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Benutzername: 
Fabian
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München

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Bewertung vom 12.01.2019
Offenbarungen im Zeitreisehaus
Stein, Mara

Offenbarungen im Zeitreisehaus


ausgezeichnet

Offenbarungen, die zur rechten Zeit zu uns kommen

Mara Stein hat ihr neues Buch vermutlich nicht ohne Hintersinn Offenbarungen im Zeitreisehaus genannt. Eine Einladung an ihre Leser, sich auf Gegenwirklichkeiten einzulassen und nicht auf der Stufe einer banalen Alltagswirklichkeit stehen zu bleiben. Wie sonst, wenn nicht mit Phantasie und Visionen hätten wir den Zumutungen und der Hektik einer weitgehend sinnentleerten und unbehausten Zeitreise in unsere Zukunft etwas entgegenzusetzen?
Die zentrale Figur der Geschichte ist Miranda, die einen abgelegenen großen Garten mit Apfelsinenbäumen und Oliven bewirtschaftet und darüber hinaus ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen kann. Unter diesen günstigen Umständen, fern von Alltagszwängen und Zeitdruck, entwickeln sich allmählich Mirandas anfangs noch zaghafte Visionen. Spielerisch und wie aus Kindheitsträumen tanzen magische bunte Schleifenbändchen um sie herum, tauschen mit ihr Energie aus und ermöglichen ihr durch Mauern zu fliegen.
Weiter fortgeschritten geht aus Träumen und Erinnerungen das visionäre Bild des Phönix hervor, ein mythologisches Ursymbol, zu dem Miranda eine Art mystische Verbundenheit aufbaut, aus der heraus er zu einer wirklichen Erscheinung wird. Und es warten noch weit größere visionäre Ereignisse auf sie. Aus tiefer Zuneigung zu ihrer Lehrmeisterin, die eine Art Avatar einer Göttin der weißen Magie sein könnte, werden Miranda aus einer mystisch-philosophischen Grundhaltung heraus Offenbarungen zugänglich, die auch einen starken Gegenwartsbezug haben.

Hierbei kommt der Autorin zugute, dass sie nicht nur auf der reinen Erzählerebene, sondern gewissermaßen mit ihrem alter ego immer zugleich auch lebensphilosophisch präsent ist. Der flüssige, durchgängig leicht lesbare Text erhält damit einen reizvollen Kontrast zu den spielerisch-lockeren Passagen, die besonders für die Gartenidyllen samt ihrer Tierwelt charakteristisch sind.
Wenn dann noch Gäste ins Zeitreisehaus kommen und dramatische Situationen heraufbeschwören, werden auch die Dialoge häufiger und der Text kann, was Spannung angeht, durchaus noch zulegen.

Alles in allem ein anspruchsvolles Buch, dass seinen Lesern vermutlich einiges abverlangt und wohl auch eine gewisse Grundorientierung in philosophischer Hinsicht voraussetzt. Bei Lesern ab 30 Jahren könnte das wohl häufig der Fall sein. Jedoch auch für ältere Leser mit langer Lebenserfahrung könnte es sich lohnen, die Offenbarungen zu entdecken. Vieles, was ihnen in ihrem Leben begegnet ist, werden sie vielleicht an der Entwicklung der exemplarischen Figuren des Buches wiedererkennen. Nicht jeder wird zur allumfassenden Liebe vordringen können, wir sind nun mal keine Heiligen. Doch Dinge zu tun, einfach um ihrer selbst willen, weil es Spaß macht und vielleicht auch anderen Freude bereitet und nicht weil ehrgeizige Ziele damit erreicht werden sollen, dafür ist es nie zu spät.

Und wenn wir dann die Streiche der Katzen, die Rotkehlchen und die Krähen aus Mirandas kleinem Gartenuniversum wahrscheinlich längst vergessen haben, könnten die Offenbarungen und mit ihnen Mirandas Visionen stärker in unser Bewusstsein eingedrungen sein, als wir das anfangs bemerkt haben. Und wenn mir jetzt noch ein dazu passendes Lied in den Sinn käme (Ähnlichkeiten wären rein zufällig – wie man immer sagt - und sie heißt auch nicht Johanna), dann klänge das etwa so: ....und die Visionen von Miranda sind jetzt alles was bleibt.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.