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sommerlese
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Zu meinen Hobbies gehört Lesen einfach dazu. Meine Rezensionen erscheinen auch auf meinem Blog. Schaut doch bei Interesse mal rein! https://sommerlese.blogspot.com/
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Bewertung vom 03.09.2025
Huth, Peter

Aufsteiger


ausgezeichnet

Packender Gesellschaftsroman mit einem überraschenden Ende
Peter Huths neuer Roman "Aufsteiger" erscheint im Droemer Verlag.

Felix Licht glaubt sich am Ziel seiner Karriere angekommen, der Berufung zum Chefredakteur. Doch die Entscheidung fällt zugunsten der "woken" Feministin Zoe Rauch, die Licht vor Jahren protigiert hat. Nun bekommt das Magazin eine Ausrichtung in der Themen aufgegriffen werden, die bisherige Käufer nicht lesen wollen. Sie entscheiden sich gegen einseitige Stimmungsmache und kündigen zuhauf ihr Abonnement. Doch die Entscheidung ist gefallen, Felix Licht muss gehen, Zoe Rauch kann schalten und walten, wie es ihr beliebt. Lichts Leben zerbricht, seine Frau wendet sich ab, er ist gekränkt, sein Karriereziel ist verpasst und sein Traum ist erloschen und außerdem steht die Existenz seiner Familie auf der Kippe.
Peter Huth war selber Chefredakteur einer großen Zeitung und kennt die Branche zur Genüge. In "Aufsteiger" beschreibt er auf kluge Weise und in flüssigem Erzählstil, wie vorgefertigte Stimmungsmache funktioniert und wie sehr persönlicher Ehrgeiz und Karrieredenken Menschen zu ihrem Tun bewegen. Man hat das Gefühl, dass hier demokratische Ansätze zugunsten persönlicher Ideologien unter den Tisch gekehrt werden. Und was in einem Verlag funktioniert, lässt sich auch auf unsere politische Ebene übertragen.

Sehr interessant ist die die Tatsache, dass hier ein weißer Mann gegen Diskriminierung klagt und damit den Spieß einfach umdreht, wo sonst eher unterdrückte Frauen, transexuelle Minderheiten und Rassendiskriminierte, die ihr Recht gegen Unterdrückung oder Chancenlosigkeit einklagen.

Bei dieser Geschichte habe ich den Eindruck, dass Huth uns zum Nachdenken anregen möchte. Es könnte aber auch sein, dass er die aktuellen Strömungen in Politik und Gesellschaft anprangern und sichtbar machen will. Die Botschaft hinter dem Buch ist nicht eindeutig und so kann sich jeder seine eigenen Gedanken dazu machen. Ich habe die Geschichte gespannt und interessiert gelesen und empfehle es gerne weiter.

Dieses Buch regt dazu an, die unterschiedlichen Strömungen in unserer Gesellschaft und vorgefertigte Stimmungsbilder zu überdenken.

Bewertung vom 02.09.2025
Noll, Ingrid

Nachteule


ausgezeichnet

Wieder ein Highlight von Ingrid Noll!
Der neue Roman der Erfolgsautorin Ingrid Noll heißt Nachteule und erscheint im Diogenes Verlag.

Die 15-jährige Luisa wächst in einem behüteten Elternhaus auf, wurde als Baby adoptiert und hat peruanische Wurzeln. Dank ihrer Gabe, im Dunkeln sehen zu können, beobachtet sie die nachtaktiven Tiere und entdeckt dabei den jungen Obdachlosen Tim, den sie versorgt und ihn im Haus versteckt. Der junge Mann nutzt die Chance, denn er hat guten Grund, unsichtbar zu bleiben. Luisa entwickelt Gefühle für Tim, verstrickt sich immer mehr in ihre Lügen und bemerkt um sich herum einige Verbrechen, die sie nicht richtig einordnen kann.

"Alles lief bisher in geordneten Bahnen. Aber jetzt brodelte es plötzlich im Untergrund, obwohl wir nicht in der Vulkaneifel lebten. Irgendwann würden wir mit Lava übergossen und vernichtet werden." Zitat Seite 90

Ingrid Noll schlüpft in Nachteule in die Rolle eines Teenagers und erzählt eine turbulente Handlung, die aus einer speziellen Mischung von Coming-of-age, Krimi und Beziehungsdrama besteht. Dabei hat mir besonders gut gefallen, dass sie, wie man es von ihren älteren Romanen gewohnt ist, in Nachteule ihre feine menschliche Beobachtungsgabe ausspielt. Sie verleiht ihren Charakteren eine emotionale und fühlbare Tiefe und macht die verschiedenen Ängste, Sorgen und Glücksgefühle mit spielerischer Leichtigkeit sichtbar. Ihr klarer und atmosphärischer Erzählstil führt direkt ins Geschehen und lässt uns in einen Strudel von Lügen und menschliche Verwicklungen eintauchen, der sich immer fesselnder entwickelt je länger man liest.

Luisa ist ein Einzelkind aus bürgerlichem Hause, etwas altklug, sie hat keine Freunde und gilt in ihrer Klasse als Streberin. Sie ist eine Einzelgängerin und trifft auf den Obdachlosen Tim, den sie mit Essen versorgt. Aus Führsorge oder vielleicht möchte sie einfach mal etwas anderes erleben als den üblichen Alltag mit Schule und biederem Elternhaus. Durch ihre Versorgerrolle gerät sie in einen Teufelskreis, Nettigkeiten von Tim misst sie viel Bedeutung zu und während sie ihre Handlungen verbergen muss, entwickelt sich bei ihren Eltern eine Beziehungskrise. Luisa gibt Tims Forderungen immer weiter nach, wird zur Komplizin und bringt sich selbst in Schwierigkeiten.

Die heile Welt der Familie bekommt Risse, einige Nebenhandlungen und ein Todesfall sorgen für Spannung und schliesslich tritt ein weiterer Bekannter in Luisas Leben. Ich war neugierig, wie sie diesen Spagat aus Lügen, Hilfestellung und kindlicher Naivität bewältigen kann.

"Nachteule" beginnt etwas verhalten, man muss sich erst in die Gedanken- und Lebenswelt von Luisa hineinfühlen, danach entwickelt die Geschichte eine Sogwirkung der perfekten Unterhaltung, deren Ausgang ich mit Spannung erwartet habe. Ich kann dieses Buch guten Gewissens als Page Turner bezeichnen und möchte mich bei Ingrid Noll für ihren schriftstellerischen Einsatz bedanken, den sie auch in hohem Alter noch meisterhaft absolviert.

Nachteule ist ein weiteres Meisterwerk von Autorin Ingrid Noll, das an frühere Erfolge anknüpft! Vielen herzlichen Dank für diesen Roman!

Bewertung vom 29.08.2025
Vego, Kristin

Spät am Tag


gut

Eine Liebesgeschichte mit Höhen und Tiefen
Im Insel Verlag erscheint Kristin Vegos Debütroman Spät am Tag.

Die Schriftstellerin Johanne ist Anfang dreißig, als sie sich nach einer gescheiterten Ehe auf der Suche nach Ruhe und einem Neuanfang auf dem Land ein Zimmer mietet. Sie wohnt bei dem Tischler Mikael, der dort mit seiner Frau Sofia und Tochter Maren lebt und ahnt noch nicht, dass dieser Ortswechsel ihr Leben maßgeblich verändern wird.

Kristin Vego lässt uns in die Gefühlswelt von Johanne blicken, sie beschreibt den Umzug aufs Land, den Umgang mit den Mitbewohnern und die aufkommenden Gefühle zu Mikael und das beglückende Gefühl, mitten in der Natur zu leben. Siebzehn Jahre später ist Mikael gestorben und wir erfahren in Rückblicken, wie sich Johannes Leben entwickelt hat, was sie auf melancholische Weise in Worte fasst. Inzwischen lebt sie allein in dem Haus, was in den dazwischen liegenden Jahren passiert ist, wird in Schnipseln der Erinnerung beschrieben. Das Wichtigste ist die Liebe, von der sie in der Erinnerung zehrt und die Johanne an diesen Ort fesselt.

Dieses Buch liest sich durch den traurigen Unterton recht melancholisch. Die Handlung beschreibt Johannes Leben und ihre Beziehung mit Mikael, den Lebensalltag mit seiner Tochter Maren, die Johanne ans Herz wächst und mit der Ex-Frau Sofia, die keine umgängliche Person ist. Wie verhält man sich in so einer Personenkonstellation?

Die Tage vergehen, das Leben zieht vorüber und Johanne erzählt nur bestimmte Erinnerungen, die ihr in den Sinn kommen. Nebenher wird die Landschaft in den schönsten Bildern beschrieben, die man einfach nur genießen kann. Auch das Zeitempfinden und der Ablauf von Tag und Nacht werden thematisiert. Hinter diesen Schilderungen fällt die persönliche Vergänglichkeit ins Gewicht und man wird gewahr, welche geringe Bedeutung jeder einzelne Mensch im Ablauf der Zeiten ausmacht.

Der flüssige Schreibstil hat mit gefallen, doch die bruchstückhaft anmutenden Erinnerungen und Erlebnisse aus Höhen und Tiefen einer Beziehung habe ich nicht als Zeichen einer großen Liebe verstanden. Für mich wirkte die Geschichte nicht wie aus einem Guß, sondern eine Aneinanderreihung von Fragmenten verschiedener Erlebnisse. Dafür habe ich es genossen, wie wunderbar Kristin Vego die jeweilige Stimmung der Jahreszeiten eingefangen hat.

Wenn eine Liebe auch nach dem Tod fortbesteht, ist die Erinnerung daran immer noch präsent.

Dieses Buch beschreibt Erinnerungen an das Leben und die Liebe, versetzt mit schönen Landschaftsbildern und jahreszeitlichen Stimmungen.

Bewertung vom 27.08.2025
Cruschiform

Samen


ausgezeichnet

Das wunderbare Herbarium der Samen
Das Sachbuch Samen - Die faszinierende Reise der Pflanzensamen mit grafischen llustrationen von Cruschiform erscheint im Prestel Verlag und eignet sich für Kinder ab sechs Jahren.

Pflanzen und Bäume entstehen zum Großteil durch ausgesäte Samen. Die Vielfalt von Samen ist unfassbar groß, sie sind haarig, pelzig, geflügelt, winzig klein oder groß und verbreiten sich auf unterschiedliche Weise in ihrem Lebensraum. Mal hilft der Wind, die Samenkörner wegzupusten, mal verbreiten sie sich mit dem Wasser oder mit Tieren bzw. Menschen. In diesem Buch werden fast 150 Samen aus aller Welt vorgestellt, die in wunderschönen Abbildungen wie kleine Kunstwerke erscheinen.

Unter den gezeigten Samen werden ihre speziellen Eigenschaften und Lebensräume in kurzen Texten beschrieben, die Aufschluß über die Art der Verbreitung und das besondere Aussehen der Samenkapsel oder Hülse geben. Es ist wunderschön zu entdecken, wie in den Illustrationen ihre filigranen Details sichtbar werden und sie wie kleine Kunstwerke erscheinen.


Die Natur hält viele Wunder bereit, so wie Samen und ihre Art der Verbreitung! Diese großartige Sammlung lädt den Leser staunend zum Entdecken der Pflanzenwelt ein und weckt den Wunsch, die Pflanzen nicht nur zu bewundern, sondern auch zu schützen.

Das handliche Buch besitzt stabile Seiten und wunderbare Illustrationen, es ist hochwertig verarbeitet und eine Augenweide durch die fantastischen Großaufnahmen der Samen. Vorangestellt wird jeweils eine Landschaftsansicht und danach folgen die Samen thematisch geordnet nach der Art ihrer Verbreitung in ihrem natürlichen Lebensraum.

Die Themen reichen von "Mit einer leichten Brise", "Vom Winde verweht" über "Mit dem Strom", über "Im Ameisenempo" bis hin zu "Mit den Menschen". So bekommt man gezeigt, wie sich die einzelnen Samenarten verbreiten und an anderen Standorten ansiedeln und wachsen können.

Die Samen reichen von Hirtentäschel, Zuckerahorn,Schwarzfichte, Kornblume, Kokosnuss über Magnolie bis hin zu Flug-Hafer, Walderdbeere, Kastanie und Gerste, Springkraut, Baumwolle und Schlafmohn.

Sehr informativ, sehr ansprechend illustriert und ein Wissensschatz aus dem Reich der Natur für alle Pflanzenfreunde und Naturliebhaber! Dieses Buch begeistert und klärt Kinder über die Wunder der Natur aufklären und macht neugierig auf unsere Welt.

Bewertung vom 27.08.2025
Le Gall, Olivier

Kennst du die Tierkinder? - Sachbilderbuch für Kinder ab 3 Jahren


ausgezeichnet

Kindgerechtes Sachwissen über Tierbabys
Im Bassermann Verlag erscheint das Bilderbuch "Kennst du die Tierkinder?" von Olivier Le Gall.

Genau wie bei den Menschen, haben auch die Tiere Babys, die von den Eltern gesäugt, gefüttert und umsorgt werden. Was weißt du über Tierbabys von Elefant, Delfin, Reh oder Löwe? Hast du schon einmal gesehen, wie ein Giraffenjunges auf die Welt kommt? Oder kennst du neben den Eisbären noch weitere Bärenarten? Dieses Buch enthält interessante Dinge über Tier-Babys, die alle Tierfreunde wissen wollen.



Was sind die besonderen Merkmale der Tiere? In welchem Lebensraum kommen sie zur Welt und wie leben und spielen sie? Welches Verhalten müssen sie lernen, um sich später selbst zu versorgen? Diese und weitere Fragen werden kindgerecht und in aussagekräftigen Bildern beantwortet, sodass Kinder schon einmal einen guten Überblick über die jeweiligen Tiere gewinnen.

Der tierische Reigen umfasst pro Doppelseite Elefant, Eisbär, Faultier, Delfin, Reh, Giraffe, Löwe, Panda, Pinguin und Fuchs mit vielen kindgerechten Informationen und niedlichen Bildern beim Spielen, Säugen und Toben. Danach sieht man auf einer Übersicht weitere Tierbabys und am Ende des Buches finden sich alle Tiere noch einmal in ihrem Lebensraum zusammen.

Die Illustrationen der Tiere finde ich sehr gelungen, sie wirken naturgetreu, sehen total knuffig aus und vermitteln das niedliche Aussehen von Jungtieren. Außerdem hat der Illustrator seine Bilder mit etwas Humor verseheneingehauchtAn diesem Buch gefällt mir die Vorstellung der Tiere anhand mehrerer Bilder, auf denen man immer neue Informationen entdecken und erfahren kann. Die Eltern können die kurzen Untertexte vorlesen und den Kindern damit Wissen über die Tiere vermitteln.

Auf der Lebensraumkarte sind die Namen beim jeweiligen Tier abgedruckt, damit können alle Lese-Kinder selbst die Tierarten bestimmen und sich die Schreibweise der Wörter einprägen.

Ansonsten ist das Buch auch schon für kleine Kinder ein schönes Bilderbuch, in dem sie Tierarten kennen lernen und auch etwas über die Lebensweise der Tiere erfahren.

Ein wunderschön illustriertes Sachbuch über Tierkinder, das spielerisch Wissen vermittelt und die Tierarten anhand der Abbildungen näher vorstellt. Wunderbar als Vorlese-Bilderbuch geeignet, um Kindern die Tierwelt näher zu bringen!

Bewertung vom 26.08.2025
Georg, Miriam

Die Verlorene


ausgezeichnet

Ein bewegendes Familiendrama mit Blick in die deutsche Vergangenheit
Im Fischer Verlag erscheint der historische Roman "Die Verlorene" von Miriam Georg.

Lauras Großmutter Änne stammt aus Schlesien vom Pappelhof, von dem sie häufig schwärmte, doch von der Familie und was sie damals erlebte, erzählte sie nie. Nach Ännes Tod hat Lauras Fragen noch viele offene Fragen und macht sich auf den Weg zum ehemaligen Gut ihrer Familie. Sie findet ungeahnte Wahrheiten heraus, die sie nicht erwartet hätte und ihre Sicht auf ihre Familie völlig verändern.

Miriam Georg lässt ihren Roman auf zwei Zeitebenen spielen. Als 2019 Ellens Mutter und Lauras Großmutter Änne mit 93 Jahren stirbt, möchte Laura mehr über ihre Großmutter erfahren und reist nach Schlesien, dort findet sie das Haus ihrer Großmutter und entdeckt alte Fotos und ein gemaltes Bild, auf dem scheinbar Änne in jungen Jahren zu sehen ist, als Name wurde aber Luise vermerkt. Welche Geheimnisse verbergen sich in dieser Familie und warum hat Änne nie darüber gesprochen?

Die zweite Zeitebene führt in die Jahre 1941 bis 1947 und lässt uns in das Leben von Änne und ihrer Schwester Luise eintauchen. Beide Schwestern stehen sich sehr nahe, wegen einer Erkrankung muss sich Änne längere Zeit auf dem Dachboden verstecken, um nicht wegen der Reinheitsgesetze von den Nationalsozialisten gefangen genommen zu werden. Diese Zeit forderte ihre Traumata und Änne war nie wieder die junge Frau, die sie einmal war. Das Leid verfolgte die ganze Familie und führte zu Verrat und Entscheidungen, die das Leben aller Familienmitglieder prägte.

Bei der Charakterbeschreibung hat Miriam Georg die Gabe, Emotionen, Stimmungen und Gefühle absolut lebensecht zu beschreiben und diese so zu schildern, dass man sich in die Position ihrer Figuren hineinversetzen und sie nachfühlen kann.

Der Roman lenkt den Blick nach Schlesien in die Kriegsjahre als menschliche Verlusten, Flucht, Vertreibung, Heimatverlust und Übergriffe von Besatzern den Menschen das Leben schwer machten und sie zu Handlungen und Einschnitten zwangen, die man sich kaum vorstellen kann. Bei manchen Familien haben die erlittenen Traumata sich auch auf nachfolgende Generationen ausgewirkt und wurden vielleicht nie gelüftet.

Die Handlung ist durchgängig fesselnd und birgt so manche schreckliche Erkenntnis. Ich fühlte mich beim Lesen vollkommen in diese Zeit versetzt und habe besonders Ännes und Luises Erlebnisse gefesselt verfolgt. Zu Beginn lässt sich die Geschichte noch sehr gemächlich an, doch dann sorgen die Lebenslügen, Geheimnisse und schlimmen Erlebnisse für eine unglaubliche Spannung, die bis zum Ende des Buches anhält und mich völlig in ihren Bann geschlagen hat.

Gleichzeitig bringt der gegenwärtige Zeitstrand sehr interessante Einblicke, die Ellen und Laura entdecken und ihren viele ungeahnte Details aus ihrer Familie zeigen. Die geschickte Verbindung beider Zeitebenen ist Miriam Georg perfekt gelungen, man kann sich gut orientieren und hat nie das Gefühl, die Figuren oder Zeiten nicht richtig einschätzen zu können.

Im Nachwort weist Miriam Georg auf die Tatsache hin, dass sie persönliche, familiäre Hintergründe in den Roman eingebaut hat.

Es ist eine bewegende Reise in die Vergangenheit, die den Blick auf menschliche Schicksale mit ihren Traumata sichtbar macht und diese Zeit aus der Sicht Betroffener durchleuchtet.

Ein wunderbar erzählter historischer Roman mit berührenden Schicksalen durch Flucht, Krieg und Traumata, der fesselnde und berührende Lesestunden garantiert.

Bewertung vom 22.08.2025
Montasser, Thomas

Freitags um fünf


gut

Eine ganz besondere Freundschaft
Das Büchlein "Freitags um fünf" von Thomas Montasser erscheint bei Rowohlt Wunderlich.

Bundeskanzler Ernst Meister verläuft sich im Gewirr der vielen Gänge des Kanzleramts und steht plötzlich auf der Straße, wo er zufällig der zehnjährigen Emma begegnet, die sich mit ihrem Murmelspiel beschäftigt. Emma ist ein freundliches und aufgeschlossenes Kind und unterhält sich völlig unbefangen mit dem Kanzler. Einige Zeit später muss Ernst wegen gesundheitlicher Probleme ins Krankenhaus und in seiner Genesungspost ist auch eine Karte von Emma dabei. Darauf steht «Freitag um 5» und das versucht Ernst so gut wie möglich zwischen seinen Terminen einzurichten. Neben ihrem Murmelspiel unterhalten sie sich und Emmas Blick auf bestimmte Dinge des Lebens lässt Ernst nicht unbeeindruckt. Sie nähern sich an und als Emma eines Tages nicht mehr am Freitag zu ihrem Termin erscheint, sucht Ernst nach ihr.

Bei dieser Geschichte gefällt mir die Freundschaft und das gesellige Miteinander zwischen Jung und Alt sehr gut und die Tatsache, dass ein kleines Mädchen mehr Lebensklugheit besitzt als ein erwachsener Mann, ist herzerwärmend zu lesen. Diese Aussage bietet der Geschichte durchaus eine tiefere Bedeutung. Sie deutet an, dass vielen Politikern der Kontakt zum Volk fehlt und sie nicht so recht wissen, was die Bevölkerung wirklich beschäftigt und welche Sorgen sie umtreibt. Erhärtet wird diese Aussage auch durch die Lieblingsphrase des Bundeskanzlers: "Wir haben die Dringlichkeit der Angelegenheit natürlich erkannt und denken sorgsam darüber nach, welche Maßnahmen wir ergreifen werden." Solche Phrasendrescher ändern nichts am wirklichen Politikgeschehen, sondern lassen das Ganze sinnlos laufen. Es ist kein Wunder, dass dieser schlichte Charakter des Ernst Meisters auf mich nicht sehr überzeugend wirkt. Gerade von Politikern wünscht man sich mehr Durchblick und Charisma.

Es zeigt sich, dass der familiäre Hintergrund von Emma nicht einfach ist und hat mich interessiert, warum sie ohne elterliche Aufsicht in dieser Gegend spielen kann. Doch das lasse ich mal einfach so stehen. Viel wichtiger erscheint mir die Botschaft von der Freundschaft zwischen einem Erwachsenen und einem Kind, die einen wertvollen Kontakt zwischen Jung und Alt vermittelt.


Diese Geschichte zeigt, was im Leben wichtig ist, denn echtes menschliches Miteinander wird im Alltag einfach zu oft vergessen!

Bewertung vom 21.08.2025
Nicholas, Anna

Das Teufelshorn


sehr gut

Bei Diogenes erscheint der Mallorca-Krimi "Das Teufelshorn", es ist der erste Fall für Isabel Flores von Autorin Anna Nicholas.


Isabel Flores setzte ihren scharfen Verstand früher bei der Polizei ein und war erfolgreiche Ermittlerin, doch nun hat sie den Dienst quittiert und betreibt eine Ferienwohnungsagentur auf Mallorca. Als ein kleines Mädchen spurlos am Strand verschwindet, bittet sie ihr alter Freund Hauptkommissar Tolo Cabot um Mithilfe. Dazu ist Isabel schnell bereit und schon bald gesellt sich ein weiterer Fall hinzu, als ein älterer Mann brutal ermordet wird.

Dieser Krimi zeigt uns das Leben auf Mallorca abseits der großen Touristenpfade und lässt dennoch stimmungsvolles Urlaubsflair einfließen.

Der lebendige und detaillierte Erzählstil lässt sich gut lesen und die sympathische Isabel sowie ihre Ermittlungen haben mich schnell gefesselt. Sie ist eine liebenswürdige Person, denn sie kümmert sich um andere Menschen, sie redet mit ihrem Auto Pequeñito und hat ein zahmes Frettchen, mit dem sie jeden Morgen im Meer schwimmt. Es gibt nachvollziehbare Gründe, warum sie ihren Job aufgegeben hat, ihr vor Jahren verschwundener Onkel ist einer der Gründe. Um diese Figur ranken sich noch ungeklärte Geheimnisse, die sicherlich in einem Folgeband eine Rolle spielen.

Die Entführung der kleinen Miranda fordert Isabels speziellem Spürsinn einiges ab. Sie kennt viele Leute auf der Insel und hört auf ihr Bauchgefühl, der Fall entwickelt sich dank einiger unerwarteter Wendungen zu einer spannenden Angelegenheit, wobei Isabel sogar in Gefahr gerät, den Fall aber am Ende aufklärt.

Der zweite Fall um den toten Mann aus Kolumbien läuft parallel und verweist auf den Titel, denn das Teufelshorn spielt in diesem Fall eine entscheidende Rolle. Es ist eine Grotte im Meer, die von Drogendealern als Umschlagplatz auserkoren wurde. Auch dieser Fall ist recht raffiniert konstruiert und sorgt für einige Ungereimtheiten, die Isabel auflösen kann.

Die Spannung verläuft im mittleren Level, dafür nehmen mich die vielen Eindrücke vom Strand, von leckeren Speisen und passenden Getränken gefangen und gaukeln mir angenehme Urlaubsgefühle vor. Ich freue mich auf weitere Fälle mit Isabel Flores, Pep und Tolo.
Dieser Krimi punktet mit seiner sympathischen Ermittlerin, zeigt mallorquinisches Flair und liest sich wie eine Urlaubslektüre.

Bewertung vom 21.08.2025
Frattini, Stéphane;Manceau, Édouard

183 Pinguine. Das große Tier-Such-Buch


sehr gut

Ein tolles Wimmelbuch zum Suchen, Zählen und Lernen
Im Prestel Verlag erscheint das große Tier-Such-Buch "183 Pinguine" von Stéphane Frattini mit Illustrationen von Édouard Manceau für Kinder ab sechs Jahren.

In diesem Buch verstecken sich 13 Blauwale, 60 Krokodile, 221 Tiefseekreaturen, 476 Frösche, 1197 kleine Tierchen, 28 Kühe, 177 Kattas, 183 Pinguine, 109 Flamingos und 354 süße Kätzchen, die sich pro Tierart jeweils auf einer Doppelseite befinden.

In kurzen und verständichen Texten wird jede Tierart mit Fakten und interessanten Informationen vorgestellt, sodass die Leserinnen auch einiges Wissenswertes und Lustiges über die Tiere mitnehmen können. Einzelne Tiere tragen lustige Namen und haben spezielle Eigenschaften, nach diesen Tieren soll auf dem Bild gesucht werden. Damit ist für reichlich Suchspaß gesorgt. Der Schwierigkeitsgrad der Rätsel steigt allmählich an, sodass sich die Kinder im Verlauf des Buches steigern können. Falls man eine Aufgabe mal nicht erfüllen kann, sorgt eine Tonne Lösungen im Anhang für Aufklärung.

Das Buch ist durch die bunten Bilder wunderbar anzusehen, es eignet sich herrlich als Zeitvertreib und fördert gleichzeitig das Zählen und Lernen von bestimmten Fakten aus dem Tierreich.

Das Besondere an dem Buch sind die vielen Fakten, die mal lehrreich, mal eher witzig oder auch spannend daherkommen. Wusstet ihr beispielsweise, dass Krokodile im Leben über 6000 Zähne hervorbringen können oder Blauwalkälber bei der Geburt bereits acht Meter lang sind und täglich 90 kg durch die Muttermilch zunehmen.

Ein lehrreiches, unterhaltsames und spielerisch förderndes Kinderbuch mit Wimmelspaß rund um Zahlen und Tierwissen!

Bewertung vom 17.08.2025
Bohm, Hark;Winkler, Philipp

Amrum


ausgezeichnet

Krieg aus Kindersicht
Im Ullstein Verlag erscheint der Roman AMRUM von Hark Bohm.

Amrum 1945: Nanning erlebt die letzten Kriegsmonate auf seiner Heimatinsel, wo er mit seiner schwangeren Mutter und den beiden kleineren Geschwistern lebt. Seine Eltern sind Nazianhänger, für Nanning spielt das keine große Rolle. Obwohl er selbst noch ein Kind ist, übernimmt er die Rolle des Versorgers der Familie und arbeitet gemeinsam mit seinem Freund Hermann auf einem Bauernhof und erhält dafür Hühnerfutter und Lebensmittel. Das Kriegsende und plötzliche Auftauchen seines Vater bringen Nannings Leben durcheinander und es bahnt sich eine Chance für ein Leben jenseits von Amrum an.

Dieser Roman beschreibt aus Kindersicht das Leben auf Amrum, wo der Krieg nicht ganz so präsent ist wie in anderen großen Städten, aber immer Knappheit an Lebensmitteln herrscht. Nanning führt ein arbeitssames Leben, wir begleiten ihn und Freund Hermann während sie Schollen treten, Kaninchen fangen und Eier von Wattvögeln suchen. Nanning ist für sein Alter sehr pfiffig, er überwindet seine Angst, wenn es brenzlig wird und führt Tauschgeschäfte, um für das Wohlergehen seiner Mutter zu sorgen. Die Eltern sind beide Nazis, nur Tante Ena, die ihrer Schwester in den letzten Wochen ihrer Schwangerschaft helfend zur Seite steht, sieht das völlig anders. Deshalb geraten sie auch häufig in Streit. Nanning fühlt sich als Amrumer, doch er wurde wie sein Vater in Hamburg geboren. Einige Jungen lassen ihn fühlen, das er keine von ihnen ist. Aber Nanning lässt sich nicht verunsichern, er kommt in abenteuerliche Situationen, die er mit etwas Glück meistert. Diese Romanfigur lässt niemanden kalt, Nanning ist ein kleiner Held mit großem Herz.

Ich habe diesen Roman verschlungen, weil mich Nannings Schicksal interessiert hat und ich wissen wollte, welche Zukunft sich ihm bieten würde. Besonders beeindruckt haben mich die wunderschönen bildhaften Beobachtungen der Natur, des Meeres, des Watts und der Vogelwelt, mit denen Hark Bohm uns Amrum mit viel Liebe zum Detail zu Füßen legt, als sei man direkt vor Ort. Man spürt sofort wie tief verbunden er mit Amrum ist.

Der Erzählton ist ruhig und lässt auf eindrucksvolle Weise die Gegensätze zwischen der Natur und den Schrecken des Krieges, bzw. ihrer Folgen sichtbar werden. Die Insulaner haben auf ihrer kargen Insel wenig Möglichkeiten und leiden Hunger. In dieser Zeit muss Nanning schnell erwachsen werden und erkennt die Möglichkeiten, die sich ihm bieten.


Dieser lesenswerte Roman ist eine Liebeserklärung an Amrum, aber auch eine an die Freundschaft und an die Natur! Aber auf alle Fälle auch eine Mahnung gegen den Krieg und gegen Nationalsozialismus.