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sommerlese
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Zu meinen Hobbies gehört Lesen einfach dazu. Meine Rezensionen erscheinen auch auf meinem Blog. Schaut doch bei Interesse mal rein! https://sommerlese.blogspot.com/
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Insgesamt 2697 Bewertungen
Bewertung vom 12.06.2025
Portugiesisches Schweigen / Lissabon-Krimi Bd.10
Sellano, Luis

Portugiesisches Schweigen / Lissabon-Krimi Bd.10


sehr gut

Mord in der Eléctrico 28
Portugiesisches Schweigen ist der 10. Band der Lissabon-Krimi-Reihe von Luis Sellano aus dem Heyne Verlag.

Lissabon boomt als Tourismusziel und diesen Trend nutzen Investoren, indem sie ältere Häuser zu lukrativen Ferienwohnungen umgebaut haben. In der Folge haben die Einheimischen wegen steigender Mieten Probleme auf dem knappen Wohnungsmarkt, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Kommissarin Gomes macht sich Gedanken als es zu Todesfällen in der Eléctrico kommt, tötet hier jemand, um die Touristen abzuschrecken? Als Helenes Lebensgefährte Henrik Falkner in diese Todesfälle verstrickt wird, ermitteln beide, um den Täter zu stellen.

Im 10. Fall seiner Krimi-Reihe bringt Luis Sellano die Eléctrico 28 als Schauplatz eines Mordes ins Spiel. Die berühmte historische Tram Lissabons ist für Touristen eines der Highlights der Stadt und ständig überfüllt. Bei einer Fahrt ist Henrik Falkner der Sitznachbar des ersten Todesopfers und gerät durch bestimmte Spuren wieder in den Kreis der Verdächtigen. Als es zu einem weiteren Todesfall kommt, erkennt seine Freundin Kommissarin Helena Gomes, dass hier kein Zufall im Spiel ist. Jemand hat es darauf abgesehen, die von vielen Einheimischen unerwünschen Touristen einzuschüchtern.

Die Handlung wird wie gewohnt aus der wechselnden Sicht von Henrik und Helena erzählt. Schnell wird deutlich, dass hier jemand etwas gegen die massenhaft auftretenden Touristen unternehmen will. Die Story wird unterhaltsam erzählt und erscheint eingebettet in das Flair Lissabons. Henrik nutzt häufig die Tram und in diesen Kapiteln wird die Route der Tram, samt Haltestelle, Ziel und Ankunftszeit vorangestellt. Das gefällt mir, denn es vermittelt das Gefühl, selbst mitzufahren.

Die Ermittlungen laufen bis zum Schluss in einem undurchsichtigen Nebel, dabei geraten einige Verdächtige ins Visier Helenas und auch Henrik stellt sich die Frage nach der Verbindung der beiden Toten. Aber noch dringender möchte er heraus finden, warum er sich bei der Fahrt mit dem zweiten Toten an nicht erinnern kann. Welches Ziel hatte er? Liegt das an seinen Medikamenten, dass seine Erinnerung aussetzt und er später wieder kommt?

Diesen Fall habe ich gespannt verfolgt, denn wie in vielen Tourismusgegenden werden in der Alfama alte Häuser gekauft, um sie umzubauen und gewinnbringend als Ferienwohnungen zu vermieten. Die Einheimischen geht günstiger Wohnraum verloren und sie werden aus ihren Vierteln gedrängt. Aber will der Täter mit den Morden wirklich die Touristen aus der Stadt fernhalten?

Die Anzahl an Figuren hat mich sehr gefordert, da wäre ein Personenregister gut gewesen. Dennoch entwickelt sich ein spannendes Spiel mit Verdächtigen, bei dem dieses Mal Helena in Gefahr gerät. Ich habe vor allem die privaten Vorgänge und die Entwicklung der Protagonisten gerne weiter verfolgt. Helena, ihre Tochter und Henrik sind zu einer kleinen Familie zusammen gewachsen und obwohl man es Henrik nie zugetraut hätte, übernimmt er die Aufgaben eines sorgenden Vaters. Die Sorge um seinen Vater treibt ihn um, denn sein Vater benötigt dringend ein Spenderorgan.

Dieser Krimi führt in gewohnter Manier quer durch Lissabons Innenstadt und bringt mit seinem aktuell gehaltenen Fall spannende Lesezeit mit sich!

Bewertung vom 10.06.2025
Perlen
Hughes, Siân

Perlen


gut

Wenn eine Lebensperle fehlt!
Im Dumont Verlag erscheint das Romandebüt Perlen von Siân Hughes.

Mariannes Mutter verschwand, als sie gerade mal acht Jahre alt war und ließ sie, ihren kleinen Bruder Joe und ihren Vater zurück. Dieser Verlust prägte Mariannes Leben und begleitet sie bis als Erwachsene und Mutter einer Tochter. Sie erinnert sich bruchstückhaft an Lieder und Spiele, die sie mit der Liebe ihrer Mutter verband, doch die große Frage, warum ihre Mutter gegangen ist, drängt sich ihr immer noch auf.

Die Geschichte handelt vom Verlust der Mutter, von Trauer und Selbstfindung. Der Roman schildert die Gedanken Mariannes, die den Verlust ihrer Mutter nie ganz überwunden hat und als Erwachsene darüber nachdenkt. Sie lässt uns in ihr Leben schauen, ihr Denken und Fühlen wird feinfühlig und berührend erzählt, man kann das Buch durch den eingängigen Erzählstil gut lesen. Aber die Figur der Marianne kam mir nie ganz nahe, ich konnte sie irgendwie nicht fassen, denn die Erzählung sprang in Episoden in Mariannes Leben hin und her, die sich mir nicht als Ganzes erschlossen haben. Geblieben ist für mich nur der Eindruck vom Aussöhnen mit der Vergangenheit und dem Abschiednehmen von der eigenen Mutter.

Anfangs wirkt die bildhaft und ruhig erzählte Geschichte eindringlich und hat mich mitgezogen. Mariannes Gedanken werden berührend geschildert und mit traurigen und dramatischen Erlebnissen aus der Vergangenheit gefüllt, doch je weiter sie sich uns öffnen will, umso mehr verliert sich der rote Faden der Geschichte. Es ergibt sich eine ungeordnete Aneinanderreihung von Szenen, so wie einzelne Perlen auf einer Kette, die kein großes Ganzes ergeben. Trotz intensiver Gedanken Mariannes blieb sie mir merkwürdig fremd.

Es gibt wertvolle und billige Perlen, gute und schlechte und genauso verhält es sich mit diesem Roman, der eine Aneinanderrreihung von Perlen ist, die mal schön sind, mal nahe gehen und berühren, mal traurig und auch verwirren, weil sie irgendwie nicht zu den anderen Perlen passen.

Trotz des berührenden Themas über den Verlust einer Mutter konnte mich die Geschichte nicht ganz erreichen.

Bewertung vom 09.06.2025
Umweg zum Sommer
Kuhlmann, Stefan

Umweg zum Sommer


gut

Hat mich leider nicht so gepackt wie erhofft!
Stefan Kuhlmanns Roadtrip Umweg zum Sommer erscheint im Rowohlt Verlag.

Der abgerockte Musiker Martin plant einen Auftritt auf einem Musikfestival in Portugal und rechnet sich gute Chancen auf einen musikalischen Durchbruch aus. Leider war sein letztes One-Hit-Wonder bereits vor 20 Jahren und nun hofft er auf sein Comeback.
Doch dann muss seine Schwester zu einer Reha und bittet Martin, für ihren Sohn Karl zu sorgen. Das passt Martin gar nicht und er bringt Karl zur Oma. Er startet in Richtung Süden und kann es kaum fassen, der blinde Passagier an Bord ist Karl. Der möchte seine Ferien nicht bei Oma verbringen, sondern viel lieber ans Meer nach Portugal.

Anfangs mag man es gar nicht glauben, doch die beiden ungleichen Weggefährten Martin und Karl wachsen auf ihrer Reise zusammen. Der 49-jährige Martin ist ein Kindskopf, ein Lebenskünstler, er glaubt allen Ernstes noch daran, eine erfolgreiche Musikerkarriere zu starten, dabei läuft sein einziger Erfolgshit "You Don’t Know Me" inzwischen unter den Oldies im Radio. Er fühlt sich immer noch als Rockstar und denkt, seine beste Zeit liege noch vor ihm. Ist das wirklich so? Martin kommen auf der Reise Zweifel, besonders weil sein nerviger Neffe das Leben anscheinend besser versteht als er.

Karl ist für diese Reise der beste Begleiter, er schwimmt total gerne und möchte ans Meer. Außerdem ist die Tiefsee sein Steckenpferd und er weiß alle möglichen Dinge, von denen sein Onkel Martin nicht einmal gehört hat, wie die Benthosökologie. Im Grunde findet er Martin ziemlich peinlich, denn der glaubt wirklich immer noch daran, als Rockstar durchzustarten. Genauso peinlich ist aber auch Karls Plüschtier, ein Orca, der überall mit muss. Mit diesem Sommer kommt aber auch Karl in die Pubertät und diese Entwicklung versteht Martin recht gut.

Auf ihrer Reise kommen Onkel und Neffe wegen knapper Kasse bei verschiedenen Verflossenen von Martin unter, mal gut, mal eher nicht. Sie begehen Ladendiebstahl, lassen sich von alten Bekannten Martins aushalten und helfen einem Flüchtling.

Die Geschichte ist locker erzählt, sehr unterhaltsam und hat einige schöne Szenen, über die ich schmunzeln konnte, vieles war aber vorhersehbar. Martin ist kein Mann, den ich bewundern würde. Er ignoriert die Zeichen der Zeit und denkt immer noch, er wäre ein echter Rockstar. Das erkennt auch Karl, der zwar sehr intelligent ist, aber auch recht altklug, womit er nicht nur Martin auf den Geist ging, sondern auch mir. Doch mit seiner charmanten Art hat er Erfolg und setzt seine Wünsche durch. Es war für mich interessant, was beide erleben und wie sie sich auf der Reise arrangieren und wie Martin die Realität erkennt.

Ein unterhaltsamer, humorvoller Roadtrip mit zwei speziellen Charakteren, die sich einander annähern und zum Zusammenwachsen der Familie sorgen!

Bewertung vom 07.06.2025
Ahoi! Alle an Bord und Leinen los!
Blackall, Sophie

Ahoi! Alle an Bord und Leinen los!


sehr gut

Eine wunderbare Fantasiereise

Im Penguin Kinderbuchverlag erscheint Ahoi! Alle an Bord und Leinen los! illustriert von Sophie Blackall für Kinder ab vier Jahren. Die Übersetzung stammt von Bettina Obricht.

Als Papa im Wohnzimmer vorhat, den Teppich zu saugen ist der Sohn schon in die Rolle eines jungen Kapitäns geschlüpft und lässt seiner Fantasie freien Lauf. Doch irgendwann schwappt die abenteuerliche Spielidee auch auf Papa über, sie entwerfen eine Seekarte und legen mit ihrem Schiff ab. Ein aufregenden Abenteuer auf hoher See startet.

Wenn Kinder spielen, nutzen sie gerne Alltagsgegenstände und bauen daraus in ihrer Fantasie ihre eigene Spielwelt. Da wird der Stuhl zum Ausguck eines Segelschiffs, der Besen zum Mast und der Staubsauger samt Kabel zum Kalmar. Und in diesem Fall spielt Papa mit und wird zum 1. Offizier und die Socken werden zu Möwen.

Diese Szenerei wird in dem Bilderbuch mit seemännischen Begriffen zu einem richtigen Segelabenteuer ausgebaut, bei dem einige Fachausdrücke der Seemannssprache Verwendung finden. Vorn im Buch werden diese Begriffe erklärt.

Die Geschichte bringt viele fantasievolle Details mit sich, sie ist lustig anzusehen, spannend und ein Appell an alle Eltern, doch mal die alltäglichen Aufgaben liegen zu lassen, dafür mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und sich von der Fantasie leiten zu lassen. Was wäre eine Kindheit ohne Spiele?

Die Illustrationen sind schön anzusehen, erklären das Abenteuer auf hoher See bildhaft, denn viel Text gibt es nicht. Die Handlung ist schon für Vierjährige zu verstehen, die Seemannssprache eher nicht. Aber das ist vielleicht auch gar nicht so wichtig. Denn es geht um das gemeinsame Spiel mit den Eltern und um ein fantastisches Abenteuer auf dem Ozean - äh, ich meine natürlich dem Wohnzimmerteppich!

Ein tolles Bilderbuch über die Fantasie, über spielende Eltern und ihre Kinder und über ein großes Abenteuer auf offener See!

Bewertung vom 07.06.2025
Ein Traum in Blau

Ein Traum in Blau


ausgezeichnet

Rund ums Mittelmeer: Küsten, Küche und Kultur!
Das Fernweh-Buch von arsEdition trägt den Titel "Ein Traum in Blau".
Das Mittelmeer ist nicht nur blaues Wasser, es ist vielfältig und bunt, versprüht mediterrane Lebensfreude und ist ein Sehnsuchtsort für Urlauber.

Dieser Bildband führt uns auf eine Reise entlang der Mittelmeer-Anrainer vom Süden Spaniens über die Cote d’Azur und die Adria bis zur Ägäis! Wir lernen die Vorteile der mediterranen Küche kennen und bekommen landestypische Spezialitäten mit Rezepten vorgestellt. Wir besuchen sehenswerte Inselparadiese, entdecken schöne Strände, antike Städte und spektakuläre Küstenstraßen und tauchen ein in das Leben der einzelnen Regionen.

Der wunderschöne Bildban stellt in den Kapiteln "Essen & Trinken", "Kunst & Kultur" und "Land & Landschaft" jede Menge Anregungen zur Verfügung, die man für die nächste Reise oder einfach nur zum Anschauen und Träumen nutzen kann.

Das Mittelmeer ist so vielfältig wie seine Anrainerstaaten und hat neben einfachen Badefreuden so viel mehr zu bieten. Es gibt grandiose Aussichten auf den Uferstraßen entlang der wunderschönen Küste, außerdem Biosphärenreservate und Kulturdenkmäler, die zu einem Besuch einladen.

Die wunderschönen Bilder von Meer, Städten und Landschaften und die köstlich aussehenden Gerichte haben auf mich eine besondere Faszination ausgeübt. Beim Schmökern hat mich das Fernweh gepackt und ich wäre am liebsten sofort in eines der Länder am Mittelmeer gereist. Wer sich in Bezug auf das Ziel noch unsicher ist, findet im Buch vielfältige und interessante Informationen zu den einzelnen Ländern und ihrer Besonderheiten.

Wer sich das Mittelmeer zu Hause zu Gemüte führen möchte, blättert sich schwelgend durch die Seiten und erfreut sich an den herrlichen Fotos von Stränden, Gebäuden, Märkten oder an den köstlichen Gerichten der mediterranen Küche, die für ihre gesunden Zutaten bekannt ist. In der interessanten Abhandlung über Olivenöl wird über alte Olivenbäume, die Inhaltsstoffe und die Herstellung des Öls informiert und worauf man bei der Bezeichnung der Öle achten sollte.

Das Mittelmeer mit seinem mediterranen Leben wird in diesem hochwertig verarbeiteten Geschenkbuch auf inspirierende Weise vorgestellt! Zur Planung der nächsten Reise, zum Schmökern oder zum Nachkochen der mediterranen Küche eignet sich dieses Buch ganz wunderbar!

Bewertung vom 05.06.2025
Das Haus der süßen Träume
Cavagna di Gualdana, Giacinta

Das Haus der süßen Träume


sehr gut

Der Traum von Schokolade
Im Atlantik Verlag erscheint der historische Roman "Das Haus der süßen Träume" von Giacinta Cavagna di Gualdana.

Mailand um 1910: Luigi Zaini will eine Schokoladenfabrik errichten, gemeinsam mit seiner Frau Olga erschafft er sich seinen Traum. Olgas Credo lautet »In der Liebe gibt es keine Opfer.« Und das gilt nicht nur für ihre eigene Familie, sondern auch für die Arbeiter in der Fabrik, die sich für den Betrieb engagieren und die Zaini-Schokolade hoch halten. Als Luigi 1938 noch recht jung verstirbt, übernimmt Olga Luigis Aufgaben und führt die Familie Zaini durch Italiens dunkelste Stunden.

Der Roman beruht auf der wahren Geschichte der Schokoladen-Dynastie und zeichnet ein lebendiges Bild der Familie Zaini und ihrer Angestellten mit Freud und Leid in dunklen Kriegszeiten. Doch vor allem verbreitet sich der sinnliche Genuss von Schokolade und lässt uns gedanklich eintauchen in verschiedene Kreationen.

Die Autorin entführt uns nach Mailand und erzählt die Geschichte einer der ältesten Schokoladenfabriken Mailands in einer Zeitspanne zwischen 1910 und 1946. Dabei lässt sie uns das Leben und den Zeitgeist spüren und verwebt Fiktion und wahre Begebenheiten zu einem schönen und fesselnden Roman, der auch die politische Entwicklung sichtbar macht. Wir lernen die unterschiedlichen Charaktere der Familie und Angestellten kennen, fühlen während ihrer Lebensprobleme mit ihnen und begleiten sie auf ihrem Weg. Allen voran die unerschrockene Olga, die gemeinsam mit Luigi die Fabrik aufbaut und später nach Luigis Tod 1938 als Fels in der Brandung ihre Familie durch schwere Zeiten führt.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, weil die Familienbelange authentisch nachfühlbar erzählt und die persönlichen Schicksale bildhaft und sehr glaubhaft mit Leben gefüllt werden. Man taucht in die Historie Mailands ein, erlebt die Schwierigkeiten in der Beschaffung von Rohstoffen für die Produktion, das Machtgebahren Mussolinis und den Faschismus, die politischen Veränderungen und Umbrüche und den Weg der Schokolade von der Tafel der Könige hin in die Häuser der allgemeinen Bevölkerung. Dies alles ist so herrlich flüssig und abwechslungsreich erzählt, dass ich das Buch gefesselt gelesen habe und wunderbar unterhalten wurde.

Interessant und sehr sinnlich werden die Inhalte der Schokoladenproduktion und die zeitlichen Veränderungen in der Modewelt präsentiert. Die Mode, die Olga elegant lebt und die uns anhand von Stoffen, Farben und Schnitten in bunten Bildern präsentiert werden. Der Geschmack und der Duft von Schokolade, die uns in vielen Varianten uns kurz vor die Nase gehalten wird. Da wird man beim Lesen schon richtig süchtig nach Schokolade.

Die facettenreiche Ausgestaltung der Figuren und die Hervorhebung der Charakterstärken und unterschiedlichen Talente sind der Autorin besonders gut gelungen. Es sind die starken Frauenfiguren, die das Leben in Kriegszeiten voran brachten und die Geschicke von Familien oder Betrieben leiteten.

Ein wunderschön erzählter, berührender Roman, der historische Vorgänge und das Leben in Mailand aufzeigt und dabei auch die Träume sichtbar macht, die die Hoffnung der Menschen aufrecht erhält, wenn das Schicksal es nicht so gut meint.

Bewertung vom 03.06.2025
Sputnik
Berkel, Christian

Sputnik


sehr gut

Oh là là, Christian Berkel!
Christian Berkels Romanbiografie "Sputnik" erscheint im Ullstein Verlag.

Im Jahr 1957 startete der erste Satellit namens Sputnik in die Erdumlaufbahn, in diesem Jahr wurde Christian Berkel geboren. Als "Sputnik" erzählt Berkel autofiktional aus seinem Leben, beginnend im Mutterleib, durch die Kindheit und Pubertät bis in seine 20er Jahre als seine Schauspielkarriere begann.

Wir erfahren vom schwierigen Verhältnis zu seinen Eltern, die den zweiten Weltkrieg überlebt, aber immer noch traumatisiert sind. Seine Mutter Sala entstammte einer jüdischen Familie und war im Lager Gurs eingesperrt. Sein Vater Otto litt mehrere Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft.

Das Buch startet originell mit der befruchteten Eizelle im Körper der Mutter, wir erleben Sputniks Gedanken während seiner Geburt und folgen ihm durch seine Schulzeit in Berlin. Seine große Chance ist der Aufenthalt als Schüler in Frankreich, eine Zeit, die ihn prägen und reifen lässt auf der Suche nach seiner eigenen Identität. Seine französischen Freunde führen ihn mit anderen Leuten zusammen, er nimmt Drogen und verliebt sich mehrfach und lässt uns an seinen Erfahrungen teilhaben. Das liest sich durch das erzählerische Können wirklich sehr unterhaltsam und auf eine gewisse Weise auch humorvoll, so wie im Grunde die ganze Geschichte einfach schön erzählt ist. Berkel möchte Schauspieler werden, bekommt aber trotz guter Französischkenntnisse keinen Platz an einer Schauspielschule in Frankreich. Also kehrt er nach Deutschland zurück und schafft es hier, es folgen einige Rollen an verschiedenen Theatern. Neben der Schauspielerei interessiert er sich für die Literatur und für Kunst. Doch viel interessanter erschienen mit die Einblicke in seinen Schauspielunterricht und die Vorgänge bei den Theaterproben. Denn das Theater wird Sputniks Welt, hier kann er sich austoben und sein Können zeigen.

Im dritten Teil des Buches fließen die Einflüsse der politischen Unruhen und gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland ein. Und es kommt zu einem speziellen Erlebnis als seine Eltern mit Freunden die TV-Verfilmung "Holocaust" ansehen und über ihre eigene Vergangenheit diskutieren.

Dieser Roman ist eine Art Coming of Age-Geschichte, die Berkel mit schriftstellerischem Können sehr abwechslungsreich und zeitweise auch poetisch erzählt und mit Inhalten füllt. Die biografische Erzählung stellt ihn uns bis zu seinen Jugendjahren vor, man darf also noch auf eine Fortsetzung hoffen.

Lesenswerte und intensiv erzählte autofiktionale Romanbiografie!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.05.2025
Wir Wale
Ritter, Fabian

Wir Wale


sehr gut

Interessant, aufklärend und beindruckend: Das geheime Leben der Wale!
Das Sachbuch "Wir Wale: Die Welt der Meeressäuger durch ihre Augen" von Fabian Ritter erscheint bei Penguin Bücher.

Der leidenschaftliche Walforscher und Meeresschützer Fabian Ritter bringt uns mit einem Perspektivwechsel die intelligenten Meeressäuger näher. Dabei fließen wissenschaftliche Erkenntnisse ein und wir erfahen, wie Wale und Delfine ihre Welt wahrnehmen, wie sie kommunizieren, spielen, lieben und Gefühle zeigen. Aber auch, wie wir Menschen diese Welt bedrohen.

"Wir sind mit Euch Menschen auf vielfältige Weise verbunden - und ihr mit uns. ... Die gute Botschaft lautet: Wir sind Euch ebenfalls zugewandt... Bevor wir uns Euch wohlwollend und ohne Zwang zuwenden können, müssen wir satt und ausgelassen gestimmt sein". Zitat Seie 229

Wale sind faszinierende Säugetiere, sie besitzen erstaunliche Fähigkeiten, sind sehr anpassungsfähig, leben in matriarchalischen Gesellschaften und sind erstaunlich soziale Tiere.

Der Biologe und Meeresschützer Fabian Ritter schildert uns aus der Wir-Perspektive wie Wale und Delfine handeln, leben und lieben und lässt uns damit in ihre Welt eintauchen. Dabei fließen wissenschaftliche Beobachtungen ein und er stellt detaillierte Beschreibungen des Verhaltens vor und erklärt uns, welche Gefahren für Wale und Delfine in ihrem Lebensraum begegnen und wofür der Mensch verantwortlich ist. Das Buch ist durchzogen von der Wertschätzung, die Ritter für diese Meeresbewohner hegt. In den Texten lernen wir das Verhalten der Tiere besser verstehen und ihre Lebensgewohnheiten näher kennen.

Die im Buch zu Wort kommenden Protagonisten sind: Großer Tümmler Buchelwal, Orca, Grindwal, Blauwal, Pottwal, Rauzahndelfin, Grauwal und Schweinswal. Zu den Texten gibt es zahlreiche Fotografien des Autors, die die Tiere in unterschiedlichen Lebensbereichen abbilden.

Die zahlreichen Informationen über die Seele und das Verhalten der Tiere lassen die Liebe und Wertschätzung des Autors für Wale und Delfine spüren. Er macht uns das Leben der Tiere, ihre Nahrungssuche, Gesänge und andere Besonderheiten verständlich und nachfühlbar und setzt sich weltweit für ihren Schutz ein.

Wenn wir uns in die Rolle dieser Meerestiere hinein denken, wird schnell deutlich, wie sehr sie durch menschliche Einflüsse gefährdet sind. Walfang, Gefangenschaft und die zunehmende Überfischung der Meere machen ihnen das Leben schwer.

Der Perspektivwechsel macht dieses Buch so interessant und fast nebenbei erfährt man viele wissenwerte Fakten über Wale und Delfin, die mit der besonderen Erzählweise nicht nur Faszination vermitteln, sondern für echtes Interesse für diese Meeressäuger sorgen.

Interessant, aufklärend und beindruckend: Eintauchen in das geheime Leben der Wale!

Bewertung vom 29.05.2025
Krakadu
Sabbag, Britta

Krakadu


sehr gut

Kunterbunt und richtig lustig!
Britta Sabbag ist die Autorin vom Kinderbuch Krakadu aus dem Carlsen Verlag, das von Lisa Nollenberger wunderschön illustriert wurde.

Krakadu ist ein tollpatschiger Krake, der sicht bemüht, seine acht Arme unter Kontrolle zu bringen, denn mit den Tentakeln bleibt er ständig irgendwo kleben. Wie gut, dass sein bester Freund, der kluge Seestern Dr. Prof ständig bei ihm ist, er klebt an ihm fest und begleitet ihn bei allen Abenteuern und Unternehmungen. Natürlich kabbeln sich die beiden Freunde auch mal, doch das ist bei besten Freunden ganz normal.


Bei diesem Kinderbuch fallen neben den wundervollen bunten Illustrationen beim Vorlesen sofort die witzigen Dialoge auf, die mit herrlichen Wortschöpfungen und Anspielungen auf Begriffe und Personen für viel Spaß sorgen. Allerdings können Kinder von fünf Jahren viele dieser Begriffe nicht verstehen, so wie "bedürfnisorientierte Beschwerdekultur". Auch Figuren wie "Ella Fischgerald" und "Grönehaier" können sie nicht realen Personen zuordnen. Hier haben die Eltern sogar mehr Freude beim Vorlesen und können sich über die vielen wortreichen Gags amüsieren.

Für die Kinder ist die Geschichte einfach eine Erzählung über Freunde, die ein Abenteuer erleben und sich so akzeptieren wie sie sind.

Besonders gelungen sind die witzigen und ungewöhnlichen Illustrationen von Lisa Nollenberger, die mich echt begeistert haben. Sie bildet die Meeresbewohner recht originell und doch mit erkennbarem realen Aussehen ab. Die Story stellt verschiedene Meeresbewohner vor und bringt damit Wissenswertes auch über Grönlandhaie mit.

"Krakadu" ist ein sehr lustiges und wortgewandtes Buch, bei dem Erwachsene ihre helle Freude an den schrägen Begrifflichkeiten haben und die Kinder die liebenswerten und etwas schrägen Figuren gerne bei ihrem Abenteuer begleiten.

Bewertung vom 28.05.2025
Zypressensommer
Simon, Teresa

Zypressensommer


ausgezeichnet

Atmosphärisch erzählte deutsch-italienische Geschichte
Im Rowohlt Verlag erscheint der Roman Zypressensommer von Teresa Simon (Brigitte Riebe).

Nach dem Tod ihres Großvaters Gianni möchte die Goldschmiedin Julia Matthiesen seine Heimat erkunden und reist zum ersten Mal ins toskanische Dorf Lucignano, aus dem Gianni stammte. Sie stösst auf ein altes Familiengeheimnis, das in die Zeit der Resistenza führt und ihr den Kampf der Partisanen näher bringt. Von ihren Großvater hat sie darüber nie etwas erfahren.

Die zauberhaft schöne Landschaft der Toscana begeistert Julia und gemeinsam mit dem attraktiven Matteo Conti forscht sie in Giannis Vergangenheit und seiner Familiengeschichte. Dabei stösst sie auf die beiden Olivenbauern Vito und Gianni und auf eine tragische Liebesgeschichte.

Zypressensommer enthält Erlebnisse aus zwei Zeitsträngen, die Gegenwart und die 1940er Jahren. Dabei wird von Julias Reise erzählt und aus den Kriegsjahren in Italien, in denen sich der italienische Widerstandskampf der Partisanen entwickelte, wo sich auch Frauen (Giulia) beteiligten.

Die Erzählperspektive wechselt zwischen Julia, Gianni und Giulia und es entspinnt sich eine authentische, emotionale und spannend erzählte Geschichte, die mich bis zum Ende gefesselt hat.

Teresa Simon schreibt einfach wunderbar flüssig, geschickt lässt sie den zeitgeschichtlichen Hintergrund, der mit der schlimmen Vergangenheit der Besatzer einhergeht, in ihre Geschichte einfließen und bringt mit dem wunderschön geschilderten landschaftlichen Setting und der italienischen Lebensweise unterhaltsame Elemente ein, die mich beim Lesen gefühlt in die Toscana reisen ließen. Julias Spurensuche habe ich gerne begleitet, sie wuchs mir als sympathische Protagonistin ans Herz, die nicht von persönlichen Vorteilen geleitet wird, sondern ihre Wurzeln und die italienische Familie kennen lernen möchte.

Die geschichtlichen Hintergründe erläutert Teresa Simon noch einmal im Anhang, diese Einblicke schätze ich besonders, weil sie als Historikerin die Zusammenhänge ganz wunderbar erklären kann. In diesem Zusammenhang habe ich Giannis Schicksal besonders interessant empfunden, als sich Italien 1943 den Allierten anschloss und den Pakt mit Hitler aufkündigte, wurde Hundertausenden Italiener nach Deutschland verschleppt, um dort als Zwangsarbeiter tätig zu sein. Gianni hat in der Fischräucherei hart gearbeitet, Hass ertragen und in Deutschland die Liebe und seinen eigenen Weg gefunden. Die Schicksale der Zwangsarbeiter waren von Hunger und Leid geprägt, einige starben und einge kehrten in ihre Heimat zurück. Dieses Kapitel des Krieges wird selten in Romanen beschrieben, Teresa Simon würdigt mit ihrer authentischen Sichtweise die Zwangsarbeiter auf ihre Weise.

Dieser Roman hat mich mit seiner Familiengeschichte mitgerissen, die historischen Einblicke in das Wirken der Resistenza und die bewegenden Schicksale der italienischen Militärinternierten in Deutschland haben mich nachaltig beschäftigt und sehr berührt.