Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Joshua123
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Bewertung vom 31.12.2015
Die Poeten der Nacht
McCrea, Barry

Die Poeten der Nacht


schlecht

Der Titel weckte bei mir zunächst Erinnerungen an "Dead poets' society" (Club der toten Dichter), hinzu wurde ich dadurch angelockt, dass laut eines werbenden Satzes aus einer NDR-Rezension oben auf dem Cover "Eine Verneigung vor der Welt der Literatur" angekündigt wurde. Um es vorwegzunehmen: das Buch war derart langweilig und verworren, dass der eine Stern von mir nur aus Höflichkeit vergeben wurde.
Der junge Literaturstudent Niall (der Vorname erinnert frappierend an den Neil aus Dead poets' society) lernt über Kommilitonen crazy Sarah kennen, die gerne mal auf Studentenparties Bücher durchwühlt, welche sie als Orakel benutzt. Sarah ist nicht nur muffelig- unfreundlich, sondern angeblich auch Mitglied einer Geheimorganisation, welche aus verschiedenen Zellen besteht und die Bücher als Quelle ihrer Kulte benutzt. Und so lässt sich Niall in den Bann dieser Organisation ziehen, gibt sein Leben aus Studieren und promisken Herumstromern in Schwulenbars auf, um fortan zusammen mit Sarah und dem ebenfalls muffelig-unfreundlichen John nachts Texte aus Büchern vorzulesen- immer dieselben, immer werden die Bücher reihum gegeben, bis man sich einen Wolf liest und beim Blick aus dem Fenster glaubt, die Baukrähne begännen zu tanzen.
Auffällig ist, dass weder John noch Sarah den kleinen Neil bei sich haben wollen, er aber immer wieder hartnäckig seine Buchorakel nach deren Aufenthaltaort befragt. Bevor Niall gegen Ende des Buches beim wahnhaften Versuch, Sarahs Chef der Geheimorganisation zu finden, abzustürzen droht, stellt sich heraus, dass der Arme wohl über 400 Seiten einer Illusion hinterhergerannt ist und sich Sarah wohl alles ausgedacht hat (auch wenn das so nicht drin steht).
In Zeiten, zu denen Esoterik ein Milliardengeschäft geworden ist und Menschen daran glauben, aus Spielkarten die Zukunft deuten zu können, ist es denkbar, dass sich so ein Buch einer gewissen Beliebtheit erfreut. Mit Literatur und Poetik jedoch hat es nicht viel zu tun, wenn Niall in hunderfachen Wiederholungen irgendwelche Bars aufsucht und Telefonbücher, Kochbücher und Romane nach dem Aufenthaltsort seiner ihn ablehnenden Kollegen befragt.
Neben diesen immergleichen "Sortes", die das Buch aufblähen, ohne die Story einen Millimeter weiterzubringen, wurde mein Lesevergnügen dadurch auf Null reduziert, dass mir sämtliche Protagonisten unsympathisch waren, auch der junge Niall, der als unzuverlässiger, genuss-und partysüchtifer, bindungsunfähiger Klischeeschwuler völlig unempathisch rüberkomt. Allenfalls würde ich mich mit Fionnuala auf einen Kaffee treffen, völlig wertungsfrei mit ihr einig sein, dass Sarah der psychiatrischen Behandlung bedürfe und sodann ein Gespräch über gute Literatur führen- wozu "Die Poeten der Nacht" für mich nicht gehören.