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MB
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Rösrath

Bewertungen

Insgesamt 438 Bewertungen
Bewertung vom 25.07.2025
Noort, Tamar

Der Schlaf der Anderen


ausgezeichnet

Von der Macht der Begegnung. Der Begegnung zweier Menschen. Manchmal braucht es den richtigen Zeitpunkt und den geeigneten Ort, vielleicht noch einen verbindenden Kontext, an dem sich zwei bislang fremde Menschen einander begegnen... und es passiert etwas zwischen ihnen, was man vielleicht nicht gleich als den Beginn einer lebenslangen Freundschaft, zumindest aber als eine bedeutsame Episode im Leben bezeichnen könnte. So erzählt in dem Roman "Der Schlaf der anderen" von Tamar Noort. Die Autorin versteht es, Zwischentönen einen Raum zu geben, erweist sich als 'Seelenexpertin' ohne zu psychologisieren - sie muss nicht erklären, sie erzählt einfach... und das macht großartige Literatur aus! Zwei sehr unterschiedliche Frauen in ihrer Lebensmitte begegnen sich in verteilten Rollen im Schlaflabor: Die schlaflose Lehrerin Sina, verheiratet mit dem stellvertretenden Leiter ihrer Schule, geregeltes Leben, zwei Kinder, in der ehelichen Beziehung entfremdet; und Janis, die als Krankenschwester des Nachts im Schlaflabor arbeitet, die auf das 'Tagsüber-Leben' der anderen verzichtet hat. Und in der gemeinsamen Nacht der beiden passiert eine Menge, im Außen wie auch im Innen - in wechselnder Erzählperspektive. Ja, in der Nacht ist Vieles anders... vielleicht auch die Bereitschaft, sich einem bislang fremden Menschen zu öffnen und zu erzählen. Das Nachdenken über sich selbst ist ein anderes in der Nacht. Vielleicht schlafen wir ja des Nachts auch deshalb, weil wir unsere Nachtgedanken fürchten... weil verdrängte Unzufriedenheiten ins Bewusstsein drängen, weil wir merken, dass wir so eigentlich nicht weitermachen wollen. So auch Sina und Janis. Ein sehr anregendes Buch!!!

Bewertung vom 24.07.2025
Rosa, Maya

Moscow Mule


sehr gut

Besonders. Maya Rosa hat mit "Moscow Mule" einen ganz besonderen Debut-Roman vorgelegt. Er imponiert weniger durch eine erzählte Geschichte, die ist nämlich kurz und schnell erzählt: Zwei Freundinnen in den Zwanzigern, die Hauptperson Karina und ihre beste Freundin Tonya, leben in Moskau, versuchen das Beste aus ihren Möglichkeiten zu machen und streben über ein Stipendium einen Auslandsaufenthalt in Deutschland / Berlin an. Anders als den durch ihre Nähe zu Putin bevorteilten jungen Menschen (Gucci-Taschenträgerinnen, überschminkte Schönheiten, Lackschuhträger mit Platinsträhnen: "Solche Leute brauchten kein Stipendium, sie studierten bereits dort, wo immer sie wollten.") müssen sich Karina und Tonya ziemlich abmühen, um ein Visum zu bekommen. Das Eigentliche an dem Roman ist nicht die Story, aber der Ton der Erzählung, das Atmosphärische; es schwingt stets eine Spur Fatalismus mit, ein Hedonismus bei eingeschränkten Lebensmöglichkeit, weil niemand daran glaubt, dass es sich ab morgen irgendwie zum Positiven verändern könne - jeder Augenblick wird gefeiert. Ja, auch die Liebe spielt in der Story eine Rolle, ohne sich dabei aber in den Vordergrund zu drängen. Die Figuren sind zumeist mit einer Spur Ironie gezeichnet. Die Autorin wirft - eher zwischen den Zeilen - einen kritischen Blick auf die russische Gesellschaft mit ihren ausgeprägt patriarchalen Strukturen und ihr Generationengefüge - so beschreibt Maya Rosa das zwiegespaltene Verhältnis von Karina zu ihrer Mutter, sowie das gute Verhältnis zur Großmutter, die sich noch durch ein 'menschliches Wertegefüge' auszeichnet und die Hoffnungslosigkeit der jungen Generation, sofern diese keinen Zugang zu Privilegien hat. Und das wirklich besondere am Buch sind die fantastischen Sprachbilder, die die Autorin zeichnet... da muss man erstmal drauf kommen: "Mein Stolz klebte noch an meinem Schuh wie ein Stück Papier, bis es endgültig an den Zacken der Rolltreppe abgekratzt wurde." Leseempfehlung!!!

Bewertung vom 24.07.2025
Schoeters, Gaea

Das Geschenk


ausgezeichnet

Was wäre wenn... Eine wunderbare Übung für unsere Vorstellungskraft und eine intelligente und gleichzeitig schwarzhumorige Allegorie auf unsere (deutsche) Gegenwart, dies ist der flämischen Autorin Gaea Schoeters mit ihrem neuen (Kurz-) Roman "Das Geschenk" gelungen. Kaum begonnen - und schon auf Seite 138 vorbei... wie schade. Aber Frau Schoeters beherrscht die Kunst, die Dinge präzise und äußerst pointiert auf den Punkt zu bringen und braucht dazu wohl keine 500 Seiten. In ihr Büchlein packt sie (auszugsweise) den Verlauf von 435 Tagen nach dem Tag X, an welchem der Präsident von Botswana dem deutschen Kanzler (und dem Land) 20000 Elefanten geschenkt hat, deren Ankunft und Aufenthalt das ganze Land in nur kürzester Zeit auf den Kopf stellt. Sind doch Elefanten Gemeinschaftstiere, die von der Geburt bis zum Tod einen verlässlichen Zusammenhalt pflegen und den Menschen vorleben, was ihnen an Menschlichkeit verlorengegangen ist. Und natürlich lassen die Elefanten nicht alles mit sich machen, produzieren Unmengen von Kot (den man natürlich zu Dünger verarbeiten kann) und fressen tonnenweise Grünzeug, verändern Landschaften... und sorgen für eine Regierungskrise, die Rechtsaußen natürlich gerne für sich ausnutzen möchte, indem sie für eine Art 'Remigration' der Elefanten plädieren... Ökologie und Umwelt, ein kritischer Blick auf die politische Bühne, Kolonialismus, Kulturkampf - das alles versteht Gaea Schoeters augenzwinkernd zwischen die beiden Buchdeckel zu packen. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 23.07.2025
Martin, Nicola

The Island - Auf der Flucht


sehr gut

Spannende Unterhaltung. Und vor allem geschrieben in einer locker-leichten Sprache... so locker-leicht, wie man sich einen Aufenthalt in einem Ferien-Resort auf den Virgin Islands wünscht... für alles ist gesorgt, für jedes Anliegen gibt es dauerlächelndes Personal... man ist mit anderen Superreichen unter sich - da lässt es sich aushalten, da lässt es sich leben... aber nicht unbedingt überleben. So wie erzählt in dem Thriller "The Island" von Nicola Martin. Die Story ist spannend aufgebaut, auch wenn das letzte Bisschen zu einem 'nervenzerreißenden Thriller' fehlt. Ex-Kollege Moxham besorgt Hotelmanagerin Lola einen neuen Job in einem Edel-Resort für die ganz Reichen auf einer Karibikinsel, weil sie weg muss aus Honkong; sie droht nämlich durch Drogenhändler verfolgt zu werden und verlässt dafür auch ihren Freund Nathan; niemand soll ihren neuen Aufenthaltsort kennen. Doch schon bald ereignet sich ein Todesfall auf der Tauminsel - Moxham wird ans Ufer gespült... und weitere Todesfälle ereignen sich.Moxhams gesamte Daten sind plötzlich verschwunden, es werden versteckte Kameras entdeckt, welche die Gäste heimlich gefilmt haben. Hat die Vergangenheit Lola eingeholt? Wem von den Kolleginnen und Kollegen, wem von den Gästen kann sie noch trauen? Und genau diese Vertrauensfrage stellt die Autorin in den Mittelpunkt der Geschichte... die Leserschaft wird überrascht sein! Schöne Urlaubslektüre!

Bewertung vom 11.07.2025
Slocombe, Penelope

Sunbirds (eBook, ePUB)


sehr gut

Ist nicht jede Suche auch eine Suche nach sich selbst? Mit ihrem Roman "Sunbirds" ist der in Schottland geborenen und in London lebenden Autorin Penelope Slocombe eine atmosphärisch sehr dichte Geschichte gelungen, die mich als Leser nicht unberührt gelassen hat. In 'Sunbirds' werden viele existenzielle Fragestellungen angerissen. Die Frage nach dem richtigen Leben: Aussteigen und zu sich selbst finden, den Weg der Spiritualität wählen oder den eher westlichen Lebenskonzepten eines Strebens nach Erfolg folgen? Wie umgehen mit 'dem verlorenen Sohn'? Sich auf eine nicht enden wollende Suche begeben und weiterhin hoffen, oder ihn für tot erklären um endlich abschließen zu können? Und genau das ist der Stoff, an dem die Autorin die Handlung ihres Buches aufbaut. Anne und Robert haben ihren Sohn vor sieben Jahren auf einer Indienreise verloren; keine Nachricht, kein Hinweis auf seinen Verbleib. Robert glaubt nicht mehr daran, dass sein Sohn nochlebt, Anne hingegen hofft noch. Die Nichte Esther, Journalistin, erhält einen Hinweis auf den möglichen Verbleib des Sohnes. Anne lässt Robert zurück und begibt sich mit Esther nach Indien; immer wieder gibt es weitere Spuren und Hinweise in dem einen oder anderen 'Aussteigercamp'; und je länger Annes Suche andauert, desto mehr beginnt sie sich zu fragen, ob ihr Sohn überhaupt gefunden werden will und ob sie das Recht hat, ihn zu finden; Anne beginnt sich zudem mehr und mehr zu fragen, wie ihr eigenes weiteres Leben aussehen soll; und so wird aus der Suche nach dem verlorenen Sohn eine Suche nach sich selbst.

Bewertung vom 10.07.2025
Webb, Liz

Die Bucht


sehr gut

Spannend. Ich habe das Hörbuch "Die Bucht" von Liz Webb genießen dürfen, welches ganz nebenbei auch sehr gut eingelesen ist. Und der Untertitel des Thrillers 'Du liebst ihn. Du vertraust ihm. Du hast keine Ahnung, wer er wirklich ist.' bringt die Handlung eigentlich schon ganz gut auf den Punkt. Zudem hat der Thriller alles, was ein guter Thriller benötigt: 'Heilewelt-Illusion' zu Beginn - Nancy und ihr Partner Calder ziehen für einen Neuanfang von London auf eine kleine Insel vor der Westküste Schottlands, die Geburtsinsel von Calder; 'Andeutungen zwischen den Zeilen', darauf hindeutend, dass Unheil droht; ein beständig ansteigender Spannungsbogen - Calder verunglückt mit seinem Boot bei stürmischer See, aber Nancy und die Unterkühlung holen ihn gewissermaßen vom Tod ins Leben zurück; 'Verwirrung' - Calders Persönlichkeit scheint sich nach seiner Rückkehr ins Leben verändert zu haben; ein Todesfall, die vor Jahren verschwundene Freundin von Calder, ein Mißbrauchsverdacht, ein Fehltritt mit Schwangerschaft,ein seltsamer Pfarrer und eine irgendwie verschworene Dorfgemeinschaft; 'immer neue Wendungen' des Geschehens, die Nancys Vertrauen erschüttern; die Eskalation am Schluss. Gott sei Dank ist der Thriller kein 'Blutgericht' sondern versteht es auf weit angenehmere Weise zu fesseln. Gute Unterhaltung!

Bewertung vom 30.06.2025
Labba, Elin Anna

Das Echo der Sommer


gut

Der Einbruch der Moderne. Das langsame Verschwinden altvertrauter Lebenswelten, die Jahrhunderte genau so existiert haben und sich kaum verändern mussten, weil die Welt noch eine relativ stabile war. Elin Anna Labba erzählt in ihrem Roman "Das Echo der Sommer" vom langsamen Untergang des Volkes und der Kultur der Samen in Schweden. Die Samen, ein nomadisches Volk mit einem Sommer- und einem Winter-Wohnort. Anfang der Vierigerjahre wird wegen eines Staudammbaus zur Energieversorgung das Dorf in ihrem 'Sommerland' im Nordwesten Schwedens geflutet - Metapher für den Untergang. Was tun? Anhand dreier Frauen einer Familie, drei unterschiedlichen Generationen zugehörig, schildert die Autorin die unterschiedlichen Bewältigungs- bzw. Überlebensstrategien: Ignorieren und Ruhe bewahren, am Altbewährten festhalten wollen, Hin- und Hergerissensein zwischen Tradition und Moderne. Die Autorin imponiert mit ihren Schilderungen der Natur in einer äußerst poetischen Sprache. Phasenweise kann man gut und gerne von 'nature-writing' sprechen. Und sowohl Natur als auch die Kultur der Samen setzen auf eine ständige Wiederholung des Immergleichen, sind sich verlässliche Partner: Leben in Respekt und Einklang mit der Natur, Pflege und Weitergabe der Traditionen, Leben mit den Jahreszeiten, Zusammenhalt in Familie und Dorf als Überlebensprinzip. Und ebenso entschleunigt liest sich der Roman, der sich sehr langsam über 30 Jahre streckt. "Vorsichtig schlüpfte sie durch die Zeltöffnung und weckte die Tautropfen, die an der festen Stoffbahn hinabrannen. Das Moos und das Gras waren nass, der Wald noch immer grün, auch wenn bereits eine Mattheit zu erahnen war, seine Farbe war nicht mehr ganz so gesättigt. Bald würde das Laubsich gelb, später rot und zu guter Letzt braun färben. Der Tag, an dem die ersten Blätter herabfielen, war jedes Jahr ein trauriger. Danach ging es immer so furchtbar schnell." Wer viel Geduld beim Lesen aufbringen kann, bekommt einen Einblick in eine fast vergessene Kultur, kann ein paar Brocken Samisch lernen und beginnt, die Natur mit anderen Augen zu sehen.

Bewertung vom 29.06.2025
Campos, Cristina

Verheiratete Frauen


sehr gut

Mein Roman für diesen Sommer! Christina Campos ist mit ihrem zweiten Roman "Verheiratete Frauen" ein unterhaltsames und gleichzeitig auch lebenskluges Buch gelungen. Am allerliebsten hätte ich die Geschichte in einem Ruck gelesen, aber da ist ja noch dieser Alltag, der auch seine Forderungen an uns stellt; aber die Freude, die ich jedesmal empfand, wenn ich das Buch endlich wieder zur Hand nehmen konnte, um zu erleben, wie es denn nun weitergeht mit den drei Mitvierziger-Freundinnen und ihren Beziehungen, ist ein untrügliches Zeichen für einen entspannten und gleichzeitig gehaltvollen Lesegenuss. Im Mittelpunkt steht die Journalistin Gabriela, seit 15 Jahren eigentlich glücklich verheiratet, die ihren Mann Germán zwar liebt, aber die Leidenschaft, das Begehren, ist über die Jahre auf der Strecke geblieben; ein lange Zeit unerfüllter Kinderwunsch erfüllt sich schließlich. Immer wieder begegnet Gabriela dem um einige Jahre älteren Schriftsteller Pablo, fühlt sich zwar ungeheuer zu ihm hingezogen, zu einer Begegnung kommt es aber erst nach Jahren... und schließlich zu einer einjährigen Liebesbeziehung, die - wie zu erwarten - einiges im Leben von Gabriela, inzwischen Mutter, durcheinanderrüttelt. Auch Gabrielas Freundinnen Silvia und Cosima stellen ihre Beziehungen in Frage. Von der Anlage her hätte die Geschichte der reinste Kitsch mit Happyending sein können, aber das Gegenteil ist der Fall! Und ist eine neue Liebe nicht stets nach einiger Zeit "die ewige Wiederkunft des Immergleichen"? Und: Der eine oder andere wird sich wiedererkennen!

Bewertung vom 25.06.2025
Reilly, Rebecca K

Greta & Valdin


weniger gut

Seicht und belanglos. Im Klappentext heißt es, die Autorin Rebecca K Reilly habe mit ihrem Debut "Greta & Valdin" einen "warmen und klugen Roman über das heutige Leben geschrieben, in dem alles nur ein bisschen stylischer und sexier ist als in unserer Realität" - dann fehlt mir doch sehr der Bezug zur Lebenswirklichkeit... und wirklich klug finde ich ihn auch nicht; weder was den Inhalt, die Story betrifft, noch die Romankonstruktion. Es plätschert alles ziemlich belanglos vor sich hin, was sicher nicht von allen Leser:innen genau so empfunden werden wird, weil, wer das minutiöse Sezieren eines Dates gerne mitverfolgt als wenn es sich um ein existenzielles Ereignis handele, in dem es um Leben und Tod ginge, der wird die Geschichte mit all ihren Details (wer, was, mit wem, wann und warum) bestimmt bereichernd finden. Nett ist die Kapitel für Kapitel wechselnde Erzählperspektive der zusammenwohnenden Geschwister Greta und Valdin; und im Laufe der Geschichte erfährt man doch einiges über das Lebensgefühl der beiden ihrem eigenen Geschlecht zugeneigten Protagonist:innen - alles scheint irrsinnig kompliziert... für mich eher kein inspirierendes Leseerlebnis.

Bewertung vom 21.06.2025
Myers, Benjamin

Strandgut


ausgezeichnet

Mutmacher-Story. "Strandgut" ist mein erstes Buch von Benjamin Myers. Hatte in der Vergangenheit bereits einiges Gutes gehört, wollte mich der 'Fangemeinde' aber nicht anschließen... doch jetzt gehöre ich auch dazu und werde mir auch seine anderen Veröffentlichungen zu Gemüte führen. Die Story aus "Strandgut" hat mich ein wenig an 'Searching for sugarman' erinnert - (Der amerikanische Musiker Sixto Rodriguez veröffentlichte in den 1970er Jahren zwei Alben, die trotz begeisterter Kritiken in seinem Heimatland vollkommen erfolglos waren. Auf einer kopierten Kassette fand seine Musik ihren Weg nach Südafrika, wo seine politischen Lieder die Stimmung gegen die Apartheid und den Kampf um Bürgerrechte spiegelten. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich seine Musik über das ganze Land. Rodriguez wird eingeladen und steht nach Jahrzehnten als alter Mann wieder auf der Bühne.)
Earlon »Bucky« Bronco ist ein alter Mann geworden, der seit seinen wenigen Hits Ende der 60-er nicht mehr gesungen hat. Auf der anderen Seite des großen Teichs gibt es allerdings eingefleischte Fans seiner Nothern-Soul-Music, die ihn nach England einladen. Bucky hat seit dem Tod seiner geliebten Frau eigentlich mit allem abgschlossen, sein Leben dreht sich um seine Rückenschmerzen, Medikamente und Alkohol. Bucky denkt nicht groß nach; schließlich hat er nichts zu verlieren und steigt in den Flieger. Myers beschreibt, wie Bucky - auch durch die Menschen, die er in den wenigen Tagen trifft, seine Vergangenheit ruhen lassen und sich noch ein paar Tage Zukunft geben kann. Die Macht der Freundschaft, die Macht der Musik. Lange zweifelt man daran - genau wie Bucky selbst - ob es zu dem Auftritt kommen wird, der exakt an dem Tag stattfinden soll, als seine Frau Maybellene vor genau einem Jahr gestorben ist. Weil, wer so lange nicht gesungen hat und sich fühlt wie ein Wrack, schafft so jemand 20 Minuten auf der Bühne vor einem erwartungsfreudigen Publikum??? "'Alt werden' war zudem ein seltsamer Ausdruck. Ist es irgendwann wirklich noch ein Werden, fragte sich Bucky, ein sich immer weiter formen und größer werden wie ein einzelner Baum, der noch steht und wächst, nachdem alle anderen um ihn herum von Stürmen entwurzelt, oder der Kettensäge zum Opfer gefallen sind?" Ich freue mich auf meinen nächsten Benjamin Myers.