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Samuel Pickwick

Bewertungen

Bewertung vom 13.09.2016
Am Ende aller Zeiten
Walker, Adrian J.

Am Ende aller Zeiten


gut

Die Welt geht unter - Der Vater läuft - Der Leser ist verwirrt

Ed ist 35. Er wohnt irgendwo bei Edinburgh, arbeitet als irgendwas bei irgendeiner Firma und hat irgendwie auch noch eine Familie. Er isst und trinkt zu viel, bewegt sich zu wenig, setzt daher Speck an und ist - irgendwie - nicht das „Gelbe vom Ei“.

Dann geht die Welt unter. Diesmal per Asteroideneinschlag. Ganze Nordhalbkugel betroffen. Alles ziemlich kaputt, fast alle tot. Nach einigem Hin und Her wird er von seiner Familie getrennt – und muss 600 Meilen quer durchs Vereinigte Königreich laufen, um sie wieder zu sehen. Und trifft dabei Gott und die Welt, wobei insbesondere letztere nicht immer von der ganz feinen Art ist.

Hört sich erst mal gut an – und ist eigentlich auch ein ganz guter Plot. Warum hat mir das Buch dennoch nicht gefallen?

1.: Das ist kein postapokalyptischer Thriller.

Sondern eher ein Selbstfindungsroman. Da ist nichts gegen einzuwenden. Aber Verpackung und Produkt sollten zueinander passen. Vielleicht eher ein Vorwurf an den Verlag. Wenn ich etwas, flaches, rechteckiges in Stanniolpapier mit Aufschrift „Schokolade“ kaufe, dann möchte ich nicht, dass Käse in der Verpackung ist (selbst wenn es guter Käse wäre).

Zum Vergleich: Der Originaltitel ist „The end of the world running club”. Na – das weckt doch schon einmal ganz andere Assoziationen als das reißerische „Das Ende aller Zeiten“.

2. Der Autor hat eine Botschaft.

"Wenn du eine Botschaft vermitteln willst, schick ein Telegramm." Sagt Woody Allen. Wer in einem als postapokalyptisch angekündigten Roman eine Botschaft vermitteln will, muss zumindest ein Meister seiner Kunst sein, es subtil, unaufdringlich und handwerklich gut machen. Das kann der Autor nicht.

Seine Botschaft hat irgendwie mit dem Vatersein, dem zu sich selbst finden und – vor allem – mit dem Laufen zu tun. Das scheinen auch irgendwie die Themen des Autors selbst zu sein. Aber Autobiographisches einbauen, dürfen erst recht nur Meister.

3. Das Buch ist zu kurz

Ich habe etwas anderes erwartet – geschenkt! Die Botschaft ist nervig – geschenkt! Es hätte immer noch ein gutes Buch werden können.

Wenn der Autor sich Zeit lassen würde. Wenn er Ed’s Saulus-Paulus-Wandlung behutsamer (und konsistenter) entwickelt hätte. Wenn er den Charakteren Zeit und Raum gegeben hätte sich zu entfalten. Wenn er seine Ideen nicht nur als klischeehafte Versatzstücke platziert hätte. Hat er aber nicht.

Warum dann trotzdem noch drei Punkte?

Weil die Ideen gut sind. Weil die Charaktere im „running club“ eigentlich interessant sind. Weil ich den Schluss gut fand. Weil ich vielleicht sogar seine Botschaft gemocht hätte, wenn ich mich nicht so geärgert hätte. Und weil ich es in einem Rutsch gut und gerne durchgelesen habe.