen Zusammenhänge halten sich angenehm im Hintergrund ohne aber an Erkennbarkeit zu verlieren. Toll war das wiederkehrende Motiv des Pfirsichblütenquells, das sich als Motiv immer wieder in der Geschichte findet, die Geschichte so noch authentischer wirken lässt und zum Nachdenken anregt.

Alles in allem finde ich dies eine unglaublich gelungene Erzählung über die Geschichte eines Landes und den ihm entstammenden Menschen verbunden mit einer Problematik des Neuanfangs in einem Land, aus dem mir zwar vieles bekannt, aber aus dieser Sichtweise nie bewusst war. Die Geschichte ist so gut und schlüssig erzählt, dass ich bis zum Lesen der Danksagung glaubte, es handele sich um einen autobiographischen Roman der Autorin, was dem aber nicht so ist, auch wenn vieles ähnlich und von der eigenen Familiengeschichte der Autorin inspiriert ist.

Klare Leseempfehlung an all jene, die nachvollziehen möchten, welche Schwierigkeiten Flucht und Neuanfang, ganz gleich wo auf dieser Welt und aus welchem Grund, für verschiedene Generationen mit sich bringt.