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Juma

Bewertungen

Insgesamt 151 Bewertungen
Bewertung vom 25.04.2025
Das Haus der Goldmanns
Kaufmann, Claudia

Das Haus der Goldmanns


ausgezeichnet

Schwere Last auf drei Generationen
2023: Britta lebt im Prinzip in den Tag hinein, wenn das Geld knapp wird, sucht sie sich Arbeit. Als sie nun mit Anfang vierzig einmal mehr eine Gelegenheit ergreift und ins Immobiliengeschäft wechseln will, macht ihr ausgerechnet ihre Mutter einen Strich durch die Rechnung. Da Britta die einzige Verwandte ist, muss sie notgedrungen von Hamburg nach München, um sich um eine adäquate Unterbringung für ihre Mutter zu kümmern. Dass sich das als wesentlich schwieriger erweist als zuerst angenommen, ist logisch. Britta hatte noch nie für jemanden Verantwortung übernehmen müssen. Plötzlich hat sie eine demente Mutter, Margit, mit der sie eigentlich nichts verbindet. Dass sie im Verlauf des Romans doch eine Bindung einstellt, stimmt hoffnungsvoll.
Die Autorin Claudia Kaufmann, vor allem durch ihre Arbeit bei Fernsehen bekannt, hat einen Drei-Generationen-Roman geschrieben, der nach und nach viele erschütternde Details ans Licht bringt. Einerseits erzählt sie die Geschichte von Brittas Großeltern Elisabeth und Karl und ihrer Mutter Margit, andererseits ist Britta als Ich-Erzählerin diejenige, die versucht, die losen Enden der Vergangenheit zusammenzuführen. Der Leser erfährt die ganze Geschichte, aber Britta wird bis zum Schluss warten müssen, ehe sich ihr die ganze Dramatik ihrer Familiengeschichte enthüllt.
Nationalsozialismus und Holocaust spielen eine bedeutende Rolle im Roman, der 1933 beginnt, aber auch den Krieg, die Nachkriegsjahre, die 68er und das Heute umfasst. Die Protagonisten werden realistisch und auch drastisch dargestellt. Ich fand es besonders interessant, Einblick in eine junge Familie (Elisabeth und Karl) zu gewinnen, die aus einfachsten Verhältnissen dank SA-Mitgliedschaft und „richtiger“ Gesinnung zu angesehenem Kleinbürgertum aufsteigen kann. Und welcher Preis dafür zu zahlen war.
Das Buch ist durch seine häufigen Perspektivwechsel interessant aufgebaut, man legt es tatsächlich ungern aus der Hand. Die angenehme Sprache und die fesselnde Geschichte haben mir gut gefallen. Es ist ein fiktiver Roman, der in einer sehr realen Zeit spielt und auch heutige Probleme – in diesem Fall die Demenz und ihre Auswirkungen nicht nur auf den Erkrankten, sondern auch auf das ganze Umfeld – nachvollziehbar macht. Inklusive: ein Blick hinter die Kulissen der Pflegeeinrichtung.
Wäre es nach mir gegangen, dann hätte dieser Roman auch über Karl, Elisabeths Ehemann, noch etwas mehr berichtet, oder über die Zeit, die Margit aus München evakuiert bei fremden Menschen aufwachsen musste. Auch ein Kapitel über die Goldmanns und ihr Schicksal hätte ich gern gelesen. Und zu guter Letzt wären auch die Zukunftspläne von Britta noch eines längeren Kapitels würdig, an dieser Stelle endete mir das Buch etwas zu abrupt.
Ich persönlich habe mit vielen Problemen, die im Buch angesprochen wurden, direkt oder indirekt Kontakt gehabt, sei es der Holocaust und seine Auswirkungen bis heute, sei es der Nationalsozialismus, das ausgegrenzt sein meiner Mutter, die Nachwirkungen 10jähriger Haft meines Vaters in Hitlers Zuchthäusern, sein Alkoholismus, Erkrankung und Tod meiner Mutter, Beziehungsprobleme zu meinen Töchtern und Enkeln, es gibt viele Dinge, an die mich das Buch unweigerlich erinnert hat und die bei der Rezeption von Literatur bei mir immer eine prägende Rolle spielen. Deshalb bin ich aber auch dankbar für diese Art von Romanen, die in der Lage sind, ein ganzes Panorama an Tragödien und Gefühlen zwischen zwei Buchdeckel zu bekommen. Es lässt dann auch einmal einen Perspektivwechsel bei Betrachtung der eigenen Probleme zu.
Fazit: ein interessanter Roman über drei Generationen, die in ihrer Zeit bestehen und widerstehen und es doch nicht immer schaffen, für sich die Liebe und den Erfolg zu erreichen, den sie sich wünschten. Lesenswert und von mir eine gute Empfehlung.

Bewertung vom 23.04.2025
Mit dir steht die Welt nicht still (eBook, ePUB)
Müller, Melissa

Mit dir steht die Welt nicht still (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Wovor soll ich noch Angst haben,
könnten die Worte von Nanette Blitz, der wundervollen Hauptperson in diesem Buch, gewesen sein, wenn sie über ihre Traumata hätte sprechen wollen. Wovor soll ich noch Angst haben, diese Worte stehen sinnbildlich für das ganze Buch, für Nannes ganzes Leben. Für ihre Vergangenheit und ihre Zukunft.
... (gekürzt)
Der Leser lernt die Protagonisten kennen, Nanette Blitz und John Konig, ihre Familien, ihre Herkunft, die tragischen Begebenheiten, die beide nach dem Krieg als Waisen in der Welt lassen. Nanne kommt aus einem bürgerlichen jüdischen Elternhaus in Amsterdam, John ist ungarischer Jude und schon vor Kriegsbeginn in England wohnhaft. Nanne wird wie die Mehrzahl der niederländischen Juden mit ihren Eltern und ihrem Bruder nach Westerbork ins Lager gebracht, Zwischenstation für die Deportationen nach Sobibor, Auschwitz und in andere KZ. Und nach Bergen-Belsen. Für wenige sollte es dort einen Austausch geben gegen gefangene deutsche Wehrmachtsoldaten oder andere Personen. Ihr Vater versuchte bis zu seinem plötzlichen Tod auf der Lagerstraße, die Familie zu retten. Alles Geld, Gold und Diamanten halfen nicht. Dass er mit seiner naiven Zuversicht vor Beginn der deutschen Besetzung der Niederlande jeden Gedanken an Emigration ablehnte, wird er sich nie verziehen haben. Denn das war eigentlich das Todesurteil für die ganze Familie. Nannes Mutter und Bruder Bernard werden in den Tod geschickt. Nanne ist die einzige Überlebende, als Bergen-Belsen befreit wird. Dass das sechzehnjährige Mädchen zu diesem Zeitpunkt nur noch dreißig Kilogramm wiegt und dem Tod viel näher ist als dem Leben, realisiert sie erst später während der Rekonvaleszenz. Es findet sie ein englischer Offizier, dem sie sich anvertrauen kann, weil sie englisch spricht. Er wird ihr das Leben retten. Erst Jahre später wird Nanne nach London zu Verwandten ziehen und dort ein zweites Leben beginnen. Aber sie ist schwer traumatisiert und sehr fragil.
1951 lernt Nanne auf einer Feier John Konig kennen, der gerade im Begriff ist, seine Zelte in England abzubrechen und nach Brasilien auszuwandern. Sechs Wochen und einige Zufälle später sind sie zwar noch kein Paar, aber sie werden für zwei lange Jahre ein – wunderbare Liebesbriefe schreibendes – Paar. Bis zum Happyend dieser Fernbeziehung erfährt man im Buch die ganze Geschichte dieser beiden so vollkommen verschiedenen Menschen, ihre Sorgen, ihre Träume, ihre Vorurteile, ihre Hoffnungen. „Solange der Mensch lebt, hat er Hoffnung, heißt es im Talmud.“ Danach richtet sich vor allem John, er ist ein unverbesserlicher Optimist, aber er bezeichnet sich selbst auch als einen „realist Romantic oder einen romantic Realist“. Diese Selbsteinschätzung findet in seinen Briefen beredten Ausdruck.
Für beide, die als Holocaustüberlebende ganz andere Sorgen und Nöte haben als ihre nichtjüdischen Kollegen, Bekannten oder Freunde, egal ob in England, in den Niederlanden oder in Brasilien, stellt sich immer wieder die Frage „Warum ausgerechnet ich?“, Warum habe ich überlebt? Besonders Nanne kann die Gräuel von Bergen-Belsen nie ganz vergessen, kaum jemals aus dem Alltag verdrängen. Das war in London so und so wird es auch in Brasilien bleiben, die Vergangenheit zieht auch mit um die halbe Welt.
So sträubt sich Nanne selbst bei ihren eigenen Kindern, die im Laufe der Jahre heranwachsen, auf Fragen nach dem „früher“ zu antworten. Sie verschließt sich oft und es wird viele Jahre dauern, bis sie bereit ist als Zeitzeugin in der Öffentlichkeit aufzutreten. Da ist sie schon über 70.
... (gekürzt)
Die zeitliche Abfolge der Briefe, die eingeschobenen Erinnerungen und Rückblicke, zusammengestellt aus Interviews und anderen Quellen, die Gedanken der Autorin, die all das ordnen und in einen rezipierbaren Text für die Leser bringen will, haben mir sehr gefallen. Schmunzeln musste ich bisweilen über den österreichischen Klang, den ich auch von anderen österreichischen Autoren kenne. Früher dachte ich teilweise, es wären Fehler, aber ein wenig anders als die Grammatik in Deutschland verwendet wird, ist es tatsächlich. Ich habe mich in diesem Buch jedoch wirklich zu Hause gefühlt, das passiert nicht oft.
... (gekürzt)
Fazit: Ein sehr emotionales Leseereignis, das mich stark und lange bewegt hat. Ich gebe gern eine uneingeschränkte Leseempfehlung und unbedingt fünf Sterne.

Bewertung vom 23.04.2025
Die Verschwundenen von Londres 38
Sands, Philippe

Die Verschwundenen von Londres 38


sehr gut

Hochinteressant, aber zu detailreich
„Zur Zeit des Putsches war ich ein Teenager und wusste wenig über Pinochet. In den folgenden Jahren besuchte ich Chile nicht, und die Chilenen, die ich kennenlernte, waren hauptsächlich Jurastudenten, die meine Vorlesungen hörten, oder Akademiker, die im europäischen Exil lebten.“ Das schreibt Philippe Sands im ersten Kapitel „London, Oktober 1998“. Ich hatte zur Zeit des Putsches in Chile gerade mein zweites Lehrjahr begonnen und ein guter Freund, ein chilenischer Student, der kurz davor zurück in die Heimat musste, verschwand für immer ohne jede Spur. Chile und die dortigen politischen Ereignisse interessierten mich seither. Dass Südamerika, einschließlich Chile, ein Zufluchtsort für deutsche Nazis und Kriegsverbrecher wurde, interessierte mich ebenso. Meine Familie hat während der Nazizeit unter Verfolgung gelitten und rund 120 jüdische Verwandte, auch mein Großvater, wurden er ermordet. Der Untertitel des Buches „Über Pinochet in England und einen Nazi in Patagonien“ traf sofort meinen Nerv. Ich bin tatsächlich ein Verehrer von Philippe Sands, „Rückkehr nach Lemberg“ und „Die Rattenlinie – ein Nazi auf der Flucht“ habe ich mit Begeisterung gelesen. Ich liebe auch die Sprache (bzw. die Übersetzung) von Philippe Sands, der weder gendert noch „geschlechtergerechte“ Ausdrücke und unnötige Doppelnennungen verwendet. So war „Die Verschwundenen von Londres 38“ direkt in meinen Fokus gerückt. Ein Buch, dass ich unbedingt lesen wollte.
Sands nähert sich der Thematik von mehreren Seiten. Und er schreibt „Durch meine Arbeit an internationalen Streitfällen habe ich gelernt, dass man durch den Besuch eines Ortes ein besseres Gespür für dessen Geographie und seine Durchdringung mit Geschichte entwickeln kann, als Worte allein es einem vermitteln können.“ Ich weiß nicht, ob es noch andere Schriftsteller gibt, die derart tief eindringen in die Materie von Menschenrechten, Völkermorden, Strafverfolgung der Täter, Aufarbeitung dieser speziellen Geschichtsthemen. Mit seinen Besuchen vor Ort und mit seinen Interviews bekommen seine Bücher neben den unumstößlichen Fakten eine sehr persönliche und empathische Seite.
Um wen oder was genau geht es in diesem über 500 Seiten starken Buch? Um den deutschen Naziverbrecher Walter Rauff und den chilenischen Diktator Augusto Pinochet, deren Wege sich in Chile kreuzten. Um Schuld und Sühne, um lebenslanges Suchen nach Tätern, die sich der Justiz entziehen, sich häuten wie die Schlangen und im Unterholz verschwinden. Detail- und kenntnisreich berichtete Sands über seine Recherchen und verknüpfte alles zu gut lesbarem Text. Mit diesem Buch über Londres 38 hat er aus meiner Sicht aber zu viel des Guten gewollt und geschrieben. Aus Detailreichtum wurde ausufernde Detailverliebtheit. Name reiht sich an Namen, Orte an Orte, Fußnoten an Fußnoten. Mir fiel es teilweise schwer, dieser Fülle an Informationen aufmerksam zu folgen.
Pinochet entgeht schlussendlich der Justiz, Rauff bleibt für den Rest seines Lebens ein (fast unbescholtener) Einwohner Chiles. Ihre Verbindungen in den 1970er Jahren und ihre kalte Machtausübung und Mordlust werden im Buch ebenso wie die Verbindungen zu DINA (Chiles „Gestapo“ während Pinochets Diktatur) und auch zum BND ausführlich dargestellt.
Fazit: Ein wichtiges und hochinteressantes Buch, dass mich vom Stil eher an eine wissenschaftliche Dissertation erinnerte. Und wie so oft die Erkenntnis: Die Kleinen fängt man, die Großen lässt man laufen. Das gute Beispiel der Nürnberger Gesetze hilft nur bedingt.

Bewertung vom 23.04.2025
Wut und Liebe
Suter, Martin

Wut und Liebe


ausgezeichnet

Wut verfliegt, aber Liebe ist niemals egal

Martin Suter ist einer meiner liebsten Romanschriftsteller des deutschsprachigen Raums. Er füllt seit Jahren immer wieder mein Bücherregal und meine iCloud, nicht nur „Allmen“ und „Weynfeldt“ gefielen mir, auch die unabhängigen Romane. Nie schreibt Suter zu lang, zu ausführlich, immer mit feinen Beschreibungen und Dialogen, die so echt wirken wie Sprachaufnahmen von Gesprächen. Nun also ein neuer Suter, neue Figuren, neue Probleme, viel Wut, viel Liebe.
Die zu Beginn: eine gescheiterte Liebes- und Wohnbeziehung zwischen dem Künstler Noah und Camilla, die in einem ungeliebten Beruf mehr verdient als ihr Geliebter. Camilla hat keine Lust mehr, Noah durchzufüttern, also beschließt sie, sich einen reichen Mann zu suchen, der sie mit Liebe und Geld überschüttet. Da man so einen Mann natürlich nicht auf dem Flohmarkt oder beim Bäcker um die Ecke kaufen kann, erweist sich das Vorhaben doch nicht als so einfach wie gedacht.
Noah, voller Liebeskummer, lernt Betty kennen, die ältere Witwe mit den Mordgedanken, mit dem unstillbaren Wunsch, ihren Mann zu rächen, der aus seinem Unternehmen gedrängt und bis in den Tod getrieben wurde. So sieht es jedenfalls die Witwe. Gegenspieler und Ex-Partner ihres Mannes ist Zaug, der Buhmann schlechthin. Da Noah, der brotlose Künstler, unter ständiger Geldnot leidet, scheint ein bezahlter Mord doch der ideale Weg aus der Misere. Jedenfalls in Gedanken.
Camilla erfährt bei ihrer Suche nach dem Glück schnell und auf die harte Tour, dass Geld machen auch ein glückliches Händchen braucht und dass gute Freunde sich als solche stets beweisen müssen. Das merkt auch Noah, und dessen viele, sich sehr ähnelnden Triptychons machen die Misere auch nicht besser. Ob es ihm noch gelingt, eine Million zu verdienen? Egal. Das verrate ich hier ebenso wenig, wie den Ausgang der Geschichte. Nur so viel, das Hören wie das Lesen bis zum letzten Satz lohnt sich. Gert Heidenreich als schon früher (z. B. bei „Allmen und Herr Weynfeldt“, „Elefant“ oder „Der letzte Weynfeldt“) bewährter Sprecher der Bücher von Martin Suter ist beim Hörbuch das zusätzliche Vergnügen.
Fazit: Vergnügliche Stunden mit der Erkenntnis, „Herz und Verstand, das sind natürliche Feinde“. Man folgt einem Hin und Her der Gefühle, der Liebe, der Wahrheiten und jeder Menge Lügen. Das Sahnehäubchen kommt von Gert Heidenreich als genialer Suter-Interpret. Gute Unterhaltung und eine klare Hör- oder Leseempfehlung, je nach Wunsch!
Uneingeschränkte 5 Sterne, gern noch mehr.

Bewertung vom 29.03.2025
Von Stufe zu Stufe
Kucher, Felix

Von Stufe zu Stufe


gut

Auf der Suche zwischen den Tagen

Ein österreichischer 35-Minuten-Stummfilm aus dem Jahr 1908 gibt dem Roman seinen Namen. Ein Künstler namens Heinz Hanus ist in Dreifaltigkeit Regisseur, Co-Drehbuchautor und Hauptdarsteller, Louise Fleck ist die andere Drehbuchautorin. An diesen Film erinnert sich Marc, der Hauptdarsteller des Romans von Felix Kucher, gleich zu Beginn, „da war doch was?“ Marc ist ein mitteljunger Mann mit Universitätsabschluss in Filmgeschichte, aber ohne eine nennens- oder bemerkenswerte Karriere. Vielmehr wird er um Weihnachten 2021 auch noch seinen Job im Filmarchiv los und seine ganze Freude bleibt das „Roofen“. Das ist zwar nicht sonderlich erhellend, begleitet aber den ganzen Roman mit immer wiederkehrenden Blicken von ganz oben auf die da unten.
Der Roman teilt sich bei Kapitel vier in ein davor und danach, vom Jahr 2021 geht es nahtlos über ins Jahr 1906 und man begegnet der oben erwähnten Louise. Diese outet sich schon auf den ersten Metern als feministische Verfechterin des Neuen und Schönen, von Films (nein, das ist kein Schreibfehler, so wurde 1906 noch der Plural von Film gebildet) und Kinematographentheatern ist die Rede, die viel später erst und nun immer noch kurz Kino heißen. Ehrlich gesagt fand ich die ersten 50 Seiten recht ermüdend, danach wurde es zwischenzeitlich aber anregender.
Die Geschichte der Louise Fleck ist interessant und birgt das Potential für ein eher biografisches Buch über sie, ihren jüdischen Mann Jakob und die weitere Entwicklung bis zu ihrem Tod 1950. Sie war eine hübsche und blitzgescheite Frau in einer noch sehr männerdominierten (Film)-Welt. Als Leser dieses Romans muss man sich in dieser Hinsicht mit Wenigem begnügen, er endet für Louise schon 1908. Und Marc wird nach manchem Abenteuer feststellen, dass der Blick von oben auch nicht alles ist und man nicht alles findet, was man sucht.
Der etwas betuliche Schreibstil und die langatmig erzählten Ereignisse haben mich nicht überzeugt, Marc versucht jedenfalls alles, um wieder ins Filmgeschäft zu kommen. Ich lasse offen, ob es ihm gelingt, das muss jeder Leser selbst herausfinden.
Das Cover ist gut gelungen, der etwas geknickte Zelluloidfilm lässt ahnen, dass es nicht geradeaus geht in diesem Buch. Die Haptik des Festeinbandes gefällt mir sehr, aber die Schrift der Rückseite ist für das Strukturpapier etwas zu fein. Zumindest für mich als Brillenträger. Die Typografie hat mich angesprochen, sehr locker und gleichzeitig klassisch.
Fazit: Der Blick in die Filmwelt zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat mir besser gefallen als die Monologe der verkrachten Existenz Marc. Für Cineasten sehr zu empfehlen. Gute drei Sterne.

Bewertung vom 26.03.2025
Die Kurve
Schmidt, Dirk

Die Kurve


gut

Aus der Kurve zu fliegen ist keine Kunst

Die Leseprobe hat mir so gut gefallen, da wollte ich unbedingt den kompletten Thriller lesen. Dirk Schmidt ist der Autor von Die Kurve und mit ihm verbinde ich den Radio Tatort aus Hamm, der mich mehr oder weniger regelmäßig supergut unterhält.
Aber dieses Buch ist viel kurviger als es der Titel vermuten lässt, ich habe ständig wie im Bus nach einer Haltestange Ausschau gehalten. Und hinter jeder Kurve ist man als Leser froh, wenn man bei Carl auf der Terrasse oder bei Ridley im Kopf landet. Wo genau die Terrasse ist, ist Carls gut gehütetes Geheimnis, auf jeden Fall hat Carl nicht Aussicht aufs blaue Meer, sondern auf eine Hauswand mit „Grünspan“. Carl ist ein wohl mittelalter, meist cholerischer Krimineller, der für alles seine Handlanger, für jeden ein extra Telefon hat, die mehr oder weniger intelligent und willig tun, was er fordert. Nur Ridley fällt etwas aus dem Rahmen, er zieht Wurzeln, schneller als andere eins und eins addieren, Quadratwurzeln kann er auch. Nur mit dem weiblichen Geschlecht hat er ab und an Probleme (zu lösen).
Mir hat am besten das tolle Cover gefallen, inklusive der bedruckten Innenseiten. Wo ich als erstes las: „Unbedingt lesen.“, von Uwe Ochsenknecht. Das ist der, der bei der Taskforce Hamm der Scholz ist. Ich habe den Rat befolgt, aber mir war die ganze Geschichte einfach zu kurvig, mit dem Personal wurde ich auch nicht richtig warm. Am ehesten noch mit Betty, aber das ist reine Geschmackssache.
Wirklich zum Lachen hat mich wenig gebracht, ist vielleicht auch bei einem Thriller nicht das Ziel. Aber ein Zitat will ich hier einfügen: „… und Schleswig-Holstein ist so ausgedehnt inhaltslos — das hat schon wieder was. …“ Volltreffer auf mein grünes Bundesland. Besonders die Northvolt-Baubrache hatte Ridley da wohl vor Augen.
Fazit: keineswegs unblutig, nichts für schwache Nerven. Nach 275 Seiten hatte ich mich dann doch an Schmidts Schreibstil gewöhnt. Gute drei Sterne.

Bewertung vom 22.03.2025
The Surf House
Clarke, Lucy

The Surf House


gut

In der Sackgasse

Ein neuer Krimi von Lucy Clarke, für mich aber das erste Buch von ihr. Sie nimmt den Hörer mit auf eine Reise in ein Land, dessen Gepflogenheiten uns Mitteleuropäern bisweilen fremd und eigenartig erscheinen. Aber die äußeren Bedingungen bergen auch Sonne, Meer, fantastische Wellen zum Surfen, leckeres Essen und pittoreske Städte und Dörfer. Marokko. Hier arbeitet die junge Bea als Model und müht sich nach Kräften, zur Zufriedenheit des Fotografen herumzustolzieren. Plötzlich ist ihr alles zu viel und sie beschließt, sich dem ganzen Theater zu entziehen. Und schon ist sie auf dem Weg durch Marrakeschs Altstadtgassen, verläuft sich und begegnet zwei finsteren Gestalten. Als es richtig brenzlig wird, springt ihr unerwartet aus dem Nichts eine Frau zu Hilfe, die aber von einem der beiden Angreifer brutal gewürgt wird. Bea nimmt ihr Messer und sticht auf den Mann ein, der andere ergreift mit ihrem Rucksack die Flucht. Nachdem die Frau wieder zu Atem gekommen ist, stellt sie sich als Marnie vor. Beide verlassen fluchtartig die Sackgasse und sie lädt Bea ein, erst einmal mit ihr zu fahren, sie betreibe eine Pension, wo sie vorerst unterkommen könne. Ohne ihren Pass ist Bea gezwungen, darauf einzugehen.
Bea bleibt im Surf House, wie die Pension sich nennt und lernt verschiedene Leute kennen: Pat, den Freund von Marnie, Adrian, den Nachbarn, Seth, ein Amerikaner, der nach seiner Schwester sucht. In Rückblicken erfährt man die Geschichte dieser Schwester, Savanna, alles ist mysteriös und Bea will Seth helfen, Savanna zu finden. Nicht ganz uneigennützig, denn sie braucht Geld. Nach dem recht hektischen Beginn der Story pendelt sich Beas Geschichte erst einmal ein, sie beginnt, Freude am Surfen zu finden, arbeitet für Kost und Logis im Surf House, befreundet sich mit Marnie, später auch mit Adrian an.
Hier höre ich auf, über den Fortgang des Thrillers zu schreiben, aber die Spannung steigt von Kapitel zu Kapitel. Der Show Down ist heftig, war für mich aber doch nicht so überraschend. Die Unterhaltung und die Spannung hielten über mehr als 400 Seiten an. Der Schreibstil gefiel mir nicht immer, wahrscheinlich liegt das aber nicht am Übersetzer. Vom Original habe ich nur die Leseprobe gelesen, musste aber feststellen, dass mir auch das englische Original nicht gut gefiel. Die Autorin hat einen recht herben Schreibstil.
Das Cover der deutschen Ausgabe bleibt hinter der Wirkung der englischen weit zurück. Das fand ich eindeutig besser und aussagekräftiger.
Fazit: ein gut gemachter Thriller, mit einigen - nicht ganz unvorhersehbaren - Wendungen. Gute drei Sterne

Bewertung vom 14.03.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


ausgezeichnet

Generationen auseinander und doch zusammen

Die Thematik begegnet mir immer wieder, immer wieder anders. Die Frage, woher komme ich, woher kamen meine Vorfahren, wo sind die Geschichten verborgen, die ich noch nicht einmal erahne. Das fragt sich auch Lucy, die hier im Debütroman von Paola Lopez das sucht, was ihr immer verschwiegen wurde. Lucy ist eine junge Frau, die in einer WG lebt, mit ihrer besten Freundin Phil und Oliver, und die plötzlich einen Flügel – einen Steinway! – mitten in ihrem Zimmer vorfindet. Es ist der Flügel, auf dem sie als Kind spielte, spielen musste. Nur ihre Mutter Daria konnte es sein, die ihr dieses unerwünschte Geschenk geschickt haben kann. Nur, sie kann ihre Mutter nicht fragen, Funkstille seit drei Jahren, die will sie nicht unterbrechen. Auch wenn sie deshalb nicht fragen kann, warum als Absender ein polnischer Name angegeben wurde. Daria Krawczyk. Weit hinten in ihrem Gehirn wohnt das Wissen, dass ihre Großmutter Polin war, im Krieg aus Polen flüchtete und im Libanon studierte und eine angesehene Chemikerin wurde, verheiratet mit einem Libanesen, ihrem Doktorvater. Sie kennt diese Großeltern nicht, weiß nichts über ihr Leben, auch nicht von ihrem Tod.
Der Roman spielt in Berlin, im Jahr 2014, ist Ausgangspunkt für die Rückblicke nach Beirut und München und für Lucys Reise. Nach einem Streit macht sie sich, die eigentlich Lyudmiła heißt, so wie ihre Großmutter, kurzerhand auf den Weg nach Polen. In Sopot will sie nun endlich einmal mit eigenen Augen sehen, wo ihre Wurzeln sind, will fühlen, wie es ist, dieses unbekannte Polen.
Die Autorin erzählt die Geschichte der drei Frauen in einzelnen Kapiteln, verknüpft mit Ereignissen bestimmter Jahre, die die Frauen verbinden. Man erfährt über Lyudmiła in Beirut, wie sie ihren Mann Amin kennenlernt, über ihr Studium, ihr Leben, ihre Arbeit und den Absturz in die psychische Tiefe nach der Geburt von Daria. Man ist dabei, wie sie ihre Tochter Daria in München besucht, um ihr Enkelkind zu sehen. Das ist die kleine Lyudmiła, kurz Lucy genannt. Das Miteinander ist selbst an den paar Besuchstagen nicht ganz einfach, aber die Großmutter freut sich dann doch. Und Daria und ihr Mann Robert sind im Endeffekt froh, die Besichtigung überstanden zu haben. Merkwürdigerweise setzen sich Missverständnisse und Zwiespälte zwischen den Generationen aber auch bei Daria und Lucy fort. Schwierig, über den eigenen Schatten zu springen.
Fazit: Lucys Reise nach Polen nimmt einen vollkommen anderen Verlauf, als sie sich das vorgestellt hat. Ich konnte den Sand zwischen den Zehen spüren und das leichte Schlagen der Ostseewellen auf dem Weg von Sopot nach Gdynia. Mir haben Lucys Gefühle, ihre Gedanken und all die Erlebnisse in Sopot sehr gefallen. Paola Lopez hat einen angenehmen Erzählstil, unterhaltsam, aber nicht beliebig. Manchmal nachdenklich, traurig und dann träumerisch oder ironisch. Das hat mich bis zum Schluss an diesen wunderbaren Roman gefesselt, den ich gerne mit fünf Sternen bewerte.

Bewertung vom 10.03.2025
Geheimnisvolles La Rochelle / La Rochelle Bd.3 (eBook, ePUB)
Vinet, Jean-Claude

Geheimnisvolles La Rochelle / La Rochelle Bd.3 (eBook, ePUB)


gut

Mord und Cognac

La Rochelle bildet den Hintergrund zu einem undurchsichtigen Kriminalfall, der Commissaire Chevalier von der dortigen Polizei und seine Kollegen ganz schön ins Schwitzen bringt, nicht nur wegen der warmen Außentemperaturen. Zuerst muss er jedoch einen gesellschaftlichen Termin absolvieren, bei dem er auch mit einer Dame zusammentrifft, die sich als äußerst arrogant und unbeliebt herausstellt. Die Austernverkostung verläuft mit etwas Verstimmung, denn jene Solène Flamant benimmt sich recht unkonventionell. Dann verschwindet sie, von ihrem Bruder George chauffiert, zu einem wichtigen Termin in La Rochelle.
Auf einer Jacht im Hafen von La Rochelle wird am nächsten Morgen eine Leiche entdeckt: Solène Flamant. Sie ist als Zwillingsschwester von George Drapin Miterbin einer renommierten Cognac-Dynastie, nicht mehr ganz jung, aber für gewisse Stunden auch noch nicht zu alt. Nach einem Rendezvous an Bord wurde sie erschossen. Kaum habe die Ermittlungen begonnen, gibt es eine zweite Leiche in einem anderen Ort, rund anderthalb Stunden von La Rochelle entfernt. Mit Sylvestre Gougeon ist wieder ein Mitglied einer Cognac-Dynastie zu Tode gekommen, dieses Mal von der direkten Konkurrenz der Drapins. Die Tatwaffe erweist sich als dieselbe. Noch tappt die Polizei im Dunklen. Wollten sich hier die Gegenspieler gegenseitig aus dem Wege räumen oder wer ist der unbekannte Täter, der es auf beide abgesehen hat? Als Leser hat man eine große Auswahl an Tatverdächtigen, die mehrfach in den Fokus der Ermittlungen geraten, es gibt ein spannendes Hin- und Her, das erst ganz am Ende des Buches aufgeklärt werden kann. Mehr verrate ich dazu nicht.
Chevaliers Privatleben rückt zeitweise verstärkt in den Vordergrund, einerseits, weil seine Frau Sandrine jeden Moment ein zweites Kind erwartet, andererseits, weil er bei den Ermittlungen seine ehemalige Geliebte Danielle wiedertrifft. Beides wirft ihn fast aus der Bahn, aber es gelingt ihm, die Ermittlungen in die richtige Richtung zu manövrieren und auch seine Frau und die Ex-Freundin nicht allzu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen. Mir scheinen solche privaten Exkurse manchmal etwas überflüssig, das ist nicht nur bei diesem Krimi so, das trifft auf viele andere auch zu.
Die Geschichte und die Protagonisten tragen das eine oder andere Klischee, aber Land und Leute werden gut beschrieben, alles in allem eine abwechslungsreiche Unterhaltung. Dass man ganz nebenbei noch einige Details zur Cognac-Herstellung erfährt, ist auch nicht schlecht, führt aber zu einigen Längen. Die vielen, für deutsche Augen und Ohren ungewöhnlichen Namen der Personen und Orte brachten mich ab und an ins Grübeln, aber auch das ist ja Gewöhnungssache.
Der Showdown ist das eigentliche Highlight des Krimis und wirklich gut und spannend beschrieben. Man sollte auf keinen Fall die letzten Seiten zuerst lesen!
Fazit: Ein Krimi für zwischendurch, der auch ein bisschen zum Fernweh beiträgt. Frankreichliebhabern und solchen, die es werden wollen, kann ich ihn empfehlen.

Bewertung vom 06.03.2025
Bis ans Meer
Patzschke, Peggy

Bis ans Meer


ausgezeichnet

Wie Träume überleben können

Oder sollte ich lieber als Titel „Wie Menschen überleben können“ wählen? Beides würde zu diesem hinreißenden Roman gut passen. Ich kannte die Autorin Peggy Patzschke bis zu diesem Buch nicht, obwohl ich viele Reportagen und Dokus im MDR und bei 3Sat gesehen habe, war ihr Gesicht mir unbekannt. Sie könnte meine Tochter sein, ist nur zwei Jahre älter als meine Älteste, ich könnte ihrer Mutter begegnet sein, als ich Anfang der 1970er in Leipzig Buchhändler lernte. Alles fiktiv. Aber es interessiert mich schon, woher Autoren kommen, was sie zu solch tiefgreifenden und die eigene Familie betreffenden Büchern bewegt. Über Eltern, Großeltern, Verwandte zu schreiben, auch über Verstorbene, Gefallene, Vermisste, das erfordert schon eine Menge Mut und auch Durchhaltevermögen, so jedenfalls meine eigene Erfahrung. Und so ein Buch schreibt sich nicht über Nacht. Ich bewundere die Autorin, die nicht nur Fakten recherchiert und aufgeschrieben hat, sondern darum einen ganzen, bewegenden und sehr gut lesbaren Familienroman entstehen und auch ihre eigene Geschichte mit einfließen ließ. Peggy Patzschke hat es jedenfalls geschafft, den „Reißverschluss der Seelen“ zu öffnen.
Ich habe zuerst nur das Hörbuch gehört und bin dann immer wieder zwischen Buch und Hörbuch hin- und hergewechselt, die letzten Kapitel habe ich nur gelesen. Beides hat mich absolut gefesselt. Egal, ob es ihre Großmutter Frieda, ihre Mutter Erika, der Großvater Karl oder Freunde und Verwandte sind, alle Romanfiguren werden von Peggy Patzschke mit liebevoller Zuneigung und Respekt gezeichnet. Wie die Großmutter mit ihrer damals noch kleinen Tochter auf die Flucht aus dem schlesischen Brieg gehen muss, wie sie tatsächlich noch einmal ins eigene Haus zurückkehren können, was die sowjetische Besatzung und die neue polnische Bevölkerung ihnen auch antun, sie kämpfen sich durch. Dass nicht jeder Sowjetsoldat ein Vergewaltiger oder herzlos und schlecht war, beruhigt ein wenig. Besonders, wenn man, wie ich, aus der eigenen Familie auch schreckliche Erlebnisse erfahren hat. Dieses harte Leben nach der Kapitulation Nazideutschlands und der Verlust der Heimat sind fürchterliche Dinge, mich haben die Erzählungen auch in diesem Buch wieder sehr bewegt und mir viele nachdenkliche und traurige Stunden beschert.
Wer die deutsche Geschichte kennt, über Flucht und Vertreibung sehr viel weiß, den wird dann auch nicht verwundern, dass Großmutter Frieda und die Kinder noch ein zweites Mal ihr Zuhause verlieren und vertrieben werden. In Ostdeutschland werden sie als zuerst unbeliebte und verabscheute „Umsiedler“ dann doch ein neues und dauerhaftes Zuhause finden. Die Sehnsucht nach Brieg wird ihnen bleiben. Und die alles verzehrende Liebe zu Ehemann und Vater Karl, den sie nach dem Krieg schmerzlich vermissen.
Mehr zum Inhalt will ich nicht verraten, dieser Roman birgt für den Leser aber noch jede Menge an Überraschendem, an Traurigkeit und trotzdem auch Glück. Also hier kein Spoiler!
Diese Familiengeschichte birgt aber auch das, was heute als das „Kriegsenkeltrauma“ beschrieben wird. Es gibt unterdessen zahlreiche Romane, Biografien, Sachbücher zu diesem Thema. Peggy Patzschke erlebt(e) es am eigenen Leib, wie die Traumata von Großmutter und Mutter in ihr selbst wieder auferstehen. Misstrauen und Angst, mangelndes Selbstbewusstsein oder zu viel davon, es treibt sie um, die Erkenntnis um die Ursachen ist überaus schmerzlich. Sie gibt einiges davon in ihren Heute-Kapiteln und im wundervollen Epilog preis. Sehr offen und mutig.
Ich kann vieles in diesem Roman mit meiner eigenen Familiengeschichte vergleichen, obwohl die Ausgangspunkte sehr unterschiedlich sind, finde ich viele Schnittlinien. Ob es der Gedanke der Autorin ist, mit Mutter und Großmutter bis ans Meer zu reisen oder ob ich mit meinem Mann und meiner Mutter in ihre jetzt polnische Heimatstadt gefahren bin, wir haben langgehegte Wünsche erfüllt.
Fazit: Ein spannender und emotional bewegender Familienroman, die Geschichte der Autorin Peggy Patzschke lässt keine Wünsche offen. Das Hörbuch ist durch die Sprecherin Jana Kozewa wie ein Film in meinem Kopf abgelaufen. Mein Lieblingszitat dieses Buches ist „Ja, man hängt sehr am Leben, egal wie erbärmlich es ist.“
Buch und Hörbuch bekommen von mir volle 5 Sterne.