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Bewertung vom 15.06.2015
Ent-hüllt! Die Beschneidung von Jungen - Nur ein kleiner Schnitt?
Bergner, Clemens

Ent-hüllt! Die Beschneidung von Jungen - Nur ein kleiner Schnitt?


ausgezeichnet

Dieses Buch ist ein Aufruf, das Grauen der Beschneidung von Jungen zu beenden.
Direkt oder indirekt Betroffene schildern ihre Erfahrungen mit der Beschneidung. Hier bekommen Diejenigen eine Stimme, die lange ungehört waren. Die Geschichten gehen zu Herzen. Sehr berührend und eindrucksvoll ist auch die eigene Leidens- und Liebes-Geschichte des Autoren. Welch ein intimes Thema! Ich finde der Ton ist deutlich getroffen.

Ich musste in meiner Praxis als Körpertherapeutin bei der Behandlung von Menschen mit sexuellen Problemen jahrelang miterleben, welch unendliches Leiden einer Beschneidung folgen kann: z. B. Massive Intimitätsprobleme (Cross-Kommunikation fehlt / Hyper-Stimulation), Depression oder Posttraumatische Belastungsstörungen. Nicht ohne Grund nennen sich missbrauchte Menschen „Überlebende“. Es handelt sich um einen massiven Eingriff mit entsetzlichen Schmerzen an einem existentiell wichtigen Körperteil und psychisch um einen Übergriff. Dieses Buch macht deutlich, dass es sich bei der Amputation der Vorhaut nicht um einen verschmerzbaren Schnitt oder gar überflüssiges Gewebe handelt. Diese Sichtweise ist deutlich veraltet. Kein Gewebe ist erkrankt. Insofern gibt es keine Rechtfertigung für seine Entfernung!
Es ist einfach unverständlich, dass die Entfernung der Vorhaut auch heute noch nicht als missbräuchlich betrachtet wird. Anders verhält es sich mit der Beschneidung der Mädchen. Sie ist hierzulande verboten. Hier besteht ein unerträgliches Ungleichgewicht. Natürlich handelt es sich bei beiden um Missbrauch! Eltern dürfen nicht die Autorität haben, dieser Amputation zuzustimmen, wenn sie nicht pathologisch begründet ist. Es gibt kein Argument für eine nicht therapeutische oder prophylaktische Beschneidung! Der Verlust wirkt immens - erstmal physisch und vielleicht noch schwerwiegender: seelisch.

Als Frau und Leserin dieses Buches wird mir nur allzu deutlich, welches Verhältnis ich zu den Genitalien habe. Empfinde ich zärtliche Gefühle für das Liebesorgan des Mannes oder ist es eher Desinteresse, Ablehnung oder gar Ekel? Wir sollten achtsam sein, woher die eigenen vielleicht ablehnenden Gefühle entstammen. Es wird Zeit, sich der eigenen Gefühle und somit auch der Gefühle unserer Kinder bewusst zu werden.

Wenn eine OP nötig ist, kann es kein überflüssiges Gewebe sein. Oder hat sich die Natur getäuscht?
Wir müssen den Betroffenen zuhören und unsere Babys und Kinder schützen.
Die Natur hat sich nicht getäuscht!

Wunderbarer Buchtitel! Dieses Buch verteidigt eine der erogensten Zonen des Mannes. Es bittet um seinen Schutz!