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Bewertung vom 21.09.2019
Der Preis des Lebens
Kreutner, Bernhard

Der Preis des Lebens


ausgezeichnet

Die Inseln der (Un)Seeligen - Organraub und andere Widerlichkeiten a la Ibiza & Co sind ortsunabhängig und allgegenwärtig:

DER PREIS DES LEBENS
Bernhard Kreutner
(Benevento Verlag, Herbst 2019)

Die besten deutschsprachigen Krimis kamen einst aus der Schweiz, Dürrenmatt und so.

Heute kommen diese längst aus Österreich, und das nicht nur, wie in den wahrlich perfekt gemachten „Landkrimis“, egal ob „Steirerkind“, „Steirerblut“ oder so.

Was aber Bernhard Kreutner hier vorgelegt hat, übersteigt selbst diese verfilmten Meisterwerke von Murnberger & Co., ganz abgesehen davon, dass auch dieses Opus filmreif wäre! Mal sehen, ob wir diese Geschichte einmal laufen sehen werden.

Was „Landkrimi“ und dieses Buch aber gemeinsam haben: Sie sind Ent- und Aufdecker gesellschaftlicher Realitäten und Strukturen, mit all ihren Unzulänglichkeiten, Gemein- und Widerlichkeiten.

„Der Preis des Lebens“ fährt mitten in diese Realitäten, ohne dass der Tiroler Wortakrobat und Schriftsteller Bernhard Kreutner während des Verfassens seines Buches jene (Un)Taten und Tat(sach)en kannte, ja kennen konnte, die nur kurz darauf tatsächlich und vollkommen unerwartet zur politischen Bombe wurden. Auf der spanischen Insel ging es zwar nicht um Organhandel bzw. -raub, sonst wurde aber so ziemlich nichts ausgelassen, was an Widerlichkeit und Dummheit noch zu überbieten gewesen wäre.

Organraub auf Bestellung ist fürwahr der Superlativ korrupten, kriminellen und widerwertigen Handelns, ex aequo mit Menschenhandel und gleich nach Waffenhandel. Das kriminelle Muster, Psycho- und Soziogramm sind dabei zwar immer das gleiche, dennoch wäre es in Anbetracht des vorliegenden Falles fast verharmlosend, würde man dabei an die skrupellose Bereitschaft, die eigene (Groß)Mutter verscherbeln bzw. umbringen zu wollen, denken.

Und dann war da noch „Big Brother“! Nicht auszudenken, wenn sich der Minister Jens Spahn bei der beabsichtigten Widerspruchslösung hier auch nur geringste Anleihen genommen hätte!

„Der Preis des Lebens“ ist durchdacht, spannend und von Tiefgang geprägt. "Krimi" ist dabei eine ziemliche Untertreibung. Es handelt sich mehr um eine gesellschaftskritische Analyse / Diagnostik.

Ein Roman, der sich trotz nicht gerade "sanfter" Thematik, flüssig und unbeschwert liest, lässt es der Autor doch auch nicht an Witz und Ironie nicht mangeln. Dazu tragen nicht zuletzt zwei Individualisten als Polizeioffiziere bei, die einmal keine kaputten oder dümmlichen Figuren sind.

Man kann nur hoffen, dass dieses Buch bzw. diese Geschichte eine Fortsetzung findet.

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