Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Leobiene
Wohnort: 
Düsseldorf

Bewertungen

Insgesamt 12 Bewertungen
12
Bewertung vom 28.03.2024
Das andere Tal
Howard, Scott Alexander

Das andere Tal


ausgezeichnet

Gedankenspiel Zeitreise
Das Cover ist ein zartes Aquarell, ein verschwommener Blick in die Ferne. Und genau so leben die Menschen im Tal: manchmal erhascht man einen Blick ins angrenzende Tal, dass genauso ist wie das eigene, nur 20 Jahre älter oder 20 Jahre jünger, je nachdem, ob man nach Westen oder Osten schaut. Grenzüberschreitungen sind strengstens untersagt, die Grenze ist mit Zäunen und Soldaten stark gesichert. Eine Grenzüberschreitung oder gar ein Eingreifen in Geschehnisse können ungewollte Konsequenzen haben, die es mit aller Macht gilt, zu verhindern. In dieser Welt wächst die Halbwaise Odile mit ihrer Mutter auf. Sie führt ein einsames Leben. Erst nach und nach freundet sie sich mit Klassenkameraden an und verliebt sich in Edme, bis ein schlimmer Unfall passiert.
Diese Art des Gedankenspiels hat mich total fasziniert und auch das Ende ist gut gelungen. Überhaupt nicht kitschig oder rührselig wird der Konflikt erzählt. Soll sie es wagen, den Zeitsprung zu machen?

Bewertung vom 25.02.2024
James
Everett, Percival

James


ausgezeichnet

Jim Und Huck
Nach "Die Bäume" mein zweiter Roman von Everett und beide haben mich beeindruckt.
In "James" wird die Geschichte des Sklaven Jim aus seiner Sicht neu erzählt. Als er verkauft werden soll, flieht er. Zusammen mit Huck beginnt eine abenteuerliche Reise durch die Südstaaten. Ziel ist, an Geld zu kommen, um seine Frau und Tochter frei zu kaufen.
Damit er nicht auffällt, spricht er mit dem sogenannten Sklavenfilter - er stellt sich dumm, um die Weißen nicht zu provozieren. Denn eigentlich kann er lesen und schreiben und ist belesen. Als der Krieg losbricht, schafft er es in den Norden und aus Jim, dem dummen Sklaven kann endlich James, der intelligente Schwarze werden.
Everett beindruckt mit seinem lockeren Schreibstil, packend bis zur letzten Seite. Ein Pageturner, der einen lange nicht mehr loslässt.
Auch das Cover finde ich sehr gelungen. Der Schwarze nur als halbdurchsichtiger, fast unsichtbarer Mensch ist eine gute Metapher.

Bewertung vom 11.01.2024
Das Philosophenschiff
Köhlmeier, Michael

Das Philosophenschiff


gut

Humanitäre Deportation
Die 100-jährige Anouk Peleman-Jacob will einem Schriftsteller, dem man nicht immer glaubt, einen Teil ihrer Geschichte erzählen. Sie hatte ein bewegtes Leben, dass sie über Paris, St. Petersburg, Berlin und den USA bis nach Wien bringt. Die ersten Jahre im Exil immer mit der Angst lebend, dass auch im Ausland die russischen Spitzel aktiv sind und man niemandem trauen kann. Die Absurdität der Bolschewikischen Angst vor den Intellektuellen zeigt ihren Höhepunkt in den Philosophenschiffen, die es wirklich gab zur Zeit Trotzkis in Russland. Die 14-jährige Anouk wird mit ihren Eltern deportiert "aus Humanität". Wissenschaftler und Künstler wurden des Landes verwiesen, sonst wären sie erschossen worden. Noch am Kai vor der Einschiffung werden von den gut 200 Intellektuellen die meisten erschossen, bevor sie das Schiff betreten können. Nach einem 5-tägigem Stopp auf hoher See wird der letzte Passagier an Bord gebracht: es ist Lenin selbst, der sich mit Anouk anfreundet.
Ich hatte mich sehr gefreut auf das Buch, auch das Cover finde ich sehr ansprechend. Die Lektüre wäre sicher einfacher gewesen, wenn man sich besser mit der russischen Geschichte auskennen würde.

Bewertung vom 22.09.2023
Vom Himmel die Sterne
Walls, Jeannette

Vom Himmel die Sterne


sehr gut

Die wilden 20er
Sallie wächst während der Prohibition in den USA auf. Und während ihr Vater, der Duke sein Imperium durch Whiskey Schmuggel aufbaut, muss sie das Elternhaus verlassen, weil die Stiefmutter sie nach einem Unfall nicht mehr im Haus haben will. Erst nach deren Tod kehrt sie zurück. Der Duke bleibt der harte Familienboss und sie soll den Halbbruder erziehen. Doch die beiden kommen sich kaum näher. Die Geschichte ist spannend erzählt, das Cover deutet auf ein wildes Mädchen hin. Und das ist Sallie auch - wild, ungezügelt und unabhängig. Nach x Schicksalsschlägen und dem Tod des Duke übernimmt sie die Firma. Leider ist die Protagonistin für meinen Geschmack etwas überzogen mit ihrer Unnahbarkeit und ihrem taffen Gebaren. Die Geschichte wird zunehmend unglaubwürdiger, was wirklich schade ist, denn der Schreibstil ist toll. Alles in allem spannend, gut zu lesen, aber überzogen.

Bewertung vom 28.07.2023
Die Einladung
Cline, Emma

Die Einladung


sehr gut

Die Antiheldin
Nach ihrem Debut "The Girls" erscheint nun der zweite Roman von Emma Cline. Auf dem Cover eine ausgestreckte Hand, die entweder etwas bekommen möchte oder eben wie eine Einladung wirkt. Es geht um Alex, eine junge Herumtreiberin. Sie ist abhängig von Drogen und Schmerzmitteln, schläft sich durch die New Yorker Gesellschaft, bis sie jemanden beklaut und aus der Stadt verschwinden muss. Mit dem älteren Lebemann Simon reist sie zu den Hamptons und damit in die Welt der Reichen und Schönen. Dort fühlt sie sich sicher, aber es ist sehr anstrengend für sie, die Fassade zu wahren. Beim ersten Fehltritt schmeißt Simon sie raus. Nun treibt sie durch die Gegend, überzeugt, dass er sie am Tag seiner jährlichen stattfindenden Labour Day Party zurück nimmt.
In dieser einen Woche wird uns die Protagonistin nicht wirklich sympatisch - sie klaut, lügt, bricht in leere Häuser ein. Dennoch liest man das Buch gespannt und gern bis zum Showdown.

Bewertung vom 02.06.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

Dystopie und Alltag T.C.Boyle überrascht einmal mehr mit einer tragikomischen Geschichte, die in naher Zukunft spielt. Das Cover zeigt eine brennende Sonne hinter Palmen und das ist mehr als eine Metapher. In Californien knallt die Sonne gnadenlos vom Himmel, Regen ist seit längerem ein Fremdwort, dafür bedrohen Brände die Lebensgrundlage. Hingegen ist in Florida seit längerem Land unter und die Pegel steigen. Im Vordergrund der Geschichte steht eine Familie, Sohn Dauerstudent am Ökoinstitut bleibt nichts, als die schleichende Katastrophe zu dokumentieren, die Tochter in Florida trinkt zu viel und kauft sich eine Würgeschlange als Modeaccessoire, um über Instagram an Follower und Geld zu kommen.
Boyle erzählt die kommenden Katastrophen mit einer Leichtigkeit und oft genug bleibt das Schmunzeln im Hals stecken. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass wir alle sehenden Auges einfach immer weiter machen, während die Welt um uns brennt und absäuft.

Bewertung vom 02.03.2023
Dein Taxi ist da
Guns, Priya

Dein Taxi ist da


sehr gut

Das Cover und auch die Leseprobe haben mich direkt angesprochen. Das Debüt der Autorin Priya Guns handelt von Damani, die in einer namenlosen Stadt für eine Taxi-App Tag und Nacht fährt, um zu überleben. Doch die Rechnungen stapeln sich, sie arbeitet mehr, als sie schläft und trotzdem reicht es hinten und vorn nicht, denn die App verlangt immer mehr Provision. Dagegen wollen sie und ihre Kollegen aufbegehren. Und während ihre Lebendsumstände immer prekärer werden, tritt Jolene in ihr Leben. Schön, priviligiert, reich, weiß, engagiert sich sich für den guten Zweck und arbeitet als Sozialarbeiterin. Damami verliebt sich und überschätzt die vermeintlich gleiche Sicht der Dinge. So scheint die tamilische Damani in die Charity-Welt von Jolene nicht hinein zu passen. Die Situation spitzt sich zu, als Damani Jolene mit in ihre Welt nimmt: ein Abrisshaus, Treffpunkt der Obdachlosen, Illegalen und Armen der Stadt.
Literarisch wird eine Erwartungshaltung über den großen Knall, der dann folgt, aufgebaut, der jedoch meiner Meinung nach nicht ganz erfüllt wird.
Dennoch hab ich das Buch gern gelesen und von der Autorin können wir hoffentlich noch mehr lesen.

Bewertung vom 12.01.2023
Frankie
Köhlmeier, Michael

Frankie


gut

Der 14-jährige Frank und seine Mutter leben ein ruhiges und friedliches Leben in Wien. Frank, der noch zur Schule geht, hat wenig Sozialkontakte und die Beziehung zu seiner Mutter ist eng. Die Idylle wird jäh unterbrochen, als ihr Vater nach 18 Jahren wegen guter Führung frühzeitig aus dem Knast entlassen wird. Zunächst bei ihnen untergebracht, bleibt die Beziehung angstvoll und distanziert. Aber als der Opa in eine eigene Wohnung zieht, wird Frank von dem Straftäter seltsam angezogen. Es entwickelt sich eine Art Hass-Liebe zwischen den beiden, die in den Roadtrip führt. Der Opa bleibt undurchsichtig, man erfährt bis zum Schluss nicht, was ihn ins Gefängnis gebracht hat. Sprachlich aus Sicht des 14-jährigen erzählt, entwickelt sich die Geschichte zu einer bizarren Räuberpistole, dessen Ende mich eher ratlos zurück lässt. Dennoch ist das Buch spannend und man wünscht sich eine Fortsetzung.

Bewertung vom 23.10.2022
Der Fußgänger
Boning, Wigald

Der Fußgänger


ausgezeichnet

Wigald Boning kannte ich bisher als hochintelligenten und mit wunderbarem Humor ausgestatteten Comidian. Seine Freude am Wandern ist ihm schon in die Wiege gelegt. So ist er bereits mit seinen Eltern viel gewandert. Was für jeden "normalen" Teenager bald zur Qual wird, war für Wigald immer ein großes Vergnügen und ist bis heute eine Leidenschaft für die Fortbewegung auf den eigenen 2 Beinen. Dazu braucht er weder die neueste Funktionskleidung noch den fußfreundlichsten Schuh, sondern probiert allerlei ungewöhnlichen Outfits aus. Mal skurril, mal als Challange zieht er mit eher ungeeigneter Kleidung durch die Lande.
Die Abschnitte befassen sich mit dem "Womit", "mit wem", "wohin", "wie schnell" des Wanderns. Bekannt humorvoll nähert er sich seinem Thema. Dabei ist sein Schreibstil teilweise recht altbacken und er benutzt Wörter wie "Hossa", "Gesell".
Das Cover zeigt eine schöne Landschaft und das Setting erinnert ein wenig an Spitzweg. Man sieht einen altmodisch gekleideten Herrn mit altem Ranzen, Hut und Regenschirm.
Alles in allem ein schön aufgemachtes Buch, hochwertig mit schönen Abbildungen. Ein wunderbares Buch zum Selbstlesen und Verschenken.

Bewertung vom 19.10.2021
Mädchenmeuterei
Fuchs, Kirsten

Mädchenmeuterei


gut

„Mädchenmeuterei“ ist als Fortsetzungsroman für den Vorgänger „Mädchenmeute“ angelegt. Anfangs hatte ich etwas Schwierigkeiten reinzukommen, denn die Lektüre lag schon 6 Jahre zurück. Auch im weiteren Verlauf hatte ich so meine Schwierigkeiten mit dem Buch. Das Cover gefällt mir gut, die Mädchen halten zusammen.
Die Mädchen haben nach ihren Abenteuern ein lukratives Geschäft aus ihren Erlebnissen gemacht und halten Vorträge. Doch Bea ist verschwunden und schickt bald merkwürdige Videos zu Charlotte. Die Video sind meist nur wackelige Mitschnitte aus einem LKW mit wenig Aussagekraft. Aber bald wird deutlich, sie ist in Marokko bei ihrem Vater und in Gefahr. Also beschließt Charlotte mit den anderen per Containerschiff zu Hilfe zu kommen. Doch auf dem Schiff stimmt was nicht und beim Zwischenstopp in Le Havre passieren merkwürdige Dinge. Das Ganze wirkt auf mich sehr konstruiert und wenig authentisch. Ein Vater, der sie seelenruhig nach Hannover fährt, wohlwissend, dass was im Busch ist, die Kinder am Bahnhof aussetzt und nicht weiter nachfragt? Ohne Probleme kommen sie an Bord und können noch 2 Mädchen im Koffer mit an Bord schleusen? Für mich bleibt im Gegensatz zum Vorgänger die Story unglaubwürdig und die Protagonisten überzeichnet.
Schade, nach dem sehr guten Vorgänger hab ich mehr erwartet. Dennoch ist es für Jugendlich sicher eine spannende und kurzweilige Unterhaltung.

12