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Bookworm

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Bewertung vom 05.11.2009
Die Karte meiner Träume
Larsen, Reif

Die Karte meiner Träume


ausgezeichnet

Holdrio!
Wenn ich mein Lieblingsbuch für dieses Jahr benennen sollte, müsste ich nicht lange überlegen. Ganz eindeutig wäre es "Die Karte meiner Träume", und das nicht nur weil ich den Protagonisten, einen kleinen, hochbegabten Jungen namens Tecumseh Sparrow Spivet - kurz T.S. - ins Herz gesschlossen habe, sondern auch weil es eine reine Freude ist, in der Zeit von Internet und E-Books ein derart liebevoll gemachtes Buch in Händen zu halten. Es ist einfach ein sinnlicher Genuss, und dem Verlag gebührt für die liebevolle Ausstattung großes Lob.
Anfangs war ich ein wenig skeptisch, als ich las, dass der Verfasser ein neues Wunderkind der amerikanischen Literatur sei, denn zu oft bin ich in solchen Fällen schon enttäuscht worden, und die hochgelobten Bücher waren nicht mehr als Eintagsfliegen.
Doch die Geschichte von T.S., dem genialen Zeichner, der vom renommierten Smithsonian Institute einen Preis verliehen bekommt und eingeladen wird, dort eine Rede zu halten (keiner weiß, dass der Preisträger ein Kind ist), wird kein Leser so schnell vergessen.
T.S. macht sich allein auf den gefährlichen Weg nach Washington - per Güterzug, in einem Wohnmobil, dem er, weil auf der langen Reise so einsam ist, einen Namen gibt.
Überhaupt fällt es ihm leichter mit Dingen zu kommunizieren als mit Menschen, deren Gefühlswelt ihm ein Rätsel ist, deren Gesichtsausdrücke er nicht zu deuten weiß.
Und weil ihn die ganze Welt so verwirrt, so unbegreiflich ist, hält er alle Eindrücke in Karten, Zeichnungen und Diagrammen fest, die die breiten Randspalten des Romans füllen.
In den Randspalten erfährt man auch die verstörende Geschichte vom Tod seines Bruders Layton, von seinen Schuldgefühlen, von seiner Angst, den Ansprüchen seines Vaters nicht zu genügen und nicht geliebt zu werden.
Auf der Fahrt quer durch den amerikanischen Kontinent erlebt T.S. seltsame Dinge. Er gerät in ein Wurmloch, entgeht nur mit Mühe einem Mordanschlag, wird gerettet von einem geheimnisvollen Vogelschwarm. Und dann ist da noch das Labyrinth von unterirdischen Gängen in Washington, eine mysteriöse Geheimgesellschaft. Larsen spielt mit den Verschwörungsphantasien eines Dan Brown, und er tut es auf meisterhafte Weise. Humorvoll, skurril, anrührend.
Und wer wissen will, warum ich der Rezension den Titel "Holdrio!" gegeben habe, der muss das Buch schon selber lesen. . .

10 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.