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Lish

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Bewertung vom 21.05.2021
Unser letzter Tag
Suchanka, Stefan

Unser letzter Tag


ausgezeichnet

Unser letzter Tag

Magst du Satire oder beschäftigst dich gerne mit tief gehenden philosophischen Fragen und Gedankenspielen? Fragst du dich auch manchmal, ob du dein Leben anders leben würdest, wenn du wüsstest, dass es bald vorbei ist?

Veröffentlicht 2021 in dem Kirschbuch Verlag, trifft der Roman den Nerv der Zeit. Erst kürzlich widmete sich die Nasa einer Simulation eines Asteroideneinschlags und konnte diesen in einer sechsmonatigen Übung nicht verhindern.
Der Roman „Unser letzter Tag“ von Stefan Suchanka beschäftigt sich genau mit diesem Szenario.
Die Menschen wissen, ihr letzter tag endet um 20:12 Uhr, durch einen Einschlag eines Asteroiden irgendwo zwischen Asien und Australien.
Wir begleiten Ludwig durch seinen letzten Tag und lernen dabei sieben seiner Freunde kennen, die er nach und nach besuchen geht. Jede dieser Freundschaften ist auf ihre Weise besonders und jede*r Freund*in hadert mit den eigenen Problemen.
In welchen Verhältnis sie zueinander stehen, was ihnen an ihrem letzten Tag besonders wichtig ist und was eine Tankstelle mit dem ganzen zu tun hat, erfahrt ihr, wenn ihr Ludwig und seine Freund*innen auf ihrem letzten Tag auf der Erde begleitet.

Der Roman beschäftigt sich auf eine lustige und gleichermaßen tief gehende Art mit vielen gesellschaftlichen Problemen. Ich fand dabei die Erzählweise besonders ansprechend. Stefan Suchanka beschriebt die einzelnen Charaktere und das Umfeld in einer Art und Weise, die mich genau fühlen lässt, wie es den Figuren ergeht und wie ihr Leben aussieht. Die Sprache bringt die Tatsachen auf den Punkt, schließlich geht die Welt bald unter und wir haben keine Zeit zu verschwenden. Die Sieben Freund*innen könnten unterschiedlicher nicht sein und zeigen damit die Bandbreite der Gesellschaft. Beschrieben werden diese mit den sieben Todsünden Hochmut, Habgier, Wollust, Neid, Maßlosigkeit, Wut und Trägheit. Haben sie deshalb den Tod verdient?
Ständig kommt man, während des Lesens, zu der Frage „Würde ich auch so handeln?“ oder „Wie wollte ich, dass mein letzter Tag aussieht, was würde ich machen wollen?“.
Mich hat begeistert zu sehen, wie sich die einzelnen Figuren an einem einzigen Tag verändert haben und dass diese auch in wenigen Stunden neue Freunde finden konnten. Manchmal habe ich mich aber auch gefragt, ob es tatsächlich so sein kann, dass man sich so schnell verändern kann, wenn man nur einmal den Spiegel vor die eigene Nase gehalten bekommt. Im großen und ganzen konnte mich dennoch der ausdrucksstarke Schreibstil und die witzigen und teils auch satirischen Einfälle überzeugen. Die Einfachheit in die Charaktere einzutauchen hat mich gefesselt und ich wollte das Buch gar nicht mehr weg legen. Die Frage, ob die Welt wirklich unter gehen wird, hat mich von Anfang an mitgenommen und bis zum Schluss begleitet. Das Buch lässt viel spekulations- und interpretationsspielraum und wird mir wahrscheinlich noch lange im Gedächtnis bleiben.

Empfehlen kann ich den Roman jedem/jeder, der/die sich gerne mit Gedankenexperimenten beschäftigt und einen Humor für Ironie hat.