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Benutzername: 
franz
Wohnort: 
Berlin

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Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 16.05.2016
Yumiko Sayo und die Jahrhundertwende
Winter, Anushka

Yumiko Sayo und die Jahrhundertwende


ausgezeichnet

Dies ist eine sehr zärtlich, liebevoll bildhaft und flüssig geschriebene Geschichte, die man von vorn bis hinten durchlesen muß, weil man unbedingt wissen will, woher denn nun der feuerrote Hase kommt oder wohin er Yumiko wohl führen will. Es ist sehr einfach lesbar für Kinder zwischen 8 und 12 oder Erwachsene wie mich, direkt die Stimme einer erkundungshungrigen und für Wunder offenen, kleinen 12-Jährigen, die aufmerksam und gleichzeitig ein bißchen frech ist und sich fast schon verlieben will, und die man samt ihren in sich sympathisch widersprüchlichen Freunden sofort ins Herz schließt. Man reibt sich immer die Augen, als stünde man selbst da, mit 12 Jahren: alles ist möglich, wenn man sich nur genügend konzentriert und die Augen offen hält. So real und im Jetzt ist alles: der rote Hase, jede Ecke ihrer Straßen, jeder Wunsch, jede Tür, Wiese u.s.w., alles saugt einen immer weiter hinein - schafft es Yumiko, beide Welten für immer zu verbinden? Ich empfehle diese charmante fantastische Realität für alle Kinder und alterlose Reisenden zwischen den Welten.

Bewertung vom 29.09.2015
Ich hartz dann mal ab
Naumann, Robert

Ich hartz dann mal ab


ausgezeichnet

Zu früh für dieses Universum und also gerade recht!!!
Der Humor des Autors ist so trocken, beißend und realistisch, realistisch bedingungslos den Abgründen und aber auch Möglichkeiten der Menschenwelt gegenüber, dass dem Leser eben manchmal schlecht werden kann. Jede/r weiß wohl etwas im tiefsten Innern über all die Schieflagen, Vermoderungen unserer Gesellschaft, die Kacke unterm Sofa, die Grenzen unserer Herzen, die oft nur mit Lügen auszuhalten sind, und der Autor Robert Naumann berührt diese Wunden wie wenn eine Ziege mit rauher Zunge zu lange eine nackte Fußsohle leckt. Kein Wunder also, wenn es zu peinlichen Missverständnissen bei Lesern kommt. Hartz 4 ist eine Einrichtung, die vielleicht besser sein möchte als Menschen verhungern zu lassen, und die die Kluft zwischen Arm und Reich und die eigentlichen Übel längst nicht an der Wurzel packt, sondern sie indirekt verfestigt und niemandem auf Dauer guttut. Die Geschichten führen uns aber von Hartz 4 in weite kleine liebevolle Verästelungen, Szenarien, sonst ungenannte Figuren unserer Gesellschaft, wo es voller Absurdität und Komik ist.
Auch ich mußte zwischendrin durchatmen und mir verging das Lachen, ein Lachen, dass jedoch ohne Vorankündigung explosionshaft und permanent beim Lesen hervorbrach und soviel stärker war als ich selbst, dass es sehr gut tat. Ein Lachen unter Tränen befreit, es tat all meinen Freunden gut, denen ich das Buch schenkte und die begeistert waren der Originalität dieses Humors. Der sich von keinerlei Anbiederung und Gelesenwerdenmöchten korrumpieren und verbiegen läßt. Der letztlich eine unendliche Liebe zeigt für das Leben und die Höhen und Tiefen des Menschen und seine Bemühungen, klarzukommen und sein kleines Leben zu leben, und eine große Geduld: uns auf die Unerträglichkeiten unserer hiesigen westlichen und kapitalistischen Gesellschaft doch ein Lachen zu schicken, immer und immer wieder. Wenn Sie gern laut über filigraneste Beobachtungen lachen, lesen Sie dieses Buch!