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Benutzername: 
Fredlina
Wohnort: 
Chantilly

Bewertungen

Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 05.03.2020
Rote Kreuze
Filipenko, Sasha

Rote Kreuze


ausgezeichnet

Dieser Roman erzählt die Lebensgeschichte der 91 Jahre alten Tatjana Alexejewnas in den 20er Jahren Russlands und dessen jungen Nachbarn Alexander. Sie vertraut sich ihm an, bevor ihre Krankheit Alzheimer sie gänzlich verhindern wird, über ihr Schicksal zu berichten. Sie wurde während der Schrecken des zweiten Weltkrieges stark traumatisiert.
Durch Tatjanas Erzählungen entdecken wir einen Teil der sowjetischen Geschichte, die tägliche Angst in diesem von Stalin angeführten Land. Fast alles hat dazu geführt, dass die Menschen "Feind des Volkes" wurden, mit allen Konsequenzen, die dies mit sich einherbringt: grausame Verhöre, erbärmliche Gulags und vieles mehr.
Die Verachtung der sowjetischen Behörden gegenüber russischen Gefangenen zu dieser Zeit ist empörend. Die Rolle des Internationalen Komitees des Roten Kreuz während des Krieges spielt eine besondere Rolle, um russische Gefangene in anderen Ländern zu befreien. Der Roman ist daher mit roten Kreuzen übersät und der Titel lässt sich dadurch begründen.
"Rotes Kreuz" ist ein ausgezeichneter zeitgenössischer russischer Roman und auch eine historische Erzählung, die uns dazu auffordert, das Vergangene nicht zu vergessen.
Der Autor hat einem prägnanten und schnörkellosen Stil. Der Roman ist recht kurz, beantwortet aber einige wichtige historische Fragen.
Er hat mich überzeugt und so hoffe ich, dass er die Neugierde anderer LeserInnen wecken wird.

Bewertung vom 16.01.2020
Nackt (eBook, ePUB)
Olsson, Sven J.

Nackt (eBook, ePUB)


sehr gut

Neonblau leuchtet mich das Cover an und in roten Lettern steht dort "Nackt".
Um herauszufinden, was es damit auf sich hat, lese ich mit Neugierde diese interessante Novelle.

Es geht um Außenstehende unserer Gesellschaft und deren Schicksale. Ich blicke in ihr Alltagsleben. Das Leben ist schwer für die junge Autistin Anna, den Obdachlosen Otto, der Einwanderin Inez und den ehemaligen Gefängnisinsassen Volker.

Anna lebt in ihrer Welt und verbringt die meiste Zeit auf einem Spielplatz. Otta kämpft mit wenigen Habnissen ums Überleben in der Großstadt. Die Einwanderin Inez ist Putzfrau und lebt illegal. Sie wird ausgebeutet und arbeitet schwer. Volker hat seine 25jährige Haftstrafe längst verbüßt und wird dennoch weiterhin verachtet und verfolgt.

Alle Charaktere haben ihre Einsamkeit gemeinsam. Sie leben in ihrer Innenwelt, die zumeist von Traurigkeit, Angst und Ausgeschlossenheit erzählen.

Der aufmerksamkeitsheischende Politiker Piet Meysenraich spielt als Gegenpol ebenso eine wichtige Rolle in dieser Novelle. Er plädiert für einen Kontrollstaat, beeinflußt die Bevölkerung und flösst durch seine Parolen Angst ein.

Die Novelle erzählt vor allem von uns und unserem Alltag. Wie nehmen wir Außenstehende wahr und wie gehen wir mit ihnen um? Fühlen wir uns mitverantwortlich oder halten wir still? Wie gehen wir mit den Konsequenzen um? Viele Fragen gehen mir beim Lesen durch den Kopf und ich möchte gerne handeln.

Der Text ist fließend und bilderreich geschrieben. Das Thema und die Komplexität hätten
für mich sogar für ein längeres Buch gut funktioniert. Ich kann den Schriftsteller Sven J. Olsson nur dazu ermutigen.